Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2021, RV/7100114/2016

Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen- Glücksspielabgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Thomas Mollik, Haidfeldstraße 31, 2331 Vösendorf, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Glücksspielabgabe 01/2012 - 12/2014 zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die Bescheide bleiben unverändert aufrecht.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Wettgebührenabrechnungen gem. § 33 TP 17 GebG

Die Beschwerdeführerin gab für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Jänner 2012 bis Dezember 2014) monatliche Wettgebührenabrechnungen iSd § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 ab. Dies als Vermittler für vom Inland ins Ausland vermittelte Wetten. Berechnet wurde die Wettgebühr mit einem Steuersatz von 2%.

Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum gab sie nachfolgende (teils verspätete) monatliche Anmeldungen ab:


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage
Wettgebühr
01/2012
€ 193.300,48
€ 3.866,01
02/2012
€ 126.382,65
€ 2.527,65
03/2012
€ 196.451,25
€ 3.929,03
04/2012
€ 171.542,47
€ 3.430,85
05/2012
€ 129.952,13
€ 2.599,04
06/2012
€ 159.219,92
€ 3.184,40
07/2012
124.790,49
€ 2.495,81
08/2012
158.384,32
€ 3.167,69
09/2012
189.362,96
€ 3.787,26
10/2012
155.633,59
€ 3.112,67
11/2012
184.640,27
€ 3.692,81
12/2012
115.957,01
€ 2.319,14
01/2013
88.896,18
€ 1.777,92
02/2013
€ 85.929,65
€ 1.718,59
03/2013
€ 95.938,26
€ 1.918,77
04/2013
€ 74.769,76
€ 1.495,40
05/2013
€ 69.810,24
€ 1.396,20
06/2013
€ 66.539,19
€ 1.330,78
07/2013
€ 51.328,53
€ 1.026,57
09/2013
€ 74.829,70
€ 1.496,59
09/2013
€ 84.971,79
€ 1.699,44
10/2013
€ 92.831,69
€ 1.856,63
11/2013
€ 97.591,80
€ 1.951,84
12/2013
€ 93.735,71
€ 1.874,71
01/2014
€ 100.631,23
€ 2.012,62
02/2014
€ 89.584,39
€ 1.791,69
03/2014
€ 126.714,95
€ 2.534,30
04/2014
€ 128.201,75
€ 2.564,04
05/2014
€ 133.692,75
€ 2.673,86
06/2014
€ 190.708,55
€ 3.814,17
07/2014
€ 150.417,90
€ 3.008,36
08/2014
€ 126.808,93
€ 2.536,18
09/2014
€ 166.385,45
€ 3.327,71
10/2014
€ 262.686,64
€ 5.253,73
11/2014
€ 349.565,13
€ 6.991,30
12/2014
€ 333.126,88
€ 6.662,54

2. Ermittlungen durch das Finanzamt - Außenprüfung

In der Folge führte das Finanzamt bei der Bf. eine Außenprüfung zur Überprüfung der Bemessungsgrundlagen hinsichtlich der Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG sowie der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG für den Zeitraum bis durch. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom sind ua. folgende Prüfungsfeststellungen enthalten:

"TZ 5.1. Sachverhalt:

Die Fa. ***Bf1*** e. U. (im folgenden kurz Firma ***Bf1***) übt an mehreren Standorten in Wien das freie Gewerbe "Wettbüro" aus.

Die gegenständliche Firma ist beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel unter der Steuernummer ***2*** erfasst.

Unter dieser Steuernummer wurden für den geprüften Zeitraum Wettgebührenabrechnungen übermittelt und zwar wie folgt:

Für den Monat Jänner 2012 am

Für die Monate Februar 2012 bis Dezember 2012 am (verspätet)

Für die Monate Jänner 2013 bis Dezember 2013 am (verspätet)

Für die Monate Jänner 2014 bis Dezember 2014 am (verspätet) via FinanzOnline.

In diesen Wettgebührenabrechnungen wurden die Einsätze sowohl der Wetten auf sportliche Veranstaltungen (Einsätze "Sportwetten", Einsätze ,,Automaten-Sportwetten", Einsätze "Terastream") als auch die Einsätze auf die "virtuellen Hunde/Pferdewetten" subsumiert.

• Vermittlungsvertrag mit der Fa. ***3***.

Zwischen Frau ***Bf1*** (Vermittler) und der Fa. ***3***. (Buchmacher) mit Sitz in ***4*** als Buch wurde am ein Vermittlungsvertrag für die Vermittlung von Wetten an den Buchmacher betreffend die Standorte ***5*** und ***6*** abgeschlossen. Mit Ergänzung zum Vermittlungsvertrag vom wurde dieser Vermittlungsvertrag um den Standort ***7*** erweitert. Betreffend die weiteren Standorte gibt es mündliche Vereinbarungen zu denselben Konditionen. Laut Punkt 1) des Vertrages vom präsentiert der Vermittler den Wettkunden das verbindliche Wettprogramm des Buchmachers und vermittelt die vom Kunden angenommenen Wetten an den Buchmacher weiter. Der Wettvertrag kommt mit Eingang der von den Kunden angenommenen Wetten beim Buchmacher zustande.

Die für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen EDV-Geräte (PC, Thinclients, Monitor, Ticketdrucker, Maus, Tastatur etc.) stehen lt. Auskunft von Herrn ***11*** im Eigentum des Lokalinhabers.

Die Firma ***Bf1*** vermittelt unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware die von den Kunden gewünschten Wetten zur Fa. ***3***.

Der Vermittler übt dabei seine Tätigkeit als konzessionierter Gewerbetreibender selbständig aus. Für die Tätigkeit als Wettvermittler erhält die Firma ***Bf1*** von der Fa. ***3***. einen Provisionsanteil i. H. v. 15% vom Hold der vermittelten Wetten und zuzüglich eine Fixprovision zwischen € 150,00 bis € 300,00.

Laut Punkt 7) Des Vermittlungsvertrages sind alle mit dem Betrieb der Vermittlungsstellen verbundenen Kosten vom Vermittler zu tragen.

• Glücksspielkontrollen:

Im Zuge von Glücksspielkontrollen und Überprüfungen des Wettangebots durch Organe der Finanzverwaltung wurde festgestellt, dass im geprüften Zeitraum auch Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen angeboten und gespielt wurden.

Diese virtuellen Hunde- und Pferderennwetten wurden über die Internetplattform "***8***" angeboten und konnten im Internet unter "***9***" abgerufen werden. "***8***" ist ein englischer Buchmacher, der diese virtuellen Rennen herstellt und darauf selbst Wetten anbietet und abschließt. Die Fa. ***3***./ (der Buchmacher), erstellt zu diesen virtuellen Rennen jeweils eigene Quoten, zu denen sie Wetten auf den Ausgang der Rennen abschließt. Die Quoten kommen vom Buchmacher teilweise erst kurz vor dem Start des Rennens und werden über einen eigenen Quotenbildschirm den Wettteilnehmern angezeigt.

• Wettabgabe:

Die Abgabe der Wetten auf den Ausgang der virtuellen Hunde/Pferderennen ist ausschließlich am Wettschalter der Firma ***Bf1*** möglich. D. h. der Wettteilnehmer muss den (die) Filialmitarbeiter(in) mit der Vermittlung der Wette beauftragen.

Der (die) Mitarbeiter(in) gibt die Wette in das EDV-System händisch ein. Der Vermittler erhält den Wetteinsatz für den Buchmacher und händigt dem Wettteilnehmer sein Wettticket aus.

Auf diesem Wettticket ist der Einsatz, der (max.) mögliche Gewinn, die Zeit des Ticketausdruckes sowie der Inhalt der Wette, vermerkt. Wird das Wettticket vom Buchmacher als gewonnen bestätigt, so bezahlt der Vermittler im Namen und Auftrag des Buchmachers den Wettgewinn an den Wettteilnehmer. Alle (gewonnenen) Wetttickets müssen für die Auszahlung von einem (einer) Mitarbeiter(in) der Firma in die Wettanlage (Computersystem) zur Abrechnung eingegeben werden.

• Rechtliche Erwägungen:

Virtuelle Hunde/Pferderennen sind Rennen, die von computeranimierten Tierdarstellungen (seltener grafische, die im Papiermodus als Zeichentrickfilme" bezeichnet werden, sondern meistens von realen Vorlagen wie z.B. Fotos oder Scans bearbeitete Animationen), die mit Namen, Trainer und Form versehen, nach mathematischen Funktionen im Computer durchgeführt werden. Das heißt, es handelt sich nicht um "natürliche" Tiere, sondern um artifiziell geschaffene Tierdarstellungen, die mit Namen individualisiert werden (das entspräche im Papiermodus "Zeichentrickfiguren"). Die Rennen finden ebenfalls nicht "natürlich" statt, sondern das "Virtual Racing" ist laut "***10***, "eine computergenerierte Präsentation bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet. "

Nach den Spielbedingungen von "***8***" die im Internet abrufbar sind, finden z. B. die virtuellen "Greyhoundrennen" in "Wimbly Way" und "Moore Street" und die virtuellen Pferderennen in "Sandunes Park", "Bishop Street" und "Wellington Place" statt. Bei den virtuellen "Greyhounds" sind jeweils sechs Hunde in jedem Rennen im Einsatz; es besteht eine Auswahlmöglichkeit zwischen (normalen) Rennen oder Hürdenlauf; jedes Rennen dauert ungefähr 30 Sekunden. Bei den virtuellen Pferderennen variiert die Anzahl der Pferde in den Rennen; auch eine Auswahlmöglichkeit zwischen normalen Rennen, Hürden- bzw. Sprintrennen ist gegeben.

Die Rennen finden bei Sonne, Wolken oder in der Nacht statt, d. h. auch die Wetterlage wird vom Computer simuliert. Diese virtuellen Hunde/Pferderennen finden ca. im Vier-Minuten-Takt statt. Vor dem jeweiligen Beginn werden die teilnehmenden virtuellen Hunde- bzw. Pferde mit Namen und Startnummern vorgestellt. Angezeigt wird einerseits die angebotene Quote der jeweils teilnehmenden virtuellen Hunde- bzw. Pferde, andererseits aber auch die "Form" der jeweiligen teilnehmenden virtuellen artifiziellen Hunde- bzw. Pferdedarstellungen. (siehe auch Homepage "***10***" https:/ /support.***8***.comjapp/answers").

