Aufschiebende Wirkung – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.05.2021, AW/7100007/2021

Keine Aufschiebende Wirkung einer a.o. Revision wenn Liegenschaftsvermögen und Kapitalvermögen vorhanden ist.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Revisionssache ***3***, vertreten durch ***1***, über den Antrag der Revisionswerberin vom , der Revision vom gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ RV/7100510/2013, betreffend Erbschaftssteuer erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 30a Abs. 3 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 2 Z 1 VwGG) oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 2 VfGG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100510/2013, wurde die Bescheidbeschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Erbschaftssteuer abgewiesen.

Mit Beschluss vom , ***2***, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abgetreten. Damit hat sich auch ein Abspruch über den Antrag erübrigt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit der außerordentlichen Revision vom beantragte die Revisionswerberin der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und brachte hierzu vor, die Revisionswerberin sei Pensionistin. Sie beziehe eine Rente in Höhe von rund € 300 pro Monat. Sie verfüge über keine nennenswerten liquiden Mittel. Die aus dem angefochtenen Erkenntnis resultierende Zahlungspflicht samt Zinsen ergebe eine exekutierbare Abgabenforderung in Höhe von € 161.500. Aufgrund der Lage und regelmäßigen Betroffenheit von Hochwässern seien die betroffenen bzw. verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht verwertbar. Auch aus rechtlichen Gründen sei eine Verwertung nicht möglich. Der Wert der Grundstücke reiche nicht aus, um die anfallende Erbschaftssteuer zu decken. Bereits der Erblasser habe über mehr als 10 Jahre hinweg erfolglos versucht, die Grundstücke zu veräußern. Die Grundstücke verursachten der Revisionswerberin laufend erhebliche Kosten (Abgaben- und Vorhaltekosten von rund € 10.000 jährlich sowie 500-800 Arbeitsstunden jährlich zur Wartung und Pflege). Sie habe aus den Grundstücken keinerlei Nutzen ziehen können. Auch ihr Wohnbedürfnis habe sie durch die desolaten Bauwerke auf den Grundstücken nicht decken können. Die Aufnahme eines Kredites sei aufgrund der grundbücherlichen Belastung der Grundstücke mit einem Eigentumsvorbehalt des Finanzamtes und des Alters der Revisionswerberin nicht möglich.

Für die Revisionswerberin wäre die Vollstreckung des angefochtenen Erkenntnisses mit schweren, nicht wieder gut zu machenden Vermögensnachteilen verbunden. Die betroffenen Interessen der Revisionswerberin würden jedenfalls schwerer wiegen als allfällige entgegenstehende öffentliche Interessen.

Dazu ist folgendes zu sagen:

Der Gesetzgeber sieht in § 30 Abs. 1 VwGG vor, dass der Revision grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Von diesem Grundsatz trifft § 30 Abs. 2 VwGG eine Ausnahme. Demzufolge ist die aufschiebende Wirkung dann zuzuerkennen, wenn

a) dieser keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen und

b) nach Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug der angefochtenen Entscheidung oder mit der Ausübung der mit der Entscheidung eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Beide Voraussetzungen müssen zusammen vorliegen. Der Revisionswerber muss bereits im Antrag den unverhältnismäßigen Nachteil behaupten und durch konkrete Angaben erhärten (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 1378). Der Nachteil, der dem Revisionswerber droht, muss unverhältnismäßig und schon während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu erwarten sein (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger a. a. O. Rz 1380 in /2015).

Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , VwSlg. 10.381/A) und des Bundesfinanzgerichtes schon im Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. z.B. /2019 und die dort beispielhaft zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ; ; und ).

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich ein unverhältnismäßiger Nachteil ergibt. Dies erfordert eine nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Situation (Einkommens- und Vermögensverhältnisse), denn nur eine in diesem Sinne erfolgte ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. für viele in /2015).

Der Revisionswerber hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Begründungen von Aufschiebungsanträgen, die die Beurteilung solcher Relationen nicht gestatten, wie Wendungen, dass der Antragsteller "derzeit mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen habe und die Zahlung eines bestimmten Betrages für ihn eine große finanzielle Härte bedeute", oder Wendungen wie "der Vollzug würde eine Existenzgefährdung bedeuten", "an den Rand der Insolvenz führen", durch ihn "träte eine Beeinträchtigung des bisherigen Lebensstandards ein", mit ihm seien "nachhaltige wirtschaftliche Nachteile verbunden", er bedeute eine "erhebliche Einbuße", "eine erhebliche Belastung" und ähnliche Wendungen erfüllen das dargelegte Konkretisierungsgebot nicht (vgl. für viele in /2015).

