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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2021, RV/7102855/2019

Ersuchen aus Bulgarien um Betreibung der Abgabenschulden, Antrag gemäß § 12 AbgEO mit Einwand der Verjährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch - ***R1***, den Richter***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und ***L2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Gerhard Rettenbacher, Stoß im Himmel 1/11, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Einstellung der Exekution im Zusammenhang mit einem Rechtshilfeesuchen aus Bulgarien, Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Vertreters der Bf., ***V1***, des Amtsbeauftragten ***AB1*** und der Schriftführerin ***Sf1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit dem hierfür nach Art. 21 der Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen (Beitreibungsrichtlinie - BeitrRL) vorgesehenen Standardformblatt ersuchte die Republik Bulgarien, Territorial Directorate of Sofia, National Revenue Agency, am unter Beifügung des einheitlichen Vollstreckungstitels um Beitreibung der Abgabenschuldigkeiten der Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) in Höhe von insgesamt € 19.679.996,66.

Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurden aufgrund von Abgabenschulden der Bf in Höhe von € 19.679.996,66 der dieser angeblich gegen die ***X-Bank*** zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus sämtlichen Kontokorrent- oder Kreditkonten gemäß § 65 AbgEO gepfändet.

Mit Eingabe vom brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter einen Antrag auf Einstellung der Exekution ein und führte aus, dass die von der Republik Bulgarien gegen die Bf. geltend gemachte Forderung verjährt sei. Die bulgarischen Behörden hätten in ihrem ersten Ersuchen um Betreibung im Jahr 2012 selbst angeführt und eingeräumt, dass die Forderung seit Ablauf des verjährt sei.

Selbst nach den falschen Angaben der bulgarischen Behörden in ihrem Ersuchen um Betreibung aus 2016 sei spätestens mit Ablauf des die Verjährung eingetreten.

Aufgrund der spätestens seit Ablauf des unstrittigen Verjährung könne keine Amtshilfe geleistet werden und dürfe keine Exekution stattfinden.

Die Bf. beantrage die unverzügliche Einstellung der Exekution und die unverzügliche Aufhebung aller exekutiven Maßnahmen.

Der Vertreter und Verfasser der Eingabe sei nicht zustellbevollmächtigt.

*****

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag mit der Begründung ab, dass weder Titel noch Begründung der Eingabe die Nennung der gesetzlichen Regelung aufwiesen, nach der die Einstellung der Exekution beantragt werde. Die Formulierung des Antrages lasse jedoch den Schluss auf eine Einwendung gegen den Anspruch gemäß § 12 AbgEO zu. Eingewendet werde die Verjährung der betriebenen Abgabenschuld.

Gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO könnten gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Exekutionsverfahrens insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitel eingetreten sind.

Gemäß § 12 Abs. 2 AbgEO seien die Einwendungen bei jenem Finanzamt einzubringen, von welchem der Exekutionstitel ausgegangen sei.

Gemäß § 12 Abs. 3 AbgEO müssten alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen im Stande gewesen sei, bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig gemacht werden.

Wenn den Einwendungen stattgegeben werde, sei die Vollstreckung einzustellen (§ 12 Abs. 4 AbgEO).

Gemäß Verwaltungsgerichtshof ( = VwSlg 10.297 A) seien gemäß § 12 Abs. 2 AbgEO Einwendungen gegen den Anspruch iS des § 12 Abs. 1 AbgEO bei der Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen sei. Über Einwendungen dieser Art habe immer die Titelbehörde und nicht die Vollstreckungsbehörde zu entscheiden.

Gleichlautend zu dieser Rechtsprechung heisse es in § 14 EU-VAHG (EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz):

"§ 14 (1) Einwendungen in Bezug auf den Abgabenanspruch, auf den ursprünglichen Exekutionstitel für die Vollstreckung im ersuchenden Mitgliedstaat oder auf den einheitlichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat sowie Einwendungen in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaates fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen des ersuchenden Mitgliedstaates. Wird im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenanspruch, der ursprüngliche Exekutionstitel oder der einheitliche Vollstreckungstitel von einer betroffenen Partei angefochten, so unterrichtet die ersuchte Behörde diese Partei darüber, dass sie das Rechtsmittel bei der zuständigen Instanz des ersuchenden Mitgliedstaates nach dessen Recht einzulegen hat."

Entscheide nicht die Titelbehörde, dann liege Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit vor (Liebeg, Kommentar zur AbgEO, Punkt V., Z. 17).

Das Anbringen gehe daher ins Leere und sei abzuweisen.

****

Mit der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

A. Die Verweisung an die Titelbehörde sei unzulässig und sinnwidrig.

1. Das Finanzamt verweise im Wesentlichen darauf, dass der Antrag im gegenständlichen Verfahren an die Titelbehörde zu richten sei.

