Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2021, RV/2101349/2016

Veräußerung oder Schenkung eines Kapitalanteils

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***Ri***, den Richter ***Ri2*** und die fachkundigen Laienrichter ***LR1*** und ***LR2*** in der Beschwerdesache

***Bf***, vertreten durch Mag. Gerhard Rumpold Steuerberatungs GmbH, Schillerstraße 35, 8010 Graz

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung § 188 BAO in Anwesenheit des Schriftführers ***Sf*** zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Beschwerdeführerin, der ***Bf*** (im Folgenden: Bf.) hat das Finanzamt unter anderem festgestellt, dass Frau ***VN*** ***1*** ihren 25%igen KG-Anteil mit Schenkungsvertrag vom an ihren Mann abgetreten hat.
Das Finanzamt erachtete diesen Vorgang nicht als Schenkung, sondern als Veräußerung und setzte im hier angefochtenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 2012 vom den Betrag des negativen Kapitalkontos, der nicht aufgefüllt werden musste, als Veräußerungsgewinn an.

Der ausführlichen Beschwerdevorentscheidung ist zum Sachverhalt folgendes zu entnehmen:

Mit Notariatsakt vom hat die Kommanditistin Frau ***VN*** ***1*** ihre 25%ige Beteiligung an der ***Bf*** an Herrn Ing. ***VN2*** ***1*** abgetreten. Ausdrücklich erklären beide Vertragsparteien unter Punkt Elftens des Abtretungsvertrages vom , dass das übergebene Vertragsobjekt (die Beteiligung der Kommanditistin) auf Grund der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Übergabe keinen positiven Verkehrswert aufweist.

In einem von der Bf. in Auftrag gegebenen Bewertungsgutachten der BDO Graz GmbH vom zum Bewertungsstichtag wird ein negativer Equity Value (Marktwert des Eigenkapitals) in der Höhe von 894.900 Euro ermittelt. Erst durch die Hinzurechnung einer Einlage des Herrn Ing. ***1*** in der Höhe von 1.000.000 Euro, die aber erst im Jahr 2014 erfolgte, konnte ein positiver Wert ermittelt werden. Für das Finanzamt ergab sich aus diesem Gutachten, dass in dem abgetretenen Kommanditanteil von Frau ***VN*** ***1*** keine positiven stillen Reserven mehr schlummerten.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom bzw. der ergänzenden Begründung vom erklärte die Bf., dass der Verkehrswert der Beteiligung aus folgenden Gründen positiv sei:

1) Stille Reserven und unversteuerte Rücklagen

Die öffentlichen lnvestitionsförderungen wurden offen ausgewiesen (Kto.9520/9521). Diese sind als unversteuerte Rücklagen eigenkapitalerhöhend.

Gleichfalls sind die nicht rückzahlbaren Zuschüsse als unversteuerte Rücklagen einzustufen, wie dies auch die Raiffeisenzentralbank in der Bilanzanalyse darstellte (s. Beilage).

Lt. Rechnungslegungsänderungsgesetz (RAG) sind unversteuerte Rücklagen ab dem Jahr 2016 nicht mehr zu bilanzieren, sondern bei Personengesellschaften in das Eigenkapital umzugliedern.

Ferner sind anhand der beiliegenden Aufstellung von ***VN2*** ***1*** stille Reserven vorliegend, die in Höhe der bisher geltend gemachten AfA anzusetzen sind.

Die möglichen Erlöse wurden von ***VN2*** ***1*** mit 200.000,00 bewertet.

Weiters sind stille Reserven im Betriebsgrundstück von etwa 20.000,00 vorliegend. Das negative Kapitalkonto ist daher um etwa 25.000,00 überbedeckt.

