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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2021, RV/2100093/2021

Abzugsfähigkeit von Kosten einer astrologischen Ausbildung als Fortbildungs-/Umschulungskosten?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Peter Winkler, Lutterothstraße 20, 8461 Ehrenhausen/Weinstraße, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 und 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (bezugsauszahlende Stelle: Winzervereinigung E).

In den Abgabenerklärungen für die Streitjahre machte er unter dem Titel "Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten" Beträge von € 660,- (2018) und € 1.100,- (2019) als Werbungskosten geltend. Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass es sich dabei um Kosten für eine astrologische Ausbildung handelt.

In den angefochtenen Bescheiden versagte das Finanzamt diesen Kosten die Abzugsfähigkeit und begründete dies wie folgt:

"(…) Werbungskosten (Aus-/Fortbildungskosten) können bereits vor der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit anfallen, wenn Umstände vorliegen, die über die bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen und klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten.

Da die von Ihnen beantragten Aufwendungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig für eine zukünftige Einnahmenerzielung nach außen in Erscheinung treten, konnten die beantragten Aufwendungen derzeit nicht berücksichtigt werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, nach Abschluss dieser Ausbildung und Erzielung von Einnahmen aus dieser Tätigkeit, diese Aufwendungen rückwirkend innerhalb der Verjährungsfrist mittels "§ 295a BAO" zu beantragen."

In seiner Beschwerde bringt der Bf. vor, er habe eine "Ausbildung für ganzheitliche Astrologie mit einem Diplom abgeschlossen (siehe dazu das von der Astrologischen Schule ausgestellte Diplom vom )." Diese Ausbildung könne auf Grund der Konzession und des Diploms gewerblich genutzt werden. Zusätzlich zu den bisher laut Erklärung angesetzten Ausbildungskosten begehrte der Bf. nunmehr in der Beschwerde auch die Berücksichtigung von Diäten und Kilometergeldern (Werbungskosten gesamt nunmehr € 838,80 bzw. 1.398,-).

Unter Einem legte der Bf. - neben den Zahlungsbelegen für die Seminargebühren - das Programm der "Astrologischen Schule und Beratungen Graz - CS" für 2019/2020 sowie sein von der Schule ausgestelltes "Diplom für ganzheitliche Astrologie" vom vor.

Den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen legte das Finanzamt die wortgleiche Begründung zugrunde wie den angefochtenen Bescheiden.

Im Vorlageantrag verwies der Bf. auf seine Ausführungen in der Beschwerdeschrift.

In seinem Vorlagebericht an das BFG verweist das Finanzamt ua. auf den Internetauftritt der Astrologischen Schule in Graz (s. dazu näher unten). Die vom Bf. absolvierte Grundausbildung sei - für sich allein gesehen - ihrer Art und ihrem Umfang nach nicht dazu geeignet steuerlich anerkannt zu werden, da diese ein sehr breites Publikum anspreche und lediglich der Vermittlung von Basiskenntnissen diene. Das Finanzamt weiter: "Betrachtet man die Situation des Beschwerdeführers, so liegt auf der Hand, dass die erlangten Kenntnisse der Astrologie ungeeignet für seine berufliche Tätigkeit bei der Firma EJ sind. Eine diesbezügliche Erfordernis hat der Beschwerdeführer auch nicht dargetan. Basiskurse in Astrologie wenden sich an eine breite, nicht näher definierte Zielgruppe. Aufwendungen für den Besuch derartiger Kurse sind bei einem Arbeiter eines Weinerzeugers/Weinhändlers weder Werbungskosten für Aus- und Fortbildung noch für eine umfassende Umschulung, sondern als nichtabzugsfähige Kosten der Lebensführung anzusehen. Der Beschwerdeführer hat eine Basisausbildung in Astrologie absolviert, die weder vom Inhalt noch vom Umfang dazu geeignet ist, daraus eigene Einnahmen zu erzielen. Solche wurden vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der absolvierten Basisausbildung Astrologie auch nicht erklärt. Dies lässt darauf schließen, dass diese Ausbildungskosten dem privaten Interesse des Beschwerdeführers zuzuordnen sind und somit keine Werbungskosten darstellen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte in den Streitjahren (ausschließlich) nichtselbständige Einkünfte aus seiner Anstellung bei einer Winzervereinigung.

In seinen Abgabenerklärungen macht er Ausgaben als Werbungskosten geltend, die im Zusammenhang mit einer bei der Astrologischen Schule in Graz absolvierten Ausbildung für ganzheitliche Astrologie angefallen sind (Kurskosten, Diäten, Fahrtkosten). Diese Ausbildung schloss er mit Diplom vom ab (Grundausbildung). Für die steuerliche Berücksichtigung dieser Kosten führt er im Wesentlichen ins Treffen, die Ausbildung könne auf Grund der Konzession gewerblich genutzt werden.

Die Ausbildung wird in den vorgelegten Unterlagen (Ausdruck der Homepage der CS - geprüfte ganzheitliche Astrologin) ua. wie folgt beschrieben bzw. beworben:

"Zusätzlich zum privaten Nutzen der Selbsterkenntnis und Persönlichkeitsentwicklung schaffen Sie sich mit Ihrer astrologischen Kompetenz die bestmögliche Basis für eine neben- bzw. hauptberufliche Karriere. (…)

Kursinhalte (…):

  • Einführung in die klassische und psychologische Astrologie

  • Einführung in die Astronomie für Astrologen

  • Mythologie

  • Die 12 Tierkreiszeichen und ihre zugeordneten Planeten und ihre Würden

  • Elementlehre (…)

  • Mondknoten, Lillith

  • Zeitqualität anhand von Progressionen und Transiten

(…) Ob die Ausbildung als Mittel zur Selbsterkenntnis, als Grundstein für ein erfüllendes Hobby oder für den späteren Einstieg in die Berufsberatung dienen soll, liegt ganz in Ihrem Ermessen. (…)"

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 können Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, als Werbungskosten abgezogen werden.

Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang der ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen. Ob eine Tätigkeit mit der ausgeübten Tätigkeitsart verwandt ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Für eine verwandte Tätigkeit spricht, wenn diese Tätigkeiten üblicherweise gemeinsam am Markt angeboten werden oder die Tätigkeiten im Wesentlichen gleich gelagerte Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordern. Ein Zusammenhang mit der ausgeübten oder artverwandten Tätigkeit ist jedenfalls anzunehmen, wenn die erworbenen Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet werden können (Jakom/Lenneis EStG, 2020, § 16 Rz 48). Darüber hinaus reicht aber jeder Veranlassungszusammenhang mit der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit aus ().

In einer astrologischen Ausbildung kann keine Fortbildung im oa. Sinne erkannt werden, da der Bf. dadurch seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen seiner Tätigkeit bei einer Winzervereinigung nicht verbessert hat, und diese Ausbildung somit nicht geeignet ist, im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Tätigkeiten erfordern weder gleich gelagerte Kenntnisse, noch werden sie üblicherweise gemeinsam angeboten. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen der astrologischen Grundausbildung und der konkret ausgeübten Tätigkeit in einer Winzervereinigung ist nicht gegeben, da die erworbenen Kenntnisse nicht in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können. Eine "Verwandtschaft" im oa. Sinne zwischen der Tätigkeit des Bf. und einer astrologischen Betätigung ist nicht erkennbar und wird in der Beschwerde auch nicht behauptet (s. dazu zB die bei Jakom/Lenneis, aaO, angeführten Beispiele).

Die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Kosten lässt sich aber auch nicht mit dem Vorliegen von umfassenden Umschulungsmaßnahmen begründen:

Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen setzt voraus, dass die Umschulungsmaßnahme derart umfassend ist, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist. Der Zweck der Umschulung muss darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen, wobei die neue "Berufstätigkeit" nicht bloß hobbymäßig betrieben werden darf. Abzugsfähig sind Aufwendungen, die - auch unter Berücksichtigung der zunächst angefallenen Ausbildungskosten - zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes des Steuerpflichtigen beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen (; ebenso: ; , Ra 2015/15/0069; s auch ). Erforderlich ist ein konkret geplanter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit nachfolgenden Einnahmen. Es müssen Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (zB , mwN; Jakom/Lenneis, aaO, § 16 Rz 50f.; sowie LStR 361). Die erforderliche ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung ist aus der Perspektive des Streitjahres zu beurteilen (). Ob der Wille des Steuerpflichtigen darauf gerichtet ist, sich eine neue Einkunftsquelle durch die Ausübung eines anderen Berufes zu verschaffen, ist im Einzelfall an Hand objektiver Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (; , Ra 2015/15/0069).

In der Beschwerde wird nur allgemein auf eine mögliche gewerbliche Nutzung durch den Bf. hingewiesen. Die für die Abzugsfähigkeit geforderte ernsthafte Absicht, die mit der gegenständlichen Ausbildung erworbenen Kenntnisse künftig für die - über die bloß hobbymäßige Verwertung hinausgehende - Erzielung von Einnahmen nutzen zu wollen, wird jedoch nicht dargetan. Es sind bislang auch keine nach außen in Erscheinung tretende Umstände (wie zB die bereits erfolgte Einnahmenerzielung aus der Tätigkeit als Astrologe) erkennbar, die bereits darauf schließen lassen würden, dass die mit der Ausbildung erlangten Fertigkeiten künftig ein Steuersubstrat darstellen könnten.

Darauf zu verweisen ist überdies, dass bei Bildungsmaßnahmen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen und die auch bei nicht berufstätigen Personen von Interesse sind, ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist. Maßnahmen, die (auch) den Bereich der Persönlichkeitsentwicklung betreffen, können steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sich diese als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Kurse, die in gleicher Weise für den Bereich der Lebensführung wie für eine breite Palette von Erwerbstätigkeiten dienlich sein können, sind nur dann geeignet, zu Werbungskosten zu führen, wenn die Behörde einen konkreten Bedarf im Einzelfall festzustellen vermag (zB VwGH31.5.11, 2008/15/0226; sowie die in Jakom/Lenneis, aaO, § 16 Rz 52 zahlreichen weiteren Nachweise).

Dass nun die hier zu beurteilende Astrologische Ausbildung in besonderem Maße den Bereich der privaten Lebensführung anspricht, ist evident und ergibt sich überdies aus der oben wieder gegebenen Beschreibung der Ausbildung ("Selbsterkenntnis, Persönlichkeitsentwicklung, erfüllendes Hobby").

Das Finanzamt hat in seinem Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht zudem plausibel dargetan, dass ein konkreter Bedarf bzw. die berufliche Notwendigkeit im oa. Sinne (ebenso wenig wie die konkrete Absicht zur Einnahmenerzielung) im Beschwerdefall (bislang) nicht ersichtlich ist.

Der Beschwerde konnte sohin keine Folge gegeben werden.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht konnte sich in seiner Entscheidungsfindung auf die in der Begründung zitierte Judikatur stützen, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im oa. Sinne nicht vorliegt und die Revision daher nicht zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, 2004/15/0143





ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100093.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at