2. Die Titelbehörde habe jedoch selbst bereits festgestellt, dass der Anspruch spätestens mit verjährt gewesen sei.

3. Die Bf. verweise dazu auf ihren Antrag samt Beilagen.

4. Die Titelbehörde sei ferner gemäß § 16 Abs. 5 EU-VAHG verpflichtet, Maßnahmen mitzuteilen, welche die Verjährung unterbrechen oder hemmen. Eine derartige Mitteilung liege nicht vor.

5. Der Anspruch sei daher evident verjährt, und die Titelbehörde habe das explizit selbst festgestellt.

6. Es wäre daher völlig sinnwidrig, die Antragstellerin auf eine wiederholte Erklärung der Titelbehörde über die Verjährung zu verweisen.

7. Die einzig für die Entscheidung über den Antrag in Betracht kommende Behörde sei daher die ursprünglich angerufene Behörde, das Finanzamt Wien 1/23.

8. Im Übrigen könne auf Grund der spätestens seit Ablauf des unstrittig eingetretenen Verjährung schon gemäß § 16 EU-VAHG keine Amtshilfe geleistet werden und dürfe keine Exekution mehr stattfinden.

9. Jegliche weitere exekutive Maßnahme wäre rechtswidrig (VwGH 2009/15/0093).

10. Daher sei jegliche Exekution einzustellen und es seien bisher gesetzte exekutive Maßnahmen ersatzlos aufzuheben.

B. Ablehnung der Amtshilfe mangels jeglicher Rechtfertigung eines diskriminierenden und überholten Anspruches.

11. Die Bf. beantrage, schon deswegen keine Amtshilfe zu leisten, die Exekution einzustellen und bisher gesetzte exekutive Maßnahmen ersatzlos aufzuheben, weil der Anspruch überholt sei (§ 15 Abs. 2 letzter Satz EU-VAHG).

12. Der Anspruch sei mit Ablauf des (sic) entstanden. (Ersuchen der bulgarischen Behörden um Betreibung aus 2012, Seite 4 unten Punkt 4; Ersuchen der bulgarischen Behörden um Betreibung aus 2016, Seite 3 unten Punkt 4.).

13. Damit sei der Abgabenanspruch älter als 10 Jahre.

14. § 15 Abs. 2 EU-VAHG sehe vereinfacht gesagt Folgendes vor:

(I) Amtshilfe wird nicht geleistet, wenn sich das ursprüngliche Ersuchen auf Ansprüche beziehe, die älter als 5 Jahre seien.

(II) Im Falle der Anfechtung laufe die Frist von 5 Jahren ab Rechtskraft.

(III) Im Falle eines Zahlungsaufschubes laufe die Frist von 5 Jahren ab Ende der Zahlungsfrist.

(IV) "In diesen Fällen" sei die ersuchte Behörde nicht zur Amtshilfe verpflichtet, wenn der Anspruch älter als 10 Jahre sei.

Es erscheine logisch, dass sich diese Maximalfrist von 10 Jahren auf beide Fälle der später beginnenden Fünfjahresfrist beziehe; es sei kein Grund für eine Differenzierung erkennbar.

Völlig klar werde das freilich aus der Text-Gliederung des Artikel 18 Abs. 2 der Betreibungsrichtlinie des Rates der Europäischen Union vom , RL 2010/24/EU, der im Wesentlichen gleich lautet und daher für die Interpretation der österreichischen Bestimmung herangezogen werden müsse:

(I) Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass sich die Maximalfrist von 10 Jahren nur auf den Fall des Zahlungsaufschubes beziehe, hätte man den Text des letzten Unterabsatzes des Artikel 18 Absatz 2 unmittelbar an den vorletzten Unterabsatz angefügt.

(II) Aus der Abtrennung und gesonderten Stellung des letzten Unterabsatzes sei aber klar, dass sich die Maximalfrist von 10 Jahren auf BEIDE Fälle der später beginnenden Fünfjahresfrist (Anfechtung und Zahlungsaufschub) beziehen müsse.

Auch die Erlass RV zum EU-AHVG (auf Seite 8 des Dokumentes, zu § 15, dritter Absatz) sähen vor, dass eine Ablehnung der Amtshilfe in allen Fällen nach einer Maximalfrist von 10 Jahren möglich sei. Das ergebe sich auch aus der Bezeichnung der 10-jahres-Frist als "Maximalfrist" (nur für die Fünfjahresfrist könne es einen späteren Beginn geben).

15. Die formlose Erklärung der Republik Bulgarien, dass sich die Verjährungsfrist auf Grund der bulgarischen Rechtslage geändert habe, sei völlig unbestimmt und daher nicht nachvollziehbar. Gäbe es tatsächlich einen solchen Grund, hätte dieser zumindest durch Angabe einer gesetzlichen Bestimmung ganz leicht spezifiziert werden können. So aber sei die Erklärung ganz offensichtlich eine bewusste Scheinerklärung und könne daher nicht rechtlich relevant sein.