2) Haftung mit Hausanteil

Wie bereits während der Betriebsprüfung dargelegt, hat Frau ***1*** im Zuge der Abtretung des Mitunternehmeranteiles mit ihrem 1/3 Anteil des Mietshauses eine Haftung für die Bankverbindlichkeiten der ***Bf*** übernommen. Im beil. Grundbuchsauszug ist das Pfandrecht zugunsten der Raiffeisenbank ersichtlich. Die Inanspruchnahme dieser Haftung wird noch heuer erfolgen, da von der Raiffeisenbank der Verkauf der Liegenschaft zur Verbesserung der Liquidität der Gesellschaft gefordert wird. Es liegt ein Kaufanbot in der Höhe von 467.000,00 vor. Nach Abzug der Immo-Est von 3,5% verbleibt ein Veräußerungserlös von etwa 450.000,00. Durch die Inanspruchnahme der Haftung in Höhe von etwa 150.000,00 wird das nicht aufzufüllende negative Kapitalkonto auf etwa 333.000,00 reduziert und ist - wie im vorigen Punkt dargelegt durch Rücklagen und stillen Reserven klar überbedeckt. Diesbezüglich wird auch auf den Salzburger Steuerdialog 2012 verwiesen (s.Beilage).

3) Unternehmensbewertung

Im BP-Bericht wurde angeführt, dass das Gutachten der BDO Graz GmbH vom einen negativen Marktwert der Gesellschaft ergab.

Die Planungsrechnungen wurden zwischenzeitlich mehrfach verfeinert und wurde von der Geschäftsleitung bestätigt, dass die vorgelegten Plandaten den aktuellen Erwartungen der Unternehmensleitung entsprechen, plausibel abgeleitet sind und alle Chancen und Risiken berücksichtigen.

An dieser Stelle wird hingewiesen, dass die in den Jahren 2004 bis 2013 aufgelaufenen Verluste in der Höhe von etwa 2,0 Mio neben Anlaufverlusten insbesondere durch nachangeführte außergewöhnliche Ereignisse zustande kamen:

...
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...
...
...

Zur Bewertung des Gesellschaftsanteiles wurden folgende Daten herangezogen:

Ertragsplanung

Der Planungshorizont wurde aufgrund der technischen und wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit bis zum Jahr 2044 erweitert (vgl. BP-Bericht Verlängerung der ND auf 40 Jahre).

Die Planung der zukünftigen Erträge und Aufwendungen wurde von der Unternehmensleitung basierend auf den Vergangenheitswerten und bereinigt um außerordentlicher Positionen vorgenommen.

Der Ende 2014 erfolgte Verkauf der Liegenschaft wurde wieder rückgängig gemacht und die Bankverbindlichkeiten um diesen Betrag erhöht, um auf den Bewertungsstichtag abzustellen. Aufgrund der Vorgabe der Raiffeisenbank wird ab dem Jahr 2016 eine langfristige Kreditumschuldung erfolgen. Für die Berechnung in der Planungsphase wird ein Zinssatz von 2% angenommen, wobei derzeit nur Zinsen in Höhe von 1,5% verrechnet werden.

Das Working-Capital (Vorräte, Forderungen, Rückstellungen, Lieferanten- u. sonstige Verbindlichk.) wird in der Planungsphase mangels nennenswerter Auswirkungen konstant gelassen.

Das Anlagevermögen, die lnvestitionszuschüsse und Baukostenzuschüsse wurde entsprechend dem BP-Ergebnis angepasst und bereits bilanziell verarbeitet (Bilanz 2014 beiliegend).

Für die bis 2014 getätigten Investitionen sind die AfA-Verzeichnisse bis 2044 anliegend.

Die geplanten Investitionen sind in der Erfolgsrechnung gesondert ausgewiesen und erläutert.

Ertragswertverfahren

Im konkreten Fall wird das im Fachgutachten KFS/BW1 genannte Ertragswertverfahren als maßgebliches Gesamtbewertungsverfahren der Unternehmensbewertung zugrunde gelegt. Das Ertragswertverfahren ermittelt den Unternehmenswert durch Diskontierung der finanziellen Überschüsse an die Unternehmenseigner.

Ausgehend vom Planergebnis werden noch jene Positionen berücksichtigt, die einen Einfluß auf den Nettozufluß haben (Cash-Flow).

