Verpflegungsmehraufwand eines LKW-Fahrers (Einsatzgebiete)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Ulrich Petrag in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2015 | Einkommen | 32.935,25 € | EinkommensteuerAnrechenbare LohnsteuerRundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 | 8.345,02 €- 9.056,07 €0,05 € |
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) |
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Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) reichte am via Finanzonline beim Finanzamt ***1*** (im Folgenden: Finanzamt) seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2015 ein. In dieser Erklärung wurden Topfsonderausgaben für Personenversicherung in Höhe von € 550 sowie für Wohnraumschaffung/-sanierung in Höhe von € 14.781,79 angesetzt, die unstrittig in der geltend gemachten Höhe zustehen.
Daneben wurden folgende Beträge als Werbungskosten geltend gemacht
Fachliteratur: € 50,00
Reisekosten: € 5.500,00
Aus-/Fortbildungskosten: € 326,00
Sonstige Werbungskosten: € 162,00
Schließlich wurden noch Kinderfreibeträge für zwei haushaltszugehöriges Kinder (je € 220) sowie außergewöhnliche Belastungen für ein Kind (mit Selbstbehalt) in Höhe von € 825,00 erklärt.
Am gab der Bf. im Finanzamt Diätenabrechnungen für den Zeitraum Februar bis Dezember 2015 ab aus denen sich insgesamt ein Betrag von € 5.016,70 ergeben hat.
Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Veranlagung für 2015 vom Finanzamt durchgeführt. Dabei wurden neben den angeführten Top-Sonderausgaben im Höchstbetrag von € 730,00, die Kinderfreibeträge von insgesamt € 440,00 sowie auch die außergewöhnliche Belastung für ein Kind berücksichtigt (diese wirkte sich aber wegen des Selbstbehaltes steuerlich nicht aus).
Von den erklärten Werbungskosten wurden nur die Aufwendungen für Fachliteratur, Aus-/Fortbildungskosten und die sonstigen Werbungskosten bei der Veranlagung als Werbungskosten anerkannt. Die beantragten Reisekosten (Tagesgelder) wurden nicht anerkannt, da durch die Fahrtätigkeit in einem lokal eingegrenzten Bereich bzw. der (nahezu) gleichbleibenden Routen ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom , die am beim Finanzamt eingelangt ist. In dieser Beschwerde wird beantragt die geltend gemachten Differenzwerbungskosten von € 5.016,70 anzuerkennen.
Diese Beschwerde wurde wie folgt begründet:
Der Bf. habe 2015 aus seiner Tätigkeit als Lastkraftfahrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2015 habe er den Abzug der Differenzreisekosten von insgesamt € 5.016,70 beantragt. Zum Nachweis habe er 12 Diätenabrechnungen an die Firma ***2*** GesmbH vorgelegt, in denen er den Reisetag, Beginn und Ende der Reise, das Reiseziel, die Reisedauer, das erhaltene Tag- bzw. Nächtigungsgeld sowie die Differenz zu den Sätzen des § 26 Z 4 EStG ausgewiesen habe.
Der Bf. sei bei der Firma ***2*** Ges.m.b.H. als LKW-Fahrer beschäftigt. Seine Fahrtätigkeit habe sich danach gerichtet, ob für Kunden entsprechende Auslieferungen (Aufträge) zu erfolgen hatten bzw. Ware von Lieferanten abzuholen war. Nach ständiger Rechtsprechung wäre eine Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit anzunehmen, wenn sich die Dienstverrichtung auf einen anderen Einsatzort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstreckt. Ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit liegt auch vor, wenn ein bestimmtes Gebiet regelmäßig befahren wird.
Der Bf. sei weder regelmäßig innerhalb eines lokal eingegrenzten Bereiches noch auf nahezu gleichbleibenden Routen als LKW-Fahrer tätig gewesen.
Wie den Reiseabrechnungen zu entnehmen wäre, habe der Bf. an Orten in ganz ***28***, ganz ***29***, ***27***, ***21*** Waren auftragsbezogen abgeliefert bzw. abgeholt.
Es würde daher weder eine Regelmäßigkeit noch eine lokal eingegrenzte Fahrtätigkeit vorliegen.
