Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.03.2021, RV/2101008/2019

Sicherheitszuschläge bei fehlender Inventur und anderer materieller sowie formeller Mängel

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0043. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/2101008/2019-RS1
Das Fehlen von Inventuren und grobe Mängel der Kassengebarung sowie weitere formelle und materielle Mängel in der Buchführung berechtigen zur Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***1***, vertreten durch ***Stb***, über die Bescheidbeschwerden vom gegen die Bescheide des ***2*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Körperschaftsteuer 2013 - 2015, Umsatzsteuer 2013 - 2015 und Anspruchszinsen 2014 - 2015 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:


Die Beschwerden gegen die Körperschaftsteuerbescheide und Umsatzsteuerbescheide 2013-2014 sowie die Beschwerden gegen die Festsetzungen der Anspruchszinsen 2014 -2015 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Bescheide betreffend Körperschaftssteuer 2015 und Umsatzsteuer 2015 werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (=Bf.), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde am mit dem Geschäftszweig "Gastronomie" im Firmenbuch eingetragen.
Die Bf. betreibt ein asiatisches Restaurant.
Anlässlich einer Außenprüfung für die Jahre 2013 bis 2015 wurde auf Grund formeller und materieller Mängel im Rechenwerk der Bf. ein jährlicher Sicherheitszuschlag im Ausmaß von 15% des Umsatzes den Umsätzen und dem Gewinn hinzugeschätzt.
Neben gravierenden formellen, wie ua. fehlende Inventuren, konstatierte die Außenprüfung grobe Mängel der Kassengebarung, Barzuflüsse an den Gesellschaftergeschäftsführer, falsche Kassenstände sowie zum Teil einen ungeklärten Vermögenszuwachs des Gesellschaftergeschäftsführers (siehe Verrechnungskonto und die Anschaffung von Wohnungen).

Außerdem wurden die von der Bf. getragenen Aufwendungen für eine vom Geschäftsführer gemietete Wohnung im 1.Stock des Gebäudes, in dessen Erdgeschoss sich das von der Bf. geführte Restaurant befindet, um 70% als privat veranlasst gekürzt. Die ebenfalls von der Bf. getragenen Energiekosten wurden um 70% aufwandwirksam gekürzt.
Der Geschäftsführer bezahlte die Miete und ließ sich seine Kosten von der Bf. refundieren.
Die Energiekosten wurden unmittelbar von der Bf. bezahlt.

Zusätzlich gab es eine Reihe weiterer hier nicht strittiger Feststellungen (siehe formelle und materielle Mängel auf Grund stichprobenweiser Belegprüfung unter Punkt 3 a-c unten).

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung in den nunmehr mit Beschwerden angefochtenen Bescheiden vom .

In der gesondertenBegründung vom zu den elektronisch über FinanzOnline rechtzeitig am eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus:

Sicherheitszuschläge
Das Unternehmen der Bf. sei im Jahr 2007 gegründet worden. Das Lokal sei bis Mitte 2008 ausgebaut worden. Für die Anfangsinvestitionen habe der Vater des Geschäftsführers im Jahr 2007 einen Betrag von 120.000 Euro und im Jahr 2008 von 40.000 Euro als unverzinsliches Darlehen eingeräumt.
Die Darlehen seien über das Verrechnungskonto eingebucht worden, der Saldo auf diesem Konto sei bis zum Jahr 2014 unverändert geblieben.
Im Jahr 2014 habe der Geschäftsführer den Erlös aus einer Lebensversicherung zur Abdeckung eines Kredites bei der Volksbank in die GmbH eingelegt und sei dem Geschäftsführer auf dem Verrechnungskonto gutgeschrieben worden.
In den Jahren 2016 und 2017 habe das Darlehen des Vaters auf Grund der nun vorhandenen Liquidität fast gänzlich zurückgezahlt werden können.
Von dem zurückgezahlten Betrag habe der Vater dem Sohn am einen Betrag von 120.000 Euro geschenkt. Diese Schenkung sei beim Finanzamt unter der Nummer
68-400143/2017 am angezeigt worden.


