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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2021, RV/6100653/2019

Beschwerde gegen Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** über die Beschwerde des ***Bf***, vertreten durch ***F***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , vertreten durch ***K***, betreffend Sicherstellungsauftrag gem. § 232 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der Sicherstellungsauftrag wird um den Betrag von € 530.277,-- (Einkommensteuern der Jahre 2013-2016) eingeschränkt.

Die Abgabenansprüche gliedern sich wie folgt:
Einkommensteuer für


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2013
€ 300.000,--
2014
€ 21.744,--
2015
€ 96.000,--
2016
€ 112.500,--

Der Betrag mit dem durch Hinterlegung Maßnahmen zur Vollziehung dieses Sicherstellungsauftrages unterbleiben können, wird mit € 530.277,-- festgesetzt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom erließ das Finanzamt Salzburg-Stadt gegen den Beschwerdeführer (Bf) ***Bf*** einen Sicherstellungsauftrag für Einkommensteuern 2013-2016 in Höhe von insgesamt € 770.000,- (Aufgliederung siehe im Spruch des Bescheides).
Dieser Sicherstellungsauftrag enthält den Vermerk, dass er sofort vollzogen
werden könne und dass durch Hinterlegung des Betrages in Höhe von € 770.000,- Maßnahmen zur Vollziehung dieses Sicherstellungsauftrages unterbleiben.

Begründet wurde dieser Sicherstellungsauftrag im Wesentlichen damit, dass im Zuge einer Betriebsprüfung Ungereimtheiten im Zusammenhang mit vom Bf verrechneten zahnärztlichen Leistungen festgestellt worden seien. In der Folge habe eine Hausdurchsuchung durch Organe der Steuerfahndung beim Bf in dessen Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten stattgefunden.
Durch die Auswertung der sichergestellten Unterlagen und der weiteren bisherigen Ermittlungen durch die Steuerfahndung habe sich die Verdachtslage, der Bf habe die oben beschriebenen Abgabenverkürzungen begangen, wesentlich erhärtet.

Der Bf habe je eine Zahnarztpraxis in ***D*** und ***E*** betrieben. Nach Angaben des Bf bestelle er seine verwendeten Zahntechnikprodukte bei der Firma ***A*** (kurz A) in ***B***. Die Rechnungen dieser Firma seien direkt an den Bf gesendet worden, allerdings mit Namen der Patienten als Rechnungsempfänger. Der Patient erhalte daraufhin zwei Rechnungen. Zum einen eine Rechnung für die zahntechnischen Produkte, zum anderen eine Rechnung über die ärztliche Leistung. Der Betrag ***b*** Rechnung sei in bar in der Praxis zu bezahlen gewesen. Der Bf zahle diesen Betrag dann wiederum nach seinen Angaben in bar auf das Konto der ***b*** Firma ein. Für diese Einzahlungen, seien jedoch weder in der Buchhaltung des Bf noch sonst irgendwo Nachweise vorhanden.

Aufgrund der sichergestellten Unterlagen bestünde auch der Verdacht, dass der Bf die wesentlichen geschäftlichen Entscheidungen bei der Firma A treffe. Dazu seien verschieden Verträge und Unterlagen gefunden worden, die unter anderem aufzeigen würden, dass der Bf zu einem Konto der ***b*** Firma zeichnungsberechtigt sei.

Weiters seien Überweisungsbelege gefunden worden, deren betriebliche Veranlassung nicht nachvollziehbar sei, da keinerlei Buchungen diesbezüglich in der Buchhaltung ersichtlich waren. Die Beträge hinsichtlich der Jahre 2013-2016 seien erst in den Jahren 2017 und 2018 vom Bf auf das ***b*** Konto eingezahlt worden. Konkret handle es sich um folgende

Beträge jeweils mit Datum der Einzahlung:


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€ 120.000,--
€ 150.270,--
€ 142.353,--
€ 450.000,--
€ 196.300,--
€ 219.180,--
€ 319.322,--

Ergibt insgesamt somit ca. € 1,6 Mio.

Die Überweisungen tragen Vermerke wie "Zahntechnik 2014, 2015, 2016 und 2017". Entsprechende Aufwände dazu seien im Rechenwerk des Bf nicht eingetragen. Auch daraus ergebe sich der Verdacht, dass diese Gelder zur Steuervermeidung an die A überwiesen wurden.

