Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2021, RV/4100027/2018

Kein Vertreterpauschale für eine in einer Gesundheitsfirma, auch im Außendienst, tätige Angestellte

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100027/2018-RS1
Weist die auch im Außendienst in einer Gesundheitsfirma angestellte Beschwerdeführerin mit einem breit gefächerten Aufgabengebiet nicht nach, dass sie mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Außendienst mit Vertretertätigkeit verbrachte, kann ihr das Vertreterpauschale nicht gewährt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinI. in der Beschwerdesache Bf., ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 und 2015 (***1***) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im folgenden Bf.) ist bei der Dienstgeberin (in weiterer Folge "Dienstgeberin") angestellt. Die Dienstgeberin vermittelt Pflegepersonal.

Im Beschwerdezeitraum 2014 und 2015 bezog die Bf. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Eine Provisionsvereinbarung bestand nicht. Die Dienstgeberin stellte der Bf. die Arbeitsmittel zur Verfügung. Dienstort der Bf. war in Ort 1 ("Ort 1").

Laut vorgelegtem Dienstvertrag, Pkt. 4, "Vorgesehene Verwendung", wird "der Arbeitnehmer für folgende Tätigkeiten als Angestellter aufgenommen:

Qualitätssichernde Maßnahmen im Betreuungs-bzw. Pflegebereich, Kundenbesuche sowie die Neukundengewinnung und Betreuung sowie Vertragserstellung (inkl. aller Nebentätigkeiten)".

Die Dienstgeberin hielt in ihrer Bestätigung fest, dass die Bf. in der Zeit vom bis laufend ausschließlich als Außendienstmitarbeiterin überwiegend im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung für das Unternehmen tätig ist.

Die "Aufgaben persönlich Bf." sind folgende:

  • "Angebote erstellen, Erstkundengespräche, Neukundengewinnung und Vertragserstellung mit Abschluss,

  • regelmäßige Kundenberatung und Kundenbesuche mindestens einmal /Monat in Gebiete aufgeteilt, wobei das Aufgabengebiet der Bf. Ort 1, Ort 2 bis Ort 3 und Ort 4 umfasst,

  • Kontakt mit Angehörigen halten (telefonisch und persönlich),

  • Personalbetreuung (Personalbetreuerin-Beratung, Hilfestellung),

  • Qualitätsmanagement sowie Vertragserstellung und Einholung notwendiger Dokumente im Außendienst,

  • Pflegerinnen aussuchen auch vor Ort in Rumänien und der Slowakei, Kontakte schließen,

  • Verantwortung für die Informationsweiterleitung an vor- und nachgeordnete Stellen, welche diese Stellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (Agenturen, BackOffice),

  • bestehende Kontakte pflegen (PGS, KH, Pflegemessen),

  • Abhalten und Auswerten von regelmäßigen Besprechungen (Außendienst - nach Bedarf) - 1x pro Monat für das gesamte Team,

  • Telefondienst im abwechselnden Rhythmus,

  • Erstellen der im Berichtswesen festgelegten Berichte (Befund Personenbetreuung FC 1058),

  • Erstellen von Pflegestandards nach Bedarf,

  • Beachtung des ISO und OHSAS Standards und Vorgaben in allen Aufgaben,

  • Rechnungen überprüfen,

  • Verkaufsleitung - Vorbereitung Kundenakquisation, Akquisition von Kunden sowie deren Bearbeitung

  • Marketing Kontakte knüpfen von noch nicht bestehenden Märkten (Sozialdienste, KH, Ärzte, Apotheken …),

  • Erstellen und Verfolgung von Angeboten,

  • Ansprechperson für diverse Marketingkontakte".

Für 2013 beantragte die Bf. eine Wiederaufnahme des Verfahrens. In ihrer ersten (ursprünglichen) Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 und 2015 hatte sie das Vertreterpauschale beantragt und veranlagte es das Finanzamt in den Erstbescheiden erklärungsgemäß.

Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, einen Aufwand für das beantragte und im Erstbescheid 2014 und 2015 gewährte Vertreterpauschale nachzuweisen.

Am verfügte das Finanzamt die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 gemäß § 299 (1) BAO und verwehrte in den "neuen" Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 den Abzug des Vertreterpauschales.

In der gegen die letztgenannten Bescheide erhobenen Beschwerde gab die Bf. an, Aufwendungen für ihr privates Handy zu haben, das sie außerhalb der Dienstbereitschaft nutze. Als Qualitätsmanagerin müsse sie für ihren Bereitschaftsdienst erreichbar sein. Ihre Privatnummer sei firmenintern im Programm für die Kollegen hinterlegt, damit sie im Notfall jederzeit erreicht werde könne. Die beigelegten Rechnungen für das private Hany bezahle sie.

Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Die im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung erwachsenden Aufwendungen trage die Dienstgeberin. Die Bf. habe keine zusätzlichen Ausgaben oder Aufwendungen zu tragen gehabt. Von den privaten Handykosten ließ es 30% zum Abzug zu, die Kosten seien jedoch unter dem Werbungskostenpauschbetrag gelegen.

"Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 iVm § 1 Z 9 der Verordnung über Durchschnittssätze für Werbungskosten steht das so genannte Vertreterpauschale nur jenen Arbeitnehmern zu, die ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit imInnendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Die Verordnung enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind.

Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit. Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit ist die Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen.

Im Dienstvertrag unter Pkt. 4 ist die Tätigkeit der Bf. beschrieben. Diese umfasst zwar auch die Neukundengewinnung, aber auch qualitätssichernde Maßnahmen im Betreuungs- bzw. Pflegebereich inklusiver aller Nebentätigkeiten. Aus der Auflistung "Aufgaben persönlich Bf." ergibt sich eine Fülle von Tätigkeiten, die einerseits das Qualitätsmanagement betreffen, aber auch die Organisation der Dienstgeberin, sowie die Personalschulungen, Vertretung auf Pflegemessen usw. Wenn auch die Bf. den Anschein erwecken lässt, überwiegend im Außendienst tätig zu sein, übt sie keine Vertretertätigkeit aus, sondern sie erfüllt organisatorische Maßnahmen ua. auch im Außendienst. Dies ergibt sich auch aus dem Arbeitsvertrag, in dem auf den anzuwendenden Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung, in Information und Consulting zur Anwendung zu bringen ist. Aus dem Arbeitsvertrag ist auch keine Außendiensttätigkeit zu entnehmen. Es handelt sich um organisatorisch wahrzunehmende Aufgaben, wie Kundenbesuche, Schulungen, Anwerben von Personal in Rumänien, aber nicht um Vertretertätigkeit."

Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein. Alle Kriterien für die Vertretertätigkeit seien erfüllt.

Das Vorhalteverfahren beim BFG (Vorhalt vom , Vorhaltsbeantwortung vom ) hat ergeben:

  • Die Bf. war vollzeitbeshäftigt.

  • Sie nahm keine zeitliche Zuordnung zu den eine Vielzahl von Agenden umfassenden Aufgabengebieten laut "Aufgaben persönlich Bf." vor.

  • Sie leistete der Aufforderung, Unterlagen vorzulegen, aus denen detailliert und nachvollziehbar hervorgehe, welche Zeiten sie an ihren Arbeitstagen des Jahre 2014 und 2015 im Innendienst bzw. im Außendienst tätig gewesen sei und welche dieser Zeiten der Kundenanbahnung und dem Abschluss von Verträgen dienten, sowie die jeweiligen (potentiellen) Kunden anzuführen, keine Folge; sie verwies auf Pkt. 4 des Dienstvertrages und ihre Außendiensttätigkeit sowie auf die beigelegten Stundenbestätigungen für 10-12/2015:


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Zeitraum
IST-Stunden
SOLL- Stunden
+/--Stunden
Stunden Diäten
10/2015
170,0 0
160,50
56,57
79,00
11/2015
172,00
162,00
50,75
98,00
12/2015
135,00
157,00
20,75
81,00

  • In den vorgelegten Stundenaufstellungen waren diverse Orte angeführt, nicht aber der Zweck der Reise.

  • Namen von Kunden könne sie aufgrund der DSGVO nicht nennen.

  • Sprechstunden im Büro seien "ganz gering" gewesen, wenn es der Kunde ausdrücklich verlangt habe. Es sei wichtig, den zu Betreuenden und die örtlichen Gegebenheiten kennen zu lernen.

  • Die Anzahl der 2014 und 2015 von der Bf. gefertigten Angebote und abgeschlossenen Verträge gab sie nicht bekannt, sondern nur die Zahl der betreuten Personen (80-110).

  • Welche konkreten Aufgaben die Qualitätssicherung umfasste und welches zeitliche Ausmaß diese einnahmen, hat die Bf. nicht dargetan; sie verwies auf die Aufstellung "Aufgaben persönlich Bf.".

  • Als "Auslöse" sind laut vorgelegten Gehaltsabrechnungen € 334,40 (152 x € 2,20 für 12/2014), € 165,00 (75 x € 2,20 für 10/2015), € 226,44 (102 x € 2,22 für 11/2015) und € 178,20 (81 x € 2,20 für 12/2015) ausgewiesen. Das "Überstundenpauschale" betrug € 451,20 (12/2014) bzw. je € 454,00 (10-12/2015).

