Grunderwerbsteuer - Übertragung einer Eigentumswohnung nach Scheidung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Grunderwerbsteuer wird iHv € 426,47 festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) Grunderwerbssteuer in der Höhe von € 2.241,20 vorgeschrieben (3,5 % vom Wert der Gegenleistung laut Grundbuchsurkunde). Begründend wurde ausgeführt, dass die Übertragung der ehelichen Eigentumswohnung nicht innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erfolgt sei und es sich daher um keinen unentgeltlichen Erwerb durch den in § 26a Abs. 1 GGG angeführten Personenkreis handle.
Dagegen brachte die Bf mit Schreiben vom Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der begünstigte Steuersatz von 2 % zur Anwendung kommen müsse, da die gegenständliche Eigentumswohnung im Zuge der Ehescheidung übertragen worden sei. Die Scheidung habe grundsätzlich im Jahre 2011 stattgefunden. Gegen das erstinstanzliche Urteil sei Berufung erhoben worden. Das Berufungsurteil stamme vom . Innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist, am , sei der Antrag auf Aufteilung des Vermögens beim BG ***X*** eingebracht worden. Das Verfahren habe in der Folge lange gedauert. Im Zuge von Verhandlungsterminen im Jahr 2016 hätten sich die Parteien schließlich über die Übertragung der Anteile der Eigentumswohnung geeinigt. Daraus resultiere die unmittelbar danach errichtete Grundbuchsurkunde.
Die Bf wurde daraufhin mit Ergänzungsersuchen vom dazu aufgefordert, das Scheidungsurteil, das Berufungsurteil, den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens und Schriftstücke bezüglich der Verhandlungen im Jahr 2016 vorzulegen.
Dieser Aufforderung kam die Bf mit Antwortschreiben vom nach und legte folgende Unterlagen vor:
- Scheidungsurteil vom
- Berufungsurteil vom
- Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens vom
- Grundbuchsurkunde über die Übertragung der Ehewohnung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, dass gemäß § 95 EheG der Anspruch auf Aufteilung des (ehelichen) Gebrauchsvermögens erlösche, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht werde. Wenn der Anspruch nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werde und eine Grundstücksübertragung nach Ablauf der Frist erfolge, sei die Übertragung als außerhalb des Familienverbandes liegend zu beurteilen und mit einem Steuersatz von 3,5 % zu versteuern.
Mit Schreiben vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte erneut aus, dass der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens innerhalb der von § 95 EheG geforderten Jahresfrist gestellt worden sei.
Die Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung vor.
Mit Beschluss vom wurde die Bf vom Bundesfinanzgericht dazu aufgefordert den Grundstückswert (inkl. einer Berechnung) bekannt zu geben.
In Beantwortung dieses Beschlusses legte die Bf am eine Berechnung des Grundstückswertes nach dem sog. "Pauschalwertmodell" vor (§ 2 Grundstückswert-Verordnung). Die Berechnung ergab einen Grundstückswert in der Höhe von € 85.293,42.
Der Beschluss vom sowie dessen Beantwortung durch die Bf wurden der belangten Behörde am zur Stellungnahme übermittelt.
Mit Schreiben vom nahm die Abgabenbehörde dazu Stellung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt
Mit Scheidungsurteil vom wurde die Bf von ihrem Ehemann geschieden. Gegen dieses Urteil wurde Berufung erhoben. Am erging das Berufungsurteil. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Am brachte die Bf einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens nach § 95 EheG beim Bezirksgericht ein. Unter anderem beantragte die Bf die im Eigentum des geschiedenen Gatten 424/10000 Anteile der Liegenschaft EZ ***5*** KG ***4*** ***X***, BG ***X***, mit welcher untrennbar Wohnungseigentum an Top 21 verbunden ist, an sie zu übertragen.
Im Jahr 2016 kam eine Einigung der Parteien bezüglich der ehelichen Eigentumswohnung zu Stande.
Mit Grundbuchsurkunde vom wurden 424/10000 Anteile an der Liegenschaft EZ ***5*** KG ***4*** ***X***, BG ***X***, mit welcher untrennbar Wohnungseigentum an Top 21 verbunden ist an die Bf übertragen.
Beweiswürdigung
Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden. Die Ermittlung des Grundstückswert erfolgte unter Verwendung des Berechnungsprogramms des BMF auf Basis von § 2 Grundstückswertverordnung (GrWV).
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens vom Grundstückswert zu berechnen. Bei Erwerben gem. § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GreStG 1987 ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen.
Gem. § 7 Abs. 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 GGG angeführten Personenkreis als unentgeltlich.
§ 26a Abs. 1 Z 1 GGG lautet: "Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts, heranzuziehen:
1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers."
Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken nach § 7 Abs. 2 lit a GrEStG 1987 für die ersten 250 000 Euro 0,5% des Grundstückswertes.
Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, ist der Grundstückswert entweder
- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG. 1955, BGBl. Nr. 148/1955 in der jeweils geltenden Fassung, und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.
Im Sinne der in § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 enthaltenen Ermächtigung erging zur Festlegung des Grundstückswertes die Grundstückswertverordnung - GrWV, BGBl II 2015/442.
