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Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.05.2021, VH/7100010/2021

Verfahrenshilfe zur Einbringung einer ordentlichen Revision

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Verfahrenshilfesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verfahren wegen der Erhebung einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103009/2020, betreffend Einkommensteuer 2017 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Die Verfahrenshilfe wird bewilligt.

II. Dem Antragsteller wird vorläufig unentgeltlich eine Rechtsanwältin / ein Rechtsanwalt beigegeben.

III. Der Antragsteller wird einstweilig von der Entrichtung der Kommissionsgebühren und der Eingabengebühr gemäß § 24a VwGG befreit.

Begründung

Gemäß § 61 Abs. 1 VwGG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Revision und zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

Gemäß § 61 Abs. 2 VwGG haben in dem Fall, dass das Verwaltungsgericht ausgesprochen hat, dass die Revision zulässig ist, die Erfolgsaussichten bei der Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe außer Betracht zu bleiben.

Gemäß § 26 Abs. 3 VwGG beginnt die Revisionsfrist nur dann mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes als Vertreter an diesen zu laufen, wenn der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der Revisionsfrist eingebracht wurde. Der gegenständliche Antrag langte beim Bundesfinanzgericht am ein (Postaufgabe: ). Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103009/2020 wurde dem Verfahrenshilfewerber am zugestellt.

Gemäß § 63 Abs. 1 ZPO ist einer Partei Verfahrenshilfe so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

Der notwendige Unterhalt liegt dabei einerseits über dem Existenzminimum (dies wäre der notdürftige Unterhalt) und andererseits unter dem standesgemäßen Unterhalt. Der verbleibende Geldbetrag muss der Person eine ihre Bedürfnisse berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestatten (vgl. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze2 (2002), § 63 ZPO Rz 2). Der notwendige Unterhalt liegt über dem Existenzminimum, darf aber den standesgemäßen Unterhalt nicht erreichen (Klauser/Kodek, JN - ZPO18 § 63 ZPO E 26). Der notwendige Unterhalt muss zwischen dem in Statistiken mitgeteilten durchschnittlichen Monatseinkommen eines unselbstständig Erwerbstätigen und dem unpfändbaren Betrag bei einer Lohnpfändung liegen (Klauser/Kodek, JN - ZPO18 § 63 ZPO E 27).

Der Antragsteller hat im Vermögensbekenntnis vom angegeben, dass er ein monatliches Nettoeinkommen aus einer Berufsunfähigkeitspension in Höhe von € 1.448,-- beziehe, wobei die Pension 14 mal im Jahr ausbezahlt wird. Das Existenzminimum (unpfändbarer Betrag) bei einer Unterhaltspflicht für eine Person und einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen € 1.440,00 bis € 1.459,99 beträgt € 1.296,00 (laut Existenzminimum-Tabelle 1am [Stand: ] - https://www.bmj.gv.at/service/publikationen/Drittschuldnererkl%C3%A4rung.html). Im Zuge eines Ergänzungsverfahren hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er durchschnittliche monatliche Wohnkosten in Höhe von € 315,-- zu tragen habe.
Das von der Statistik Austria ermittelte arithmetische Mittel des Nettojahreseinkommens für 2019 (zuletzt verfügbare Daten) beträgt € 23.944 jährlich bzw € 1.995,33 monatlich. Geht man davon aus, dass der notwendige Unterhalt zwischen dem durchschnittlichen Monatseinkommen (€ 1.995,33) und dem Existenzminimum (€ 1.296) liegt, würde sich ein Betrag in Höhe von ca. € 1.645,50 ergeben.

Berücksichtigt man im gegenständlichen Fall, dass den eigenen Einkünften in Höhe von rund 1.448,-- Euro Unterhaltspflichten und Wohnkosten gegenüberstehen, ist davon auszugehen, dass die dem Antragstellerin zur Verfügung stehenden Mittel bei Tragung der Kosten des Revisionsverfahrens für eine einfache Lebensführung des Antragstellers und seiner Familie nicht mehr ausreichen.

Im Rahmen der Gewährung von Verfahrenshilfe ist auf Liegenschaftsvermögen des Verfahrenshilfewerbers Bedacht zu nehmen, insbesondere wenn dieses Erträgnisse abwirft oder abwerfen könnte. Die Belastung oder Veräußerung von Liegenschaftsvermögen kann aber nur dann gefordert werden, wenn dies im Einzelfall zumutbar ist (). Im Vermögensbekenntnis ist unter dem Punkt "Mein Vermögen" angeführt, dass der Antragsteller Eigentümer jener Liegenschaft ist, in der sich seine Wohnung befindet sowie Miteigentümer einer weiteren Liegenschaft ist. Für sämtliche Liegenschaften besteht ein grundbücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot.

Bei der Beurteilung, ob die Verfahrenskosten ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestritten werden können, ist auf die Einkommens- und Vermögenslage im Beurteilungszeitpunkt abzustellen.

Der Antragsteller hat die Verfahrenshilfe mit Beigebung eines Rechtsanwaltes (siehe Seite 2 des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) beantragt. Gemäß § 66 Abs 2 ZPO ist über den Antrag auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher stattzugeben.

HINWEIS

Gemäß § 61 Abs. 5 VwGG wird der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer unter Anschluss einer Kopie des Beschlusses benachrichtigt, damit dieser einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 61 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 63 Abs. 1 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
Verweise
§ 26 Abs. 3 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 63 Abs. 1 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
§ 66 Abs. 2 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
§ 61 Abs. 5 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 61 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 61 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:VH.7100010.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at