Anders als bei der DCF-Bewertung durch die BDO Graz GmbH, bei der die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber (Investor) kapitalmarktorientiert abgeleitet wurde, kann der Diskontierungssatz beim Ertragswertverfahren auch auf Basis der individuellen Verhältnisse oder Vorgaben des Bewertungssubjekts festgelegt werden. Dies führt zur Ermittlung eines subjektiven Unternehmenswertes.

Für die Bewertung des Kommanditanteiles kann daher aufgrund der zum Bewertungsstichtag bestehenden Kapitalmarktdaten und des derzeit niedrigen Zinsniveaus unter Einbeziehung einer geringen Risikokomponente mit 3,0 % angenommen werden. Dies unter dem Hintergrund, dass der bisher mit 72 % beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer den Kommanditanteil übernimmt.

Hinzuweisen ist auch auf § 211 Abs 2 UGB und § 9 Abs 5 EStG, wonach Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit einem marktüblichen Zinssatz von 3,5% abzuzinsen sind.

Das am Ende des Planungshorizonts im Jahr 2044 bestehende Vermögen (ohne Grundstück) wird vereinfacht zum Buchwert liquidiert. Das Grundstück wird mit dem Zeitwert per berücksichtigt, da von einer entsprechende Wertsteigerung auszugehen ist."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom begründete das Finanzamt auszugsweise folgendermaßen:

"Was die Argumentation in der Beschwerde betrifft, ist auszuführen, dass die öffentlichen Subventionen und privaten Baukostenzuschüsse (Anschlussgebühren) bereits in dem Ertragswertgutachten der BDO - soweit vorhanden - Berücksichtigung gefunden haben.

Unabhängig davon, dass nach dem Rechnungslegungsänderungsgesetz (RÄG) ab 2016 die unversteuerten Rücklagen nicht mehr zu bilanzieren, sondern in das Eigenkapital umzugliedern sind, ist daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. So waren die unversteuerten Rücklagen bisher als Passiva zu aktivieren und jährlich gegen Ertrag aufzulösen. Durch die Umgliederung in Eigenkapital wird die Gesellschaft aber nicht reicher, sondern es ist lediglich der Passivposten auszubuchen. Es werden daher durch diesen Vorgang keine stillen Reserven generiert. Ebenso wurde im Gutachten der BDO bereits die Wertsteigerung des Betriebsgrundstückes berücksichtigt. Diese Positionen können daher kein zweites Mal in der Bewertung Niederschlag enden. Das Gutachten der BDO bewertet vereinfacht gesagt den Wert des gesamten Unternehmens und daher sind logischerweise auch sämtliche im Unternehmen noch schlummernden stillen Reserven mitbewertet worden.

Ebenso geht die Argumentation der Haftung mit dem Hausanteil der Fr. ***VN*** ***1*** ins Leere. Erstens ist der Verkauf des Hauses derzeit nach Kenntnisstand des Finanzamtes noch gar nicht abgeschlossen, und kann daher auch noch nicht gesagt werden um welchen Kaufpreis das Haus tatsächlich verkauft werden wird. Zweitens handelt es sich bei dieser Haftung der Fr. ***VN*** ***1*** um eine Haftung, die sie als Privatperson eingegangen ist.

Zum Teil beruht diese Haftung sogar auf einer Pfandurkunde vom , geht also auf einen Zeitraum zurück, der zeitlich bereits nach der Übergabe ihrer Kommanditanteile liegt. Jedenfalls aber hat diese Haftung als Privatperson keine Auswirkung auf den Stand ihres negativen Kapitalkontos.