Im Zuge weiterer Erhebungen sei festgestellt worden, dass der Bf die Zahntechnik Produkte in Wahrheit bei einer Firma in ***C*** bestellt habe und diese direkt an die Praxen des Bf versendet worden seien. Die dazugehörigen Rechnungen seien von der ***c*** Firma an die A und nicht an den Bf ausgestellt worden. Dies habe die Steuerfahndung bei einer Importabfrage beim Zollamt Salzburg festgestellt. Durch weitere Erhebungen bei der Zahnärztekammer und bei den Hausdurchsuchungen beim Bf seien mehrere dieser Rechnungen der Fa. A über die zahntechnischen Produkte sichergestellt worden. Aufgrund ebenfalls beim Bf vorgefundener Listen und einem Abgleich mit den Rechnungen, sei von einer Abgabenverkürzung in den Jahren 2013-2016 auszugehen. Der Umstand, dass der Bf erst in den Jahren 2017 und 2018 (nach Beginn der Betriebsprüfung) umfassende Zahlungen die Jahre 2013-2016 betreffend an die ***b*** Firma geleistet hat, bestätige die Annahme der Abgabenverkürzung und die Verschiebung der Einnahmen ins Ausland.

Im Bescheid über den Sicherstellungsauftrag wurde außerdem die Berechnung der Abgabenverkürzung dargestellt (auf die verwiesen wird). Unter Berücksichtigung eines 47%-igen Einkommensteuersatzes wurde die Abgabenverkürzung für die Jahre 2013-2016 insgesamt mit € 770.226,00 berechnet. In den Jahren 2013 und 2014 lägen vollständige Listen vor. 2015 seien die Listen nicht vollständig, sodass teilweise eine Schätzung vorgenommen worden sei. Für das Jahr 2016 läge keine Liste vor. Dieses Jahr wurde daher zur Gänze einer Schätzung unterzogen. Der Materialeinsatz sei aufgrund von Vergleichswerten Österreichischer Zahntechnikprodukte in Abzug gebracht worden. Dies sei für den Bf Vorteilhaft, da Produkte aus ***C*** naturgemäß günstiger seien.

Die Erschwerung bzw. Gefährdung der Einbringung der Abgaben sei zu befürchten, weil beim Bf aufgrund der vorliegenden Unterlagen kein ausreichendes Vermögen vorhanden sei:

In der zuletzt eingereichten Einnahmen-/Ausgabenrechnung 2014 sei lediglich ein Wertpapierdepot mit dem Betrag von € 44.824,62 zu finden. Am Abgabenkonto sei ein Saldo von € 428,28 offen. Der Bf habe laut Grundbuch keinen Grundbesitz in Österreich. Auf den Bf seien 2 Motorräder, 3 PKWs und eine Vespa zugelassen (genaue Beschreibung siehe Sicherstellungsauftrag vom ). Weiters habe der Bf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in ***J*** in der Höhe von € 1.800,-.

Es existiere ein Übernahmevertrag zwischen dem Bf und der Firma A über den Verkauf der Praxen. In den Jahren 2017 und 2018 seien weitere Zahlungen des Bf an die ***b*** Firma geleistet worden. Der Bf besitze kein ausreichendes Vermögen um die Abgabenschuld (Einkommensteuer) zu begleichen. Er habe lediglich die laufenden Einnahmen zur Verfügung.

Gegen diesen Bescheid brachte der Bf durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Höhe des Abgabenanspruches im Sicherstellungsauftrag. Es wurde beantragt die Höhe des Abgabenanspruches welcher sichergestellt werden soll mit € 48.000,- festzusetzen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Abgabenansprüche der Jahre 2015 und 2016 lediglich geschätzt worden seien. In den Jahren 2013 und 2014 seien die Beträge aus den der Finanzbehörde vorliegenden Listen übernommen worden. Die Behörde hätte nichts unternommen um in die Jahresabschlüsse der Firma A Einsicht zu nehmen. Die Jahresabschlüsse hätte man der Behörde ohne weiteres vorlegen können. Würde man die Gewinne aus den Jahresabschlüssen zur Gänze dem Bf zurechnen, ergebe sich aufgrund der Bilanzen der Jahre 2013-2016 eine Einkommensteuerbelastung in der Höhe von 48.000,-. Auf die Berechnung der Einkommensteuerschuld in der Höhe von 48.000,- aufgrund einer Auswertung der Bilanzen der A in der Beschwerde wird verwiesen. Die Bilanzen 2013-2016 wurden der Beschwerde beigefügt.

Diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge von Arbeitnehmerveranlagungen zahlreiche Rechnungen über zahntechnische Leistungen von einer Firma A in ***G*** sowie Rechnungen über zahnärztliche Leistungen des Bf eingereicht worden seien. Der umfangreiche Sachverhalt aus dem Sicherstellungsauftrag wurde erneut angeführt.

