Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.05.2021, RV/4100216/2019

Bindung bei Festsetzung der Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben an den Einheitswertbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom , EW-AZ ***1***, betreffend Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2015 - 2017, Abgabenkontonummer 61-300/7939 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt (FA) gegenüber ***Bf1*** (Beschwerdeführer, Bf.) für den unter dem Aktenzeichen EWAZ ***1*** erfassten Grundbesitz Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2015 und 2017 mit € 993,52 fest.

Zur Berechnung wurde im Bescheid Folgendes ausgeführt:

Zur Begründung führte das FA aus, dass die Festsetzung auf dem zum Hauptfeststellungszeitpunkt mittels Hauptveranlagungsbescheid festgesetzten Grundsteuermessbetrag basiert. Der jeweilige Abgabenbetrag ergebe sich aus der Multiplikation des Grundsteuermessbetrages mit dem jeweiligen Hebesatz.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom beantragte der Bf. die Aufhebung des Bescheides. Begründend führte er aus, dass er am [richtig: ] gegen den recht- und gesetzlos erlassenen Einheitswertbescheid (Hauptfeststellung zum - Wirksamkeit ab ) Beschwerde eingebracht habe. In der Folge beantragte der Bf. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde unter Zitierung des § 252 Bundesabgabenordnung (BAO) ab.

Nach Gewährung einer Fristverlängerung beantragte der Bf. mit Schriftsatz vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Die Ausführungen in diesem Vorlageantrag sind identisch mit dem Vorlageantrag zu RV/4100210/2019. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei darauf verwiesen.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor. In der Stellungnahme beantragte es die Abweisung der Beschwerde.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache der Geschäftsabteilung 5016 abgenommen und der nunmehrigen Geschäftsabteilung 5011 zugeteilt.

Über Vorhalt der Richterin vom , teilte die ehemalige steuerliche Vertretung des Bf. mit, dass ein Vollmachtsverhältnis nicht mehr bestehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ist im Verfahrensgang (I) dargelegt.

2. Beweiswürdigung

Von der nunmehr zuständigen Richterin wurde Beweis erhoben durch die Einsicht in die vom FA vorgelegten Unterlagen, weiters durch die Grundbuchsabfrage und Abfrage im Grundbesitzinformationssystem zu EW-AZ ***1***.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 195 Bundesabgabenordnung (BAO)

Die Steuermessbeträge und die anderen Feststellungen, die in den Messbescheiden enthalten sind (§ 194 Abs. 3), werden den Abgabenbescheiden zugrunde gelegt, auch wenn die Messbescheide noch nicht rechtskräftig geworden sind.

§ 252 BAO

Abs. 1: Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Abs. 2: Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

Abs. 3: Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unrichtig sind.

§ 298 BAO

Ein Abgabenbescheid, in dem der Abgabenbetrag auf Grund eines Steuermessbetrages unter Anwendung eines Hundertsatzes (Hebesatzes) berechnet wurde, ist im Fall einer nachträglichen Änderung des Hebesatzes von Amts wegen durch einen neuen Abgabenbescheid zu ersetzen.

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall:

Der zum Hauptfeststellungszeitpunkt mittels Bescheid festgestellte Grundsteuermessbetrag ist ein Bescheid nach § 295 Abs. 2 BAO. Der festgesetzte Grundsteuermessbetrag von € 61,14 ist Grundlage zur Berechnung der Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für den unter EW-AZ ***1*** erfassten Grundbesitz.

Das Bundesgesetz vom über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (BGBl. Nr. 166/1960) lautete in der maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

"§ 1. Gegenstand der Abgabe
1. die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 des Grundsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 149, und
2. die Grundstücke im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 2 des Grundsteuergesetzes 1955, soweit es sich um unbebaute Grundstücke handelt, die nachhaltig land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.

§ 2. Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage für die Abgabe ist
a) hinsichtlich der im § 1 Z 1 angeführten Betriebe der für Zwecke der Grundsteuer festgesetzte Meßbetrag und …….

§ 3. Festsetzung des Jahresbetrages
Die Abgabe beträgt …. ab 400 v.H. der Bemessungsgrundlage nach § 2. Der Jahresbetrag der Abgabe ist mit Bescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermessbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Bescheid zu erlassen ist.

§ 4. Abgabenschuldner
Abgabenschuldner ist derjenige, der für den im § 1 bezeichneten Abgabegegenstand gemäß § 9 des Grundsteuergesetztes 1955 Schuldner der Grundsteuer ist. Für Grundbesitz, den der Abgabeschuldner nicht selbst bewirtschaftet, kann der Abgabeschuldner von demjenigen, der den Grundbesitz bewirtschaftet, die Rückerstattung der Abgabe verlangen."

Mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. Nr. I 22/2012, kundgemacht am , wurde in § 3 des Bundesgesetzes über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Wortfolge "und ab ….600 vH" eingefügt.

Gemäß § 22 Abs. 2 lit. b Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 559/1978, sind die Mittel der Unfallversicherung u.a. durch einen Zuschlag gemäß § 30 Abs. 3 bis 5 aufzubringen. Nach § 30 Abs. 3 Z 1 leg. cit. ist der Zuschlag gemäß § 22 Abs. 2 lit. b für alle land(forst)wirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 Grundsteuergesetz 1955 in einem Hundertsatz der Beitragsgrundlage zu entrichten. Beitragsgrundlage hinsichtlich der in § 30 Abs. 3 Z 1 leg. cit. angeführten Betriebe ist der für Zwecke der Grundsteuer ermittelte Messbetrag. Den Zuschlag gemäß § 30 Abs. 3 leg. cit. hebt gemäß § 30 Abs.4 leg. cit. das örtlich zuständige Finanzamt ein. Für die Veranlagung, Festsetzung und Einhebung gelten die abgabenrechtlichen Bestimmungen.

Gemäß § 44 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Beitrag von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben u.a. (lit. a) von allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 des Grundsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 149, im Ausmaß von 125 vH der Beitragsgrundlage zu entrichten.

Bemessungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist der lt. Grundsteuermessbetragsbescheid festgesetzte Steuermessbetrag in Höhe von 61,14 €. Nach der Bestimmung des § 252 Abs. 2 BAO kann aber der Bescheid über die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2015 - 2017 nicht mit der Begründung angefochten werden, dass der Einheitswert zum (Hauptfeststellung) recht- und gesetzlos ergangen sei.

Zurecht hat die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO hingewiesen (vgl. auch VwGH 4.2.12009, 2008/15/0337 hinsichtlich des Beitrages von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe sowie hinsichtlich der Unfallversicherung bei der Sozialversicherung der Bauern).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Hinweis: Durch die Erledigung der Beschwerde gegen den Einheitswert Hauptfeststellung zum -Wirksamkeit ab (RV/4100210/2019), vermindert sich der Einheitswert auf € 30.500,00, damit der Grundsteuermessbetrag und in der Folge auch die bekämpften Abgaben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall unzulässig, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ableiten lässt und der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt wurde.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
AbglufBG, Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, BGBl. Nr. 166/1960
§ 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 195 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 298 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 2 Z 1 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955
§ 1 Abs. 2 Z 2 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955
§ 22 Abs. 2 lit. b BSVG, Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 559/1978
§ 44 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100216.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at