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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2021, RV/7103496/2018

Besteuerung der Entschädigungszahlung für Leitungsrechte gemäß § 107 Abs. 11 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Lehner, Baumgartner & Partner Steuerberatung GmbH, Bahnhofplatz 11, 2000 Stockerau, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Einkommensteuer 2010 und 2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

In den Streitjahren 2010 und 2011 erzielte der Beschwerdeführer (Bf.) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sowie sonstige Einkünfte.

Im Zuge von Ermittlungen bei der OMV GAS wurde bekannt, dass der Bf.in den Jahren 2010 und 2011 als Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes aufgrund eines Servitutsvertrages Entschädigungszahlungen der Fa. Gas Connect Austria GmbH im Zusammenhang mit der West Austria Gasleitung II erhalten hat. Die Gesamtzahlung in den Jahren 2010 und 2011 an den Bf. betrug € 4.214,89 (2010: € 2.107,45 und 2011 € 2.107,45)

Jahr 2010:

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010. Darin wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte in nicht strittiger Höhe angesetzt.

Weiters wurden vom Bf. erklärte nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von € 2.147,45 und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von € 41.926,61 angesetzt. Zu den erklärten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wurde ein Betrag von € 2.950,42 (70% der Zahlung der ÖMV von € 4.214,89) hinzugerechnet.

Die Einkommensteuer für 2010 wurde mit € 24.761,01 festgesetzt.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom und führte aus, dass seitens des Bf. bereits der als nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen angegebene Betrag von € 2.147,45 betreffend die Vergütung aus dem Servitutsvertrag der OMV betreffe. Die Zahlung aus dem Servitutsvertrag sei im Bescheid durch Hinzurechnung eines Betrages von € 2.950,72 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durch das Finanzamt doppelt erfasst worden.

Abgesehen davon sei im Jahr 2010 lediglich eine Zahlung in Höhe von € 2.147,45 vereinnahmt worden. Es wäre daher richtigerweise ein Betrag von € 1.475,21 (70% von € 2.147,45) den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hinzuzurechnen gewesen.

Der Bf. übermittelte die Zahlungsbestätigungen für die Jahre 2010 und 2011, welche für 2010 einen Betrag von € 2.147,45 und für 2011 einen Betrag von € 2.107,45 ausweisen.

Der Bf. ersuchte um die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht und Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2010.

Das Finanzamt erließ am eine abändernde Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010. Die nicht endbesteuerungsfähigen Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden mit Null angesetzt und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden - wie vom Bf. in seiner Beschwerde beantragt - um 70% von 2.107,45, also um € 1.475,41 gegenüber den vom Bf. erklärten Einkünften erhöht.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und beantragte zusätzlich zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung auch die Entscheidung durch einen Senat des Bundesfinanzgerichtes.

Inhaltlich führte der Bf. aus, dass sich die Bodenwertminderung durch Errichtung einer Leitungsanlage auf einem Grundstück nicht nur auf den Servitutsstreifen beziehe, sondern auf das gesamte Grundstück auswirke. Der Bewertungskatalog der Ziviltechniker führt unter Bewertungsgrundsatz L -5-84 aus, dass obwohl sich die Verkehrswertminderung immer auf das gesamte und ungeteilte Grundstück auswirke, es sich eingebürgert habe, dass Bezugsflächen für die Entschädigung herausgearbeitet werden, weil landwirtschaftliche Grundstücke derart unterschiedlich sind, dass sonst jede Vergleichsmöglichkeit der Entschädigungsbemessung verloren ginge.

Nach Ansicht des Bf. sei damit klargestellt, dass die seitens der Fa. OMV Gas gewählte Bewertungssystematik, nämlich dass die Wertminderung der Gesamtliegenschaft auf den fiktiven Streifen umgelegt wird, auch unter Hinweis auf OGH 1 Ob 161/70 und 2 Ob 666/87als richtig und nachvollziehbar zu betrachten sei.

Seitens der Finanzverwaltung werde jedoch die Aufteilung zwischen Servitutsentgelt und Bodenwertminderung laut Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und Energieversorger anscheinend nicht mehr akzeptiert, sondern 70% des Entschädigungsbetrages als steuerpflichtig ansetzt.