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt mit Fristsetzung bis um Übermittlung des Tourenplanes des Dienstgebers für 2015.
Am langte vom steuerlichen Vertreter des Bf. die Antwort über Finanzonline beim Finanzamt ein. Darin wird ausgeführt, dass es einen Tourenplan 2015 nicht geben würde, sondern der Bf. jeden Freitag beim Beladen des LKW die Lieferscheine für die jeweils unterschiedlichen Kundenadressen erhalte und dann entweder sonntagsabends oder montagmorgens mit der Auslieferung beginne. Eine regelmäßige Route würde es nicht geben.
In der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2015 wurden vom Finanzamt über die bisher angesetzten Werbungskosten ein Betrag von € 169,90, der auf Reisekosten entfällt, als Werbungskosten anerkannt.
In der mit datierten gesonderten Begründung zu dieser Beschwerdevorentscheidung wurde diese wie folgt begründet:
In der Arbeitnehmerveranlagung seien die Tages- und Nächtigungsgelder unter § 16 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen. Stehe einem Arbeitnehmer für die Nächtigung eine Unterkunft zur Verfügung (zB Schlafkabine bei LKW-Fahrer), wären nur die zusätzlichen tatsächlichen Aufwendungen (zB für ein Frühstück oder für die Benützung eines Bades auf Autobahnstationen) als Werbungskosten absetzbar.
Diese zusätzlichen Kosten stünden nur bei Vorliegen einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 zu. Ab Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit an einem Einsatzort (Rz 718 LStR; 5/5/15 Tage) würde keine Reise mehr vorliegen, weshalb ab diesem Zeitpunkt die Kosten nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden können.
Reisediäten (Tagesgelder) könnten nur anlässlich einer beruflich veranlassten Reise gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG zur Abgeltung eines Verpflegungsmehraufwandes insoweit als Werbungskosten abgesetzt werden, als sie nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden. Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für eine Dienstreise nicht das nach § 26 Z 4 EStG höchst zulässige Tagesgeld, dann könne der Arbeitnehmer den Differenzbetrag nur dann geltend machen, wenn gleichzeitig eine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG vorliege.
Eine Reise gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG liege vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder sonst aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt der Tätigkeit (Ort der Betriebsstätte, Dienststelle) entfernt und eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlands- und Auslandsreisen vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird.
Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten bei Reisebewegungen liege in dem dabei in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG nicht abzugsfähigen üblichen Verpflegungsaufwendungen. Bei längeren Aufenthalten sei in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Möglichkeit der Inanspruchnahme der üblichen Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig sind ( ZI. 96/13/0132, vom , Zl. 93/13/0013 und vom , Z. 94/13/0253 und 0254).
In einem Nahgebiet im Umkreis von 25 Kilometer um den Dienstort werde davon ausgegangen, dass jenes Maß an Vertrautheit über die Verpflegungsmöglichkeiten vorliegt, welches die Annahme eines Verpflegungsmehraufwandes ausschließe. Reisebewegungen im Umkreis von weniger als 25 Kilometer um den Dienstort stellten daher keine Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG dar. Dieselben Überlegungen wären nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH und der Verwaltungspraxis auch auf regelmäßige Fahrtätigkeiten innerhalb eines lokal eingegrenzten Bereiches (z.B. Patrouillentätigkeit im Wirkungsbereich eines Polizeipostens, Fahrten für ein Bezirksauslieferungslager) oder bei Fahrtätigkeiten auf nahezu gleichbleibenden Routen (wiederkehrendes Anfahren derselben Zielorte) anzuwenden. Durch eine derartige Fahrtätigkeit würde in typisierender Betrachtungsweise jenes Maß an Vertrautheit über die Verpflegungsmöglichkeiten entstehen, wie vergleichsweise im Nahgebiet um den Dienstort oder bei laufenden Dienstverrichtungen in einem Einsatzgebiet. Deshalb wäre bei diesen Reisebewegungen ein Verpflegungsmehraufwand steuerrechtlich nicht anzunehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom , ZI. 99/13/0001, bestätigt habe, gelte das auch dann, wenn der Abgabepflichtige innerhalb des Einsatzgebietes (bzw. entlang der Route) ständig in anderen Ortsgemeinden beschäftigt war.
Ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit könne daher nicht nur ein einzelner Ort (politische Gemeinde), sondern auch ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet bzw. eine Reiseroute mit wiederkehrend denselben Zielorten sein. Die Tätigkeit in einem mehrere Orte umfassenden Gebiet bzw. das wiederkehrende Anfahren derselben Zielorte, würde zu einer Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten führen, sodass ein Verpflegungsmehraufwand im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG nicht gegeben sei.
Der Bf. habe nach seinen Aufzeichnungen im Berufungsjahr in seiner Tätigkeit als Lastkraftfahrer 48 Wochentouren durchgeführt. Dabei wäre an 44 Sonntagen der erste Zielort ***3*** gewesen. In weiterer Folge wären insbesondere die deutschen Städte ***4*** (30x), ***5*** (31x), ***6***, ***7***, ***8*** (16x), ***9*** (43x), ***10***, ***11*** (32x), ***12***, ***13***, ***14*** und ***15*** angefahren worden.
Mit diesem Sachverhalt stünde aber schon das Schicksal der Beschwerde fest. Es wäre erwiesen, dass der Bf. immer wieder die gleichen Zielorte angefahren habe. Er habe daher bei diesen Transporttätigkeiten einen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit begründet. Entsprechend der maßgebenden typisierenden Betrachtungsweise wäre die Annahme eines Verpflegungsmehraufwandes ausgeschlossen. Durch diese Fahrtätigkeiten wäre die gesetzliche Voraussetzung - keine Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit - einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG nicht erfüllt.
Die anzuerkennenden Differenzreisekosten für vereinzelte Reisen außerhalb der immer wiederkehrenden Zielorte bzw. der nahezu gleichbleibenden Routen würden berücksichtigt werden:
- für eintägige Fahrten nach ***16*** (26.02.), ***17*** (03.06.), ***18*** (04.06), ***19*** (09.07) und ***20*** (29.10.) € 40,50
- für eine Wochentour nach ***21*** (30.06. - 03.07.) € 57,00
- für eine zweitägige Tour (20.08. - 21.08.) nach ***22***, ***23*** und über ***24***, ***25*** retour € 27,70
- für eine dreitägige Tour (07.10 - 09.10.) nach ***26*** € 44,70.
***27*** wäre im Kalenderjahr 2015 vom Beschwerdeführer nicht bereist worden.
Die Beschwerde (Anmerkung: gemeint: der angefochtene Bescheid) wäre dahingehend abzuändern.
Mit Schreiben vom wurde fristgerecht ein Vorlageantrag betreffend den Einkommensteuerbescheid 2015 vom gestellt.
Dieser Vorlageantrag wurde wie folgt begründet:
Eine Fahrtätigkeit begründe hinsichtlich des Fahrzeuges einen Mittelpunkt der Tätigkeit, wenn - die Fahrtätigkeit regelmäßig in einem lokal eingegrenzten Bereich
- die Fahrtätigkeit auf gleich bleibenden Routen ähnlich einem Linienverkehr erfolge.
Ein Einsatzgebiet könne sich auf einen politischen Bezirk und auf die angrenzenden Bezirke erstrecken.
Die gesamte ***30*** würde kein Einsatzgebiet darstellen. Das Finanzamt ***1*** würde übersehen, dass die Zielorte nicht regelmäßig angefahren worden seien, sondern dies von vorliegenden Kundenaufträgen abhängig gewesen wäre. Dass ***3***, ***4***, ***5*** öfters angefahren worden wären, würde einfach mit der Tatsache zusammenhängen, dass die Autobahn von ***25*** nach ***3*** führe und von dort weiter entweder in den ***31*** oder ***32*** Raum.
Bei den einzelnen Fahrten wäre der jeweilige Endpunkt der Dienstfahrt heranzuziehen und nicht die Zwischenstationen um eine Regelmäßigkeit zu behaupten.