Die von der Außenprüfung aufgezeigten Mängel der Buchhaltung betreffen vor allem das zum Prüfungszeitpunkt noch nicht abgestimmte und auch nicht erklärte Jahr 2016.
Die hinzugerechneten Beträge der Jahre 2014 und 2015 stünden schon von der Größenordnung in keinem Verhältnis zum Jahr 2016, wiewohl Letzteres in die Bemessung der Hinzuschätzungen für 2013 bis 2015 und folgende Jahre einbezogen worden sei.

Bezüglich der fehlenden Inventur, werde darauf verwiesen, dass nach der Typologie des Unternehmens der Lagerbestand gering sei, weshalb auf eine Inventur verzichtet werden könne.

Zum Kassastand verschweige die Prüferin, dass dieser sehr wohl durch das vorhandene Bargeld und die zwischenzeitig transferierten, aber noch nicht gebuchten Beträge auf Sparbüchern vorhanden gewesen seien.
Der Verweis der Außenprüfung auf den ungeklärt hohen Stand der auf dem Verrechnungskonto aufscheinenden Forderungen des Geschäftsführers könne nicht nachvollzogen werden.
Zwischen den Hinzuschätzungen und der Entwicklung des Verrechnungskontos bestehe kein kausaler Zusammenhang, wie dies die Außenprüfung vermeine.

Das Finanzamt habe hinsichtlich der Berechtigung zur Schätzung auch auf einen ungeklärten Geldzufluss in Höhe von 400.000 Euro für die Finanzierung von Wohnungen des Geschäftsführers gemeinsam mit dessen Ehefrau festgestellt.
Die Prüferin habe hier offensichtlich die Fremdfinanzierungskomponente trotz Vorlage der diesbezüglichen Kreditverträge außer Acht gelassen habe. Leider sei dies nicht die einzige Rechen- bzw. Plausibilitätspanne in diesem Verfahren.

Die Bf. beantrage die Abänderung der angefochtenen Bescheide dahingehend, dass die oben aufzeigten fehlerhaften Ausgabenkürzungen sowie die auf falscher Kausalität bzw. fehlerhafter Interpretation basierenden Hinzuschätzungen zurückgenommen werden und die Veranlagung entsprechend angepasst werde.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom bzw. wurdendie Beschwerden abgewiesen.
Die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2015 und Umsatzsteuer 2015 wurden geringfügig zu Gunsten der Bf. abgeändert.


Begründung:
1) Zum Punkt Verrechnungskonto:
Das Verrechnungskonto des Geschäftsführers habe sich wie folgt entwickelt:

2011: 161.933,18
2012: 157.413,99
2013: 157.164,98
2014: 200.505,97
2015: 206.191,43

Die Mittelherkunft habe nicht nachgewiesen werden können.
Bei der Schlussbesprechung am habe der Geschäftsführer ein Schreiben der Österreichischen Länderbank vom vorgelegt, worin bestätigt werde, dass der Vater des Geschäftsführers 1985 ein DM-Konto in Höhe von 90.220,14 und ein US$ Konto in Höhe von 40.821,53 eröffnet hat. Ebenso habe er eine Lebensversicherung abgeschlossen.
Laut Geschäftsführer besitze sein Vater (Anmerkung des Bundesfinanzgerichtes: Zuzug nach Österreich 1985) in Taipeh und Hongkong Immobilien.
Hätten seine Eltern Geldbedarf, würde der Vater das Geld bar nach Österreich verbringen. Nachweise darüber gebe es keine.

Im Formular EV7 (Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse von natürlichen Personen) vom habe der Geschäftsführer unter der Frage betreffend entgeltliche Veräußerungen und unentgeltliche Verfügungen von/über Vermögenswerte/n innerhalb der letzten 2 Jahre (beispielsweise Geschäftsveräußerungen, Schenkungen, Eintragung von Belastungs- und Veräußerungsverboten zugunsten Dritter) - keinen Eintrag vorgenommen, sondern das Feld durchgestrichen.
Die am erfolgte Schenkung in Höhe von 120.000 Euro sowie das Guthaben auf dem Verrechnungskonto seien nicht erklärt worden. Die Höhe der monatlichen Lebenshaltungskosten habe der Geschäftsführer mit "keine" angegeben.
Der Geschäftsführer habe mit seiner Unterschrift bestätigt, dass seine Angaben richtig und vollständig seien und er von seinem Vermögen nichts verschwiegen habe.

Die Begründung zur Beschwerde sei insgesamt nicht geeignet, die Feststellungen der Außenprüfung abzuändern.