• Unterlagen (Auswertung der Unterlagen):

Anhand der vorgelegten Provisionsabrechnungen für den Zeitraum Jänner 2012 bis Dezember 2014 konnten die Einsätze und Auszahlungen, getrennt nach Sportwetten, Automaten- Sportwetten, virtuellen Hunde/Pferdewetten und Livewetten (Terastream), ermittelt werden.

Die Einsätze auf die virtuellen Hunde/Pferderennen, die der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen, wurden vom geprüften Unternehmen auch unter den Wettgebührenabrechnungen erfasst.

Die Wetteinsätze auf diese virtuellen Hunde/Pferderennen sind, da es sich hierbei um Glücksspiele i. S. d. Glücksspielgesetzes handelt, von den Wettgebührenabrechnungen der Monate Jänner 2012 bis Dezember 2014 in Abzug zu bringen und stattdessen ist für diese Rennen gemäß § 57 Abs. 1 GSpG eine Glücksspielabgabe in Höhe von 16% der Einsätze festzusetzen.

TZ 5.2. Abgabenrechtliche Beurteilung:

A) Wetten an lässlich sportlicher Veranstaltungen:

Die Wetteinsätze auf sportliche Veranstaltungen (die nicht dem GSpG unterliegen) wurden von der geprüften Firma der (Wett)Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG unterzogen.

B) Virtuelle Hunde/ Pferderennen (Glücksspiele):

In den Wettfilialen der Firma ***Bf1*** konnten auch Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunde/Pferderennen abgeschlossen werden.

Der Abschluss von Wetten auf virtuelle Bewerbe (z.B. Pferde- oder Hunderennen), deren Ergebnisse von einem Computer generiert werden, oder auf aufgezeichnete Bewerbe ist ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes, weil die in der klassischen Sportwette vorherrschenden Geschicklichkeitskomponenten zu Gunsten des Zufalls vermindert werden.

Der VwGH hat in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 2009/17/0158, vom , Zl. 2011/17/0299, vom , Zl. 2013/16/0239, etc. wiederholt bestätigt, dass es sich dabei um keine Wetten aus Anlass eines sportlichen Ereignisses oder eines Hunde- bzw. Pferderennens handelt, sondern dass die Wiedergabe aufgezeichneter bzw. virtueller Rennabläufe eine Abfolge elektronischer Funktionen darstellt, jedoch keine sportliche Veranstaltung.

Die Wette auf das Ergebnis elektronischer Funktionsabläufe stellt somit nicht eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, sondern eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG dar. Durch Iandes- oder gewerberechtliche Bewilligungen könnten allenfalls Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen bewilligt gewesen sein, nicht aber Wetten auf virtuelle bzw. aufgezeichnete Hunde bzw. Pferderennen.

• Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG:

Bei derartigen Wetten auf virtuelle Rennen handelt es sich - mangels landesrechtlicher Bewilligung - um verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG, die der Glücksspielabgabe gemäß § 57 GSpG unterliegen.

Da die angebotenen virtuellen Rennen ("Virtual Racing") eine computergenerierte Präsentation sind, bei welcher ein Zufallsgenerator des Computerprogrammes über das Ergebnis entscheidet- sind für Zwecke der im Gebühren- und Glücksspielgesetz geregelten Rechtsverkehrsteuern diese Wetten auf "Virtuelle Hunde- oder Pferderennen" nicht als "Wette" (dann gebührenpflichtig gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG), sondern als vorwiegend zufallsabhängiges Glücksspiel zu qualifizieren. (Siehe auch Entscheidung des )

Die von der geprüften Firma im Zeitraum Jänner 2012 bis Dezember 2014 angebotenen "Wetten auf virtuelle Rennen von artifiziellen Tierdarstellungen" unterliegen daher gemäß § 57 Abs. 1 GSpG den Glücksspielabgaben.

Da die Teilnahme am Glücksspiel im gegenständlichen Fall durch Bezahlung am Wettschalter und durch Eingabe der Wette in die Wettanlage manuell durch eine(n) Mitarbeiter(in) der Fa. ***Bf1*** erfolgt, mangelt es an der Durchführung der Ausspielung über einen Glücksspielautomaten oder einem Video-Lotterie-Terminal.

Auch eine elektronische Lotterie i.S.d. § 12 a GSpG liegt nicht vor, weil die Spielteilnahme nicht unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt, weshalb nicht der Steuersatz des § 57 Abs. 2 oder § 57 Abs. 3 GspG sondern der allgemeine Tatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG (Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt) anzuwenden ist, der einer Glücksspielabgabe von 16% vom Einsatz unterliegt.

….

TZ 5.3. Abgabenverfahren:

Die Wettgebührenabrechnungen für die Monate Jänner 2012 bis Dezember 2014 sind mittels Bescheiden gemäߧ 201 Abs. 2 z 3 BAO zu berichtigen.

Die Glücksspielabgaben für die Monate Jänner 2012 bis Dezember 2014 sind mittels Bescheiden gemäß § 201 Abs. 2 z 3 BAO festzusetzen, da bisher keine Selbstberechnung erfolgte.

Zusammenfassung der Nachforderungs/Guthabenbeträge:

Glücksspielabgabe gemäߧ 57 Abs. 1 GSpG (siehe 'TZ. 5.2. B): € 345.519,26

Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG (siehe 'TZ. 5.2. A): € -40.228,61

Gesamtnachforderung: € 305.290,65"

In der Beilage 1 zur Niederschrift über die Schlussbesprechung findet sich eine Aufstellung der berichtigten Wettgebühren gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG für den Zeitraum: Jänner 2012 bis Dezember 2014

In der Beilage 2 zur Niederschrift über die Schlussbesprechung findet sich eine Aufstellung der virtuellen Hunde/Pferderennen, GSpAbgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG für den Zeitraum: Jänner 2012- Dezember 2014.

3. Angefochtene Glücksspielabgabenbescheide

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf. gemäß § 201 BAO die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GspG mit 16% vom Einsatz für die Monate Jänner 2012 bis Dezember 2014 fest.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Bemessungsgrundlage GSp-Abgabe
Glücksspielabgabe
01/2012
€ 139.360,22
€ 22.297,64
02/2012
€ 76.794,38
€ 12.287,10
03/2012
€ 130.342,04
€ 20.854,73
04/2012
€ 93.992,15
€ 15.038,74
05/2012
€ 83.357,69
€ 13.337,23
06/2012
€ 95.565,64
€ 15.290,50
07/2012
€ 78.841,19
€ 12.614,59
08/2012
€ 86.983,59
€ 13.917,37
09/2012
€ 94.918,00
€ 15.186,88
10/2012
€ 79.934,88
€ 12.789,58
11/2012
€ 114.238,18
€ 18.278,11
12/2012
€ 68.551,75
€ 10.968,28
01/2013
€ 34.912,35
€ 5.585,98
02/2013
€ 16.605,91
€ 2.656,95
03/2013
€ 29.036,45
€ 4.645,83
04/2013
€ 23.372,99
€ 3.739,68
05/2013
€ 23.797,76
€ 3.807,64
06/2013
€ 34.333,95
€ 5.493,43
07/2013
€ 26.428,14
€ 4.228,50
09/2013
€ 29.073,43
€ 4.651,75
09/2013
€ 31.132,97
€ 4.981,28
10/2013
€ 29.781,46
€ 4.765,03
11/2013
€ 32.843,06
€ 5.254,89
12/2013
€ 39.293,48
€ 6.286,96
01/2014
€ 43.691,46
€ 6.990,63
02/2014
€ 35.596,70
€ 5.695,47
03/2014
€ 38.117,83
€ 6.098,85
04/2014
€ 54.579,65
€ 8.732,74
05/2014
€ 76.286,65
€ 12.205,86
06/2014
€ 66.621,44
€ 10.659,43
07/2014
€ 91.595,29
€ 14.655,25
08/2014
€ 45.297,43
€ 7.247,59
09/2014
€ 47.953,62
€ 7.672,58
10/2014
€ 40.198,00
€ 6.431,68
11/2014
€ 45.875,34
€ 7.340,05
12/2014
€ 80.190,30
€ 12.830,45

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Die Festsetzung erfolgte gemäß § 201 Abs. 2 Zi. 3 BAO da kein selbst berechneter Betrag bekanntgegeben wurde.

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden.

Daher war dem Gesetzeszweck mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.

Der Bemessung wurde das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung zugrunde gelegt. Die Begründungen und genaue Berechnungen sind der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom samt Beilagen zu entnehmen, welche insoweit integrierende Bestandteile dieses Bescheides bilden."

Aufgrund der Feststellungen in der Außenprüfung erfolgte mit Bescheiden vom (auch) die Festsetzung der Wettgebühren gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO (nicht verfahrensgegenständlich).

4. Beschwerde vom

Fristgerecht wurde durch die Bf. Beschwerde gegen die Glückspielabgabenbescheide der belangten Behörde vom erhoben und der Antrag auf Unterlassung der Berufungsvorentscheidung sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt.

Begründend führte die Bf. nach dem Vorbringen formeller Mängel sowie verfassungs- und unionsrechtlicher Bedenken hinsichtlich der Bestimmung des § 57 GSpG zur "Funktionsweise der Wettvermittlung" aus:

"Für die Wettannahme und- vermittlung sind einerseits EDV-Geräte (PC, Monitor, Ticketdrucker, Maus, Tastatur etc.) und andererseits eine spezielle Wettsoftware erforderlich. Unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware werden die von den Kunden gewünschten Wetten zur Fa. ***3***. vermittelt. Zusätzlich werden auf Fernsehgeräten einerseits Informationen des Buchmachers (Quoten, Resultate etc.) für die Wettkunden angezeigt und andererseits die Ereignisse dargestellt, auf die gewettet werden kann (z.B.: Fußballspiel Rapid gegen Austria Wien, Formel 1 Grand Prix in Monaco oder eben die hier gegenständlichen, virtuellen Hunde und Pferderennen.

Beim Wettvorgang ist zu unterscheiden zwischen

• den Ereignissen, auf die gewettet wird, wie beispielsweise

o Fußballspiele

o Wer gewinnt den Song Contest?

o Echte Hunde- und Pferderennen

o Virtuelle Hunde- und Pferderennen und

• den Wetten, die von Wettkunden mit dem Buchmacher (***3***.)

geschlossen werden können, wie beispielsweise

o Wer gewinnt das Fußballspiel?

o Wer schießt das nächste Tor?

o Wer wird Sieger beim Song Contest?

o Welches Pferd gewinnt bei Rennen um 16.00 Uhr in Ascot?

o Welcher Hund gewinnt das virtuelle Rennen um 12.04 Uhr?