Da es sich um keine regelmäßige, in einem lokal eingegrenzten Bereich stattgefundene Fahrtätigkeit handeln würde, würden die Bestimmungen über einen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit an einem einzelnen Einsatzort gelten. Die Anfangsphase von 15 Tagen pro Einsatzort stünde daher jedenfalls pro Kalenderjahr zu.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und erstattete folgende Stellungnahme zur Beschwerde:
Die Berücksichtigung von Reisekosten bzw. Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten würde das Vorliegen einer Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 voraussetzen. Eine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 würde nicht vorliegen, wenn ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird. Eine Fahrtätigkeit begründe hinsichtlich des Fahrzeuges einen (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit unter anderem dann, wenn die Fahrtätigkeit auf (nahezu) gleichbleibenden Routen ähnlich einem Linienverkehr erfolgt (zB Zustelldienst, bei dem wiederkehrend dieselben Zielorte/-gebiete angefahren werden). Werde bei Fahrtätigkeit ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, stünden Tagesgelder nur für die jeweilige Anfangsphase von fünf Tagen zu. Somit würde kein Mittelpunkt der Tätigkeit bei Fahrtätigkeit jeweils für die ersten fünf Tage vorliegen, wenn der Steuerpflichtige erstmals oder zuletzt vor mehr als sechs Monaten diese Tätigkeit ausgeführt hat. Nach dieser Anfangsphase können keine Tagesgelder als Werbungskosten berücksichtigt werden. Bei Zustelldiensten, wie zB Fahrten von den Zentralen von Handelsketten zu den entsprechenden Filialen, bei den Zustelldiensten von Brauereien, Molkereien und Bäckereien an Geschäfte und Privatpersonen, sei somit regelmäßig davon auszugehen, dass das Fahrzeug im Hinblick auf die immer wieder angefahrenen Zielgebiete den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellen würde. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass dem Fahrer die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten in diesen Bereichen bekannt sind und daher kein Verpflegungsmehraufwand iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 gegeben ist. Die Geltendmachung von Diäten als Werbungskosten bzw. als Differenzwerbungskosten sei für Fahrten, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmte Zielgebiete erfolgen, daher nicht möglich. Dies auch dann nicht, wenn für einen Auslieferungsfahrer aufgrund von Kundenbestellungen/-aufträgen Fahrten unter Umständen täglich neu zusammengestellt werden, diese aber dennoch mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmte Zielgebiete erfolgen würden.
Im gegenständlichen Fall wären anhand der vorgelegten Unterlagen, insb. der Aufstellung der Reisen/Fahrtätigkeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Lastkraftfahrer für die Firma ***2*** Ges.m.b.H (ua Vertrieb und Zustellung von ***33***produkten), wiederkehrende nahezu gleichbleibende Routen bzw. wiederkehrendes Anfahren derselben Zielorte/-gebiete ersichtlich. Soweit die geltend gemachten Differenzwerbungskosten diese nahezu gleichbleibenden Routen bzw. ein wiederkehrendes Anfahren derselben Zielorte/-gebiete betreffen, wären diese nicht zu berücksichtigen, da die Fahrtätigkeit im Zusammenhang mit diesen nahezu gleichbleibenden Routen bzw. dem wiederkehrenden Anfahren derselben Zielorte/-gebiete einen Mittelpunkt der Tätigkeit hinsichtlich des Fahrzeuges begründen würde. Des Weiteren könne bezüglich der nahezu gleichbleibenden Routen bzw. der wiederkehrenden Zielorte/-gebiete von einer Vertrautheit mit den in diesen Bereichen örtlich gegebenen Verpflegungsmöglichkeiten des Steuerpflichtigen ausgegangen werden, sodass ein Verpflegungsmehraufwand iSd § 16 Abs. 1
Z 9 EStG 1988 nicht gegeben sei. Hingegen wären (Differenz-)Werbungskosten iZm Fahrtätigkeiten, welche außerhalb der wiederkehrenden nahezu gleichbleibende Routen bzw. der wiederkehrenden Zielorte erfolgen, als Reisekosten nach den allgemeinen Grundsätzen zu berücksichtigen und wurden diese auch anerkannt.
Mit Beschluss vom unter Fristsetzung von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses wurde der Bf. um Bekanntgabe folgender Umstände ersucht:
Ergänzung von nicht leserlichen handschriftlichen Einträgen in der vorgelegten Diätenabrechnung für Februar bis Dezember 2015, die im Einzelnen im Beschluss angeführt wurden.