Der Bf. ersuchte unter Vorlage des Servitutsvertrages zum Erwerb einer Dienstbarkeit für die Gasleitung mit der OMV, welcher eine Gesamtvergütung von € 4.214,89, bestehend aus € 404,50 Servitutsentgelt und € 3.810,39 Bodenwertminderung für ein dem Bf. gehörendes Grundstück enthält, den steuerpflichtigen Betrag für 2010 mit € 202,25 anzusetzen und die Bodenwertminderung in Höhe von € 1.905,45 als steuerfrei anzusehen.

Jahr 2011:

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für 2011 und setzte darin neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und sonstigen Einkünften, welche beide nicht strittig sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von € 21.999,71 an. In diesen Einkünften ist ein Betrag in Höhe von € 1.475,21 (70% der Entschädigungszahlung 2011) enthalten. Die Einkommensteuer 2011 wurde mit € 13.303,- festgesetzt.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Inhaltlich führte der Bf. aus, dass sich die Bodenwertminderung durch Errichtung einer Leitungsanlage auf einem Grundstück nicht nur auf den Servitutsstreifen beziehe, sondern auf das gesamte Grundstück auswirke. Der Bewertungskatalog der Ziviltechniker führt unter Bewertungsgrundsatz L -5-84 aus, dass obwohl sich die Verkehrswertminderung immer auf das gesamte und ungeteilte Grundstück auswirke, es sich eingebürgert habe, dass Bezugsflächen für die Entschädigung herausgearbeitet werden, weil landwirtschaftliche Grundstücke derart unterschiedlich sind, dass sonst jede Vergleichsmöglichkeit der Entschädigungsbemessung verloren ginge.

Nach Ansicht des Bf. sei damit klargestellt, dass die seitens der Fa. OMV Gas gewählte Bewertungssystematik, nämlich dass die Wertminderung der Gesamtliegenschaft auf den fiktiven Streifen umgelegt wird, auch unter Hinweis auf OGH 1 Ob 161/70 und 2 Ob 666/87 als richtig und nachvollziehbar zu betrachten sei.

Seitens der Finanzverwaltung werde jedoch die Aufteilung zwischen Servitutsentgelt und Bodenwertminderung laut Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und Energieversorger anscheinend nicht mehr akzeptiert, sondern 70% des Entschädigungsbetrages als steuerpflichtig ansetzt. Der Bf. ersuchte unter Vorlage des Servitutsvertrages mit der OMV den steuerpflichtigen Betrag für 2011 mit € 202,25 anzusetzen und die Bodenwertminderung in Höhe von € 1.905,45 als steuerfrei anzusehen.

Am erließ das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom .

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bundesfinanzgericht in zwei Erkenntnissen (RV/4100532/2013 vom und RV/7101511/2012 vom ) zum Ausdruck gebracht habe, dass dem Ansatz schätzungsweise ermittelter Sätze nach den Einkommensteuerrichtlinien zuzustimmen sei, wenn ein Nachweis über ein abweichendes Aufteilungsverhältnis vom Steuerpflichtigen nicht erbracht werde. Vom Bundesfinanzgericht sei das den ESTR entsprechende Aufteilungsverhältnis (70:30) als angemessen angesehen worden. Die Behauptungs- und Beweislast für das Ausmaß der Entschädigung für Bodenwertminderung treffe den Steuerpflichtigen (). Das Ergebnis, sowie die Überlegungen, welche zum Ergebnis führen, seien vom Steuerpflichtigen schlüssig zu begründen. Ein " Gutachten", welches keine klaren Aussagen zum maßgeblichen Sachverhalt und ziffernmäßig keinerlei nachvollziehbare Berechnung in Bezug auf die eingetretene Wertminderung treffe, sei als Beweismittel untauglich.

Im Erkenntnis RV/4100532/2013 vom führe das Bundesfinanzgericht aus, dass vertragliche Vereinbarungen über die Zuordnung der Entschädigungssumme für die Behörde nicht bindend seien.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, wiederholte seine Ausführungen betreffend Begründung in seiner Beschwerde und stellte den Antrag auf Entscheidung durch einen Senat des Bundesfinanzgerichtes.

Mit Schreiben vom zog der Bf. seine Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Abhaltung einer Verhandlung vor dem Senat zurück.

Außerdem schränkte der Bf. sein Begehren insofern ein, als er sich damit einverstanden erklärte, dass die Besteuerung seiner Einnahmen aus Entschädigungszahlungen seitens der OMV in den Jahren 2010 und 2011 gemäß § 107 EStG 1988 in Höhe von 33% der Bemessungsgrundlage erfolgt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall die Höhe des steuerpflichtigen Servitutsentgeltes bei den an den Bf. in den Jahren 2010 und 2011 von der OMV aufgrund eines Servitutsvertrages ausgezahlten Entschädigungszahlungen im Zuge der Errichtung einer Gasleitung.