2) Zum Punkt Miete der Wohnung im 1. Stock über dem Lokal
Laut Auskunft des Zentralen Melderegisters sei der Geschäftsführer seit und dessen Vater seit an der Adresse dieser Wohnung mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Betreffend Lagermöglichkeiten für den Betrieb der GmbH werde auf die Aussage des steuerlichen Vertreters hingewiesen ([Tz.2 d]) des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung vom = urz AP-Bericht)
"...der Lagerbestand sei aufgrund der Typologie des Unternehmens von untergeordneter Bedeutung,..."
Bei der Besichtigung Wohnung durch die Prüferin und den Gruppenleiter sei weder ein Büroraum noch der dazugehörige Safe vorhanden gewesen.
Wie bei der Besichtigung festgestellt wurde, sei aus Sicht der Betriebsprüfung
eine 30% betriebliche Nutzung ausreichend (für Sozialraum, Umkleidemöglichkeit und Lager).
Für Energielieferungen sei lediglich ein Privatanteil von 30% ausgeschieden worden.

Laut Mietvertrag vom dürfe die Wohnung im 1. OG ausschließlich den Wohnzwecken des Mieters und als Aufenthaltsraum für Mitarbeiter des Lokales im EG (Punkt 1.2. des vorliegenden Mietvertrages) dienen.

Im Jahr 2015 sei laut AP-Bericht auf dem Konto 7420 eine Aufwandkürzung für Energiekosten in Höhe von 3.865,04 Euro und eine Vorsteuerkürzung in Höhe von 773,01 Euro vorgenommen worden.
In diesem Jahr habe der Geschäftsführer über das Verrechnungskonto 3850 einen Betrag 1.024,76 Euro einbezahlt. Zusätzlich habe es eine Gutschrift von 154,33 Euro gegeben, die ebenso mit 30% zu berücksichtigen sei. Danach betrage die Aufwandkürzung 2015 lediglich 2.793,98 Euro (3.865,04 - 1.024,76 - 154,33 *30%) = 2.793,98 Euro. Die Vorsteuerkürzung betrage Null.
Die Ausführungen der Beschwerde über die im 1. Stock befindlichen Kühlgeräte könne nicht nachvollzogen werden, da im Anlagenverzeichnis zum lediglich 1 Kühlgerät (Gefrierschrank AEG Saturn Anschaffung ) mit einem Wert von 430 Euro angeführt sei.

3) Zum Punkt Mängel der Buchhaltung und Hinzuschätzungen

Entscheidend für eine ordnungsgemäße Buchführung sei alleine die zeitgerechte Dokumentation der aufzeichnungspflichtigen Sachverhalte und die Einhaltung der gesetzlich angeordneten Formvorschriften (siehe )

In der Beilage b) zu den am übergebenen Besprechungspunkten, die auch am per E-Mail an den Steuerberater versandt wurden, seien die formellen und materiellen Mängel aufgelistet worden.
Eine detaillierte Aufstellung und Beschreibung dieser Mängel sei aus dem AP-Bericht zu entnehmen.


d)Zum Punkt Inventuren
Zu Beginn der Prüfung habe die Außenprüfung sämtliche Buchhaltungsunterlagen, zu denen auch Inventuren gehören, angefordert.
Da diese nicht vorgelegt worden seien, habe man die Inventuren am dezidiert angefordert.
Aus der Kanzlei der steuerlichen Vertretung sei am mitgeteilt worden, dass der Steuerberater bis auf Urlaub sei und dieser persönlich über die Inventuren verfüge.
Am habe der Steuerberater mitgeteilt, dass es keine Inventuren gebe.

Er habe dazu ausgeführt (wie oben bereits beschrieben), dass der Lagerbestand der Bf. auf Grund der Typologie ihres Unternehmens von untergeordneter Bedeutung sei.
Der Lagerbestand sei jährlich an die Umsatzentwicklung angepasst worden und auf eventuelle Besonderheiten hin evaluiert worden.

Bei einer darauffolgenden Besprechung habe die Prüferin den Geschäftsführer zu den fehlenden Teeeinkäufen befragt.
Der Geschäftsführer habe angegeben vor den Prüfungsjahren Tee um ca. 5.000 Euro eingekauft zu haben, weshalb in den Prüfungsjahren kein Tee eingekauft werden musste.