Angaben zu machen welche Gebiete der Bf. im Jahr 2014 als LKW-Fahrer befahren hat und wie oft. Diesbezüglich sind entsprechende Nachweise wie zB eine Diätenabrechnung oder ein Fahrtenbuch vorzulegen.
Nachweise vorzulegen, dass dem Bf. durch die Nächtigungen laut Diätenabrechnung für das Jahr 2015 tatsächlich Aufwendungen entstanden sind.
Dieser Beschluss wurde dem Bf. am zugestellt. Eine Beantwortung ist bis dato nicht erfolgt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. ist im Jahr 2015 bei der Firma ***2*** Ges.m.b.H. als LKW-Fahrer beschäftigt gewesen und hat aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.
Für die Firma ***2*** Ges.m.b.H. ist der Bf. seit durchgehend als LKW-Fahrer tätig gewesen. Seine Fahrtätigkeit, dh. die gefahrenen Routen, hat sich danach gerichtet, ob für Kunden entsprechende Auslieferungen (Aufträge; Vertrieb und Zustellung von ***33***produkten) zu erfolgen hatten bzw. Ware von Lieferanten abzuholen war.
Für die Nächtigungen im Zuge von Fahrten für seinen Arbeitgeber stand dem Bf. der von ihm benutzte LKW (Schlafkabine) zur Verfügung.
Im Jahr 2015 wurden nachstehende Fahrten vom Bf. in die im Folgenden angeführten Gebiete unternommen, die nicht regelmäßig angefahren wurden:
Eintägige Fahrten nach ***16*** (26.02.), ***17*** (03.06.), ***18*** (04.06), ***19*** (09.07) und ***20*** (29.10.), wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 40,50 geltend gemacht wurden
Eine Wochentour nach ***21*** (30.06. - 03.07.), wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 57,00 geltend gemacht wurden
Eine zweitägige Tour (20.08. - 21.08.) nach ***22***, ***23*** und über ***24***, ***25*** retour, wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 27,70 geltend gemacht wurden
Eine dreitägige Tour (07.10 - 09.10.) nach ***26***, wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 44,70 geltend gemacht wurden
Im Übrigen hat der Bf. im Jahr 2015 Fahrten mit dem LKW für Auslieferungen bzw. zur Abholung von Waren regelmäßig in den Bundesländern ***34***, ***35***, ***36***, ***37*** und ***38*** der ***30*** durchgeführt, wobei sich die Destinationen immer in der Nähe von Autobahnen befunden haben und zwar insbesondere der ***39*** und ***40*** wie im Folgenden dargestellt wird:
[...]
Dabei ist bei den vom Bf. im Jahr 2015 durchgeführten Wochentouren an 44 Sonntagen der erste Zielort ***3*** gewesen. In weiterer Folge sind insbesondere die deutschen Städte ***4*** (30x), ***5*** (31x), ***6***, ***7***, ***8*** (16x), ***9*** (43x), ***10***, ***11*** (32x), ***12***, ***13***, ***14*** und ***15*** angefahren worden, die jeweils über die angeführten Autobahnen zu erreichen sind.
Festgestellt wird, dass der Bf. diese Routen in den angeführten Bundesländern der ***30*** auch in den Jahren davor und zwar insbesondere auch 2014 regelmäßig (dh. in der Regel wöchentlich) befahren hat.
Beweiswürdigung
Die vom Bf. im Jahr 2015 angefahrenen Gebiete ergeben sich aus den vom Bf. vorgelegten Diätenabrechnungen. Die Feststellung, dass die vom Bf. im Jahr 2015 durchgeführten Fahrten in die ***30*** regelmäßig in den Bundesländern ***34***, ***35***, ***36***, ***37*** und ***38*** der ***30*** stattgefunden haben, wobei sich die Destinationen immer in der Nähe von Autobahnen befunden haben und zwar insbesondere der ***39*** und ***40***, ergibt sich aus der geographischen Lage der angefahrenen Orte und ist aus entsprechenden Straßenkarten (auch im Internet wie zB https://***41***) ersichtlich.