Hier gegenständlich sind Wetten auf virtuelle Hunde- oder Pferderennen.

Der Einfachheit halber wird in den folgenden Ausführungen überwiegend nur auf Hunderennen Bezug genommen, doch gelten die Ausführungen analog auch für die im Lokal gezeigten Pferderennen. Ein Unterschied besteht nur in der Anzahl der Teilnehmer.

Wettablauf:

Die auf den Bildschirmen als Wettereignisse (Rennen) gezeigten virtuellen Rennen werden von der Fa. ***8*** veranstaltet, ihre Erzeugung erfolgt computergeneriert.

Bis Mitte Jänner 2012 konnten die Rennen über Fernsehsatellitenprogramm und im Internet unter der Homepage ***9*** von jedermann und jederzeit aufgerufen werden. Seit Mitte Jänner 2012 gibt es die Rennen nur noch auf der Homepage von ***8*** für jedermann zu betrachten.

Die Hunderennen auf der Homepage ***9*** finden täglich rund um die Uhr, bei Sonne, Wolken oder auch in der Nacht, vorzüglich auf den Rennbahnen "Moore Street" und "Wimbly Way" statt. Sie starten jeweils im Intervall von 4 Minuten, ein Rennen dauert (vom Start aus der Box bis zum Zieleinlauf) jeweils etwa 30 Sekunden. Die Rennen werden von einem fixen Bestand von 1080 Hunden bestritten. Die zu diesem Bestand gehörigen Hunde sind je durch bestimmte Merkmale charakterisiert und werden abwechselnd in Konstellationen zu je sechs Hunden gegeneinander in die Wettbewerbe geschickt. Jeder Hund hat einen fixen Namen, unter dem er immer wieder in die Rennen geschickt wird, und eine diesem entsprechende eigene Identität. Die Informationen, die jeweils zu den einzelnen Hunden erteilt werden, unterscheiden sich nicht von jenen Informationen, die auch bei realen Rennen zu den dort eingesetzten Hunden zugänglich sind.

Zu jedem Hund, der für einen Start vorgesehen ist, werden insbesondere die folgenden Informationen zur Verfügung gestellt:

- Name: Jeder Hund wird durch seinen Namen identifiziert.

- Nummer (1 - 6): gibt an, aus welcher Position der Hund aus der Box startet; so läuft beispielsweise der Hund mit Nr. 1 aus der Box ganz links, ... , der Hund mit Nr. 6 ganz rechts.

- Trainer: Angezeigt wird der Name der Person, die den Hund trainiert; es existieren Trainer, die tendenziell erfolgreiche, und Trainer, die tendenziell eher erfolglose Hunde betreuen.

- Form: wird in einer 4-stelligen Zahl angegeben, die die bisherigen Erfolge ("Form") des Hundes ausdrückt. Die Zahl beinhaltet die letzten Rennergebnisse, die der Hund erzielt hat, wobei das jeweils jüngste Ergebnis an letzter Stelle eingetragen wird, die zeitlich weiter zurückliegenden Resultate rücken eine Zehnerstelle nach links. Rennen finden bei statt.

Beispiel:

Der Hund Edward wird für das Rennen am um 10:31 Uhr durch die Form 5312 charakterisiert, das heißt: Edward war im letztvergangenen Rennen am um 12:31 Uhr Zweitschnellster (5312), im Rennen davor ( 17:27 Uhr) Sieger (5312), wieder einen Tag davor ( 23:43 Uhr) Dritter (5312) und im Rennen davor Fünfter (5312).

Die Angaben zur Form der jeweiligen Hunde werden täglich einmal um 07:30 Uhr aktualisiert. Die Zahl für die Tagesform des Hundes bleibt bis zur nächsten Aktualisierung um 7:30 Uhr des Folgetages gleich. Sollte der Hund, was vorkommt, an ein und demselben Tag zwei Mal laufen, so tut er dies jeweils unter der um 07:30 Uhr aktualisierten Tagesform. Am folgenden Tag um 7:30 Uhr werden sämtliche Ergebnisse vom Vortag wieder in die Zahl für die Form eingestellt. Dieser Umstand kann mit der Veröffentlichung von analogen Informationen in Tageszeitungen verglichen werden. Auch dort erhält man pro Tag immer nur eine Information; Zwischenergebnisse des laufenden Tages bleiben vorerst unberücksichtigt, finden aber volle Berücksichtigung in der Information für den folgenden Tag.

Der interessierte Wettkunde kann die von den Hunden in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum erreichten Ergebnisse beobachten, daraus - wie auch bei realen Rennen - deren Leistungsstärke einschätzen und eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausganges treffen. So kann er beispielweise beobachten, welcher Hund oft gewinnt oder unter den ersten 3 zu finden ist und welcher Hund eher im Mittelfeld anzutreffen ist, also nur selten gewinnt oder zu den besten 3 zählt; Fakten wie diese stehen Buchmachern und Wettpartnern grundsätzlich bei allen Wetten zur Verfügung. Anhand dieser Fakten und mit entsprechender Erfahrung, resultierend aus der Beobachtung über einen längeren Zeitraum, können - wie auch bei realen Sportereignissen -die Gewinnchancen entsprechend eingeschätzt werden.

Jeder, der sich etwa für Fußball interessiert, "weiß" beispielsweise, dass bei einer WM-Endrunde Deutschland besser abschneiden wird als Irland. Auch bei einem direkten Spiel Deutschland gegen Irland werden Deutschland die größeren Gewinnchancen zugebilligt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass bei jedem Spiel dieser beiden Mannschaften gegeneinander immer und zwangsläufig Deutschland siegen wird. Genauso ist auch ein Sieg Irlands oder ein Remis möglich, aber eben wesentlich unwahrscheinlicher. Zu diese Einschätzung kommt der Fußballinteressierte wie auch der Buchmacher und Wettpartner, weil eben - über viele Spiele betrachtet - Deutschland in der Regel gute Resultate liefert und Irland weniger gute.

Das zum Fußball Ausgeführte gilt genauso für Hunderennen sowohl mit lebenden Tieren als auch mit den hier gegenständlichen virtuellen Tieren. So "weiß" etwa ein Wettpartner, der sich für skydogs Hunderennen interessiert, dass in einem anstehenden Rennen der Hund XXXX vermutlich besser abschneiden wird als der Hund YYYY oder etwa der Hund ZZZZ. Das bedeutet nicht, dass der Hund XXXX zwangsläufig das Rennen als Siegerbeenden wird. Es ist natürlich auch ein Sieg von Hund YYYY oder Hund ZZZZ möglich, aber eben wesentlich weniger wahrscheinlich.

Und zu dieser Einschätzung kommt der interessierte Wettpartner, weil - über viele Rennen betrachtet - Hund XXXX eben in der Regel gute Resultate liefert, der Hund YYYY oder ZZZZ hingegen weniger gute.

Durch Beobachtung der Ergebnisse der Rennen in Moore street und Wimblyway kann sich der interessierte Wettpartner ein Bild über die jeweilige Leistungsstärke der virtuellen Hunde verschaffen. Er kann die Ergebnisse beispielsweise aufzeichnen und (wenn er will) das Ergebnis jedes Rennens zu den einzelnen virtuellen Hunden notieren - etwa auf Karteikärtchen oder durch Einspeichern in seinen PC. Jedenfalls hat jeder interessierte Wettpartner auf Grund der ihm zugänglichen Ergebnisse aus der Vergangenheit die Möglichkeit einer realistischen Einschätzung der Chancen für zukünftige Rennen. Da die Rennen und deren jeweiligen Starter zumindest zwei Stunden vor Beginn feststehen und auf der Homepage angezeigt werden, hat jeder Wettkunde auch genügend Zeit, sich über die Chancenverteilung der Starter im jeweiligen Hunderennen sein Bild zu machen.

Eine weitere wesentliche Informationsquelle zur Chanceneinschätzung ist für den Wettkunden die von der ***3***. festgesetzte Quote, die jeweils auf gesonderten Fernsehgeräten dargestellt wird. Die Quote drückt die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges für den jeweiligen Hund aus, auf den gewettet wird. Sie wird von den Buchmachern auf Basis der essentiellen Merkmale

o Prinzipielle Leistungsstärke

o Aktuelle Form (letzte Ergebnisse)

o Trainer

o aktuell konkurrierende Hunde und deren essenziellen Merkmale

festgesetzt. Die Quote bestimmt ferner den Faktor für die Gewinnauszahlung: Bei einer Quote 3 wird beispielsweise der dreifache Wetteinsatz als Gewinn ausgezahlt. Aus der angebotenen Quote kann leicht auf die Gewinnchance der einzelnen Starter (oder etwa auch einzelner Fußballmannschaften) geschlossen werden. Dabei gilt: 1/Quote = Wahrscheinlichkeit.

Anhand der Buchmacherquoten kann der interessierte Wettpartner überprüfen, ob "seine" Chanceneinschätzung sich mit jener der Buchmacher ungefähr deckt. Diese Quoten liefern somit noch einen Anhaltspunkt für die "richtige" Einschätzung und sind quasi auch eine Kontrollmaßnahme für die Richtigkeit der eigenen Überlegungen.

Bei den hier gegenständlichen Rennen kann sich der interessierte Wettkunde überdies neben der Quote, die der Buchmacher ***3*** anbietet und auf einem Monitor angezeigt wird, auch über die im Rahmen der Übertragung der Rennen im Fernsehbild des Rennens angezeigte Quote des Buchmachers ***8*** von seiner Einschätzung überzeugen. Nur zur Erläuterung: Auch ***8*** bietet für seine Kunden Wetten an. Die hier gegenständlichen Quoten, zu denen die Kunden mit der ***3*** ihre Wetten abschließen können, und jene von ***8*** sind zwar ähnlich, aber nicht gleich. Interessierte Wettkunden können sich weiters auf der Homepage ***9*** über die jeweils nachfolgenden Rennen der nächsten zwei Stunden informieren bzw. über die Ergebnisse der jeweils letzten 10 Rennen. Daraus können sich Wettkunden auch ein Bild über die Form der Teilnehmer machen.