Das Bundesfinanzgericht geht im vorliegenden Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf. erhielt im Zuge der Errichtung einer Gasleitung in den Jahren 2010 und 2011 von der OMV folgende Servitutszahlungen für die Nutzung seines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes:

Gesamtbetrag: € 4.314,89, aufgeteilt laut Vertrag Im Jahr 2010 bekam der Bf. 2.107,45 mit der ÖMV, WAG II 2/11135/248 auf € 404,50 Servitutsentgelt und € 1.905,45 Bodenwertminderung.

An Zahlungen erhielt der Bf. im Jahr 2010 € 2.107,45 und im Jahr 2011 € 2.107,45 seitens der ÖMV für die Einräumung von Leitungsrechten.

2010

Der Bf. erklärte im Jahr 2010 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von € 41.926,61, in welchen € 2.107,45 Servitutsentgelt enthalten waren.

Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid 2010 vom Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von € 41.926,61 und zusätzlich € 2.147,45 nicht endbesteuerungsfähige Einkünfte aus Kapitalvermögen an, die Einkommensteuer wurde mit € 24.761,01 festgesetzt.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen die doppelte Erfassung des Servitutsentgeltes und beantragte, dass dieses nur zu 70% mit € 1.475,21 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen sei.

Das Finanzamt erließ eine abändernde dem Begehren des Bf. folgende Beschwerdevorentscheidung und setzte die Servitutszahlung mit € 1.475,45 an. Die Einkommensteuer wurde mit € 22.949,68 festgesetzt.

Im Vorlageantrag beantragte der Bf. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat und erklärte unter Hinweis auf OGH 1 Ob 161/70 und 2 Ob 666/87, dass die von der ÖMV im Vertrag vorgenommene Aufteilung zwischen Servitutsentgelt und Bodenwertminderung (Servitutsentgelt € 202.25 und Bodenwertminderung jeweils € 1.905,45) richtig sei, da die Verkehrswertminderung sich immer auf das gesamte Grundstück auswirke.

Der Bf. beantragte nur den im Vertrag als Servitutsentgelt bezeichneten Betrag der Besteuerung zu unterziehen und den restlichen Betrag als Bodenwertminderungsentgelt steuerfrei zu belassen.

2011

Im Jahr 2011 setzte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2011 vom einen Betrag von € 1.475,45 das sind 70% der erhaltenen Entschädigungssumme von € 2.107,45 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an und setzte die Einkommensteuer mit € 13.303,00 fest.

Der Bf. erhob Beschwerde und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Der Bf. legte den Servitutsvertrag mit der ÖMV vor und beantragte - wie auch für 2010 - die Berücksichtigung der Aufteilung in Servitustsentgelt und Bodenwertminderung laut Vertrag mit der ÖMV.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und verwies auf die in den EStR enthaltene Aufteilung im Verhältnis 70:30, die Erkennnisse des BFG RV/4100532/2013 vom und RV/7101511/2012 vom , sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 2003/15/0093 vom , in welchem ausgeführt wird, dass die Behauptungs- und Beweislast für das Ausmaß der Entschädigung den Steuerpflichtigen treffe.

Vertragliche Vereinbarungen über die Zuordnung der Entschädigungssumme seien für die Behörde nicht bindend vgl BFG RV/4100532/2013 vom .

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage der Beschwerde und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat und beantragte die Besteuerung des Entgelts wie im Vorlageantrag betreffend das Jahr 2010.

Gutachten betreffend die Aufteilung der Entschädigungszahlungen zwischen Servitutsentgelt und Bodenwertminderung wurden vom Bf. nicht vorgelegt.

Der Bf. verzichtete mit Schreiben vom auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Der Bf. schränkte sein Begehren ein und erklärte sich mit einer Besteuerung der Zahlungen gemäß § 107 EStG 1988 einverstanden.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

Grundsätzlich lassen sich die auf Basis von Servitutsverträgen geleisteten Entschädigungen in jene für die Einräumung von Rechten (Dienstbarkeiten), für die Wertminderung des Bodens, für Wirtschaftserschwernisse

und als Ersatz für entgangene Einnahmen unterteilen.