Was die in der Beschwerde angesprochene Unternehmensbewertung und die mit der Beschwerde gemeinsam vorgelegte Ertragswertermittlung/Ertragsplanung anbelangt, ist folgendes auszuführen:

Sowohl dem Gutachten der BDO, als auch der - mit der Beschwerde vorgelegten - Ertragswertermittlung wurde das Fachgutachten KFS BW1 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu Grunde gelegt. Das BDO Gutachten wählte als DCF-Verfahren (Discounted Cash Flow-Verfahren) das sogenannte APV-Verfahren (Adjusted Present Value- Verfahren). Sowohl die Ertragswertermittlung als auch das Gutachten der BDO ermitteln einen subjektiven Unternehmenswert. Das Ertragswertverfahren als auch das DCF-Verfahren beruhen auf den gleichen konzeptionellen Grundlagen. Der Unternehmenswert wird als Barwert künftiger finanzieller Überschüsse ermittelt. Beide Verfahren führen bei identischen Annahmen zu identischen Ergebnissen. Allerdings kann man bei der Ertragsplanung die gemeinsam mit der Beschwerde dem Finanzamt vorgelegt wurde ab dem Jahr 2019 deutliche Abweichungen in den Erlösen zu den Zahlen die in die Ertragsplanung des Gutachtens der BDO eingegossen sind, feststellen. Dabei ist festzuhalten, dass im Gutachten der BDO ausdrücklich mehrmals festgestellt wurde, dass die von der ***Bf*** vorgelegte Planungsrechnung inhaltlich nicht plausibilisiert wurde. Warum daher die Zahlen in den beiden Planungsrechnungen, die jeweils von der Beschwerdeführerin bereitgestellt wurden, sich voneinander unterscheiden, kann nicht nachvollzogen werden. Es bleibt festzuhalten, dass die Betriebsleistungen inkl. sonstiger Erträge in der Planungsrechnung neu sich in den Jahren 2013 bis 2018 von den ursprünglichen von der Beschwerdeführerin der BDO vorgelegten Zahlen unterscheiden und ab dem Jahr 2019 deutlich über den Zahlen im BDO-Gutachten liegen. Der Grund für diesen plötzlichen im Zeitpunkt des Gutachtensauftrages an die BDO () offensichtlich noch nicht ersichtlichen zukünftigen Umsatzaufschwung ist für das Finanzamt nicht nachvollziehbar.

Letztlich ist auch aufgefallen, dass nach dem Informationsstand des Finanzamtes im Jahr 2015 noch betriebliche Fremdwährungsverbindlichkeiten in CHF bestanden haben. Durch die im Jänner eingetretene Entkoppelung des CHF von einem Mindestkurs zum Euro muss daher eine deutliche Erhöhung des Euro-Schuldenstandes eingetreten sein. Es endet sich aber in der neuen Planungsrechnung im Jahr 2015 und den Folgejahren, kein Hinweis darauf, dass diese noch nicht realisierten Kursverluste berücksichtigt worden wären.

Insgesamt erscheint das BDO-Gutachten, das ein sehr ausführliches Gutachten ist, als sehr glaubwürdig, sodass für das Finanzamt kein Zweifel daran besteht, dass der negative Equity Value per den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Es besteht daher weiters auch kein Zweifel, dass dem negativen Kapitalkonto der ausgeschiedenen Kommanditistin Fr. ***VN*** ***1*** keine stillen Reserven zum Zeitpunkt der Abtretung am gegenüber gestanden sind. Es ist daher die Übergabe des Kommanditanteiles an Hrn. ***VN2*** ***1***, wobei das negative Kapitalkonto nicht aufgefüllt werden musste, als Veräußerungsvorgang anzusehen und der Wert des negativen Kapitalkontos war daher als Veräußerungserlös anzusetzen."

Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf. ihr Vorbringen der Beschwerde.

Aus dem Akt ergibt sich zu den bereits veranlagten Jahren 2015 - 2019, dass mit Ausnahme des Jahres 2016 jeweils ein negatives Betriebsergebnis erzielt wurde, nämlich -281.949,64 Euro im Jahr 2015, -48.629,56 Euro im Jahr 2017, -255.662,24 Euro im Jahr 2018 und -264.678,27 Euro im Jahr 2019. Der Gewinn des Jahres 2016 betrug 475.227 wobei in diesem Jahr außertourliche Erträge von 587.955,67 Euro erklärt wurden.