16. Aber schon nach dem Wortlaut des Gesetzes sei die Erklärung unbeachtlich.

Beachtlich könnte nur eine Erklärung im Sinne des § 16 Abs. 5 sein. Eine solche Erklärung müsste aber eine Maßnahme nennen, welche die Verjährung unterbreche oder hemme. Eine derartige Erklärung liege freilich nicht vor. Auch das zeige wieder, dass die Erklärungen der bulgarischen Behörde nicht ernsthaft sein könnten.

17. Es sei im Interesse der österreichischen Behörden, österreichische Gesellschaften vor völlig ungerechtfertigten, unverständlichen, diskriminierenden und vermutlich sogar betrügerischen Abgabenforderungen ausländischer Behörden zu schützen.

18. Es werde appelliert, diese Schutzfunktion wahrzunehmen.

19. Auch aus diesem Grund werde beantragt, keine Amtshilfe zu leisten und die Exekution einzustellen (§ 15 Abs 2. letzter Satz EU-VAHG).

C. Die Forderung stehe in evidentem Widerspruch zu Artikel 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

20. Artikel 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union schütze das Eigentumsrecht jeder Person.

21. Artikel 17 leg cit schütze das Eigentumsrecht auch von juristischen Personen (Erläuterungen zu Artikel 17 der Charta, 2007/C 303/02).

22. Beschränkungen des Eigentumsrechtes seien nur soweit möglich, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen würden, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde. Das gelte ganz allgemein und somit auch für den Bereich der Besteuerung (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa EuGH C-8/ 15 (Ledra) Rn 70 mwN; C-210/03 (Swedish Match) Rn 72, 038/02 (Dilexport) Rn 82; Schlussanträge zu C-246/16 (Di Maura) Rn 45 bis 52).

23. Die Grundrechte der Europäischen Union seien naturgemäß auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten.

24. Die Republik Bulgarien habe in dem Verfahren eingeräumt, dass auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Bulgarien kein Abgabenanspruch bestehe.

25. Es sei jedoch eine "Zinsenforderung" auf den fiktiven (!) Abgabenanspruch entstanden. Begründet worden sei dies mit der verspäteten Vorlage von Dokumenten.

26. Dies sei freilich falsch. Die Steuerbefreiung gemäß dem DBA sei absolut und beziehe sich nicht nur auf Zeiträume nach Erfüllen der Formalvoraussetzungen.

27. Die Punkte 24. bis 26. in dieser Beschwerde würden auch sehr deutlich vom Bundesministerium für Finanzen in EAS.3169 ausgeführt (siehe Beilage 3).

28. Eine Zinsenforderung sei zudem nicht rational begründbar, wenn gar keine Abgabenforderung besteht.

29. Da keine Abgabenforderung bestehe (siehe nochmals EAS.3169), wäre auch eine Sanktion nicht rational begründbar, welche die verspätete Dokumentation einer - ohnehin und auch ohne rechtzeitige Vorlage einer solchen Dokumentation - bestehenden Steuerbefreiung bestraft.

30. Auch vor diesem Hintergrund und vor allem in Anbetracht der völligen Steuerbefreiung des Veräußerungsgewinnes wären "Zinsen" oder eine Sanktion in Höhe von etwa EUR 20 Millionen völlig unverhältnismäßig, ja geradezu absurd.

31. Zum Vergleich: die Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeigepflicht werde in Österreich mit einer Geldstrafe von höchstens EUR 5.000 geahndet (§ 51 FinStrG). Auch daran zeige sich, dass die von den bulgarischen Behörden verlangten "Zinsen" völlig unverhältnismäßig und absurd seien.

32. Der Anspruch der Republik Bulgarien stehe somit in evidentem Widerspruch zu Artikel 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und sei damit nichtig.

33. Auch deswegen könne keine Amtshilfe geleistet werden und sei die Exekution einzustellen.

Die Bf. verweise ergänzend und zur Vermeidung von Wiederholungen auf die mit Schreiben vom , vom , vom , vom und vom sowie in der Beschwerde vom geltend gemachten Argumente.

Die Bf. beantrage aus jedem einzelnen der oben angeführten Gründe (A. bis C.) für sich allein, die ersatzlose Aufhebung des gesamten Bescheides, die unverzügliche Einstellung der Exekution und die unverzügliche Aufhebung aller exekutiven Maßnahmen.

Die Bf. beantrage ferner, keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

*****

Mit Schreiben vom zu VOAH-12-1067, gab bulgarische Finanzbehörde zu einer Anfrage der belangten Behörde folgende Stellungnahme ab:

"Bezüglich Ihres Schreibens vom betreffend Ablauf der Verjährungsfrist für die Beitreibung von öffentlichen Forderungen, welche mit Steuerbescheid Nr. ***1*** der Fa. ***Bf1*** am vorgeschrieben wurden, darf ich Sie wie folgt informieren: Im Zusammenhang mit dem Beitreibungsersuchen gem Kapitel 27a der Steuer und Sozialversicherungs Vorschrift/Gesetz (TSSPC) hat ein Schriftwechsel betreffend eines Verständigungsverfahrens zw. Bulgarien und Österreich gem. DBA stattgefunden.