Als Anwendungsfall für die Einräumung von Dienstbarkeiten ist beispielsweise die Einräumung von Leitungsrechten anzusehen.

In dem Entgelt für die Einräumung des Servituts sind meist mehrere Komponenten enthalten, insbesondere das

- Entschädigung für die entstandene Wertminderung der Vermögenssubstanz

- Entgelt für die Benützung des Grund und Bodens sowie das

- Entgelt für den Ertragsausfall im land- u. forstwirtschaftlichen Bereich.

Das Entgelt für Gewinnminderung (Ertragsausfall oder Wirtschaftserschwernis) ist grundsätzlich steuerpflichtig.

Mit BGBl. 62/2018 wurde die steuerliche Behandlung von Einkünften aus Anlass der Einräumung vom Leitungsrechten im § 107 EStG 1988 einer umfassenden Regelung unterzogen. Diese Bestimmung lautet:

"(1) Einkünfte gemäß § 21, § 22, § 23, § 27, § 28 oder § 29 Z 3 in Zusammenhang mit dem einem Infrastrukturbetreiber (Abs. 2) eingeräumten Recht, Grund und Boden zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen im öffentlichen Interesse (Abs. 3) zu nutzen, unterliegen einer Abzugsteuer und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des von der Rechtseinräumung unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümers oder -bewirtschafters weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 11) beantragt wird.

(2) Infrastrukturbetreiber im Sinne dieser Bestimmung sind:

1. Elektrizitätsunternehmen (§ 7 Abs. 1 Z 11 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010)

2. Erdgasunternehmen (§ 7 Abs. 1 Z 16 des Gaswirtschaftsgesetzes 2011)

3. Dem Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999, unterliegende Unternehmen, die Leitungsanlagen zum Zwecke des Transportes gasförmiger oder flüssiger Kohlenwasserstoffe betreiben

4. Fernwärmeversorgungsunternehmen (§ 10 Energieförderungsgesetz 1979)

(3) Die Nutzung von Grund und Boden liegt bei allen Maßnahmen im öffentlichen Interesse, die von Infrastrukturbetreibern zur Errichtung und zum Betrieb von ober- oder unterirdischen Leitungen insbesondere nach Maßgabe der Bestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und - organisationsgesetzes 2010, des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, des Mineralrohstoffgesetzes oder des Energieförderungsgesetzes 1979 durchgeführt werden.

(4) Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer ist der bezahlte Betrag vor Berücksichtigung der Abzugsteuer, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang dieser Betrag die Rechtseinräumung, die Abgeltung einer gemäß § 3 Abs. 1 Z 33 steuerfreien Wertminderung oder sonstige Zahlungen (z. B. Entschädigungen für Ertragsausfälle, Wirtschaftserschwernisse, Wegebenützung oder für eine temporäre Nutzung einer Liegenschaft als Lagerplatz) betrifft. Die Umsatzsteuer ist nicht Teil der Bemessungsgrundlage.

(5) Die Abzugsteuer beträgt 10%.

(6) Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 7) haftet für die Entrichtung der Abzugsteuer.

(7) Abzugsverpflichteter ist der Schuldner der Einkünfte. Der Abzugsverpflichtete hat die Abzugsteuer bei jeder Zahlung einzubehalten und die in einem Kalenderjahr einbehaltenen Steuerbeträge in einem Gesamtbetrag spätestens am 15. Februar des Folgejahres an sein Betriebsfinanzamt abzuführen.

(8) Der Abzugsverpflichtete hat innerhalb der Frist des Abs. 7 dem Finanzamt eine Anmeldung elektronisch zu übermitteln, in der die Empfänger der Einkünfte zu bezeichnen und die auf diese entfallenden Steuerbeträge anzugeben sind. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den weiteren Inhalt der Anmeldung und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen. Der Empfänger der Einkünfte hat dem Abzugsverpflichteten für Zwecke der Anmeldung folgenden Daten bekannt zu geben:

1. Vor- und Familienname, Firma bzw. sonstige Bezeichnung

2. Wohnsitz oder Sitz

3. Falls vorhanden: Abgabenkontonummer

4. Bei natürlichen Personen: Die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), wenn keine Abgabenkontonummer angegeben wird. Besteht keine Versicherungsnummer, ist das Geburtsdatum anzugeben.

(9) Mit der Entrichtung der Abzugsteuer durch den Abzugsverpflichteten gilt vorbehaltlich des Abs. 11 die Einkommensteuer in Bezug auf Einkünfte gemäß Abs. 1 als abgegolten.