Die bei den Rennen angezeigte Uhrzeit differiert um eine Stunde; dies deshalb, da es sich um eine englische Homepage und damit um englische Zeit handelt.

Sowohl Wettvermittler wie auch Buchmacher ***3*** haben mit der Fa. ***8*** keinerlei Geschäftsbeziehung. Weder ***3*** noch die Beschwerdeführerin hat Einfluss auf die Rennen, welche von ***8*** erzeugt und gezeigt werden.

Der Wettkunde kann

• die virtuellen Hunderennen auf Fernsehbildschirmen betrachten,

• sich auf der Hornepage über die künftigen Rennen informieren,

• die (von ***8***) unabhängigen Quoten der ***3***. wählen und dann

• den Filialmitarbeiter mit der Vermittlung der Wette beauftragen. Dieser gibt die Wette in das EDV-System ein. Nach Zustandekommen der Wette erfolgt als Beweis für den Abschluss ein Ticketausdruck, der auch einen Barcode enthält, welcher die Überprüfung eines Gewinnes für den Filialmitarbeiter erleichtert.

Mit ein und derselben Anlage, welche für die Vermittlung der Wetten auf virtuelle Ereignisse verwendet wird (bzw. verwendet wurde), werden unter Vornahme derselben manuellen Handlungen monatlich auch durchschnittlich 90.000 Sportwetten, die bis zum jeweiligen Spielbeginn gewettet werden können, und 825.000 Sport-Livewetten, die ab Spielbeginn gewettet werden können, zur Vermittlung an ***3*** angeboten."

Die Bf. legte zum Beweis für die beschriebene Funktionsweise der Wettvermittlung ein technisches Gutachten des SV lng. Manfred Traffler vom sowie "Ettl Statistisch-mathematisches Gutachten über Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde- und Pferderennen" vom und "Ettl - Statistisch-mathematisches Gutachten über Geschicklichkeit und Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde- und Pferderennen vom " als Beilagen vor.

Nach ausführlicher Beleuchtung der Rechtsentwicklung führte die Bf. als conclusio aus: "Die gegenständlichen Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunde- und Pferderennen fallen als Gesellschaftswetten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes. Das Glücksspielgesetz ist daher auf sie nicht anzuwenden."

Der Wettausgang sei auch nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig, dies sei durch die vorgelegten statistisch-mathematischen Gutachten nachgewiesen. Zudem würden sich die gegenständlichen Wetten grundlegend wesentlich von den Wetten der in der Beschwerde genannten VwGH-Erkenntnisse unterscheiden.

5. Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde - eine Kopie davon erging an die Bf. - dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte u.a. aus:

"Ad 2. der Beschwerde:

Wenn die Bf. vorbringt, es liege kein Glücksspiel sondern eine Wette vor und sei die von der Behörde herangezogene Rechtsprechung nicht auf den gegenständlichen Fall anwendbar, ist dem entgegenzuhalten, dass das hier verwendete Computerprogramm (sowie die von der Bf. vorgelegten Gutachten) bereits in einem anderen Verfahren behandelt wurden und diesbezüglich eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vorliegt (), welche vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde (-4). In dieser Entscheidung des BFG wurde das gegenständliche Programm von "***8***" als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes qualifiziert und eine Steuerpflicht gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bejaht. Das BFG setzte sich ausführlich mit dem Computerprogramm und den diesbezüglichen (auch hier) vorgelegten Gutachten von Ettl (Beilage 1.b und c) und Traffler (Beilage 1.d) auseinander.

Das BFG führt in seinem Erkenntnis vom , RV/7101560/2013, aus […]

Gegen dieses Erkenntnis wurde Revision an den Verfaltungsgerichtshof erhoben. Die Revisionswerberin erachtete sich in ihrem Recht insbesondere dadurch verletzt, dass ihr für diese Tätigkeit vom Finanzamt gemäß § 57 GSpG eine Glücksspielabgabe auferlegt wird. Sie erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht für diese Abgabe herangezogen zu werden. Es handle sich um Wetten auf sonstige Ereignisse, die in der Literatur als "Gesellschaftswetten" bezeichnet würden. Die Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunde- und Pferderennen fielen als Gesellschaftswetten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes und daher sei das Glücksspielgesetz auf sie nicht anzuwenden. Der VwGH wies die Revision als unbegründet ab, d.h. entschied in der Sache selbst. Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes sei vom BFG richtig vorgenommen worden. Der festgestellte Sachverhalt wurde weder bestritten, noch wurde dieser in der Revision moniert. Das Vorbringen der Bf., es existiere zu den gegenständlichen virtuellen Hunde- und Pferderennen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung, trifft nicht zu.

Die von der Bf. vorgelegte Beilage 1.a ("fortgesetzte Beschwerdebegründung") ist nahezu identisch mit der Revision an den VwGH in oben genannten Verfahren (-4). Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Wenn die Bf. vorbringt die gegenständlichen Wetten unterlägen nicht dem Glücksspielgesetz, da sie als Gesellschaftswetten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes fielen, kann sie dadurch nichts für sich gewinnen, weil selbst bei Vorliegen einer solchen Gesellschaftswette, diese nicht generell aus dem Glücksspielmonopol ausgenommen ist.

Überdies handelt es sich bei den gegenständlichen animierten Hunderennen um eine computergenerierte Präsentation, bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheidet. Für Zwecke der im Gebühren- und Glücksspielgesetz geregelten Rechtsverkehrsteuern sind diese Wetten auf "Virtuelle Hunde- oder Pferderennen" nicht als "Wette", sondern als vorwiegend zufallsabhängiges Glücksspiel zu qualifizieren.

Für die rechtsverkehrsteuerliche Zuordnung der Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen entweder zu dem § 57 GSpG oder dem § 33 TP 17 GebG, kommt es darauf an, ob das Ergebnis vorwiegend zufallsabhängig oder durch Geschicklichkeit, wie spezielle Kenntnisse und Wissen, zustande kommt.

Wenn die Bf. meint aus den Erläuternden Bemerkungen zur Glücksspielgesetz-Novelle 2008 und aus der Aufzählung in § 1 Abs. 2 GSpG herauszulesen, dass die in § 1 Abs. 2 GSpG aufgezählten Beispiele mit den gegenständlichen Wetten auf virtuelle Rennen nichts gemeinsam haben und daher nach dem Willen des Gesetzgebers gar nicht unter das Glücksspielgesetz fallen können, übersieht sie, dass alle in § 1 Abs. 2 GSpG aufgezählten Spiele die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GSpG erfüllen. Eine Prüfung, ob ein Spiel ein Glücksspiel ist, hat daher anhand § 1 Abs. 1 GSpG zu erfolgen, worunter viele ganz unterschiedliche Spiele fallen, die oft als einzige gemeinsame Eigenschaft haben, dass sie ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen.

Das Glücksspielgesetz nimmt in § 1 Abs. 1 GSpG nur den Teil der bürgerlich-rechtlichen Glücksverträge ieS (Wette, Spiel, Los) in seinen Gegenstand auf, nämlich diejenigen, bei welchen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Die Unterscheidung von Wette und Spiel ist zwar für das bürgerliche Recht gleichgültig, nicht aber für die Rechtsgeschäftsgebühren und die Abgaben nach dem Glücksspielgesetz. Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Wette und Glücksspiel im Zivilrecht und der Diskussion der Thematik in der Literatur wird auf die umfangreichen Ausführungen im Erkenntnis des , verwiesen (Seite 20 ff).

Wenn die Beschwerdeführerin ihre Ausführungen auf das Erkenntnis des stützt, so ist dem entgegen zu halten, dass die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage dieses Verfahrens nicht die gleiche ist wie im gegenständlichen Verfahren.

Insoweit die Bf. vorbringt, dass der vom BFG zitierten Rechtsprechung, betreffend aufgezeichneter Hunderennen, nicht der selbe Sachverhalt wie revisionsgegenständlich zu Grunde gelegen sei, so mag schon richtig sein, dass diese nicht ident sind, es kann aber jedenfalls die Kernaussage der Entscheidungen - dass wenn der Zufall regiert (also das Ergebnis eines Spiels überwiegend vom Zufall abhängig ist), es sich nicht um eine Wette, sondern um ein Glücksspiel im Sinne des § 1 GSpG handelt, abgeleitet werden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um in der Vergangenheit gefilmte Rennen, die nach Zufallsgenerator eingespielt werden, sondern um virtuelle Rennen von überwiegend computeranimierten Tierdarstellungen, die mit Namen, Startnummer, Form und Trainer versehen werden und bei welchen täglich die "Schwankungen der Tagesverfassung" nach dem Zufallsprinzip im Computer festgelegt werden und Auswirkungen auf das Ergebnis, welches ebenfalls der Computer festlegt, haben.

Das Erfordernis der vorwiegenden Zufallsabhängigkeit des § 1 Abs. 1 GSpG wird im Sinne der Einheitlichkeit der Steuerrechtsordnung analog zu anderen Verkehrsteuergesetzen ausgelegt. Auch in der Literatur ist der mathematisch-statistische Ansatz 49/51 überholt (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 1989 § 1, Rz 5). Hierzu wird auf die ausführlichen Ausführungen im Erkenntnis des , verwiesen (Seite 25 ff).

Aus den Beweismitteln geht klar hervor, dass die Schwankungen der Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw. Pferdes innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer mittels Zufallsgenerator simuliert werden. Bei diesen gegenständlichen virtuellen Tierrennen werden Tierdarstellungen artifiziell im elektronischen Modus - wie Zeichentrickfiguren im Papiermodus - erzeugt. Die schwankenden Ergebnisse der "natürlichen" Tiere werden bei den computeranimierten Tierdarstellungen innerhalb der jeweiligen Gruppe Top-Performer, Underdogs oder Mittelmaß mittels eines Zufallsgenerators simuliert. Damit sind die Schwankungen aus Sicht des Wettteilnehmers zufällig und nicht mit Spezialwissen vorhersagbar. Hier unterscheiden sich die gegenständlichen Rennen von "natürlichen" Rennen.