Zu den Jahresabschlüssen der A sei auszuführen, dass der Verdacht der Verschleierung des Zukaufes und Verschleierung der Erbringung von zahnärztlichen Leistungen (Zahntechnikprodukte) bestehe. In Wahrheit erfolge diese Leistung nicht von der Fa. A an die Patienten direkt als Leistungs- und Rechnungsempfänger, sondern an den Bf als Zahnarzt in Erbringung seiner zahnärztlichen Leistungen.

Dieser Teil der zahnärztlichen Leistungen des Zahnarztes an den Patienten, welcher über die A verrechnet worden sei, sei der österreichischen Besteuerung entzogen worden.

In welchem Ausmaß eine Besteuerung der A in ***B*** erfolgt sei, sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Sicherstellungsauftrages zum einen nicht bekannt und zum anderen auch für die Zurechnung der Einkünfte beim Beschwerdeführer nicht ausschlaggebend gewesen.
Auf die im Übrigen weiteren Ausführungen, die sich im Wesentlichen mit dem Sicherstellungsauftrag decken, wird verwiesen.

Daraufhin stellte der Bf durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Anbringen vom einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Als Begründung wurde vorgebracht, dass in der Beschwerdevorentscheidung das inhaltliche Vorbringen der Bescheidbeschwerde nicht thematisiert worden sei. Immer noch fraglich sei, warum die Finanzbehörde nicht auf konkrete Zahlen zurückgegriffen habe, welche in den Bilanzen der A leicht ersichtlich gewesen wären. Vielmehr stütze man den Sicherstellungsauftrag auf Listen und Schätzungen, deren Werte vom Tatsächlichen in enormer Höhe abweichen würden. Auch wenn die Finanzbehörde im Sicherungsverfahren nicht endgültig über den Abgabenanspruch entscheiden würde, müsse ein Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit und Schlüssigkeit des Anspruches vorliegen. Der Sicherstellungsauftag entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und sei daher hinsichtlich der Höhe des Abgabenanspruches wie beantragt abzuändern.
Ein weiteres Vorbringen wurde nicht erstattet.

Das Finanzamt legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor.

Am versendete der BFG ein Ergänzungsersuchen an das Finanzamt, in dem die Behörde dazu aufgefordert wurde Unterlagen bezüglich des Finanzstrafverfahrens, der Hausdurchsuchung sowie den ausländischen Mieteinkünften vorzulegen.
Weiters wurde die Berechnung der Einkommensteuern für die vom Bf selbst für die Jahre 2015 und 16 eingereichten Einkommensteuererklärungen, welche nicht veranlagt wurden, aufgetragen, sowie Feststellungen des Einkommens zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungauftrages zu treffen.

Mit Antwortschreiben vom und E-Mail vom legte das Finanzamt die geforderten Unterlagen vor. Folgende Tabelle wurde dabei betreffend Einkommensteuer der erklärten Einkünfte der Jahre 2015 und 2016 vorgelegt:


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2015
2016
ESt lt. BP
193.216,00
196.266,00
"Mehrergebnis" BP
96.263,00
112.861,00
ESt lt. Erklärung
96.953,00
83.405,00


Bezüglich der Mieteinkünfte wurde bekannt gegeben, dass die € 1.800,-- ein Jahresbetrag sind.

Das monatliche Einkommen im Jahr 2019 wurde vom Finanzamt auf Basis der Daten aus 2018 für die Monate Jänner bis August auf ca. € 20.700,- (vor Steuer) geschätzt.
Außerdem wurde ein Antrag des Bf auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2019 vom vorgelegt. Der Antrag wurde damit begründet, dass der Bf seinen Betrieb mit Ende August 2019 beenden werde. Weiters sei er mit umfangreichen Regressforderung von ehemaligen Patienten idHv. € 450.000,-- wovon € 167.000,-- akzeptiert worden seien, konfrontiert. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom stattgegeben und die Einkommensteuervorauszahlung auf € 0,00 herabgesetzt.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Inzwischen wurde die Betriebsprüfung abgeschlossen und die zunächst sichergestellten Abgaben mit Einkommensteuerbescheiden vom wie folgt festgesetzt:

Einkommensteuer 2013: 513.299,98 € (Abgabennachforderung: 361.785,00 €)
Einkommensteuer 2014: 21.744,15 € (Abgabennachforderung: 21.744,15 €)
Einkommensteuer 2015: 193.215,86 € (Abgabennachforderung: 183.216,00 €)
Einkommensteuer 2016: 196.266,02 € (Abgabennachforderung: 196.266,02 €)

Dazu ist festzustellen, dass in den Nachforderungen für die Jahre 2015 und 2016 vom Bf selbst erklärte Einkommensteuern - wie vom Finanzamt festgestellt - iHv. ca. € 97.000,-- und
€ 83.500,-- enthalten sind.