(10) Dem Empfänger der Einkünfte ist die Abzugsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der Abzugsverpflichtete die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs. 6 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder

2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Abzugsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

(11) Auf Antrag ist auf Einkünfte, von denen eine Abzugsteuer einbehalten worden ist, der allgemeine Steuertarif anzuwenden (Regelbesteuerungsoption). Sofern der Steuerpflichtige die Berücksichtigung der Einkünfte nicht in der von ihm nachzuweisenden Höhe beantragt, sind diese mit 33% der auf das Veranlagungsjahr bezogenen Bemessungsgrundlage (Abs. 4) anzusetzen."

Gemäß § 124b Ziffer 334 EStG ist die Bestimmung des § 107 Abs. 11 zweiter Satz auf alle zum Zeitpunkt der Kundmachung des Bundesgesetzes, BGBl I 62/2018, nicht rechtskräftig veranlagte Fälle mit Einkünften aus der Einräumung von Leitungsrechten anzuwenden.

Auf der Grundlage des § 107 Abs. 11 EStG 1988 iVm § 124b Z 3334 EStG 1988 war daher vom Bundesfinanzgericht zu prüfen, ob der Bf. durch ein schlüssiges Gutachten eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bodenwertminderung des Grundstückes durch die verlegte Gasleitung in einem solchen Ausmaß nachgewiesen hat, dass sich eine niedrigere Bemessungsgrundlage als das gesetzliche Pauschale von 33 % der Auszahlungsbeträge 2010 und 2011 ergibt.

Da der Bf. kein Gutachten vorgelegt hat und aufgrund der Einschränkung des Begehrens durch den Bf. laut Schreiben vom waren die Einkünfte aus der Einräumung des Leitungsrechtes mit dem gesetzliche geregelten Pauschale in Höhe von 33% der Auszahlungsbeträge 2010 und 2011 bei der Berechnung der Einkommensteuer anzusetzen.

Dem Bf. sind im Jahr 2010 € 2.107,45 und im Jahr 2011 € 2.107,45 zugeflossen, sodass die Einkünfte aus der Einräumung von Leitungsrechten für 2010 und 2011 mit jeweils € 695,31 in Ansatz zu bringen waren.

Den Beschwerden betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2010 und 2011 war teilweise Folge zu geben und die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2010 und 2011 gemäß der folgenden Berechnungen abzuändern.

Einkommensteuer 2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte nichtselbständige Arbeit
42.474,12
42.474,12
Einkünfte Vermietung und Verpachtung
41.926,61
Sonstige Einkünfte
8.154,64
Gesamtbetrag Einkünfte
85.216,37
Sonderausgaben
Pauschbetrag
-60,00
Zuwendungen gem § 18 Abs. 1 Z 7
-120,00
Kirchenbeitrag
-200,00
Einkommen
84.836,37
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1(84.836,37-60.000)x 0,5 +20.235
32.653,18
Entschädigungszahlung gem § 107 Abs. 11 mit 33%
2.107,45
695,31
Steuer vor Abzug der Absatzbeträge
Pensionistenabsetzbetrag
0,00
Steuer sonstige Bezüge
388,68
Einkommensteuer
33.737,17
Anrechenbare Lohnsteuer
-13.024,08
Festgesetzte Einkommensteuer 2010 gerundet
20.713,00

Einkommensteuer 2011:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
42.472,44
42.472,44
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
20.524,50
Sonstige Einkünfte
7.404,09
Gesamtbetrag Einkünfte
70.401,03
Sonderausgaben
Pauschbetrag
-60,00
Zuwendungen gem § 18 Abs. 1 Z 7
-210,00
Kirchenbeitrag
-200,00
Einkommen
69.931,03
Einkommensteuer gem § 33 Abs .1( 69.931,03 -60.000)x 0,5+20.235
25.200,51
Entschädigungszahlung gem § 107 EStG 33%
2.107,45
695,31
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
25.895,82
Pensionistenabsetzbetrag
0,00
Steuer sonstige Bezüge
388,68
Einkommensteuer
26.284,50
Anrechenbare Lohnsteuer
-13.023,36
Festgesetzte Einkommensteuer 2011 gerundet
13.261,00

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Besteuerung der Entschädigungszahlung erfolgt gemäß der gesetzlichen Bestimmungen, eine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Revision war nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103496.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at