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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2021, RV/3100427/2018

Mittelpunkt der Lebensinteressen außerhalb von Ö: Tatbestände für NoVA und KR nicht erfüllt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***,Adresse_Ö, vertreten durch X, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und des Verspätungszuschlages für Mai 2013, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate April bis Dezember 2013, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlages für die Monate Jänner bis Dezember 2014, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlages für die Monate Jänner bis Dezember 2015 und Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2016 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe samt Verspätungszuschlag für das Fahrzeug VW Golf mit dem Kennzeichen K (Deutschland) für Mai 2013 mit EUR 1.285,72 und EUR 128,57 sowie die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume April bis Dezember 2013 mit EUR 361,20; für Jänner bis Dezember 2014 mit EUR 698,52 samt Verspätungszuschlag von EUR 69,85; für Jänner bis Dezember 2015 mit EUR 714,38 samt Verspätungszuschlag von EUR 71,44 und für Jänner bis Dezember 2016 mit EUR 714,38 gegenüber dem Beschwerdeführer fest.

Die Begründung zu diesen Bescheiden lautet auszugsweise: "Der Abgabepflichtige ist seit dem Jahr 2003 und seit dem Jahr 2010 durchgehend von Jänner bis Dezember im Hotel "A" als Koch beschäftigt. Am gab der Abgabepflichtige zu Protokoll, dass er zweimal im Jahr für jeweils einen Monat seine Eltern in Deutschland besuche. Das gegenständliche Fahrzeug sei auf die Mutter am erstzugelassen worden. In einer Stellungnahme vom brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Abgabepflichtigen ergänzend vor, dass der Abgabepflichtige ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitze und seinen Hauptwohnsitz in Deutschland habe. Im Jahr 2009 habe er einen Anbau an das elterliche Wohnhaus errichtet, welchen er selbst bewohne. In Österreich werde dem Abgabepflichtigen ein Zimmer im Personalhaus des Hotels "A" zur Verfügung gestellt. Mit Schriftsatz vom legte der Abgabepflichtige der Abgabenbehörde Unterlagen vor. Unter anderem wurde der Kaufvertrag über das gegenständliche Fahrzeug, datiert mit , und eine Bestätigung des Arbeitgebers, woraus ersichtlich ist, dass die Sommersaison im Hotel "A" mit begann, vorgelegt. Aus der vorgelegten eidesstattlichen Erklärung der Eltern ergibt sich, dass der Abgabepflichtige seine Urlaube, welche in der Zwischensaison konsumiert werden, stets in Deutschland verbringt. Ein Fahrtenbuch wird vom Abgabenpflichtigen nicht geführt. Nach Ansicht der Abgabenbehörde besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel darüber, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Abgabepflichtigen bzw. der Standort des gegenständlichen Fahrzeuges im Inland gelegen ist. Die seit dem Jahr 2010 durchgehende nichtselbständige Beschäftigung des Abgabepflichtigen im Inland und die daher begründete enge wirtschaftliche und berufliche Bindung über einen so langen Zeitraum an Österreich lässt eindeutig auf einen hier gelegenen Lebensmittelpunkt schließen. Daran ändert auch nichts, dass der Abgabepflichtige seinen gemeldeten Hauptwohnsitz noch in Deutschland hat. Bereits bei Gastarbeitern, welche zB alle drei Monate nach Hause fahren, gilt als Lebensmittelpunkt der Tätigkeitsort. Da - wie von den Eltern bestätigt - die Urlaube in der Zwischensaison in Deutschland verbracht werden, ergibt sich, dass der Abgabepflichtige sich mehrere Monate durchgehend in Österreich befindet. Allein aus diesem Grund wäre bereits der Lebensmittelpunkt des Abgabepflichtigen im Inland begründet. …" Das Fahrzeug VW Golf 2,0 TDI sei im Mai 2013 nach Österreich verbracht worden und werde seit Mai 2013 widerrechtlich verwendet.