So führt das BFG auch richtig aus: "Die Erkennbarkeit einer Leistungsfähigkeit, die Prognostizierbarkeit eines Verhalten eines bzw. mehrerer lebendigen Tiere in einer realen Umgebung im Spannungsverhältnis zwischen Geschick und Glück ist mit der Erkennbarkeit der Leistungsfähigkeit einer artifiziellen Tierdarstellung in einer virtuellen Umgebung nicht vergleichbar, zumal im letzteren Fall auf Grund der Willkürlichkeit der vom Programmersteller geschaffenen Gesetzmäßigkeiten (Parameter, Gewichtungen etc.) nicht in gleicher Weise empirisch diagnostizierbare natürlichen Gesetzmäßigkeiten vorliegen, die mit entsprechendem Geschick erfassbar wären. …Auf die Ereignisabläufe im Computer wirken weniger Einflussfaktoren als in der Wirklichkeit, wodurch der Eindruck einer verminderten Komplexität und damit auch Zufälligkeit entstehen mag. Tatsächlich laufen die Einflussfaktoren "Trainer, Form und Wetter" ebenfalls über den Zufallsgenerator, wodurch der Zufall "in seiner Fülle" bestehen bleibt.

Damit ist das Ergebnis aus Sicht des Wettteilnehmers zufällig und nicht mit spezieller "Kenntnis und Wissen" vorhersagbar. Die Simulation des Zufallsgenerators fließt ohne Umweg in das Ergebnis ein. Das Ereignis findet im Computer statt."

Ad 3. der Beschwerde:

Wenn die Bf. vorbringt, dass zu klären wäre welcher Steuersatz unter Berücksichtigung gemeinschafts- und verfassungsrechtlicher Normen auf den gegenständlichen Fall anzuwenden ist, ist dem entgegenzuhalten:

Der Gesetzgeber hat keinen gesonderten Steuertatbestand für "mittelbare" Teilnahmen an Glücksspielen, wie hier am Wettschalter der Bf., vorgesehen.

Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz.

Bei den gegenständlichen Geräten ist die Zentralseitigkeit der Spielentscheidung zweifellos gegeben.

Sowohl für das Vorliegen einer Ausspielung mittels elektronische Lotterie als auch mittels Video Lotterie Terminals, die eine besondere Ausformung einer elektronischen Lotterie (Teilnahme über ortsfeste zentralseitig vernetze Terminals) sind, muss neben der zentralseitigen Herbeiführung des Spielergebnissen auch die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgen.

Die unmittelbare Spielteilnahme durch den Spieler über elektronisches Medium kann keinesfalls gleich gesetzt werden mit der alten Formulierung "der Spielvertrag über das elektronische Medium zustande kommt". Dem Gesetzgeber kann hier nicht unterstellt werden bei der Novellierung einer Vollkommen anderen Formulierung als im alten Gesetzestext verwendet zu haben und dabei aber genau dasselbe gemeint zu haben. Es kann dem Gesetzgeber weiters nicht unterstellt werden, dass eine so klare Formulierung einer anderen dem Sprachgebrauch widersprechende Auslegung zugänglich wäre.

Im gegenständlichen Fall erfolgt die Teilnahme des Spielers nicht unmittelbar durch diesen, sondern, über einem für den Spieler nicht zugänglichen Terminal, durch einen Mitarbeiter der Bf. Es erfolgte somit die Spielteilnahme nicht unmittelbar durch den Spieler über das elektronische Medium.

Liegen die Voraussetzung für eine elektronische Lotterie nicht vor, so kann auch keine Ausspielung mittels VLT's vorliegen. Im gegenständlichen Fall liegt bei den Spielen mittels Counter keine elektronische Lotterie noch eine elektronische Lotterie über Video Lotterie Terminals vor.

….

Es liegt daher weder eine Verfassungswidrigkeit, noch eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen Normen vor und wurde die Abgabe richtigerweise gemäß § 57 Abs. 1 GSpG vorgeschrieben. Das Finanzamt beantrag daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

6. Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der nunmehr zur Entscheidung zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

7. Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes

Das BFG nahm Einsicht in die Entscheidung des , mit welcher die Beschwerde der Bf hinsichtlich des Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel betreffend die Glücksspielabgabe Jänner 2012 bis Dezember 2014, als unbegründet abgewiesen wurde.

Eine Abfrage im Firmenbuch ergab, dass das Unternehmen ***Bf1*** e.U. mit Eintragung vom aufgrund des Beschlusses des ***13***, mit welchem das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet wurde, gelöscht worden ist.

Aufgrund von Abfragen in der Ediktsdatei konnte festgestellt werden, dass mit Beschluss des ***12*** ein Schuldenregulierungsverfahren über die die Bf. eröffnet wurde. Der Zahlungsplan wurde nicht angenommen (Beschluss vom ***14***) und mit Beschluss vom ***15*** wurde das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben und das Abschöpfungsverfahren eingeleitet.

8. Ladung zur mündlichen Senatsverhandlung und Vorhalt der beabsichtigen Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom

Mit Zustellung der Ladung für die am anberaumte mündliche Senatsverhandlung übermittelte die Richterin (zu diesem Zeitpunkt noch - als Berichterstatterin) den Verfahrensparteien auch einen Vorhalt zur Vorbereitung auf die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat und teilte darin mit, wie sich die Sach- und Rechtslage für sie darstelle.

Die belangte Behörde teilte am mit keine Stellungnahme abzugeben.

Mit Schreiben vom (eingelangt beim BFG am ) teilte die Bf mit, dass sie die Anträge auf Entscheidung durch den Beschwerdesenat sowie auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückziehe.

Sie betonte aber, dass die Beschwerde weiterhin aufrecht erhalten werde und führte ergänzend aus:

"Insbesondere zur beanstandeten Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit verweise ich zunächst auf die gegenüber dem Verfassungsgerichtshof gegenteilige Meinung des Obersten Gerichtshofes der Republik Österreich. Dabei ist es im vorliegenden Fall vollkommen irrelevant, ob man isoliert konkrete Werbetätigkeiten einzelner Konzessionäre oder eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vornimmt (im Sinne der im übermittelten Vorhalt zitierten VfGH - Erkenntnisse).

Die Anwendung des verfahrensgegenständlichen Abgabensatzes verunmöglicht nämlich eine Teilnahme am Glückspielmarkt generell, weil der Abgabensatz deutlich über den möglichen Nettospieleinnahmen eines jeden möglichen Anbieters liegt.

Die absolute Verunmöglichung eines wirtschaftlich sinnvollen Betriebes durch eine entsprechende Belastung durch Abgaben alleine ist mE nicht verfassungs- oder europarechtswidrig. Sobald aber - obwohl das Wett- bzw. Spielangebot absolut ident ist und sich beispielsweise nur durch die Form des Zuganges (physisch anwesend vs. Internetzugang) unterscheidet - deutlich geringere Abgabensätze an die Stelle des im gegenständlichen Verfahrens zur Anwendung kommen, ist jedoch die belangte Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit wieder gegeben.

Wenn nun der VfGH in seinen gegenständlichen Erkenntnissen eine Europarechtswidrigkeit des Glückspielgesetzes (und daraus folgend auch eine Verfassungswidrigkeit) generell verneint - und dies auch noch in absolutem Widerspruch zu einem anderen nationalen Höchstgericht tut -, kann dies keine Bindungswirkung für nationale Gerichte haben. Dies aus dem einfachen Grund, dass diese im Rahmen Ihrer Zuständigkeit von Amts wegen für die volle Wirksamkeit der europarechtlicher Normen Sorge zu tragen haben. Die Auslegung von Europarecht ist aber Sache des Europäischen Gerichtshofs und nicht des österr. Verfassungsgerichtshofes.

Dies hat auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark erkannt und dem europäischen Gerichtshof in der Rs Fluctus s.r.o. u.a. EuGH C-920/19 sinngemäß unter anderem die Frage zur Vorabentscheidung gestellt, ob es von sich aus nationales Recht, das in den Augen dieses Gerichts gegen Europarecht verstößt, unangewendet zu lassen hat, obwohl der nationale Verfassungsgerichtshoffestgestellt hat, dass keine Unionrechtswidrigkeit vorliegt.

Wir beantragen daher im Sinne dieses Vorabentscheidungsansuchens die im gegenständlichen Vorhalt zitierten Erkenntnisse des VfGH in der weiteren Entscheidungsfindung unangewendet zu lassen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Bf. betrieb an mehreren Standorten in Österreich Wettbüros und vermittelte Wettteilnehmer an den Buchmacher ***3***.

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum konnte der Spielteilnehmer in den Wettbüros der Bf. unter anderem auch Wetten auf virtuelle Hunde-und Pferderennen abgeben. Die auf den Bildschirmen als Wettereignisse (Rennen) gezeigten virtuellen Rennen werden von der Fa. ***8*** veranstaltet, ihre Erzeugung erfolgt computergeneriert. Die ***3***. erstellt zu diesen virtuellen Rennen eigene Quoten, zu denen sie Wetten auf den Ausgang der Rennen abschließt.

Die Wettabgabe erfolgt dergestalt, dass die Abgabe der Wetten auf den Ausgang der virtuellen Hunde- bzw. Pferderennen ausschließlich am Wettschalter der Bf. möglich ist, dh der Wettteilnehmer muss den Filialmitarbeiter mit der Vermittlung der Wette beauftragen. Der Mitarbeiter gibt die Wette händisch in das EDV-System ein, erhält den Wetteinsatz für den Buchmacher und händigt dem Wettteilnehmer sein Wettticket aus. Auf diesem Wettticket sind Einsatz, möglicher Gewinn, Zeit des Ticketausdruckes, Inhalt der Wette und der Buchmacher, zu dem die Wette vermittelt wurde, vermerkt. Wird das Wettticket vom Buchmacher als gewonnen bestätigt, so bezahlt der Vermittler im Namen und im Auftrag des Buchmachers den Wettgewinn an den Wettteilnehmer. Alle gewonnenen Wetttickets müssen für die Auszahlung von einem Mitarbeiter der Bf. in die Wettanlage zur Abrechnung eingegeben werden.

Die Bf. gab für diese Einsätze bei der belangten Behörde monatliche Wettgebührenabrechnungen iSd § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 GebG ab.

Aufgrund der durch das Finanzamt durchgeführten Außenprüfung erfolgte jedoch eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 BAO und eine Zuordnung dieser Wetten auf virtuelle Hunde-und Pferderennen unter die Glücksspielabgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG.