Das erste der beiden im Gesetz alternativ vorgesehenen Ermittlungsverfahren ist das so genannte "Pauschalwert-Modell", bei dem die Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes berechnet wird.
Das Pauschalwert-Modell ist ein vereinfachtes pauschales Wertermittlungsverfahren und stellt die einfache Selbstberechnung sowie die Vorhersehbarkeit der Grunderwerbsteuerbelastung sicher. Der nach dem Pauschalwert-Modell errechnete Grundstückswert setzt sich aus der Summe des hochgerechneten dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs.2 Satz 1 BewG und dem Wert des Gebäudes zusammen. Der Grundstückswert nach dem Pauschalwert-Modell berücksichtigt neben der Lage des Grundstücks die Baukosten, die Bauweise und die Nutzung des Gebäudes, sowie die Nutzfläche (Bruttogrundfläche) und den Erhaltungszustand des Gebäudes. Die Ermittlung dieses Wertes wird in zwei Bestandteile, nämlich Grund und Boden sowie Gebäude aufgeteilt (Immolex 2016,01/6).
In § 4 Abs. 1 Satz 2 GrEStG ist iVm § 7 Abs. 1 Z 1 lit b GrEStG die ausschließliche Zugrundelegung des Grundstückswertes als Bemessungsgrundlage für die als unentgeltlich geltenden Erwerbe vorgesehen.
Nach § 2 Abs. 2 GrWV ist der Grundwert wie folgt zu berechnen: dreifacher (anteiliger) zuletzt festgestellter Bodenwert/m² x Grundfläche x Hochrechnungsfaktor lt. Anlage für die betreffende Gemeinde (hier 2).
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Gebäudewert im Wesentlichen ausgehend von der Gebäudenutzfläche multipliziert mit dem Baukostenfaktor je Bundesland (hier Oberösterreich € 1.370/m2-Nutzfläche) zu ermitteln, wobei je nach Baujahr, Art des Gebäudes und eventueller Sanierungen dieser Wert bzw. auch der Baukostenfaktor entweder mit 100 % oder in einem geringeren Umfang anzusetzen sind (§ 2 Abs. 3 Z 3, 4 und 5 GrWV).
Erwägungen:
Im gegenständlichen Verfahren ist zunächst strittig, ob der Erwerb der Eigentumswohnung noch im Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, anlässlich der Scheidung zu sehen ist und somit als unentgeltlicher Erwerb anzusehen ist, oder ob der Erwerb als Erwerb außerhalb der Aufteilung erfolgte.
Gem. § 7 Abs. 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 iVm § 26a Abs. 1 Z 1 GGG gelten Übertragungen die im Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens erfolgen, als unentgeltlich.
Das Gesetz sieht keine unmittelbar kalendermäßig bestimmbare Frist vor, sondern hat die Begünstigung an das zeitliche Erfordernis geknüpft, dass die Übertragung im "Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens" erfolgt.
Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des (ehelichen) Gebrauchsvermögens, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Wird der Anspruch nicht innerhalb der Frist geltend gemacht und erfolgt eine Grundstücksübertragung nach Ablauf der Frist, ist die Übertragung als außerhalb des Familienverbandes liegend zu beurteilen (Fellner, GrEStG15, § 7 Rz 7).
Der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, dem auch die gegenständliche Eigentumswohnung (424/10000 Anteile) zugehörte, wurde innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist des § 95 EheG gestellt.
Auch wenn es erst im Jahr 2016 zu einer Einigung der Parteien und zur endgültigen Übertragung der Eigentumswohnung an die Bf gekommen ist, wurde der Antrag binnen eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung gerichtlich geltend gemacht. Der Antrag war somit rechtzeitig.
Es liegt ein unentgeltlicher Erwerb vor.
Der Grunderwerbsteuer unterliegen grundsätzlich Rechtsvorgänge die den Anspruch auf Übereignung begründen. Im Vorliegenden Fall entstand der Anspruch auf Übereignung im Jahr 2016 (Grundbuchsurkunde, Willenseinigung). Es ist daher das Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung vom , BGBl. I Nr. 163/2015, anzuwenden.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist als Bemessungsgrundlage im Fall der unentgeltlichen Übertragung der Grundstückswert und nicht der Wert der Gegenleistung heranzuziehen.
Die rechtsfreundliche Vertretung der Bf hat dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom die im Sinne obenstehender Ausführungen auf Grundlage des § 2 GrWV nach dem Pauschalwertmodell ermittelten Grundstückswertberechnung vorgelegt.
Die Vollständigkeit und die Richtigkeit der der Berechnung des Grundstückswertes zu Grunde liegenden Daten wurden bestätigt.
Es wurden 424/10000 Anteile übertragen.
Der Grundstückswert der von der Bf erworbenen 424/10000 Anteile an der Liegenschaft wurde mit insgesamt € 85.293,42 ermittelt.
Von diesem Wert ist die Grunderwerbsteuer iHv 0,5% festzusetzen (85.293,42 x 0,5% ergibt € 426,47).
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26a Abs. 1 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 § 95 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938 § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 2 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101334.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
YAAAC-27725