Im endgültigen Bericht über die Außenprüfung ("Bp-Bericht") des Finanzamtes vom wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sämtliche Leistungen durch den Bf erbracht worden seien. Die Rechnungen der A dienten dazu den in Österreich erwirtschafteten Gewinn ins Ausland zu verlagern (***B***). Der Bf sei das Zurechnungssubjekt der Einkünfte. Die A sei kein Zahntechniklabor. Vielmehr seien die zahntechnischen Produkte von ***C*** (Fa. ***H***) direkt an die ***E*** und ***D*** Praxis des Bf geliefert worden. Die Rechnungen ***b*** Firma dienten dazu den in Österreich erwirtschafteten Gewinn ins Ausland zu verlagern. Der Bf sei in Wahrheit das Zurechnungssubjekt der Einkünfte. Zur genauen Darstellung des gesamten Sachverhalts und der dazugehörigen Beweismittel wird auf die umfangreichen Ausführungen im BP-Bericht verwiesen.

Zu den vorgelegten Bilanzen der A wurde im Bericht ausgeführt, dass in der Bilanz zum beispielsweise Forderungen aus Lieferungen und Leistungen iHv 198.756,69 ***I*** ausgewiesen seien. Aus den bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen ginge hervor, dass die A zumindest € 694.877,-- als Forderung zum ausweisen hätte müssen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die vorgelegten Bilanzen falsch seien (Details und Beweismittel siehe BP-Bericht).

Der Bf wurde am über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens verständigt.

Das Finanzstrafverfahren (Gz ***YZ***) ist bis dato noch nicht abgeschlossen.

Die Hausdurchsuchung wurde am angeordnet.

Aus dem Abgabenkonto des Bf zur StNr. ***XY***, ist zu ersehen, dass die festgesetzten Abgaben nach wie vor unberichtigt aushaften.
Auch die auf die selbst erklärten Einkünfte entfallende Einkommensteuern für 2015 und 2016 wurden nicht entrichtet.

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.

Sicherstellungsaufträge setzen eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus. Dies liegt vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. Ritz, BAO, § 232, Rz 5 mwN.).

Solche Umstände liegen nach der Judikatur des VwGH (zB ; , 99/15/0076; , 2000/15/0042; , 2004/14/0045; , 2012/15/0165; , 2012/15/0174) vor allem, bei drohendem Insolvenzverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte, bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung.

Weiters ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH jedenfalls eine Auseinandersetzung mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Steuerpflichtigen erforderlich (zB. ).

Zur teilweisen Stattgabe (bezüglich der Jahre 2014, 2015 und 2016) ist festzustellen, dass sich der Abgabenanspruch für 2014 von € 143.000,-- (lt. Si-A) auf € 21.744,15 (lt. Bp) verringert hat, weshalb aufgrund der Wesentlichen Abweichung auf diesen Betrag einzuschränken war.
Für die Jahr 2015 und 2016 wurden seitens des Bf selbst Einkommensteuererklärungen eingereicht, aus denen Einkommensteuern iHv. ca. € 97.000,-- (2015) und ca. € 83.500,-- (2016) resultiert hätten (siehe Feststellungen). Da für diese vom Bf selbst offengelegten Beträge kein Verdacht einer Abgabenhinterziehung besteht, fehlen dafür sonstige Umstände. Die Sicherstellungsbeträge waren daher auf die Nachforderungsbeträge lt. Bp einzuschränken. Für

2015 auf € 96.000,-- (bisher € 116.000,--) und für

2016 auf € 112.500,-- (bisher € 211.000,--).

Zur Entstehung des Abgabenanspruches ist auf die inzwischen im Zuge der Betriebsprüfung ergangen Abgabenbescheide sowie dem dazu ergangenen Betriebsprüfungsbericht zu verweisen.
Diesen Abgabenfestsetzungen liegen einerseits Listen des Bf selbst zugrunde (siehe Hausdurchsuchung), sowie im Wesentlichen der Umstand, dass lt. Betriebsprüfung der wirtschaftliche Gewinn ins Ausland verlagert wurde und der Bf als Zurechnungssubjekt der Einkünfte anzusehen sei. Dies deshalb, da die Fa. A kein Zahntechniklabor sei.
Dem ist der Bf substantiiert nicht entgegengetreten, wobei der Sicherstellungsauftrag dem Grunde nach nicht, sondern nur der Höhe nach bekämpft wurde. Unbekämpft blieben dabei auch die festgestellten, in der Buchhaltung des Bf nicht erfassten, Überweisungen an die Fa. A im Ausmaß von ca.: € 1,6 Mio.
Wenn sich der Bf auf die Bilanzen der Fa. A beruft ist dazu auf die Feststellungen der Bp zu verweisen, wonach diese nicht stimmen können.