In seiner Beschwerde vom wendete der Beschwerdeführer zusammengefasst ein, er habe seinen Hauptwohnsitz und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in d_Ort (Deutschland), d_Adresse, wo er über eine Wohneinheit in einem Anbau an sein Elternhaus mit getrenntem Eingang verfüge. Sein gesamter Freundeskreis befinde sich in Deutschland. Er habe in Österreich weder Familienmitglieder noch Freunde. In Österreich stehe ihm ein kleines Zimmer im Personalhaus des Hotels A zur Verfügung. Die Mutter des Beschwerdeführers habe das gegenständliche Fahrzeug am in Deutschland erworben. Es sei jedoch erstmals im Juli 2015 nach Österreich verbracht worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für April bis Dezember 2013 und für Jänner bis Dezember 2014 samt Verspätungszuschlag statt und hob diese auf. Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und den Verspätungszuschlag gab das Finanzamt teilweise statt und änderte diesen Bescheid dahin ab, dass die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Juli 2015 in Höhe von EUR 867,48 und der Verspätungszuschlag mit EUR 86,75 festgesetzt wurde. Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2015 gab das Finanzamt teilweise statt und änderte diesen dahin ab, dass die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 mit EUR 297,65 festgesetzt wurde. Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Kraftfahrzeugsteuer 2015 gab das Finanzamt statt und hob diesen Bescheid auf. Schließlich wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember als unbegründet ab. Die Begründung dazu lautet auszugsweise: "Der verfahrensgegenständliche VW Golf … wurde mit Kaufvertrag vom erworben und auf die Mutter des Bf, Frau M, erstzugelassen. Die Mutter des Bf war zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum Zulassungsbesitzerin dreier weiterer Fahrzeuge. Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde im Juli 2015 ins Inland verbracht. Seit zumindest diesem Zeitpunkt wurde das Fahrzeug im Inland vom Bf verwendet. Ob bzw. welche Fahrzeuge vor Juli 2015 vom Bf ins Inland verbracht wurden, konnte nicht festgestellt werden. … Nach Ansicht der Abgabenbehörde liegt … der Lebensmittelpunkt des Bf zumindest im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Inland. Das Vorbringen des Bf, er habe in Österreich keine Freunde, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Dass jemand im Alter des Bf, der seit nunmehr fünfzehn Jahren in Österreich lebt und arbeitet, keine Freunde im Inland hat und somit über keine sozialen Kontakte verfügt, erscheint nicht glaubwürdig. Zwar mag es stimmen, dass der Bf - wie aus den Niederschriften der Zeugen entnommen werden kann - ein Familienmensch ist und bei seinen Heimaturlauben Freunde und Familienangehörige besucht, jedoch haben sich aufgrund der langjährigen Tätigkeit in Österreich die persönlichen Beziehungen des Bf ins Inland verlagert, wodurch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Österreich der bedeutungsvollere Staat für den Bf geworden ist. Den wirtschaftlichen Beziehungen kommen in der Regel eine geringere Bedeutung zu als den persönlichen Beziehungen, allerdings ist aufgrund der Tatsache, dass sich die persönlichen Beziehungen des Bf ausschließlich auf Familienangehörige und Freunde in Deutschland beschränkten … und dass der Bf ausschließlich in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgeht, bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände der Lebensmittelpunkt eindeutig in Österreich gelegen. …

Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der ursprünglich zuständigen Geschäftsabteilung abgenommen und jener der nunmehr einschreitenden Richterin zum übertragen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war ausweislich des Zentralen Melderegisters in den Zeiträumen - und - in ö_Ort an der Adresse ö_Adresse mit Nebenwohnsitz gemeldet. Als Unterkunftgeber scheint jeweils das A auf. Bei dieser Unterkunft handelt es sich um ein Personalzimmer im Mitarbeiterhaus des Hotels A, welches in der Zwischensaison jeweils geschlossen ist und keine Aufenthaltsmöglichkeit bietet.