Die Feststellung, dass der Bf. die 2015 befahren Routen in den Bundesländern ***34***, ***35***, ***36***, ***37*** und ***38*** der ***30*** auch in den Jahren davor und zwar insbesondere auch 2014 regelmäßig (dh. in der Regel wöchentlich) befahren hat, ergibt sich einerseits daraus, dass vom Bf. der diesbezügliche Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom nicht beantwortet wurde. Weiters war der Bf. seit Ende 2008 für denselben Dienstgeber immer mit der gleichen Tätigkeit (als LKW-Fahrer) tätig. Dass der Bf. seit für die ***2*** Ges.m.b.H. als LKW-Fahrer tätig ist ergibt sich aus den dem Finanzamt übermittelten Lohnzetteln. Dass die im Jahr 2014 befahrenen Routen im Westen der ***30*** jenen entsprochen haben, die der Bf. auch 2015 befahren hat, ergibt sich auch aus den für die Jahre 2011 bis 2013 gestellten Wiederaufnahmeanträgen vom angefügten Unterlagen. So haben beispielsweise die Fahrten des Bf. im Jahr 2013 über 70 Mal nach ***3*** bzw. über ***3*** geführt. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass sich der Kunden-/Lieferantenkreis betreffend die vom Bf. abgeholten bzw. zugestellten ***33***produkte gegenüber den Vorjahren nicht geändert hat.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob dem Bf. Diäten bzw. Nächtigungsgelder für die im Jahr 2015 für seinen Dienstgeber durchgeführten Fahrten mit dem LKW (An- und Ablieferung bei Kunden bzw. Lieferanten) im Wege der Differenzwerbungskosten zustehen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Werbungskosten Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Tagesgeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Eine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt aufgegeben wird, wobei dies in der Regel erst dann der Fall ist, wenn die Entfernung vom Mittelpunkt der Tätigkeit mindestens 20 bis 25 km beträgt und ein zeitliches Ausmaß von drei Stunden überschritten wird (vgl. zB ).
Erstreckt sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf ein Gebiet in der Weise, dass dieses Gebiet - für sich betrachtet - Mittelpunkt der Tätigkeit sein kann, dann ist dieses regelmäßig bereiste Gebiet als Mittelpunkt der Tätigkeit zu qualifizieren. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis , ausgesprochen, dass bei einem Angestellten einer Versicherungsgesellschaft alle von diesem getätigten Reisen in seinem Betreuungsgebiet zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit führen, wenn dieses Gebiet mit einer gewissen Regelmäßigkeit bereist wird, weil diese regelmäßige Bereisung dazu führt, dass sich der Steuerpflichtige in diesem Gebiet über die Verpflegungsmöglichkeiten informieren und so jenen Verpflegungsmehraufwand vermeiden kann, der allein die Annahme von Werbungskosten statt nicht abzugsfähiger (üblicher) Verpflegungsaufwendungen der privaten Lebensführung rechtfertigt.
Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass der Bf. nicht nur im Jahr 2015 sondern auch in den Jahren davor regelmäßig bestimmte Gebiete in den folgenden Bundesländern der ***30*** bereist hat, die allesamt an Autobahnen gelegen sind:
***34***, ***35***, ***36***, ***37*** und ***38***
Auch in diesen Bundesländern hat der Bf. nicht ständig wechselnde Orte aufgesucht, sondern im Wesentlichen dieselben Autobahnrouten befahren, sodass in Überstimmung mit der Ansicht des Finanzamtes auch das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis kommt, dass das vom Bf. im (Süd)Westen der ***30*** befahrene Gebiet zu einem Mittelpunkt der Tätigkeit geworden ist, weil er dieses auch in den Vorjahren regelmäßig bereist hat (vgl. auch , zu einem Mittelpunkt der Tätigkeit begründenden Zielgebiet in der Schweiz sowie auch RV/0257-F/09). Entgegen der in der Beschwerde vertreten Ansicht wird nämlich durch eine Fahrtätigkeit auf nahezu gleichbleibenden Routen - im gegenständlichen Fall sind das die angeführten Autobahnabschnitte - ebenfalls ein Mittelpunkt der Tätigkeit begründet (vgl. ).