Nur durch die glaubhafte Darstellung konkreter - möglichst zahlenmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wird das Gericht überhaupt in die Lage versetzt zu beurteilen, ob der Vollzug der angefochtenen Entscheidung für den Antragsteller einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhalts unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. ; ; ; ; oder in /2015 ).

Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessensabwägung (vgl. zB ).

Der Vertreter der Bf. hat hiezu allgemein gehalten ausgeführt, für die Revisionswerberin wäre die Vollstreckung des Erkenntnisses "mit schweren, nicht wieder gut zu machenden Vermögensnachteilen verbunden".

Die Bf. hat zur Untermauerung ihrer Angaben die Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt über die Leistungshöhe zum im Ausmaß von 292,35 € übermittelt. Weiters die Steuerberechnung für das Jahr 2018 mit einem Einkommen von 34.558,52 €, worin neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 3.179,44 € auch Einkünfte aus Kapitalvermögen im Ausmaß von 32.958,69 € erklärt werden. Von einer Existenzbedrohung kann demnach nicht ausgegangen werden. Die Erbschaftssteuer selbst war eine Folge des Vermögensanfalles an die Erbin. Die damit einhergehende Problematik war der Erbin nach ihren Einwendungen seit über zehn Jahren bekannt.

Der Gesetzgeber verfolgte mit dem damals gültigen Erbschaftssteuergesetz das Ziel, den durch Erbfall anfallenden Vermögenszuwachs jeweils gemäß seinem Wert zu erfassen und die daraus resultierende Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (die durch Erbfall vermittelte Bereicherung) des Erwerbers - wenn auch in unterschiedlichen Steuersätzen nach Maßgabe des Verwandtschaftsgrades und dem Wert des Erwerbs - zu besteuern.

Die Festsetzung der Erbschaftssteuer stellt sich als Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar, die alle vom allgemeinen Anwendungsbereich erfassten Abgabepflichtigen und damit alle konkret Betroffenen in gleicher Weise berührt und somit nach ständige Rechtsprechung und Lehre (vgl. Zl. 89/14/136) nicht geeignet ist, als Begründung für das Bestehen einer Unbilligkeit der Einhebung nach der Lage des Einzelfalles zu dienen (, zur Nachsicht der Erbschaftssteuer).

Das Gleiche gilt für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

Wenn der Vertreter der Revisionswerberin nun ausführt, sie verfüge über "keine nennenswerten liquiden Mittel", so ist dies zu unbestimmt für eine Einschätzung der wirtschaftlichen Lage, ist doch Kapitalvermögen sowie Grundvermögen vorhanden.

Der Vertreter der Revisionswerberin behauptet zwar das Vorliegen eines unverhältnismäßigen Nachteils, jedoch ist ein Nachteil, der im Falle des Prozesserfolges vor dem Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres in Geld ausgeglichen werden kann, - vor dem Hintergrund der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, die einstweilige Vollstreckung von Erkenntnissen während des Revisionsverfahrens grundsätzlich zuzulassen - nicht unverhältnismäßig.

Der Umstand, dass dem Revisionswerber eine allfällige Zahlung der Abgaben unter Zuhilfenahme von Fremdkapital möglich wäre, steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung selbst dann entgegen, wenn für die Kreditzinsen kein Ersatz oder nur ein unzureichender Ersatz zu erlangen wäre (). Dass diese Möglichkeit nicht besteht wurde zwar behauptet aber nicht untermauert.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kommt nur zur Abwendung eines unverhältnismäßigen Nachteils in Betracht. Ein Nachteil, der im Falle des Prozesserfolges vor dem Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres in Geldausgeglichen werden kann, ist - vor dem Hintergrund der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, die einstweilige Vollstreckung von Erkenntnissen während des Revisionsverfahrensgrundsätzlich zuzulassen - nicht unverhältnismäßig (vgl. ).

Dem Antrag, der außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, kann nach Abwägung aller Umstände nicht stattgegeben werden.

Rechtsbelehrung und Hinweise

Gegen Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 3 VwGG ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 2 Z 1 VwGG) oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 2 VfGG) nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß § 30 Abs. 2 VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 30 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:AW.7100007.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at