Gem. Artikel 269 Absatz 6 des TSSPC für den Zeitraum der Einleitung () bis zum Abschluss des Verständigungsverfahrens () wurde die Vollstreckung ausgesetzt.

Mit Schreiben vom teilte die österreichische Steuerverwaltung der NRB mit, dass ein Verständigungsverfahren auf der Grundlage von Artikel 25 des DBA zwischen Bulgarien und Österreich eingeleitet worden sei, in dem darauf hingewiesen wurde, dass das Verfahren aufgrund einer von ***Bf1*** eingereichten Beschwerde eingeleitet worden sei.

In Anbetracht dessen bin ich der Ansicht, dass auf Antrag des Steuerpflichtigen im Rahmen des Verfahrens der gegenseitigen Beitreibungshilfe nach Kapitel 27a des TSSPC ein Vollstreckungsaufschub in Österreich gewährt worden ist und so bei der Berechnung der Verjährungsfrist für die Beitreibung der Artikel 171 Absatz 2 TSSPC anzuwenden ist.

Die Bestimmung schließt die Anwendung der absoluten Verjährung von 10 Jahren aus, wenn das Beitreibungsverfahren auf Antrag des Steuerschuldner ausgesetzt wird. In Anbetracht auf Art. 269t des TSSPC (tax and Social Security Procedure Code) sollten die von der österr. Steuerbehörde ergriffenen Beitreibungsmaßnahmen bei der Berechnung der Verjährungsfirst den bulgarischen Rechtsvorschriften entsprechen.

Die Schulden der ***Bf1*** wurden mit dem Steuerveranlagungsbescheid Nr. ***1***/ für den Zeitraum bis zum gem. Art. 195 CITA für fällige Steuern festgesetzt. Da die Verbindlichkeiten nach den Festellungen der Steuerveranlagung bis zum erklärungs- und zahlungspflichtig sind, beginnt die Verjährungsfrist für die Beitreibung mit . Gem. Art. 172 Abs. 2 TSSPC, wird durch die Ausstellung des Steuerbescheids die Verjährungsfrist unterbrochen, und durch die Unterbrechung wird eine neue Verjährungsfrist von fünf Jahren eingeführt.

Der Steuerbescheid wurde mit dem Beschluss Nr. 10506 / des Obersten Verwaltungsgerichts angefochten und bestätigt. Die Verjährungsfrist wurde für die Dauer der Beschwerde ausgesetzt.

Die Verjährungsfrist stellt eine Sanktion für den Gläubiger dar, der nicht gehandelt hat und daher nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht in der Lage ist, seine Forderung zurückzufordern.

In solchen Fällen, in denen die Aussetzung der Vollstreckung auf Ersuchen des Schuldner erfolgt, ist es nicht gerechtfertigt, der Behörde das Recht zu entziehen, die Forderung zurückzufordern. Folgedessen läuft die Zehnjahresfrist nach Wegfall des Aussetzungsgrundes für den Rest weiter, der zum Zeitpunkt der Aussetzung noch nicht abgelaufen ist.

Das Verfahren zur Aussetzung der Vollstreckung wurde am eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt wurde Bulgarien über das im Rahmen des DBA zw. BG und AT eingeleitete Verständigungsverfahren unterrichtet. Das Verständigungsverfahren endete am , als Bulgarien mit Schreiben an Österreich bestätige, dass das Verfahren als abgeschlossen betrachtet werden kann obwohl keine Einigung erzielt wurde.

Am waren 4 Jahre, 8 Monate und 21 Tage der gesamten zehnjährigen Verjährungsfrist abgelaufen. Für die Dauer der Aussetzung der Vollstreckung auf Antrag der haftenden Person für den Zeitraum bis ist die absolute Verjährung ausgesetzt. Das Verfahren wird am wieder aufgenommen, der Rest der Verjährung ist somit 5 Jahre, 3 Monate und 9 Tage also ist die Verjährung am ."

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Am wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgebracht:

"Mit Schreiben vom zu VO-AH-12-1067, gab die bulgarische Finanzbehörde zu einer Anfrage der belangten Behörde eine Stellungnahme ab. Am erging eine weitere Mitteilung der ersuchenden Behörde. Beide Urkunden wurden der Ladung zur mV angeschlossen."

Vorsitzende trägt § 16 Abgabenexekutionsordnung vor.

Dazu wird vorgehalten, dass die Abgabenbehörde den Antrag der Bf. nach § 12 Abgabenexekutionsordnung iVm § 14 Vollstreckungsamtshilfegesetz als Einwendungen gegen die Vollstreckung behandelt hat, woraus die Frage übrigbleibe, ob die Bf. auch der Meinung sei, dass dies mit ihrem Antrag gemeint gewesen sei. Oder sei die Bf. der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 16 Abgabenexekutionsordnung gegeben seien?