Insbesondere ist davon auszugehen, dass der Bf. seinen Verpflegungsaufwand bei Raststätten entlang der verschiedenen Autobahnen gedeckt hat und ihm daher die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten aufgrund seiner gegenüber den Vorjahren nicht geänderten Routen im Jahr 2015 bereits bekannt waren und daher hinsichtlich der Verpflegungsmöglichkeiten in einer einen Verpflegungsmehraufwand nicht notwendig nach sich ziehenden Weise ausreichend vertraut war. Diesbezüglich ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass in der Nähe von Gaststätten in Städten in der Regel gar keine Parkmöglichkeiten für LKWs existieren.
Entgegen der im Vorlageantrag vertretenen Ansicht ist bei den einzelnen Fahrten nicht auf den jeweiligen Endpunkt der Fahrt abzustellen, sondern darauf ob diese Fahrten jeweils in ein einheitliches Zielgebiet geführt haben, was aufgrund der getroffenen Feststellungen zu bejahen ist (vgl. auch "Mittelpunkt der Tätigkeit kann nicht nur ein (statischer) einzelner Ort (politische Gemeinde), sondern auch ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet sein."). Eine Anfangsphase von 15 Tagen pro Einsatzort steht entgegen der im Vorlageantrag vertretenen Ansicht ebenfalls nicht zu, weil diese Einsatzgebiete bereits in den Vorjahren regelmäßig bereist wurden (vgl. ). Überdies ist festzuhalten, dass auch eine mit Unterbrechungen ausgeübte Beschäftigung/Fahrtätigkeit in einem Einsatzgebiet dessen Eignung zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, soferne die Dauer einer solchen wiederkehrenden (dh. nicht regelmäßigen) Beschäftigung ein Ausmaß erreicht, welches zum Wegfall der Voraussetzungen des in typisierender Betrachtungsweise unterstellten Verpflegungsmehraufwandes führt (, sowie auch Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, Tz 82.3 zu § 16).
Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
Hinsichtlich der geltend gemachten pauschalen Nächtigungsgelder ist festzuhalten, dass dem Bf. eine Schlafkabine im LKW zur Verfügung gestanden ist, weswegen pauschale Nächtigungsgelder in der begehrten Höhe nur dann zustehen, wenn entsprechende Nachweise über Nächtigungen in anderen Lokalitäten (Pension, Motel etc.), die mit Kosten für den Bf. verbunden waren, erbracht werden (vgl. zB Jakom/Lenneis, EStG, 2020, Rz 46 zu § 16). Einen solchen Nachweis hat der Bf. trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom nicht erbracht, weswegen diese auch für die übrigen Reisen nicht zustehen.
Aufgrund der dargelegten Ausführungen steht für folgende Fahrten das jeweils begehrte Taggeld für den Verpflegungsmehraufwand zu, weswegen der Beschwerde insoweit Folge zu geben ist:
Eine Wochentour nach ***21*** (30.06. - 03.07.), wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 57,00 geltend gemacht wurden
Eine zweitägige Tour (20.08. - 21.08.) nach ***22***, ***23*** und über ***24***, ***25*** retour, wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 27,70 geltend gemacht wurden
Eine dreitägige Tour (07.10 - 09.10.) nach ***26***, wobei diesbezüglich Diäten (Taggelder) von insgesamt € 44,70 geltend gemacht wurden
Für die vom Finanzamt ebenfalls in der Beschwerdevorentscheidung anerkannten Taggelder für die eintägigen Reisen nach ***16*** (26.02.), ***17*** (03.06.), ***18*** (04.06), ***19*** (09.07) und ***20*** (29.10.) steht allerdings kein Verpflegungsmehraufwand zu, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eintägige Reisen ein allfälliger, aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierender Mehraufwand durch die zeitliche Lagerung der Mahlzeiten bzw. der Mitnahme von Lebensmittel abgefangen werden kann (; ; ; ).
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die zu beurteilenden Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Reise im Sinn des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 wurden im Einklang mit der angeführten VwGH-Rechtsprechung gelöst. Außerdem hing der vorliegende Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehender Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101814.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at