Sowohl im Gutachten der BDO als auch in der vom steuerlichen Vertreter vorgelegten Ertragswertermittlung wurden in den Jahren 2015 - 2019 jeweils Jahresüberschüsse angenommen.
Im Gutachten der BDO heißt es unter "1. Auftrag und Auftragsdurchführung" zu "Bewertungsgrundlage und Auftragseinschränkungen", dass die vorgelegte Planungsrechnung auftragsgemäß inhaltlich nicht plausibilisiert wurde. In "Haftung und Gewährleistung" heißt es wörtlich: "In Zusammenhang mit Planungsannahmen ist festzuhalten, dass sämtliche dieser Annahmen ausnahmslos von der Geschäftsführung der Gesellschaft und den Auskunftspersonen getroffen wurden und diese daher von diesen Personen und nicht von uns zu verantworten sind".

Im Abtretungsvertrag vom heißt es unter Punkt Elftens: "Frau ***VN*** ***1*** und Herr Ingenieur ***VN2*** ***1*** erklären an Eides statt, dass durch die gegenständliche Geschäftsanteilsübertragung kein Tatbestand verwirklicht wird, welcher nach dem Schenkungsmeldegesetz 2008 verwirklicht, wobei die Vertragsparteien erklären, dass das Vertragsobjekt auf Grund der wirtschaftlichen Situation der gegenständlichen Gesellschaft derzeit keinen positiven Verkehrswert aufweist".

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am erläuterte der steuerliche Vertreter zusammengefasst, dass seine Einwendungen zum Gutachten der BDO wirtschaftlich verstehen zu seien. Das Gutachten sei auf Verlangen der Hausbank erstellt worden und Herr Ing. ***1*** musste die Zahlen unter Zeitdruck liefern. In weiterer Folge habe man die Zahlen in Ruhe verfeinert, weshalb die "Bewertung" durch den Steuerberater die richtigere sei. Frau ***1*** sei nur daran interessiert gewesen, die Beteiligung loszuwerden.

Der steuerliche Vertreter brachte weiters vor, dass die Raiffeisenbank am für ein Haus, das zu zwei Dritteln Herrn Ing. ***1*** und zu einem Drittel Frau ***1*** gehört, ein Pfandrecht für einen Firmenkredit bestellt hat. Das Haus wurde am um 447.000 Euro verkauft und nach Abzug der ImmoESt konnten rund 432.000 Euro vereinbarungsgemäß zur Abdeckung der Verbindlichkeiten bei der Raika verwendet werden.

Vom Finanzamt wurde der Umstand der Pfandrechtsbestellung nicht bestritten, jedoch beharrte das Finanzamt auf seinem Standpunkt, dass es sich um eine private Liegenschaft handle, die nichts mit dem Betrieb der Bf. zu tun habe.

Das Finanzamt ergänzte, dass der außertourliche Ertrag im Jahr 2016 aus einem Schuldenerlass der Bank stammte.
Hinsichtlich des positiven Verkehrswertes ergänzte das Finanzamt, dass Herr Ing. ***1*** in den Folgejahren hohe Bareinlagen tätigte, die auch einen Schuldenerlass der Bank ermöglichten. Letztendlich habe Herr Ing. ***1*** sämtliche Beteiligungen an der Bf. veräußert. Vergleiche man die Einzahlungen mit den tatsächlich erzielten Veräußerungserlösen so komme man zu dem Befund, dass Herr Ing. ***1*** mehr eingezahlt hat. als er an Veräußerungserlös lukrieren konnte.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Sachverhalt (Übergabe des Kommanditanteiles ohne ausdrückliche Verpflichtung, das negative Kapitalkonto aufzufüllen) wurde unstrittig wie vom Finanzamt festgestellt verwirklicht.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde übereinstimmend geklärt, dass der steuerliche Wert des negativen Kapitalkontos wegen buchhalterischer Differenzen richtigerweise mit 469.407,32 Euro (und nicht mit 483.516,29 Euro) anzunehmen ist.