Vertreter: Diese Gründe sind nicht in erster Linie Gründe auf die wir uns stützen.

Ich darf den Gf. der ***Bf1*** entschuldigen, er hatte Schwierigkeiten herzukommen, da er sich im Ausland befindet.

Vertreter: Ich würde gerne den Hintergrund beschreiben, den Sie kennen. Die bulgarische Behörde selbst hat ursprünglich gesagt, dass die Forderung mit Ende verjährt sei. Die bulgarische Behörde meinte auf einmal, die Forderung verjähre erst mit Ende 2018. Dann kam der Verdacht auf, dass dies von der bulgarischen Behörde unrichtig war.

Dann kam auf einmal das Argument, es hätte Rechtsmittelverfahren gegeben. Das Verständigungsverfahren hätte die Verjährungsfrist unterbrochen. Zunächst wurde die Verlängerung bis mit einem technischen Fehler begründet, dann wurde das Verständigungsverfahren berücksichtigt.

Aus § 14 Abs. 6 VA-HG ergibt sich, dass ex lege eine Verlängerung unabhängig von einer Antragsstellung der Bf. die Vollstreckung aufzuschieben besteht.

Dann wurde weiters argumentiert, dass die Verjährungsfrist auch auf die Dauer dieses Verfahrens verlängert werde, weil ein Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung vorliege. Auch das ist nicht korrekt, weil kein Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung vorliegt. Auffällig ist die wechselseitige Argumentation der bulgarischen Behörde, die zunächst wohl von einer richtigen Verjährung zum ausgeht, dann aber drei Gründe für eine Verlängerung der Verjährungsfrist heranzieht. Und immer wieder zu einer anderen Berechnung der Verjährungsfrist kommt.

Tatsächlich war aber die Vollstreckung aufgrund des Verständigungsverfahrens ex lege unterbrochen. Im Zuge des Verständigungsverfahrens gab es keinen Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung.

Wir haben schon versucht in Bulgarien eine Bestätigung einzuholen, dass das Verfahren verjährt ist, dies im Jahr 2018, wir haben jedoch bisher keine Antwort dazu bekommen.

Wir haben gewusst, dass die Angaben der bulgarischen Behörde in diesem Verfahren eine gewisse Relevanz haben. Allerdings müssten sie dann unbeachtet sein, wenn sie evident falsch sind, weil sie sich auf evident falsche Aussagen stützen, nämlich, dass in diesem Fall ein Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung vorliege. Wenn sie zweitens unlogisch sind und drittens nicht nachvollziehbar sind.

Das Vorbringen erfolgte ergänzend zu den mit Ladung übermittelten Unterlagen zur Verjährungsberechnung.

Zudem lege ich vor, ein Urteil des Stadtgerichtes Sofia vom , in dem festgestellt wurde, dass die Steuerforderung rechtswidrig war. Dieses Urteil erging aufgrund des Antrages der ***Bf1*** auf Schadenersatz gegen die Republik Bulgarien. Der Schadenersatz wurde einzig und allein aus dem Grund nicht zuerkannt, weil auf die Forderung noch keine Leistung erfolgt sei. Jedenfalls wurde festgestellt, dass die Steuerforderung rechtswidrig sei.

Eine Kopie des Urteils wird zum Akt genommen und eine davon durch die Schriftführerin angefertigte Kopie dem Amtsbeauftragten ausgehändigt.

V: Verfahrensgegenständlich geht es doch nicht um die Steuerforderung, sondern um Zinsen, sind diese Zinsen auch Gegenstand des Urteils?

Vertr.: Ja. Also das war von mir unverständlich formuliert, es geht nur um die verfahrensgegenständlichen Zinsen.

Mir war natürlich klar, dass es hier um eine Zivilklage geht, die nicht im Abgabeverfahren ergangen ist.

AB: Ich verweise darauf, dass wenn durch ein Verständigungsverfahren eine Verlängerung eintritt, kein gesonderter Antrag erforderlich ist. Wenn im Jahr 2015 - wie uns mitgeteilt - der Bescheid in Bulgarien ergangen ist, kann nicht bereits zum eine Verjährung eingetreten sein. Kernfrage ist zudem, dass nicht in Österreich eine Verjährungsprüfung vorzunehmen ist. Allfällige Einwände wegen EU-Rechtswidrigkeit sind allenfalls über Bulgarien an den EuGH heranzutragen. Das heute mir vorgelegte Urteil hat nach meiner Ansicht in diesen Verfahren keine Relevanz.

Vertr.: Die bulgarische Behörde stützt sich darauf, dass auf Antrag der ***Bf1*** die Vollstreckung aufgehoben wurde, tatsächlich trifft dies im Falle des Verständigungsverfahrens nicht zu.

Zum zweiten Argument darf ich auf das Urteil vom bulgarischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2015 verweisen, dazu wenden wir ein, dass die bulgarische Behörde sich gerade nicht auf eine Verlängerung beruft.