  • Die Bf. hat die 24-Strunden-Telefondienste im abwechselnden Rhythmus mit zwei Stunden pro Bereitschaftswoche entlohnt bekommen, siehe Stundenbestätigung. Wenn ein Problem entstehe, müsse sie zum Kunden fahren und nach Lösungen suchen. Wenn sie Telefondienst hat, sei sie 24 Stunden über das Diensthandy erreichbar. Sonst sei das Diensthandy umgeleitet gewesen.

  • Die private Handynummer ist im internen Programm der Dienstgeberin hinterlegt (beigelegter Auszug der Dienstgeberin).

  • Als nicht durch die Dienstgeberin gedeckte Werbungskosten nennt die Bf. Kosten für ihr privates Handy. Zur Aufforderung, Nachweise für ihre Behauptung vorzulegen, auch außerhalb der Dienstzeiten bzw. Zeiten der Telefon-Bereitschaft (als Qualitätsmanagerin) privat angerufen worden zu sein, nannte sie keine Namen von Kunden, bei welchen es eine Kontaktaufnahme am privaten Handy außerhalb der Dienstzeiten gegeben hätte; sie berief sich auf die DSGVO. Sie führte aber auch keine anonymisierten, dennoch nachvollziehbaren Situationen an bestimmten Tagen an, an denen sie 2014 und 2015 ihr privates Handy verwendet hätte und welche Kosten ihr hiefür erwachsen seien.

  • Gefragt, ob die Bf. auch für ihre Dienstgeberin im Urlaub erreichbar zu sein hatte, und - wenn nicht - wer dafür zuständig gewesen sei, teilte sie mit, dass sie für Notfälle für Dienstgeberin und die Mitarbeiter unter ihrer privaten Handynummer erreichbar sei.

  • Auf der Internetseite der Dienstgeberin (Abfragedatum ) ist u. a. festgehalten:
    […]

    Die Bf. ist mit Namen und Bild als für das "Qualitätsmanagement" zuständig angeführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Inhalt des Dienstvertrages steht außer Streit.

Es liegen keine konkreten Angaben oder Unterlagen vor, aus denen der zeitliche Aufwand für die in der Aufstellung "Aufgaben persönlich Bf." festgehaltenen jeweiligen Aufgaben hervorgeht. Die Anzahl der von der Bf. gelegten Angebote und der von ihr getätigten Abschlüsse für 2014 bis 2015 hat sie nicht bekannt gegeben.

Die Bf. brachte Reisekostenabrechnungen für den Zeitraum 10-12/2015 bei, nicht jedoch für 2014 und die übrigen Monate des Jahres 2015.

Nachweise, aus denen hervorgeht, welchen Anteil ihrer Arbeitszeit in den Jahren 2014 und 2015 die Bf. im Außendienst bzw. dort zur Kundenakquirierung verbrachte, liegen dem BFG nicht vor. Die Stundenbestätigungen für 10-12/2015 enthalten zwar Ortsangaben, jedoch keine Angaben zum Zweck der jeweiligen Reise.

Die Bf. machte keine konkreten Angaben zu ihrer Behauptung, dass bzw. wann/in welchen Fällen sie das private Handy tatsächlich beruflich verwendete .

Beweiswürdigung

Der vom BFG angenommene Sachverhalt fußt auf den Ergebnissen des mit der Bf. geführten Schriftwechsels und den vorgelegten Unterlagen.

Rechtliche Beurteilung

Vertreterpauschale

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Gemäß § 1 Z. 9 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten, BGBl. Nr. II Nr. 382/2001, werden den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 Werbungskosten in Höhe von 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens € 2.190 jährlich auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Wie im Erkenntnis des Ro 2019/13/0024, festgehalten, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des Vertreters auf die Verkehrsauffassung abzustellen. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. zuletzt , mwN). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (z.B. Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit; vgl. , mwN). Auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört zur Vertretertätigkeit. Hiezu zählen etwa Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen oder Entgegennahme von Waren (vgl. 2885 und 2994/80). Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales allerdings nicht entgegen (vgl. , VwSlg 8732 F/2012; , 2012/15/0125, mwN).

Für die Anwendbarkeit der Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001 für die Zuerkennung des Vertreterpauschales ist nicht die Berufsgruppe maßgeblich, der der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen angehört. Entscheidend ist, dass die vom Steuerpflichtigen ausgeübte Tätigkeit dem Tätigkeitsbild der in der Verordnung genannten Berufsgruppe entspricht.