Bei der Schlussbesprechung am wurde ein E-Mail vorgelegt, das eine Inventur für 2009 darstellen soll.
Die jährlichen Korrekturen des Lagerbestandes würden darauf hinweisen, dass regelmäßig Inventuren vorgenommen worden seien (Konto 5250)
Grundaufzeichnungen dazu gebe es aber laut Geschäftsführer und Steuerberater nicht.

d) Erhebungen der Finanzpolizei
Anlässlich einer Erhebung der Finanzpolizei am im Juli 2017 sei festgestellt worden, dass ein Dienstnehmer nicht angemeldet gewesen sei und dass für die zweite Registrierkasse kein Startbeleg hochgefahren worden sei.

f) Weitere Mängel der Buchhaltung
Der Kassenbestand habe immer ca. 100.000 Euro betragen.
Der Bargeldbestand habe jedoch bei der Betriebsbesichtigung am nicht nachgewiesen werden können. Der Geschäftsführer habe behauptet, dass sich das Geld auf Sparbüchern befinde.
Über Vorhalt, dass keine Verbuchung von der Kassa auf die Sparbücher erfolgt sei, sei seitens der Bf. erklärt worden, "die Buchung von der Kassa auf Sparbuch habe man halt nicht gemacht."
Die Geldgebarung der Bf. inklusive den Lohnzahlungen sei auch nach dem weiterhin - bis auf wenige Ausnahmen - bar abgewickelt worden.

Punkt 4.) der Beschwerde:
Zwischen den Hinzuschätzungen und der Entwicklung des Verrechnungskontos bestehe kein kausaler Zusammenhang

Dem werde entgegengehalten:

Tz. 3 AP-Bericht/Kalkulation
Eine Kalkulation sei nicht zielführend gewesen, da weder der Einkauf (Doppelbuchungen, Falschbuchungen, ...) noch der Erlös nachvollziehbar gewesen seien.
Dazu werde beispielshaft ausgeführt:


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2015
2014
Einkauf Tee
null
32,73
Erlöse Tee
null
Null
Einkauf Kaffee
176,64
361,69
Erlöse Kaffee
5.242,17
5.812,00
Einkauf Spirituosen
337,57
372,43
Erlöse Sprituosen
56,34
127,85

Inventuren: siehe Punkt d) zu Tz 2. Mängel

Tz. 4 des AP-Berichtes:
Verrechnungskonto Gesellschafter Geschäftsführers

Stände des Verrechnungskontos siehe oben.
Die Mittelherkunft habe nicht nachgewiesen werden können.

Die Lebenshaltungskosten des Geschäftsführers seien von der Prüferin an Hand von Unterlagen des Geschäftsführers ermittelt worden.
Es fehle monatlich ein Betrag von 1.500 Euro sowie der Nachweis der Mittel für die Anschaffung von Wohnungen in Höhe von rund 400.000 Euro.

Laut den Erhebungen der wirtschaftlichen Verhältnisse (Formular EV 7 ausgefüllt am ) fehlten darin zumindest die Beträge des Verrechnungskontos sowie die Angaben betreffend die Lebenshaltungskosten, die mit "keine" ausgefüllt worden seien.
Nach Ansicht des Finanzamtes sei der kausale Zusammenhang zwischen dem Verrechnungskonto des Geschäftsführers und den Hinzuschätzungen darin begründet, als die Lebenshaltungskosten des Geschäftsführers, dargestellt unter Tz. 2 des AP-Berichtes nicht ausreichend abgedeckt waren.
Die Beschwerde sei daher abzuweisen
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt.

Die Bf. stellte in der Folge mit Eingaben vom über FinanzOnline Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht

In der gesonderten schriftlichen Begründung vom brachte die Bf. ergänzend vor:

Laut Beschwerdevorentscheidung habe die Mittelherkunft für den Aufbau des Unternehmens nicht nachgewiesen werden können.
Fakt sei jedenfalls, dass die Eltern des Geschäftsführers im Jahr 1985 anlässlich ihres Umzugs aus Taiwan beträchtliche Geldmittel unmittelbar nach Österreich transferiert hätten (der Vater sei als IT-Techniker in Honkong beruflich erfolgreich gewesen und die Mutter stamme aus einer taiwanesischen Industriellenfamilie). Es sei auch für österreichische Staatsbürger nicht unüblich, dass Bankauszüge nach 33 Jahren nicht mehr vorhanden seien.