Zur Verjährungsprüfung durch Österreich fällt mir ein, dass Argumente der bulgarischen Behörde schon aufgrund rechtsstaatlicher Gründe schon dann nicht beachtlich sein können, wenn sie evident falsch sind."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 12 AbgEO lautet:

(1) Gegen den Anspruch können im Zuge des abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

(2) Die Einwendungen sind bei jener Abgabenbehörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist.

(3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluß gleichzeitig geltend gemacht werden.

(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen.

§ 10 EU-VAHG lautet:

(1) Auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates nimmt die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung von Abgabenansprüchen vor, für die im anderen Mitgliedstaat ein Exekutionstitel besteht. Der ausländische Abgabenanspruch wird wie ein inländischer Abgabenanspruch behandelt. Als vollstreckbarer Exekutionstitel gilt der dem Ersuchen beigefügte einheitliche Vollstreckungstitel im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie. Er muss in Österreich weder durch einen besonderen Akt anerkannt noch ergänzt oder ersetzt werden. Dem Vollstreckungsersuchen können weitere, im ersuchenden Mitgliedstaat ausgestellte Dokumente zum Abgabenanspruch beigefügt werden.

(2) Die Vollstreckung erfolgt nach den Vorschriften, die für Abgabenansprüche aus gleichen oder, in Ermangelung gleicher, aus vergleichbaren Steuern oder Abgaben vorgesehen sind. Die Prüfung der Vergleichbarkeit obliegt dem zentralen Verbindungsbüro. Ist dieses der Auffassung, dass in Österreich keine gleichen oder vergleichbaren Steuern oder Abgaben erhoben werden, so leitet es das Ersuchen an die zuständige Vollstreckungsbehörde mit dem Hinweis weiter, dass die Vollstreckung nach den Vorschriften, die für die Vollstreckung von Einkommensteueransprüchen gelten, vorzunehmen ist. Die Abgabenansprüche werden in Euro vollstreckt.

(3) Das zentrale Verbindungsbüro teilt dem anderen Mitgliedstaat die Maßnahmen mit, die die Vollstreckungsbehörde in Bezug auf das Vollstreckungsersuchen ergriffen hat.

(4) Wenn die Vollstreckungsbehörde dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumt oder Ratenzahlung gewährt, unterrichtet sie das zentrale Verbindungsbüro, welches den anderen Mitgliedstaat sodann hievon in Kenntnis setzt. Für die Gewährung von Zahlungserleichterungen gelten die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung.

(5) Die Vollstreckungsbehörde überweist die in Zusammenhang mit dem Abgabenanspruch eingebrachten Beträge sowie gegebenenfalls entstehende Zinsen. Die in § 17 Abs. 1 genannten, darüber hinausgehenden Beträge dürfen vorher einbehalten werden.

(6) Eingehende Vollstreckungsersuchen aus anderen Mitgliedstaaten können auch die Vollstreckung eines angefochtenen Abgabenanspruchs oder eines angefochtenen Teilbetrags eines Abgabenanspruchs beinhalten. Ein solches Ersuchen ist durch die ersuchende Behörde zu begründen. Wird dem Rechtsmittel später stattgegeben, haftet die ersuchende ausländische Behörde für die Erstattung bereits vollstreckter Beträge samt allenfalls geschuldeten Entschädigungsleistungen.

§ 14 EU-VAHG lautet:

Einwendungen:

(1) Einwendungen in Bezug auf den Abgabenanspruch, auf den ursprünglichen Exekutionstitel für die Vollstreckung im ersuchenden Mitgliedstaat oder auf den einheitlichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat sowie Einwendungen in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaates fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen des ersuchenden Mitgliedstaates. Wird im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenanspruch, der ursprüngliche Exekutionstitel oder der einheitliche Vollstreckungstitel von einer betroffenen Partei angefochten, so unterrichtet die ersuchte Behörde diese Partei darüber, dass sie das Rechtsmittel bei der zuständigen Instanz des ersuchenden Mitgliedstaates nach dessen Recht einzulegen hat.

(2) Einwendungen in Bezug auf die im ersuchten Mitgliedstaat ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen oder in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaates fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen dieses Mitgliedstaates.

(3) Wurde ein Rechtsmittel gemäß Abs. 1 bei der zuständigen Rechtsmittelbehörde bzw. Instanz des ersuchenden Mitgliedstaates eingelegt, so teilt die ersuchende Behörde dies der ersuchten Behörde mit und gibt an, in welchem Umfang der Abgabenanspruch nicht angefochten wird.

(4) Sobald die ersuchte Behörde die Mitteilung nach Abs. 3 entweder durch die ersuchende Behörde oder durch die betroffene Partei erhalten hat, setzt sie in Erwartung einer Entscheidung der zuständigen Rechtsmittelbehörde bzw. Instanz das Vollstreckungsverfahren für den angefochtenen Teilbetrag des Abgabenanspruchs aus, es sei denn, die ersuchende Behörde wünscht in Einklang mit § 10 Abs. 6 oder § 11 Abs. 2 ein anderes Vorgehen.