Ergänzend wurde die Auffüllung des Kapitalkontos durch den anteiligen Veräußerungserlös eines Gebäudes im Ausmaß von 144.000 Euro aufgrund einer am erfolgten Pfandrechtsbestellung bzw. der dazu gehörenden Veräußerung vorgebracht.

Das Gutachten der BDO und die Ertragswertermittlung des steuerlichen Vertreters sind aktenkundig.

Streit besteht nunmehr darüber, ob der Kommanditanteil einen positiven Verkehrswert hat oder nicht bzw. in welchem Ausmaß das Kapitalkonto nicht mehr aufgefüllt werden musste.

Rechtliche Beurteilung

2.1. Rechtslage

§ 24 EStG 1988 idF BGBl 112/2012:

(1) Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei
1.der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist

2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).

(2) Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muß.

2.2. Veräußerung oder Schenkung?

Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss.

In den Fällen einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteiles sind jedoch die Buchwerte fortzuführen, ohne dass es beim übertragenden Gesellschafter zu einer Besteuerung nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt ( unter Hinweis auf , unter Hinweis auf oder ).

Das Vorliegen einer Schenkung (unentgeltlichen Übertragung) setzt dabei voraus, dass der Rechtsnachfolger durch die Übertragung des Gesellschaftsanteiles tatsächlich bereichert wird, also der reale Wert des Gesellschaftsanteiles positiv ist (, , , ).

Im Beschwerdefall ist daher zu überprüfen, ob der übertragene Gesellschaftsanteil einen positiven Verkehrswert hat, sodass es zu einer Schenkung gekommen ist, oder nicht.

Bereits im Abtretungsvertrag vom erklären die Parteien einvernehmlich und an Eides statt, dass die Beteiligung auf Grund der wirtschaftlichen Situation der gegenständlichen Gesellschaft derzeit keinen positiven Verkehrswert aufweist.

Diese im Zeitpunkt der Übertragung getroffene Einschätzung wird in Folge durch die tatsächliche Entwicklung untermauert, da es der Gesellschaft in den Folgejahren nicht gelungen ist, ein nachhaltig positives Ergebnis zu erzielen.
Das negative Eigenkapital konnte so nicht, wie von der Bf. bei Einreichung der Steuererklärungen behauptet, ausgeglichen werden, sondern ist weiter angewachsen.

Diese Einschätzung wird auch durch ein Gutachten der BDO untermauert, das einen negativen Unternehmenswert ermittelt hat. Der Unternehmenswert wurde zwar zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich zum ermittelt, doch hat die Bf. im Beschwerdeverfahren kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass bzw. warum der Wert rund 1 ½ Jahre zuvor ein anderer gewesen sei.
Bedenkt man weiters, dass der Ertragsplanung laut Präambel ausschließlich auf Angaben der Auftraggeberin (= Bf) beruht, so ist es durchaus plausibel, dieses Gutachten hilfsweise zur Beurteilung des Unternehmenswertes im Zeitpunkt der Übergabe heranzuziehen.

Soweit es die Einwendungen der Bf. zur Richtigkeit des Gutachtens betrifft, hat das Finanzamt bereits zutreffend festgestellt, dass die für das Jahr 2016 verpflichtende Umgliederung von unversteuerten Rücklagen in Eigenkapital zu keiner Vermögensvermehrung der Gesellschaft führt, da im selben Ausmaß ein Passivposten ausgebucht wird.

Inwiefern in einem laut Bf. "Anlagevermögen" stille Reserven schlummern, wurde in der Beschwerde auch nicht dargetan. Mögliche Neukunden stellen keine stillen Reserven, sondern erwartbare Einnahmen dar, die bereits in den erwarteten Umsätzen enthalten sein müssen. Dementsprechend hat der Vertreter der Bf. in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er unter "stillen Reserven" mögliche Erträge versteht.