Die Familie habe dem Geschäftsführer das erforderliche Geld vorgestreckt, womit dieser die Startinvestitionen finanzieren habe können.
Eine Anführung dieser Verrechnungsverbindlichkeit im Formular EV7 sei obsolet gewesen, da die Gelder zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Betriebsvermögen der GmbH gewesen seien.
Die Mittel seien für die Finanzierung der Wohnungen (siehe StNr.: ***StNr2***) verwendet worden. Der Vater habe dem Sohn die Verbindlichkeit erlassen. Die Schenkungsanzeige sei Ausfluss dieser Aktivität. Auch die Schenkung sei im EV7 nicht anzuführen gewesen, weil sie in den Wohnungen beinhaltet gewesen seien.
Die Anschaffungskosten für die drei Wohnungen als Vermietungsobjekte des Geschäftsführers und seiner Ehefrau hätten insgesamt 505.000 Euro betragen.
Die Anschaffungskosten seien wie folgt aufgebracht worden:
*Kredite in Höhe von 200.000 Euro und 62.000 Euro
*durch die teilweise Auflösung des Verrechnungskontos in Höhe von 140.000 Euro
*Beitrag der Ehefrau in Höhe von 75.000 Euro
*zur Wohnung XY-Gasse 25 hätten auch die Mutter des Geschäftsführers 20.000 Euro und sein Schwager (Bruder seiner Ehefrau) 10.000 Euro dazugezahlt

Der Geschäftsführer und seine Ehefrau seien seit 2001 ein Paar und seit 2015 verheiratet. Das gemeinsame Einkommen sei in diesen 17 Jahren wohl etwas über dem Durchschnitt gelegen, was offensichtlich bei der Rechnung über die Lebenshaltungskosten nicht berücksichtigt worden sei, obwohl auch die Einkommensnachweise der Ehefrau offengelegt worden seien.
Der kausale Zusammenhang zwischen der Entstehung des Verrechnungskontos und den daraus abgeleiteten Feststellungen für den Prüfungszeitraum könne durch die Beschwerdevorentscheidung nicht plausibilisiert werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage zur Schätzung

Gemäß § 163 Abs. 1 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 BAO entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
§ 184 Abs. 3 BAO ist unter anderem dann zu schätzen, "wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."



Sicherheitszuschläge
Die Bf. führt zu den Gewinnerhöhungen der Außenprüfung in Form von Sicherheitszuschlägen aus:

Die aufgezeigten Mängel in der Buchhaltung beträfen vor allem das zum Prüfungszeitpunkt noch nicht abgestimmte und auch nicht erklärte Jahr 2016. Die inkriminierenden Beträge der Jahre 2013 bis 2015 stünden von der Größenordnung in keinem Verhältnis zum Jahr 2016, wiewohl Letzteres in die Bemessung von Hinzuschätzungen für 2013 bis 2015 einbezogen worden sei.

Diesen Einwendungen wird entgegnet:


A) Inventur
Die Bf. ist ein Gastronomiebetrieb und erstellte in den Streitjahren unbestritten keine Inventur.
Sie begründetete dies in einem E-Mail vom damit, dass der Lagerbestand auf Grund der Typologie des Unternehmens von untergeordneter Bedeutung sei, weshalb er an die Umsatzentwicklung angepasst und jährlich auf eventuelle Besonderheiten hin evaluiert worden sei.
Im Vorlageantrag behauptet die Bf. wiederum, die jährlich unterschiedlichen Beträge des Lagerbestandes ließen darauf schließen, dass ohnehin eine Inventur durchgeführt worden sei, die Grundaufzeichnungen dafür aber nicht mehr vorhanden seien.

Diese widersprüchlichen Behauptungen stellen keine Entschuldigung für das Fehlen der Inventuren dar.
Die Bf. gehört als Kapitalgesellschaft zu den Steuerpflichtigen, deren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln ist.
Als solche ist sie nach § 191 UGB zu Beginn der Buchführung und danach zu jedem Bilanzstichtag verpflichtet, eine Bestandsaufnahme (Inventur) durchzuführen.
Wer nach dem Unternehmensgesetzbuch oder anderen gesetzlichen Vorschriften zur Führung und Aufbewahrung von Büchern oder Aufzeichnungen verpflichtet ist, hat diese Verpflichtungen gemäß § 124 BAO auch im Interesse der Abgabenerhebung zu erfüllen.