Aus der "Einfachen Meldebescheinigung" des Einwohnermeldeamtes L vom ist ersichtlich, dass für den Beschwerdeführer die Anschrift d_Ort (Deutschland), d_Adresse bekannt war. An dieser Adresse verfügte der Beschwerdeführer in den Streitjahren über eine ca 80 m² große Wohnung mit eigenem Eingang.

Der Beschwerdeführer hat enge persönliche Bindungen in Deutschland.

Laut einer Abfrage der Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger ist der Beschwerdeführer seit durchgehend bei der A Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG in ö_Ort nichtselbständig beschäftigt.

M, die Mutter des Beschwerdeführers, erwarb mit (am dem Finanzamt als Beilage C vorgelegtem) Kaufvertrag am das verfahrensgegenständliche Fahrzeug VW Golf mit der Fahrgestellnummer Nr_1 und dem amtlichen Kennzeichen K (Deutschland) und war in den Streitjahren dessen Zulassungsbesitzerin (vgl die als Beilage G vorgelegte Zulassungsbescheinigung Teil II).

Der Beschwerdeführer hat das verfahrensgegenständliche Fahrzeug von Juli 2015 bis Dezember 2016 verwendet und es erstmals im Juli 2015 nach Österreich gebracht. Dies ist zwischen den Parteien unstrittig. Er legte im Zeitraum Juli 2015 bis Dezember 2016 mehrfach die Strecke ö_Ort - d_Ort mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug zurück.

Beweiswürdigung

Die Feststellung zur Unterkunft des Beschwerdeführers in ö_Ort ergibt sich aus dem übermittelten E-Mail-Ausdruck vom (Beilage H zum Schreiben vom ), in dem Y dem Beschwerdeführer unter anderem Folgendes mitteilt: "…Sommersaison 2015: vom bis , Wintersaison 2015/16: vom bis , Sommersaison 2016: vom lfd. … Da du in unserem Hotelbetrieb in einem Jahresdienstverhältnis beschäftigt bist, konsumierst du in der Zwischensaison deinen Urlaub, bzw. Zeitausgleich für Überstunden und Feiertage. In der Zwischensaison ist unser Mitarbeiterhaus in ö_Ort … für alle Mitarbeiter geschlossen und dadurch kein Aufenthalt unter dieser Adresse möglich. …"

Die Feststellung zu den persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers in Deutschland ergibt sich aufgrund seiner eigenen Angaben und der Aussagen von V, B, M und S, die allesamt am am Finanzamt als Zeugen einvernommen wurden. Sie wird weiter gestützt durch die Angaben zum Verbleib des Beschwerdeführers während seiner Urlaube in der Eidesstattlichen Erklärung von V und M vom (Beilage H zum Schreiben vom ). Das Finanzamt hat das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bloß allgemein und unsubstantiiert als der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend abgetan ("Dass jemand im Alter des Bf, der seit nunmehr fünfzehn Jahren in Österreich lebt und arbeitet, keine Freunde im Inland hat und somit über keine sozialen Kontakte verfügt, erscheint nicht glaubwürdig. Zwar mag es stimmen, dass der Bf - wie aus den Niederschriften der Zeugen entnommen werden kann - ein Familienmensch ist und bei seinen Heimaturlauben Freunde und Familienangehörige besucht, jedoch haben sich aufgrund der langjährigen Tätigkeit in Österreich die persönlichen Beziehungen des Bf ins Inland verlagert…"). Es hat allerdings keinerlei Sachverhaltselemente aufgezeigt, die auf bestehende persönliche Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich hindeuten würden.