In der Beschwerde bestritten wurde die Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes, die Bemessungsgrundlagen blieben im gesamten Verfahren unstrittig.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den aktenkundigen Erhebungen der belangten Behörde, welche vom Bundesfinanzgericht eingesehen wurden sowie den im Rahmen der Vorbringen der Bf. erfolgten Ausführungen. Insbesondere wurde im Vorhalt zur Vorbereitung auf die mündliche Senatsverhandlung vom durch die Richterin die Sach-und Rechtslage bezogen auf den Streitpunkt der Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen und dessen - nach Einschätzung der Richterin - Einordnung als Glücksspiel und Subsummierung unter den Tatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG anhand der bereits bestehenden Judikatur des VwGH (durch das eine Qualifikation von virtuellen Hunde-und Pferderennen als Glückspiel iS des § 1 Abs. 1 GSpG für das hier ebenfalls verfahrensgegenständlichen Programm erfolgte; siehe ) dargelegt. Diesen Ausführungen wurde durch die Beschwerdeführerin in keiner Weise entgegengetreten, sie wies in ihrem Schreiben vom - neben der Zurücknahme der Anträge auf mündliche Senatsverhandlung - lediglich (nochmals) auf ihre verfassungsrechtlichen Bedenken hin.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Nach § 1 Abs 4 GSpG hat der Bundesminister für Finanzen eine Stelle für Spielerschutz einzurichten, deren Aufgabe die inhaltliche, wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung des Spielerschutzes ist. Zur Finanzierung der Arbeit dieser Stelle wird ab ein Finanzierungsbeitrag von 1 vT der jeweiligen Bemessungsgrundlage nach § 28 sowie nach § 57 Abs. 4 gemeinsam mit den jeweiligen Abgaben erhoben.

Gemäß § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit

der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine Vermögenswerte

Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

Nach § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt gemäß § 2 Abs. 3 GSpG vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

§ 5 GSpG regelt die Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten, stellt neben ordnungspolitischen Anforderungen auch umfassende Anforderungen zur Spielsuchtvorbeugung und Geldwäschevorbeugung an Bewilligungswerber und -Inhaber.

Gemäß § 12a Abs. 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird. Auf den Konzessionär gemäß § 14 Abs. 1 sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des § 25 Abs. 6 bis 8 und des § 25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 12a Abs. 3 GSpG gelten für Ausspielungen mit Video Lotterie Terminals die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 bis 6 über den Spielerschutz und die Bestimmungen der § 27 Abs. 3 und 4 über die Arbeitnehmer eines Konzessionärs sinngemäß. Für die Spielteilnehmer müssen Spielbeschreibungen aller Spiele der VLT jederzeit in deutscher Sprache ersichtlich gemacht werden. In VLT-Outlets dürfen keine anderen Glücksspiele als solche des Konzessionärs im Sinne des § 14 angeboten werden.

§ 14 GSpG regelt die Erteilung einer Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b GSpG (Bestimmte Lotterien, ua. elektronische Lotterien einschließlich VLTs) und umfassende Anforderungen zwecks Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung etc.

§ 21 bis 27 GSpG regeln die Übertragung des Rechtes zum Betrieb einer Spielbank durch Konzession und umfassende Anforderungen zwecks Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung.

Auf Grund des § 28 GSpG hat der Spielbankenkonzessionär eine Spielbankabgabe in Höhe von 30 vH. der Jahresbruttospieleinnahmen eines jeden Spielbankbetriebes, im Falle von Ausspielungen über Glücksspielautomaten die um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen aus Glücksspielautomaten eines jeden Spielbankbetriebes zu entrichten.

§ 57 GSpG (Ausspielungen) lautet:

"(1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

(2) Für Ausspielungen gemäß § 12a (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video-Lotterie-Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2 durchgeführt werden, beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen. Besteht eine Abgabenpflicht nach § 17 Abs. 3, sind Ausspielungen gemäß § 12a von der Glücksspielabgabe befreit.

(3) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe - vorbehaltlich Abs. 4 - 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen.

(4) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (Bundesautomaten- und VLT-Abgabe), wenn sie - im Falle von Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 5 oder - im Falle von Video-Lotterie-Terminals auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach § 14 durchgeführt werden.

Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bleibt dem jeweiligen Finanzausgleichsgesetz vorbehalten.

(5) Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.

(6) Von der Glücksspielabgabe befreit sind

1. Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des § 21,

2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs. 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2010,

3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs. 3 bis 6.

(7) Abweichend von Abs. 4 gilt für die Glückspielabgabe für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals in den Ländern Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach § 14 bis zum Ablauf des bzw. (§ 60 Abs. 25 Z 2) Folgendes:

1. Wenn das Land keine Bewilligungen gemäß § 5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 25 vH.

2. Wenn das Land die höchstzulässige Anzahl von Bewilligungen gemäß § 5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 10 vH.

3. Wenn das Land nur einen Teil der gemäß § 5 möglichen Bewilligungen vergeben hat, wird der Hundertsatz für den Steuersatz entsprechend dem Anteil der vergebenen möglichen Bewilligungen zwischen 10 und 25 eingeschliffen und halbjährlich nach folgender Formel berechnet: 25 - (15 x vergebene Bewilligungen / Höchstzahl der Bewilligungen).

Der Bundesminister für Finanzen hat die Höhe des aktuellen Steuersatzes dem Konzessionär für das jeweilige Halbjahr bis 1. Februar und 1. August verbindlich mitzuteilen".

§ 13a FAG 2008 sieht einen Zuschlag der Länder zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bis zu 150% dieser Abgabe vor.

Zur Entstehung und Entrichtung der Steuerschuld enthält § 59 GSpG ua folgende Regelungen:

Die Abgabenschuld entsteht bei elektronischen Lotterien gemäß § 59 Abs 1 Z 2 GSpG mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.

Schuldner der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG sind bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses auf Grund des § 59 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich GSpG der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

Die Schuldner der Glücksspielabgaben haben diese gemäß § 59 Abs. 3 GSpG jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen.

Gemäß § 59 Abs. 5 GSpG gelten als Vermittlung jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise gelten.

§ 60 Abs 25 GSpG idF BGBl I 2010/111 bestimmt ua Folgendes:

"Nach erfolgter Notifikation im Sinne der RL 98/34/EG (Nr. 2010/228/A) und nach am abgelaufener Sperrfirst des Art. 8 RL 98/34/EG treten die Änderungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, am Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dabei gelten jedoch folgende Sonderbestimmungen:

1. Zum bestehende VLT-Outlets oder VLT-Outlets, die bis vom Bundesminister für Finanzen bescheidmäßig genehmigt sind, müssen spätestens mit den Vorschriften des § 12a in der Fassung dieses Bundesgesetzes entsprechen. Dies gilt nicht für § 12a Abs. 2 dritter Satz für zum bereits bestehende VLT-Outlets.

2. Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, dürfen längstens bis zum Ablauf des betrieben werden (Übergangszeit). Wenn in einem Bundesland die nach § 5 Abs. 1 höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum um mehr als das Doppelte überschritten worden ist, dürfen in diesem Bundesland Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, längstens bis zum Ablauf des betrieben und bis dahin an bereits bestehenden Standorten und im bestehenden Ausmaß auch verlängert werden.

....

4. § 57 und die Änderung in § 59 Abs. 2 in der Fassung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, treten mit in Kraft. § 57 Abs. 3 tritt für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz erst ein Jahr nach Inkrafttreten eines Landesgesetzes über Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten in Kraft.

..."

3.1.2. Erwägungen

  • Streitpunkt "Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen"

Das Vorbringen der Bf. bezog sich im Wesentlichen auf die Frage, ob es sich - gemäß ihrer Ansicht - bei den angebotenen Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen um Wetten im Sinne der Bestimmung des § 33 TP 17 GebG handelt oder - gemäß der Ansicht des Finanzamtes - um Glücksspiele im Sinne von Ausspielungen gem. § 2 Abs.1 GSpG. Strittig ist damit auch die Anwendung des § 57 Abs. 1 GSpG.

- Judikatur zu verfahrensgegenständlicher Sache

Das Bundesfinanzgericht nahm Einsicht in die Entscheidung des , mit welcher die Beschwerde der Bf hinsichtlich des Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel betreffend die Glücksspielabgabe Jänner 2012 bis Dezember 2014, als unbegründet abgewiesen wurde.

Das BFG führte in seinen Erwägungen unter anderem dazu aus:

"Schon im Jahr 2006 und insbesondere im Jahr 2007 gab es in den österreichischen Medien zahlreiche Hinweise darauf, dass es Auffassungsunterschiede zwischen den Glücksspielbetreibern und den Verwaltungsbehörden gebe, wie Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen rechtlich zu qualifizieren seien (ORF, Am Schauplatz, und ; Profil, ; News, ; Die Presse, ; ORF, ZIB ; Standard, ). Außerdem gab es 2006 und 2007 mehrere parlamentarische Anfragen (; 4434/J XXII.GP; , 209/J XXIII.GP; , 2507/J-BR/2007; ; 815/J XXIII.GP), in denen es auch um die rechtliche Qualifikation von "Wetten" auf aufgezeichnete Hunderennen ging. In sämtlichen Anfragebeantwortungen wurde seitens des Bundesministeriums für Finanzen betont, dass es sich diesfalls um Glücksspiel handelt und dass diese Rechtsmeinung auch auf der Homepage des BMF dargestellt wird.

In der rechtswissenschaftlichen Literatur wurde das Thema der Unterstellbarkeit von Wetten unter den Spielbegriff ebenfalls abgehandelt. So zB Burgstaller in Richterzeitung 10/2004, sowie Lehner in taxlex 2006, 106, und taxlex 2007, 337.