(5) Auf Ersuchen der ersuchenden Behörde oder sofern von der ersuchten Behörde anderweitig für notwendig erachtet und unbeschadet des § 13 kann die ersuchte Behörde Sicherungsmaßnahmen treffen, um die Vollstreckung sicherzustellen, soweit die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des ersuchten Mitgliedstaates dies zulassen.

(6) Haben die zuständigen Behörden des ersuchenden oder des ersuchten Mitgliedstaates ein Verständigungsverfahren eingeleitet und könnte das Ergebnis des Verfahrens Auswirkungen auf den Abgabenanspruch haben, der Gegenstand des Amtshilfeersuchens ist, so werden die Vollstreckungsmaßnahmen bis zum Abschluss dieses Verfahrens aufgeschoben, es sei denn, dass aufgrund von Betrug oder Insolvenz unmittelbare Dringlichkeit gegeben ist. Werden die Vollstreckungsmaßnahmen aufgeschoben, findet Abs. 5 Anwendung.

§ 16 EU-VAHG lautet:

Verjährung:

(1) Für die Verjährung von Abgabenansprüchen, hinsichtlich derer um Amtshilfe ersucht wird, ist ausschließlich das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates maßgeblich.

(5) Die Vollstreckungsbehörden teilen im Wege des zentralen Verbindungsbüros dem anderen Mitgliedstaat jede Maßnahme mit, die die Verjährung des Abgabenanspruchs, hinsichtlich dessen um Vollstreckung oder Sicherungsmaßnahmen ersucht wurde, unterbricht oder hemmt.

§ 1 Abs. 5 EU-VAHG verweist für die Erledigung von Amtshilfeersuchen auf die Abgabenexekutionsordnung.

Die Bf. macht mit der Eingabe vom ausschließlich als Einwendung gemäß § 12 AbgEO geltend, die Verjährung sei spätestens mit Ablauf des eingetreten.

Gemäß § 12 AbgEO können Einwendungen nur insofern erhoben werden, als sie sich auf den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen beziehen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind, somit auch die Einbringungsverjährung (nach § 238 Abs 1 BAO), eingewendet werden (vgl Liebeg, AbgEO § 12 Tz 10).

Zu Recht verweist das Finanzamt auf § 12 Abs. 2 AbgEO und § 14 Abs. 1 EU-VAHG, wonach Einwendungen in Bezug auf den Abgabenanspruch in die Zuständigkeit der einschlägigen Instanzen des ersuchenden Mitgliedstaates fallen.

Zur Frage der Verjährung wird auch auf § 16 EU-VAHG verwiesen, wonach für die Verjährung von Abgabenansprüchen, hinsichtlich derer um Amtshilfe ersucht wird, ausschließlich das Recht des ersuchenden Staates maßgebend ist. Die Kenntnis des Rechtes des ersuchenden Staates kann beim ersuchten Staat auch nicht vorausgesetzt werden.

Mit Schreiben vom zu VOAH-12-1067, übermittelte die bulgarische Finanzbehörde zu einer Anfrage der belangten Behörde folgende Stellungnahme, der zufolge keine Verjährung eingetreten ist.

Der Inhalt lautet:

"Bezüglich Ihres Schreibens vom betreffend Ablauf der Verjährungsfrist für die Beitreibung von öffentlichen Forderungen, welche mit Steuerbescheid Nr. ***1*** der Fa. ***Bf1*** am vorgeschrieben wurden, darf ich Sie wie folgt informieren: Im Zusammenhang mit dem Beitreibungsersuchen gem. Kapitel 27a der Steuer und Sozialversicherungs Vorschrift/Gesetz (TSSPC) hat ein Schriftwechsel betreffend eines Verständigungsverfahrens zw. Bulgarien und Österreich gem. DBA stattgefunden.

Gem. Artikel 269 Absatz 6 des TSSPC für den Zeitraum der Einleitung () bis zum Abschluss des Verständigungsverfahrens () wurde die Vollstreckung ausgesetzt.

Mit Schreiben vom teilte die österreichische Steuerverwaltung der NRB mit, dass ein Verständigungsverfahren auf der Grundlage von Artikel 25 des DBA zwischen Bulgarien und Österreich eingeleitet worden sei, in dem darauf hingewiesen wurde, dass das Verfahren aufgrund einer von ***Bf1*** eingereichten Beschwerde eingeleitet worden sei.

In Anbetracht dessen bin ich der Ansicht, dass auf Antrag des Steuerpflichtigen im Rahmen des Verfahrens der gegenseitigen Beitreibungshilfe nach Kapitel 27a des TSSPC ein Vollstreckungsaufschub in Österreich gewährt worden ist und so bei der Berechnung der Verjährungsfrist für die Beitreibung der Artikel 171 Absatz 2 TSSPC anzuwenden ist.