Die Feststellung zu den Fahrten des Beschwerdeführers zwischen ö_Ort und d_Ort ergibt sich aus seinem Vorbringen ("Der Beschwerdeführer reist alle Jahre für den gesamten April und den gesamten November nach Deutschland in seine Heimat und verbringt Mitte bis Ende Juli eine weitere Woche dort."; Beschwerde), das angesichts der Erwägungen zu seinen persönlichen Bindungen schlüssig und glaubwürdig ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 36 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen unter anderem des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straße mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden und sie weitere hier nicht interessierende Voraussetzungen erfüllen.

§ 79 KFG 1967 lautet: "Das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, ist auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden."

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2014 (mit Ablauf des in Kraft getreten) bestimmt: "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."

§ 1 Abs 7 Meldegesetz 1991 lautet: "Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat."

Nach § 1 Z 3 lit b Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG) in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes BGBl. I Nr 34/2010 unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt unter anderem die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (KfzStG) unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

Aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers angesichts der bestehenden persönlichen Bindungen in Deutschland gelegen ist. Das seit Jahren aufrechte Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers in Österreich begründet eine wirtschaftliche Beziehung des Beschwerdeführers in Österreich, der nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen geringeres Gewicht als den persönlichen Bindungen zukommt.

Der Beschwerdeführer ist in Deutschland ansässig. Mangels Vorliegens eines Hauptwohnsitzes in Österreich greift die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 nicht.

Die Jahresfrist des § 79 KFG 1967, binnen derer das Fahrzeug in Österreich mit ausländischem Kennzeichen verwendet werden durfte, begann mit der erstmaligen Einbringung des Fahrzeuges im Juli 2015 zu laufen und wurde durch die Verbringung ins Ausland (im November 2015 und im April 2016) jeweils unterbrochen (vgl. ).

Insgesamt wurde in den Streitjahren kein Zulassungstatbestand des KFG 1967 erfüllt. Es lag in den Streitjahren auch keine widerrechtliche Verwendung des Fahrzeuges vor. Daher erfolgte die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer schon aus diesem Grund zu Unrecht.

Die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Mai 2013 ist auch deshalb rechtswidrig, weil das Fahrzeug erstmals im Juli 2015 nach Österreich gebracht wurde und die Erfüllung des Tatbestandes des § 1 Z 3 lit b NoVAG erst ab diesem Zeitpunkt in Betracht käme. Eine Abänderung des Festsetzungsbescheides - wie vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommen - hinsichtlich des Festsetzungszeitpunktes und der Höhe der Normverbrauchsabgabe wäre unzulässig, zumal sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt und die anzuwendende Rechtslage geändert haben (vgl. ; ).

Die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume April bis Dezember 2013, Jänner bis Dezember 2014 und Jänner bis Dezember 2015 ist auch deshalb rechtswidrig, weil das Fahrzeug erstmals im Juli 2015 nach Österreich gebracht wurde und eine Erfüllung der relevanten Tatbestände erst ab diesem Zeitpunkt in Betracht käme. Die Rechtswidrigkeit des Festsetzungsbescheides über die Kraftfahrzeugsteuer 2015 ergibt sich daraus, dass eine zusammengefasste Festsetzung (§ 201 Abs. 4 BAO) nur einheitlich beurteilt werden kann - da die Erfüllung der relevanten Tatbestände in den ersten beiden Quartalen nicht in Betracht käme, erweist sich der gesamte Festsetzungsbescheid als rechtswidrig.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde einem Abgabepflichtigen, der die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht gewahrt hat, einen Verspätungszuschlag auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Da kein Tatbestand erfüllt wurde, aufgrund dessen der Beschwerdeführer zur Einreichung von Abgabenerklärungen hinsichtlich der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Mai 2013, der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2014 sowie der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 verpflichtet gewesen wäre, war auch die Festsetzung der Verspätungszuschläge zur Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Mai 2013, zur Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2014 und zur Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 rechtswidrig.

Dem Beschwerdebegehren war daher Folge zu geben. Sämtliche angefochtenen Bescheide waren aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen aufgrund einer einzelfallbezogenen Abwägung der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ist nicht revisibel (). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war darüber hinaus nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100427.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at