Was schließlich die Ertragsplanung betrifft, behauptet die Bf., dass die Planungsrechnungen zwischenzeitlich mehrfach verfeinert wurden sodass die vorgelegten Plandaten laut Geschäftsführung den aktuellen Erwartungen der Unternehmensleitung entsprechen, plausibel abgeleitet sind und alle Chancen und Risiken berücksichtigen.
Dazu hat die Bf. ein Zahlenkonvolut ohne Erläuterungen vorgelegt, das bis zum Jahr 2044 ein geplantes Gesamtergebnis von 4.584.870 Euro ausweist.

Wie das Gutachten der BDO geht auch diese Rechnung von ausschließlich positiven Betriebsergebnissen aus, obwohl die Bf. bereits in der Vergangenheit negative Ergebnisse auswies und das Anlagevermögen laut eigenen Angaben der Bf. überdimensioniert ist, womit die Bf. in sämtlichen Jahren höhere Aufwendungen hat, als unbedingt erforderlich.
Die Erwartungen der Bf. halten jedoch einem Vergleich mit der Wirklichkeit nicht stand, sind sie doch (selbst im Fall des Gutachtens der BDO) allzu optimistisch: In sämtlichen bisher veranlagten Jahren wurden negative Ergebnisse erzielt, mit Ausnahme des Jahres 2016, in dem durch einen Schuldennachlass der Bank ein positives steuerrechtliches Ergebnis erzielt wurde.

Angesichts dieser Tatsachen ist davon auszugehen, dass der übertragene Gesellschaftsanteil keinen positiven Verkehrswert hat.
Eine Schenkung ist daher iSd Rechtsprechung des VwGH nicht anzunehmen.
Es tritt die Rechtsfolge des § 24 Abs 2 EStG 1988 ein, nämlich dass als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag des negativen Kapitalkontos zu erfassen ist, den Frau ***1*** nicht auffüllen musste.

2.3. Höhe des Veräußerungserlöses

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde von beiden Parteien übereinstimmend festgestellt, dass der steuerliche Wert des negativen Kapitalkontos aufgrund buchhalterischer Differenzen richtigerweise mit 469.407,32 Euro anzunehmen ist.
Für das BFG besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Zahlen zu zweifeln, weshalb für die Berechnung von diesem Wert auszugehen ist.

Im Falle der Veräußerung ist als Veräußerungsgewinn der Betrag des negativen Kapitalkontos zu erfassen, der nicht aufgefüllt werden muss.

Im Beschwerdefall wurde vor Übertragung des Gesellschaftsanteils (Vertrag vom ) ein Pfandrecht an einem Haus bestellt, das zu 1/3 Frau ***1*** und zu 2/3 Herrn Ing. ***1*** gehört. Das Pfandrecht wurde am grundbücherlich eingetragen und der anlässlich der Veräußerung erziele Erlös wurde nach Abzug der ImmoESt bestimmungsgemäß zur Abdeckung der Verbindlichkeiten bei der Bank verwendet.

Im Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts war die Gesellschaft so notleidend, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, dass das Haus verkauft werden muss und das Geld zur Abdeckung der betrieblichen Verbindlichkeiten verwendet wird. Aus Sicht der damaligen Anteilseignerin musste sie ihr Kapitalkonto jedenfalls mit diesem Betrag (144.000 Euro) auffüllen.

Da im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers als Veräußerungsgewinn gem. § 24 Abs 2 EStG 1988 der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen ist, den er nicht auffüllen muß, reduziert sich im Beschwerdefall der Veräußerungsgewinn von 469.407,32 Euro (voller Betrag des negativen Kapitalkontos) auf 325.407,32 Euro, da Frau ***1*** den Betrag von 144.000 Euro dazu verwenden musste, das negative Kapitalkonto aufzufüllen.

Die damit verbundenen Folgen sind dem Berechnungsblatt zu entnehmen.

2.4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war nur die Tatsachenfrage zu klären, ob der übertragene Gesellschaftsanteil einen positiven Verkehrswert hat oder nicht. Da keine Rechtsfrage vorliegt, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101349.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at