Am erging eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich, derzufolge es sich bei aufgezeichneten Hunderennen nicht um Sportwetten handelt, da nicht aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung gewettet werde. Vielmehr handle es sich bei dabei um Glücksspiel. Sowohl in den Medien als auch in den parlamentarischen Anfragen wurde das oben geführte Erkenntnis des UVS Niederösterreich vom wiederholt zitiert (vgl. ständige Rsp des ; ; ua).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Qualifikation von Wetten als Glücksspiel im Sinne des GSpG bereits eingehend befasst (vgl zB , , sowie , jeweils mwH). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt keine Sportwette, sondern ein Glücksspiel nach § 1 Abs 1 GSpG vor, wenn bei einem Spiel die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dies ist der Fall, wenn nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann, sondern der Ausgang eines Spiels davon abhängt, welches von zahlreichen bereits in der Vergangenheit stattgefundenen und aufgezeichneten Rennen tatsächlich abgespielt wird. In einem solchen Fall hat nicht die Kenntnis des Wettenden über die Umstände des Hunderennens, sondern lediglich der Umstand, welches Rennen vom Wettanbieter ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis (vgl zB , mwN). Es handelt sich beispielsweise bei "Wetten" auf aufgezeichnete Hunderennen, deren Wiedergabe von einem Zufallsgenerator bestimmt wird, jedenfalls nicht um "Sportwetten", sondern um ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG (, und vom , 2012/17/0352). Es kann daher nicht von einem Fehlen diesbezüglicher Rechtsprechung ausgegangen werden ()."

Und weiter:

"Soweit verfassungsrechtliche und/oder unionsrechtliche Bedenken geäußert wurden darf auf die Aussagen des Verfassungsgerichtshofes verweisen werden, wonach "vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit, näherhin des Betriebs von Glücksspielautomaten, durch das Glücksspielmonopol des Bundes (§§ 3 ff. GSpG) sowie die zahlenmäßige Beschränkung der Konzessionen zum Betrieb von Glücksspielautomaten, nicht unionsrechtswidrig sind. [...] 2.4.1. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes dem Unionsrecht widersprechen. [...] 2.4.2. Der Verfassungsgerichtshof kann zudem nicht erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen auf Grund ihrer tatsächlichen Auswirkungen dem Unionsrecht widersprechen (vgl. , E 947/2016-23, E 1054/2016-19 oder )."

Diese Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes blieb durch die Bf. unbekämpft.

- Judikatur des VwGH

Zudem befasste sich der VwGH (, zu ) mit der Qualifikation von virtuellen Hunde-und Pferderennen als Glückspiel iS des § 1 Abs. 1 GSpG. Insbesondere setzte er sich mit dem auch hier verfahrensgegenständlichen Programm von "***8***" auseinander und qualifzierte dieses als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes. Dazu der VwGH u.a. wörtlich:

"Die Revision sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses zusammengefasst darin, die gegenständlichen Wetten seien in ihrer gesamten Abwicklung den Sportwetten analog, der Wettausgang aber besser als bei Sportwetten vorhersagbar und damit weniger als bei diesen vom Zufall abhängig. Bei den gegenständlichen Wetten handle es sich um Wetten auf sonstige Ereignisse, die von der Literatur als "Gesellschaftswetten" bezeichnet würden. Auch das angefochtene Erkenntnis konstatiere, dass grundsätzlich auch das Ergebnis von realen Sportereignissen vom Zufall bestimmt werde. Das Hintergrundwissen, welches dem Wettteilnehmer bei realen Rennen zur Verfügung stehe, sei hier bei weitem überstrapaziert worden. Zum einen sei die Verfügbarkeit so detaillierter Informationen über die Tiere auch bei natürlichen Rennen nicht Standard. Teilweise handle es sich dabei sogar um Insiderwissen. Die computergenerierten Rennen seien den natürlichen nachgebildet, auch hier würden die Gesetzmäßigkeiten der Natur ein- bzw. nachgebaut. Das Abschneiden der Hunde innerhalb der einzelnen Gruppen werde nicht ganz einfach willkürlich ausgetauscht. Wäre dem so, so wäre es doch gar nicht möglich, dass ein Wettteilnehmer durch Beobachtung und mit Geschicklichkeit seine Wettergebnisse über die Zeit optimieren könne. Dass dies möglich sei, sei durch die vorgelegten Gutachten belegt. Darin sei belegt, dass der Ausgang der virtuellen Rennen sogar besser einschätzbar sei als jener realer Rennen. Die Verwendung eines Zufallsgenerators sei bei der Erzeugung der gegenständlichen virtuellen Rennen unumgänglich notwendig, ohne diesen wären ja die Ergebnisse von vornherein fix vorprogrammiert. Faktum sei aber auch, dass nicht nur bei virtuellen, sondern auch bei realen Rennen letztlich der Zufall entscheide. Auch bei einem realen Rennen könne man selbst unter den allerbesten Bedingungen das Ergebnis nur einschätzen und mit noch so viel Wissen, Erfahrung und ausgeklügelter Methodik nicht voraussagen, welchen konkreten Ausgang ein bestimmtes Rennen tatsächlich nehmen werde. Bei realen Rennen bestimme der Zufall die Realität, bei den virtuellen erledige dies der Zufallsgenerator, der die Realität nachbilde. Vom Wesen her bestehe kein Unterschied zwischen dem von der Realität und dem mit Zufallsgenerator erzeugten. In beiden Fällen sei nicht mit Sicherheit absehbar, wie der Zufall letztlich wirklich entscheide. Somit existiere auch keine sachliche Rechtfertigung dafür, den Zufall in echten sportlichen Ereignissen anders zu behandeln als den Zufall in den gegenständlichen computergenerierten. Die gegenständlichen Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunde- und Pferderennen fielen als Gesellschaftswetten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes und daher sei das Glücksspielgesetz auf sie nicht anzuwenden.

Nach § 1 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes idF der Glücksspielgesetz- Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010 - GSpG, ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Ein Zufall liegt vor, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn auch weitere Bedingungen dazu treten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (vgl. etwa schon das hg. Erkenntnis vom , 95/16/0047).

Wetten unterliegen dem Gebührengesetz, wenn diese nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer - dem Gebührengesetz unterliegenden - Sportwette darum, dass auf den Ausgang von sportlichen Wettkämpfen gewettet wird, die unabhängig von den Partnern des Wettvertrages stattfinden und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt sind, sodass dem Wettenden die Möglichkeit der Einschätzung der Stärke der beteiligten Mannschaften, Sportler - oder bei Hunde- oder Pferderennen - der Tiere offen steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/17/0175).

Bei Sportwetten hängt die Entscheidung über das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall ab, weil der Wettende seine Kenntnisse über die Umstände der sportlichen Veranstaltung (z.B. betreffend Hunderennen die Trainingsverfassung und den gesundheitlichen Zustand der einzelnen Tiere, die Stärken der Hunde bei der zu erwartenden Wetterlage etc.) einbringt und diese Kenntnisse in Hinblick auf den Ausgang der jeweiligen sportlichen Ereignisse das Zufallselement überwiegen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2011/17/0299, vom , 2013/16/0239, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 396/2013).

Eine Sportwette liegt dagegen etwa dann nicht vor, wenn nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann, sondern der Ausgang des Spiels davon abhängt, welches bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt wurde. Dabei haben nicht die Kenntnisse des Wettenden über die Umstände des Hunderennens, sondern lediglich der Umstand, welches Rennen ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis vom , mwN).

Eine vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG ist etwa dann gegeben, wenn sich nicht eine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur aufgrund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spieles gesetzt werden kann (vgl. Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, Kommentar zum Glücksspielgesetz 1989, Rz 5 zu § 1 GSpG, mwN).

Bei der Prüfung des Ausmaßes der Zufallsabhängigkeit eines Spieles ist nicht auf dessen abstrakte Regeln abzustellen, sondern sind ebenso die konkreten Modalitäten und Rahmenbedingungen der Durchführung des Spieles zu berücksichtigen (vgl. Bresich/Klingenbrunner/Posch, aaO, Rz 8 zu § 1 GSpG).

§ 1 Abs. 1 GSpG geht somit nicht von einem ausschließlichen oder vorwiegenden Abhängen vom Zufall in mathematischstatistischem Sinne, sondern von einem normativen Ansatz aus.

Im vorliegenden Revisionsfall gelangte das Gericht in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht zur Schlussfolgerung, dass bei den virtuellen Rennen täglich die Schwankungen der Tagesverfassung nach dem Zufallsprinzip im Computer festgelegt werden und Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Der Wettteilnehmer könne sich zwar ein Bild von der jeweiligen virtuellen Tierdarstellung machen, was seine vergangenen Erfolge (vierstellige Formzahl), seine Startnummer und seinen Trainer betreffe, könne aber nichts über seine aktuelle Verfassung (Top-Form, Wiedereinstieg nach einer Verletzung, Debüt, gute oder schlechte Tagesverfassung, Alter), in der ein reales Tier zum Wettrennen antrete, wissen. Den - vom Gericht zitierten - "V Rules" zufolge sei das virtuelle Rennen eine computergenerierte Präsentation, bei welcher ein Zufallsgenerator über das Ergebnis entscheide. Das Ergebnis hänge damit vom Computerprogramm ab. Damit unterlägen die in den verfahrensgegenständlichen Monaten Jänner 2011 bis einschließlich Dezember 2012 angebotenen "Wetten auf virtuelle Rennen von artifiziellen Tierdarstellungen" den Glücksspielabgaben nach § 57 Abs. 1 GSpG.

Und weiter:

"Legt man gemäß § 41 erster Satz VwGG die eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen des Gerichtes zugrunde, so kann den darauf fußenden rechtlichen Schlussfolgerungen des Gerichtes, das in den gegenüber realen Veranstaltungen geringeren Kenntnissen des Wettteilnehmers von erfolgsrelevanten Faktoren die Abhängigkeit des Spielergebnisses vom Computer und damit von außen nicht abschätzbaren Zufällen - als Glücksspiel im Sinn des § 1 Abs. 1 GSpG - sah, nicht entgegen getreten werden."

Aufgrund der oben zitierte Entscheidung des , mit welcher das (auch hier gegenständliche) Programm von "***8***" als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes qualifiziert und eine Steuerpflicht gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bejaht wurde, liegen, in Zusammenschau mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt, insbesondere wegen der Tatsache, dass es sich zweifelsfrei und durch die Bf. zuletzt unbestritten um Wetten auf virtuelle Hunde-und Pferderennen des Programmes von "***8***" handelt, im gegenständlichen Fall - aufgrund der überwiegenden Zufallsabhängigkeit - Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs.1 GSpG und Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 1 GSpG vor. Aus diesem Grund unterliegen sie auch der Glücksspielabgabe.

- Tatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG

Dafür, dass im gegenständlichen Fall eine "allgemeine" Ausspielung, die der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG vom Einsatz und nicht eine Ausspielung über elektronische Lotterien gemäß § 12a GSpG, die der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 oder 3 GSpG von den Jahresbruttospieleinnahmen unterliegt, gegeben ist, spricht eine Vielzahl von Judikatur des VwGH: ; ; ; .

