Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2021, RV/2101771/2016

Weder Nachweis noch Glaubhaftmachung von Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Franz Norbert Magerl, Pestalozzistraße 32, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Steuernummer , zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte in der elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 Werbungskosten und Sonderausgaben. Sie bezog nichtselbständige Einkünfte bei zwei Arbeitgebern und gab als Berufsbezeichnung "Erziehungshelferin" an. Als Werbungskosten wurden beantragt:


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Gewerkschaftsbeiträge, etc.
196,50 €
Fachliteratur
350,55 €
Aus-/Fortbildungs-/Umschulungskosten
331,18 €
sonstige Werbungskosten
240,00 €

Im Zuge eines Vorhaltsverfahrens vor dem Finanzamt legte die Beschwerdeführerin eine Aufstellung und Belegkopien über die beantragten Ausgaben vor, wobei sie bei den Telefonkosten von 240 € "Abstimmung Ki.Ga. (Schätzung) Wertk. (20 € p.M.)" angab.

Im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 vom wurden Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 681,73 € (die beantragten Fortbildungkosten und die Aufwendungen für Fachliteratur) und sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag iHv 196,50 € (die beantragten Gewerkschaftsbeiträge) sowie Sonderausgaben berücksichtigt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Aufwendungen entsprechend der vorgelegten Unterlagen berücksichtigt worden seien.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht die Beschwerde erhoben. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Veranlagung von den erklärten Werbungskosten und Sonderausgaben abweiche, eine detaillierte Begründung welche Positionen als nicht (zumindest glaubhaft) anerkannt wurden, sei nicht ersichtlich.

In einem weiteren Vorhaltsverfahren wurden die Honorarnoten und Einzahlungsbelege für die Steuerberatungskosten übermittelt. Zu den beantragten Telefonkosten wurde erläutert, dass die Beschwerdeführerin als Erzieherin in zwei Kindergärten tätig sei, die in verschiedenen Orten liegen würden. Darüber hinaus seien auch teilweise verhaltensauffällige Kinder zu betreuen und es bestehe ein erhöhtes Rückfrageerfordernis zu den Erziehungsberechtigten, auch im Rahmen der Ankunft und Abholung der Kinder. Daher seien im Schätzungswege Telefonkosten von 240 € angesetzt worden, vertrauend auf die Bestimmungen der BAO hinsichtlich der Glaubhaftmachung. Bezüglich der Spenden wird der Beschwerdeantrag zurückgezogen, da die Beschwerdeführerin dies mit dem Jahr 2015 verwechselt habe und für 2014 keinen Nachweis führen könne.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Steuerberatungskosten in der beantragten Höhe von 516 € berücksichtigt. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Aufwendungen für Spenden von 240 € laut Vorhaltsbeantwortung und die Aufwendungen für Telefon mangels belegmäßigen Nachweis nicht berücksichtigt werden.

Daraufhin stellte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der ergänzenden Begründung, dass der geschätzte Aufwand der Telefonkosten als Werbungskosten "mangels belegmäßigem Nachweis" nicht berücksichtigt worden sei, über eine Anwendung bzw. Zumutbarkeit eines belegmäßigen Nachweises gemäß § 138 (1) BAO sei keine Aussage getroffen worden. Im Anschluss wurde das Vorbringen aus dem Vorhaltsverfahren wiederholt.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes von wurde auszugsweise ausgeführt:
"Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerdeführerin mit Ergänzungsersuchen vom und zur detaillierten Nachweisführung hinsichtlich des Vorliegens der nun strittigen Werbungskosten "Telefonkosten" aufgefordert. Den Aufforderungen die Telefonkosten belegmäßig bzw. durch geeignete Beweismittel nachzuweisen, kam die Beschwerdeführerin nicht nach, obwohl sie es in der Hand gehabt hätte, den tatsächlich angefallenen beruflichen Telefonaufwand anhand von Einzelgesprächsnachweisen und/oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Rechnungen annähernd nachzuweisen.
Zwar genügt nach § 138 Abs. 1 BAO die Glaubhaftmachung wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Beweis nicht zumutbar ist, doch setzt auch diese nach Ansicht des Finanzamtes ein gewisses Substrat an Nachvollziehbarkeit der geltend gemachten Werbungskosten voraus. Von Seiten der Beschwerdeführerin wurden zum strittigen Punkt bisher jedoch überhaupt keine Unterlagen vorgelegt, sondern lediglich eine Zahl als pauschale Schätzung mitgeteilt, sodass es dem Finanzamt nicht einmal ansatzweise möglich war die Höhe der beantragten Werbungskosten zu überprüfen oder nachzuvollziehen bzw. konnte das Finanzamt auch nicht feststellen, ob tatsächlich ein (Mobil)Telefon beruflich genutzt wurde
."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Nach § 161 BAO hat die Abgabenbehörde die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag). Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.

Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (). Der Steuerpflichtige muss die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen (bei nichtselbständigen Einkünften insbesondere im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nach § 41 EStG) aber über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen oder wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl. ).

Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand (zB ; , 2006/15/0125) und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (; ; ). Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich ().

Die Glaubhaftmachung setzt die schlüssige Behauptung der maßgeblichen Umstände durch den Abgabepflichtigen voraus ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; ; ; , vgl. auch Ritz, BAO Kommentar6, § 167 Rz 8).

Im vorliegenden Fall wurden vom Finanzamt die als Werbungskosten beantragten, von der Beschwerdeführerin iHv 240 € geschätzten Telefonkosten steuerlich nicht berücksichtigt, da die Bf. weder Belege noch andere geeignete Unterlagen vorgelegt hat.

Das Beschwerdevorbringen, dass die Beschwerdeführerin als Erzieherin in zwei Kindergärten tätig sei, die in verschiedenen Orten liegen, teilweise verhaltensauffällige Kinder zu betreuen habe und ein erhöhtes Rückfrageerfordernis zu den Erziehungsberechtigten, auch im Rahmen der Ankunft und Abholung der Kinder, bestehe, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht geeignet, die berufliche Veranlassung der beantragten Telefonkosten (20 € pM mit Wertkarte) glaubhaft zu machen. Es entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass eine Erziehungshelferin im Kindergarten mit ihrem Privathandy die Eltern anruft. Aus dem Beschwerdevorbringen geht auch nicht hervor, weshalb wegen der Beschäftigung in zwei Kindergarteneinrichtungen in verschiedenen Orten beruflich Telefonkosten anfallen sollen. Vielmehr wäre es zumutbar Rechnungen für den Kauf der Wertkarten vorzulegen. Darüber hinaus erfolgte die Schätzung der Beschwerdeführerin für jeden Monat mit dem gleichen Betrag ohne auf Ferien, Urlaub, etc. Bedacht zu nehmen, was nicht wahrscheinlich erscheint.
Zur Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht äußerte sich die Beschwerdeführerin auch nicht. Aus diesen Gründen können die beantragten Telefonkosten nicht als Werbungskosten steuerlich Berücksichtigung finden.

Ausgehend von der Rechtsprechung des VwGH erweist sich auf Grund des vorliegenden Sachverhalts die Nichtanerkennung der von der Beschwerdeführerin geschätzten Telefonkosten durch das Finanzamt als nicht rechtswidrig.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur) bzw. der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at