Die Bestimmung schließt die Anwendung der absoluten Verjährung von 10 Jahren aus, wenn das Beitreibungsverfahren auf Antrag des Steuerschuldner ausgesetzt wird. In Anbetracht auf Art. 269t des TSSPC (tax and Social Security Procedure Code) sollten die von der österr. Steuerbehörde ergriffenen Beitreibungsmaßnahmen bei der Berechnung der Verjährungsfirst den bulgarischen Rechtsvorschriften entsprechen.

Die Schulden der ***Bf1*** wurden mit dem Steuerveranlagungsbescheid Nr. ***1***/ für den Zeitraum bis zum gem. Art. 195 CITA für fällige Steuern festgesetzt. Da die Verbindlichkeiten nach den Festellungen der Steuerveranlagung bis zum erklärungs- und zahlungspflichtig sind, beginnt die Verjährungsfrist für die Beitreibung mit . Gem. Art. 172 Abs. 2 TSSPC, wird durch die Ausstellung des Steuerbescheids die Verjährungsfrist unterbrochen, und durch die Unterbrechung wird eine neue Verjährungsfrist von fünf Jahren eingeführt.

Der Steuerbescheid wurde mit dem Beschluss Nr. 10506 / des Obersten Verwaltungsgerichts angefochten und bestätigt. Die Verjährungsfrist wurde für die Dauer der Beschwerde ausgesetzt.

Die Verjährungsfrist stellt eine Sanktion für den Gläubiger dar, der nicht gehandelt hat und daher nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht in der Lage ist, seine Forderung zurückzufordern.

In solchen Fällen, in denen die Aussetzung der Vollstreckung auf Ersuchen des Schuldner erfolgt, ist es nicht gerechtfertigt, der Behörde das Recht zu entziehen, die Forderung zurückzufordern.

Folgedessen läuft die Zehnjahresfrist nach Wegfall des Aussetzungsgrundes für den Rest weiter, der zum Zeitpunkt der Aussetzung noch nicht abgelaufen ist.

Das Verfahren zur Aussetzung der Vollstreckung wurde am eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt wurde Bulgarien über das im Rahmen des DBA zw. BG und AT eingeleitete Verständigungsverfahren unterrichtet. Das Verständigungsverfahren endete am , als Bulgarien mit Schreiben an Österreich bestätige, dass das Verfahren als abgeschlossen betrachtet werden kann obwohl keine Einigung erzielt wurde.

Am waren 4 Jahre, 8 Monate und 21 Tage der gesamten zehnjährigen Verjährungsfrist abgelaufen. Für die Dauer der Aussetzung der Vollstreckung auf Antrag der haftenden Person für den Zeitraum bis ist die absolute Verjährung ausgesetzt. Das Verfahren wird am wiederaufgenommen, der Rest der Verjährung ist somit 5 Jahre, 3 Monate und 9 Tage also ist die Verjährung am ."

Am teilte die ersuchende Behörde mit:

"Gemäß den Bestimmungen des Art. 269u. Abs. 1 in Bezug auf Art. 171 Abs. 2 TSSPC wird während der Zeiträume der Aussetzung der Vollstreckung auf Initiative des Schuldners (d.h. während der Streitigkeit in Österreich) auch die Verjährung gehemmt. Für diese Zeiträume gibt es eine Aussetzung der Vollstreckung auf Antrag des Schuldners. Der letzte Tag der Verjährungsfrist ist daher nicht der , sondern wird mit Aussetzungs-bzw. Berufungsfristen verlängert."

Zur Überprüfung und Beurteilung des Verjährungseinwandes der Beschwerdeführerin war aufgrund der zitierten Normen weder die belangte Behörde noch das Bundesfinanzgericht berechtigt. Es wurden weder aufhebende Tatsachen (z.B. Entrichtung oder Löschung) noch hemmende Tatsachen (z.B. Zahlungserleichterungen, Aussetzung der Einhebung) eingewendet.

Hinsichtlich der schriftlich vorgebrachten sowie durch Vorbringen in der mündlichen Verhandlung (Vorlage eines Urteils in einem Zivilverfahren in Bulgarien) ergänzten Einwendungen ist ausschließlich die Titelbehörde entscheidungsbefugt. Allfällige Bedenken dahingehend, dass die bulgarische Gesetzgebung in dieser Rechtssache eu-rechtswidrig sei, oder die ersuchende Stelle bulgarische Gesetze unrichtig angewendet habe, wären im ersuchenden Land geltend zu machen. Dazu wurde ja auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass man sich in Sachen "Verjährung" bereits vor Jahren an die ersuchende Stelle gewandt habe, aber deren Entscheidung ausstehe.

Es war daher spruchgemäß die Beschwerde abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw folgt die Entscheidung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 12 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 12 Abs. 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 14 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
§ 12 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 10 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
§ 16 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
§ 1 Abs. 5 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102855.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at