Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.05.2021, RV/7100348/2021

elektronische Zustellung der BVE außerhalb der Kanzleistunden, Vorlageantrag verspätet

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Marion Mayer Steuerberatungsgesellschaft m.b.H, Wienerstraße 73, 2604 Theresienfeld, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Vorlageanträge vom gegen die Beschwerdevorentscheidungen 2015, 2016 und 2017 vom werden gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Im Rechtsmittelverfahren des Beschwerdeführers (Bf) betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017 erließ das Finanzamt am Beschwerdevorentscheidungen. Diese wurden am selben Tag elektronisch in die Databox zugestellt.

Am brachte die steuerliche Vertretung jeweils einen Vorlageantrag über FinanzOnline ein. Gleichzeitig beantragte sie über FinanzOnline eine Fristverlängerung bis zum zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidungen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde betreffend 2015, 2016 und 2017 samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Die Eingabe betreffend Rechtsmittelfristverlängerung wies das Finanzamt mit Bescheid vom als nicht fristgerecht zurück. Dazu verwies das Finanzamt darauf, dass elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt gelten, sobald die Daten in die Databox eingebracht sind. Die Bescheide vom seien am selben Tag in der Databox zugestellt worden, somit beginne am der Fristenlauf und ende nach Ablauf eines Monats am .

In der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom brachte die steuerliche Vertreterin vor, dass die angeführten Bescheide am Freitag, den um 16.41 Uhr lt. Databox eingelangt seien. Dies sei außerhalb der Kanzleizeiten. Die Kanzlei sei am Freitag bis 12.00 Uhr besetzt. Weiters sei dann am Montag, den , am nächstfolgenden Werktag der Abruf aus der Databox um 8.00 Uhr erledigt worden. Somit sei die Beschwerde und der Fristverlängerungsantrag rechtzeitig eingebracht worden.

Das Finanzamt wies die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid mit Beschwerdevorentscheidung vom ab.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Am ergingen die Einkommensteuerbescheide für 2015, 2016 und 2017, gegen die die steuerliche Vertreterin rechtzeitig am Beschwerde erhoben hat. Die Beschwerdevorentscheidungen im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren sind mit datiert und an diesem Tag (Freitag) um 16:40 Uhr bzw.16:41 Uhr in der Databox der Vertreterin eingelangt. Da dieser Zeitpunkt außerhalb der Kanzleizeiten der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin liegt, erfolgte erst am Montag, den , der Abruf aus der Databox.

Am brachte die steuerliche Vertreterin über FinanzOnline Vorlageanträge sowie gleichzeitig Anträge auf Fristverlängerung betreffend die Beschwerdevorentscheidungen 2015, 2016 und 2017 ein.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt entspricht der Aktenlage und ist unbestritten. Dem Bf wurde die offensichtliche Verspätung der Fristverlängerungsanträge - und damit auch der Vorlageanträge - im Verfahren betreffend die Rechtsmittelfristverlängerung zur Kenntnis gebracht. Die steuerliche Vertreterin hat dazu in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid insofern Stellung genommen, als sie (wie oben angeführt) auf ihre Kanzleizeiten verwiesen hat. Das Parteiengehör ist damit gewahrt. Einen allfälligen Betriebsurlaub der Kanzlei hat die steuerliche Vertreterin nicht behauptet.

Strittig ist nun, ob durch die Übermittlung der Bescheide in die Databox außerhalb der Kanzleistunden der Zustellungsbevollmächtigten am Freitagabend dennoch an diesem Tag eine Zustellung und damit der Beginn der Beschwerdefrist bewirkt werden konnte, und ob in der Folge die elektronisch über FinanzOnline eingebrachten Vorlageanträge vom Dienstag, , als verspätet zu beurteilen sind.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Die Beschwerdefrist ist gemäß § 245 Abs. 3 BAO auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. Diese Bestimmungen gelten gemäß § 264 Abs. 4 lit a BAO auch für Vorlageanträge.

Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden. Ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung (Ritz, BAO6, § 245 Tz 14).

Erledigungen werden gemäß § 97 BAO durch Zustellung wirksam.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, in dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox. Der Empfänger ist während seiner Abwesenheit von der Abgabestelle (zB während seines Urlaubes) vor zustellrechtlichen Folgen einer ihm nicht zur Kenntnis gelangten elektronischen Zustellung geschützt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 98 Anm 8 und 9 unter Hinweis auf Erläuterungen zur RV betreffend das AbgSiG 2007).

Bescheide gelten auch dann im Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox als zugestellt, wenn die Daten am Freitag erst nach Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreters in der Databox einlangen (siehe zB , mwN; ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (Ritz, § 98 Tz 4, mit Judikaturnachweisen).

Im gegenständlichen Fall gelangten die Beschwerdevorentscheidungen am Freitag, den , nach dem Ende der Kanzleiöffnungszeiten in die Databox der zustellungsbevollmächtigten Vertreterin. Unabhängig davon, dass Seitens der steuerlichen Vertretung die Bescheide erst am folgenden Montag gelesen wurden, gelten entsprechend den rechtlichen Ausführungen die Beschwerdevorentscheidungen bereits mit dem Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich am als zugestellt. Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete daher am .

Das bedeutet, dass die Anträge auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist in FinanzOnline am verspätet eingebracht wurden und keine hemmende Wirkung entfalten konnten. Des Weiteren wurden die Vorlageanträge in FinanzOnline am ebenfalls verspätet eingebracht.

Die Vorlageanträge sind daher gemäß § 264 Abs. 5 BAO mit Beschluss als verspätet zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung eines Vorlageantrages wegen erwiesener Verspätung schon aus dem Gesetz ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100348.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at