Was den von der Bf. ins Treffen geführten Datenschutz anlangt, so entbinden Verschwiegenheitspflichten nicht von Aufschreibungspflichten. Die Bücher und Aufzeichnungen sind vielmehr so zu führen, und die Belege sind so zu gestalten, dass eine Einsicht durch die Abgabenbehörde ohne Verletzung der Verschwiegenheitspflicht erfolgen kann (vgl z. B. betreffend Geheimhaltungspflicht von Ärzten BMF, SWK 1986, A V 8; , wonach es Aufgabe des Arztes ist, durch gesteigerte Mitwirkung im Verfahren, aber auch schon bei Führung seiner Aufzeichnungen und Gestaltung seiner Belege, das Defizit amtswegiger Erhebungsmöglichkeiten der Behörde im Rahmen des Zumutbaren auszugleichen) [vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl.- 2017, Rz. 23 zu § 171 BAO].

Nach den Ergebnissen des im Beschwerdeverfahren geführten Ermittlungsverfahrens steht außer Streit, dass die Gewinnung von Kunden sehr wohl zu dem sehr breit gefächerten Aufgabengebiet der Bf. gehörte und sie im Außendienst tätig war. Das BFG konnte aber mangels näherer Angaben zum zeitlichen Ausmaß ihres vielfältigen Aufgabengebietes nicht zur Auffassung gelangen, dass die Bf. "ausschließlich" Vertretertätigkeit ausübte. Die Bf. hat - ohne in diesem Fall eine Verschwiegenheitspflicht zu verletzen - nicht einmal die Anzahl der von ihr im Beschwerdezeitraum abgeschlossenen Verträge bekannt gegeben. Gerade die nicht der Vertretertätigkeit zugehörige Qualitätssicherung wird einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit in Anspruch genommen haben. Weiters hatte sie auch Telefondienst zu machen, hat sich aber über das zeitliche Ausmaß sehr bedeckt gehalten.

Die nur für drei Monate des Jahres 2015 vorgelegten Unterlagen betreffend die Tätigkeit im Innen- und Außendienst lassen das BFG auch nicht zur Ansicht kommen, dass die Bf. im gesamten Beschwerdezeitraum mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst mit Vertretertätigkeit verbrachte. Mag zwar die Bf. (in einzelnen Monaten) mehr als die Hälfte der Monatsarbeitszeit im Außendienst verbracht haben, so fehlen zudem bei ihrem breit gefächertem Aufgabengebiet Anhaltspunkt dafür, welche dieser Zeiten dem Bereich der "Vertretertätigkeit" zuzurechnen sind. Selbst wenn man die zur Vertretertätigkeit gehörigen Innendienstagenden miteinbezieht, vermag das BFG mangels konkreter (zeitlicher) Angaben der Bf. nicht zur Auffassung gelangen, dass sie - selbst unter Einbeziehung der zur Außendienst gehörigen Innendienst-Agenden - "ausschließlich" Vertretertätigkeit erbrachte.

Es fehlt somit an der "ausschließlichen" Vertretertätigkeit und dem Nachweis, dass die Vertretertätigkeit zu mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst erfolgte. Der Bf. steht das Vertreterpauschale für 2014 und 2015 folglich nicht zu. Was die ins Treffen geführten datenschutzrechtlichen Beschränkungen anlangt, so war die Bf. von der Nachweisführung nicht entbunden, hätte sie jedoch, z. B. statt Namen Nummern verwenden oder Anonymisierungen nach der von ihr bevorzugten Art wählen können, um ihrer Mitwirkung ohne Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht Folge leisten zu können. Dies hat sie jedoch nicht getan.

Was die Bestätigung der Dienstgeberin anlangt, so ist diese bloß allgemein gehalten. Sie entbindet die Bf. jedoch nicht, konkrete und nachvollziehbare Angaben zu dem von der Behörde zu erforschenden Sachverhalt zu machen und - soweit möglich, allenfalls auch anonymisiert - Unterlagen vorzulegen.

Es erübrigt sich ein weitees Eingehen auf die Frage, ob für die grundsätzliche Anwendbarkeit der Verordnung auch der Nachweis der Tragung von als Werbungskosten abzugsfähigen Aufwendungen gegeben sein musste. Diesbezüglich vertritt das BFG die Ansicht, dass die Bf. den Nachweis für die behaupteten dienstlichen Telefonate am privaten Handy und die ihr daraus erwachsenen Kosten nicht nachgewiesen hat. Den Ausführungen im o. a. Erkenntnis des VwGH folgend, hätte die Bf. - um die ihr obliegenden Verschwiegenheitspflichten zu wahren - nicht Namen nennen müssen, sondern auf andere geeignete Art ohne eine solche Verletzung ihre Behauptungen zu untermauern gehabt. Zumal hier nicht einmal die vom Finanzamt gewährten 30% der Telefonkosten als Werbungskosten nachgewiesen sind, erübrigt sich dennoch eine Änderung, weil ohnehin das diese Telefonkosten übersteigende Werbungskostenpauschale zum Tragen kommt.

Nach all dem Gesagten konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.

Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall bewegten sich die zu klärenden Fragen auf der Sachverhaltsebene. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100027.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at