Aus dieser höchstgerichtlichen Judikatur ist auch zu sehen, dass die Teilnahme an Wetten sowohl über Wettterminals unmittelbar, als auch über Wettannahmeschalter möglich ist. Bei der Teilnahme an Wetten über Wettannahmeschalter schließt der Wettteilnehmer mit dem Mitarbeiter, der der Sphäre des Wettbüros zuzurechnen ist, den Wettvertrag. Der Zugang der Annahmeerklärung an den Mitarbeiter bewirkt zugleich den Zugang an den Wettanbieter. ( Rn 14 unter Verweisen auf , , ). Das gilt sowohl für Wetten, die steuerrechtlich den Rechtsgeschäftsgebühren unterliegen, als auch für die vorliegenden Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen, die wegen ihrer überwiegenden Zufallsabhängigkeit als Glücksspiele den Glücksspielabgaben unterliegen. Der Vertragsabschluss wird mit dem Mitarbeiter des Wettanbieters abgeschlossen. Da vom Wettteilnehmer der Wettvertrag nicht unmittelbar über elektronische Geräte oder Einrichtungen geschlossen wurde, d.h. die vertragserheblichen Willenserklärungen nicht über elektronische Medien abgegeben wurden, scheiden glücksspielabgabenrechtlich die Spezialtatbestände § 57 Abs. 2 GSpG und § 57 Abs. 3 GSpG für elektronische Lotterien, über Video-Lotterie-Terminals bzw. über Glücksspielautomaten für die Bf. aus und es verbleibt der allgemeine Tatbestand § 57 Abs. 1 GSp "Ausspielungen … 16% vom Einsatz".

In der durch das Finanzamt vorgenommenen Festsetzung der Glücksspielabgaben sowie der Anwendung des allgemeinen Glücksspielabgabentatbestandes gemäß § 57 Abs. 1 GSpG kann aufgrund der oben dargelegten Erwägungen keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.

  • zu den verfassungs-und unionsrechtlichen Bedenken:

In jüngerer Vergangenheit hatten sich der VwGH, der VfGH sowie der OGH bereits mit der Frage der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols in seiner derzeitigen Ausgestaltung auseinanderzusetzen (vgl dazu Allram in Bergmann/Pinetz [HrsG], GebG2 §§ 57-59 GSpG Rz 143 ff mwN):

Der VwGH bestätigte in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, im Ergebnis die Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols. Konkret gelangte der VwGH "zu dem Ergebnis, dass durch die im GSpG vorgesehenen Bestimmungen eines - sich in der Realität des Glücksspielmarktes nicht auswirkenden - Glücksspielmonopols des Bundes kombiniert mit einem Konzessionssystem unter Beschränkung der Anzahl der zu vergebenden Konzessionen betreffend Lotterien und Spielbanken sowie eines (reinen) Bewilligungssystems unter Beschränkung der Anzahl der zu vergebenden Bewilligungen betreffend Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sowie der Bestimmungen zur Hintanhaltung von illegalem Glücksspiel (§ 52f GSpG), die angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden."

Im Hinblick auf die aus dem Glücksspiel lukrierten Staatseinnahmen hielt der VwGH fest, dass nach der Judikatur des EuGH das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen könne (Verweis auf Dickinger und Ömer, Rn. 55), wohl aber die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern. Es mache die Regelungen des GSpG somit nicht unionsrechtwidrig, dass - bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses - im Zusammenhang mit dem Glücksspiel vom Staat hohe Einnahmen erzielt würden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachten. Auch unter diesen Gesichtspunkten sei es nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert würden.

Demgegenüber erblickte der OGH in seiner Entscheidung vom , 4 Ob 31/16m, im österreichischen Glücksspielmonopol zunächst eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die seitens der Inhaber der Konzessionen durchgeführte Werbung diene im Ergebnis nicht ausschließlich dazu, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken, sondern verfolge den Zweck, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht ohne weiteres zu spielen bereit sind, womit unter Berücksichtigung der Rsp des EuGH "keine maßvolle Werbung vor[liege], die sich darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken".

In der Folge hatte auch der VfGH die Gelegenheit, sich mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols auseinanderzusetzen und bestätigte dabei im Ergebnis die Unionsrechtskonformität ( ua, VfSlg 20.101/2016).

Der VfGH konnte nach ausführlicher Darlegung der Vorgaben der Rsp des EuGH weder erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen des GSpG an sich, noch dass diese aufgrund ihrer tatsächlichen Auswirkungen dem Unionsrecht widersprechen. Dabei trat der VfGH ausdrücklich der Argumentation des OGH entgegen, wonach sich die Unionsrechtswidrigkeit aus der Nichteinhaltung eines maßvollen Werbemaßstabs iSd Rsp des EuGH ergebe, da der OGH isoliert konkrete Werbetätigkeiten einzelner Konzessionäre betrachtet habe, ohne eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorzunehmen. Der Verfassungsgerichtshof sah sein Ergebnis auch durch die oa Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () gestützt.

Infolge der vorgenannten Entscheidung des VfGH änderte der OGH seine Rsp und vertritt dieser in nunmehr stRsp die Ansicht, dass "das österreichische System der Glücksspielkonzessionen auch nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gegen Unionsrecht [verstößt], weshalb auch kein Anhaltspunkt für eine Inländerdiskriminierung besteht" (vgl zB , mwN).

In seiner nunmehr stRsp betont der VwGH (vgl zB ; Allram in Bergmann/Pinetz [HrsG], GebG2 §§ 57-59 GSpG Rz 148 mwN) dass die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte aufgrund der hierzu ergangenen Rsp des EuGH geklärt sind und der VwGH diesen Anforderungen im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. An der vom VwGH festgestellten Unionsrechtskonformität ändere auch das Vorliegen einer teilweise expansionistische Geschäftspolitik nichts. Wie der VwGH hierzu darlegt "kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll" (vgl , mwN).

Eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen glücksspielrechtlichen Bestimmungen vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen. Ein Verstoß gegen das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 Abs 1 B-VG und Art 2 StGG wegen Inländerdiskriminierung ist ebenfalls nicht gegeben ( ua, VfSlg 20.101/2016).

Zudem hat der VfGH etwa betreffend die Besteuerung von Geldspielapparaten nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz ausgesprochen, dem Gesetzgeber sei "nicht entgegenzutreten, wenn er statt eines Verbotes des Aufstellens von Geldspielautomaten (das ein Ausweichen in andere, vor allem illegale Varianten des Glücksspiels auslösen kann) eine Eindämmung der Automatenaufstellung oder des Spielens mit Hilfe einer Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte. Sollten damit potentielle Spieler wegen mangelnder Attraktivität vom Spielen abgehalten werden, liegt dies genau in der - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Absicht des Gesetzgebers. Dass damit eine Verminderung der Rentabilität für den Automatenaufsteller einhergehen kann und einige Standorte nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, führt - wie der Verfassungsgerichtshof schon in seiner Vorjudikatur ausgesprochen hat - nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen. Dass der Erwerbszweig als solcher zum Erliegen kommt, ist nicht erkennbar" (, VfSlg 19.580/2011; vgl auch , VfSlg 18.183/2007).

Zu den Einwänden, die sich gegen das Glücksspielmonopol wenden, wird überdies bemerkt, dass es sich bei der Glückspielabgabe - ebenso wie bei der Wiener Vergnügungssteuer - um keine Sanktion für die Nichteinhaltung glücksspielrechtlicher Bestimmungen handelt. Die Gesamtsteuerbelastung, die beide Marktteilnehmer aufgrund der Ausspielung trifft, setzt sich für einen Konzessionär und einen Nichtkonzessionär lediglich unterschiedlich zusammen (vgl. dazu unter Hinweis auf und ).

Eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen über das Glücksspielmonopol hätte keine Auswirkung auf die hier gegenständliche Glücksspielabgabe. Die Vorschriften der §§ 57 ff GSpG betreffend die Glücksspielabgaben sind Ausfluss der Steuerhoheit Österreichs und nicht des Glücksspielmonopols (vgl. ua mit weiteren Judikaturhinweisen).

Aufgrund der oa Rsp des VfGH kann das erkennende Gericht in der Normierung unterschiedlicher Steuersätze in § 57 GSpG eine Verfassungswidrigkeit nicht erblicken, sondern bewegt sich der Gesetzgeber insoweit im Rahmen seines gesetzespolitischen Gestaltungsspielraumes. Gegen die Anwendung des § 57 Abs 1 GSpG bestehen somit nach Ansicht des erkennenden Gerichtes keine Bedenken aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit.

Anzumerken ist schließlich, dass das BFG seit der Einbringung der gegenständlichen Bescheidbeschwerde bereits mehrfach unter Hinweis auf seine Entscheidungen vom , RS/7100015/2012, und vom , RV/7103459/2012, der gegenständlichen Beschwerde inhaltlich vergleichbare verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Bedenken verworfen hat (vgl zB ; ; ; ; , mwN). Soweit gegen die Entscheidungen des BFG Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurden, wurden diese mit folgenden Beschlüssen nicht in Behandlung genommen: ; ; . Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen die Entscheidungen des , und vom , RV/7103459/2012 eingebrachten Revisionen mit Beschlüssen vom , Ro 2015/16/0013 und Ro 2015/16/0021, zurückgewiesen.

Zusammenfassend kann zu den Vorwürfen der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere ua sowie auf das ausführliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Durch diese inhaltlichen Entscheidungen sind die durch das Glücksspielmonopol aufgeworfenen unions- und verfassungsrechtlichen Fragen als hinreichend geklärt anzusehen. Dabei wurde auch die Frage eines maßvollen Werbeauftritts der Konzessionäre behandelt, insgesamt aber eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorgenommen. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Glücksspielmonopols und der Inanspruchnahme der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor, die in den oben genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs umfassend referiert wurden.

Die von der Bf. dargelegten verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken, führen somit - ebenso wie der Verweis auf das Vorabentscheidungsersuchen EuGH C-920/19 - nicht zum Erfolg.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die von der Bf. aufgeworfenen unions- und verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die (angeführte) Rechtsprechung des VwGH und VfGH geklärt.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 59 Abs. 1 Z 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 14 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 12a Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 12a Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 1 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 60 Abs. 25 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
Verweise

































ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100114.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at