Da insofern nur die Höhe der vom Sicherstellungsauftrag umfassten Abgaben bekämpft wurden, ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld nicht wie bei einer ordnungsgemäßen Abgabenfestsetzung vorliegen muss. Gewisse Abweichungen zwischen dem anfänglich dem Sicherstellungsauftrag zugrundeliegenden Betrag und der nachfolgenden Abgabenfestsetzung müssen daher in Kauf genommen werden (; Ritz, BAO, § 232, Rz 8).

Aufgrund dieser dargestellten Umstände ist von der Entstehung des Abgabenanspruches - im verringerten Ausmaß - auszugehen.

In weiterer Folge ist zu prüfen, ob die Erlassung des Sicherstellungsauftrages zum damaligen Zeitpunkt, in Bezug auf das Vorliegen von Gefährdungs- und Erschwerungsmomenten, gerechtfertigt war.

Aufgrund der sichergestellten Unterlagen im Finanzstrafverfahren besteht der Verdacht, dass der Bf durch teilweise Nichterfassung von Honoraren und Aufwandsrechnungen für zahnärztliches Material aus ***B*** im buchhalterischen Rechenwerk in den Jahre 2013 bis 2014 eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer bewirkt hat und für die Jahre 2015 und 2016 durch Abgabe unrichtiger Erklärungen Abgabenhinterziehungen versucht hat (§§ 33 Abs. 1, iVm § 38 und 13 FinStrG; siehe Einleitung des Finanzstrafverfahrens vom ).Siehe dazu auch die Anordnung der durchgeführten Hausdurchsuchung vom .

Abgabenhinterziehung und Mängel der Buchführung allein reichen ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen noch nicht aus, damit eine solche Gefährdung oder Erschwerung angenommen werden darf (Ritz, BAO, § 232, Rz 5 mwN).

Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen ist vorweg auszuführen, dass die Gefährdungs- bzw. Erschwerungsmomente zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages (2019) gegeben sein müssen.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse traf das Finanzamt folgende Feststellungen:

Der Bf bezieht außer seinen selbständigen Einkünften noch Einkünfte idHv
€ 1.800,- jährlich aus der Vermietung einer Eigentumswohnung in ***J***.

In der (zum damaligen Zeitpunkt) letzten eingereichten Einnahmen-/Ausgabenrechnung 2014 sind lediglich folgende Positionen ersichtlich: Wertpapiere für FBiG nach § 10 EStG:
€ 44.824,62.

Der Bf hat keinen Grundbesitz in Österreich. Weiterer Grundbesitz besteht lediglich im Ausland. Für das im Ausland befindliche Vermögen ist von einem erschwerten Zugriff auszugehen.

Auf den Bf sind 6 Fahrzeuge zugelassen (zwei Motorräder, drei PKW und eine Vespa, siehe Sicherstellungsauftrag).

Der Bf hatte im Jahr 2019 (zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit idHv monatlich ca. € 20.700,-- (abzüglich ca. 47% Einkommensteuer).
Aufgrund des bereits im August 2019 gestellten Herabsetzungsantrages der Vorauszahlungen auf Null (vom FA auch bewilligt), ist praktisch von keinem Einkommen im Jahr 2019 auszugehen. Zudem wurde lt. Angaben des Bf der Betrieb mit Ende August 2019 eingestellt (auf die bestehenden Regressforderung - siehe oben - wird verwiesen).
Diese Feststellungen blieben seitens des Bf unbestritten.

Insgesamt ist daher aufgrund des bestehenden Missverhältnisses zwischen dem eben dargestellten Vermögen und Einkommen des Bf im Jahr 2019 mit den inzwischen festgesetzten für den Sicherstellungsauftrag relevanten Abgabennachforderungen in der Höhe von
€ 530.277,-- der Schluss zulässig, dass hinsichtlich der Einbringlichkeit der Abgaben von einer Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ausgegangen werden durfte.

Das Bundesfinanzgericht kommt daher zu dem Schluss, dass ausreichende Gründe für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages sowohl aufgrund der wirtschaftlichen Lage als auch aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles, vorlagen.
Der Beschwerde kommt daher teilweise hinsichtlich der Höhe des Sicherstellungsauftrages Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (die Entscheidung ergibt sich als Folge des Gesetzes und entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des VwGH), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100653.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at