§ 191 UGB lautet:
Abs. 1) Der Unternehmer hat zu Beginn seines Unternehmens die diesem gewidmeten Vermögensgegenstände und Schulden genau zu verzeichnen und deren Wert anzugeben (Inventar).
Abs. 2) Er hat für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar aufzustellen.

Die oa. Erklärung, mit der die Bf. die Unterlassung der Erstellung von jährlichen Inventuren begründet, ist nicht gesetzlich gedeckt.
Das Fehlen einer Inventur stellt eine Verletzung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung dar.

Die Verpflichtung zur Erstellung einer jährlichen, den Geboten der Richtigkeit, Vollständigkeit und Nachprüfbarkeit entsprechenden Inventur ist Teil der Buchführungspflicht, und die hiebei zu erfüllenden Gebote sind Teilelemente der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung.

Fehlt die Inventur oder ist sie mangelhaft, so ist die Annahme berechtigt, dass nicht alle Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß erfasst wurden (vgl. ).
Im Beschwerdefall ist daher anzunehmen, dass nicht alle Geschäftsfälle erfasst wurden, was zur Schätzung berechtigt.

B)materielle und formelle Mängel - Kalkulation
Die stichprobenweise Überprüfung der Erfassung der Einkäufe bzw. Belege ergab grobe formelle und materielle Mängel.

Auflistung der Mängel (Eingangsrechnungen):

aa) Formelle Mängel:
2014
fehlende Rechnungsmerkmale der Belege 821, 865, 221

Die Belege 963 bis 1012 mit Datum Jänner 2015 wurden erst im Juni gebucht, Verbuchung mit zeitlicher Verzögerung von 6 bis 7 Monaten (laut § 125 BAO und 131 BAO hat eine zeitgerechte Verbuchung innerhalb von 1 Monat und 15 Tagen zu erfolgen).
Da die Bf. den Großteil der Zahlungen in bar leistete, war im Zeitraum 01-06/2016 bedingt durch die Buchungsverzögerung der Kassastand jedenfalls falsch;

bb) Materielle Mängel
2014
Beleg 1060 wurde statt mit 10 mit 20% Vorsteuer verbucht;
2015
Belege 1133 und 1136 wurden doppelt als Aufwand verbucht;
2016
die Belege 378 und 383, 412 und 415, 1569 und 1578, 1589 und 1593, 1620 und 1634 wurden doppelt als Aufwand verbucht;

cc) nichtabzugsfähiger Aufwand
2014
Beleg 1052 Mundspülung unter Wein gebucht
Beleg 1248 Shakehalme auf Kaffee verbucht;
2016
Belege 1197 Salamipizza und Duschseife auf Tee gebucht
Beleg 448 Gabelbissen auf Einkauf gebucht
Beleg 2069 Zahnbürste auf Konto 7220 gebucht

dd) sonstige Falschbuchungen
Beleg 1145 (2014) laut Beleg alkoholhaltiges Getränk, gebucht unter alkoholfreie Getränke


Diese Feststellungen blieben im gesamten Verfahren unwidersprochen.
Auf Grund der festgestellten materiellen Mängel war wegen der Unvollständigkeit der erfassten Fälle eine Kalkulation nicht möglich.
Die stichprobenweise festgestellten Mängel berechtigen zur Annahme, dass auch andere Geschäftsfälle nicht ordnungsgemäß erfasst wurden, welcher Umstand wiederum eine Schätzungsberechtigung nach sich zieht.

C) Auffälligkeiten in der Gegenüberstellung des Wareneinsatzes und der dazugehörigen Erlöse in den Streitjahren
Die Prüferin erstellte folgende Gegenüberstellung des Wareneinsatzes und der Umsätze in den Streitjahren:

(WE= Wareneinsatz, RAK= Rohaufschlagskoeffizient)


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2013
Bier
Wein
Alk. Frei
Spiri-
tuosen
Kaffee
Tee
Küche
Summe
Getränke/
Küche
WE
6.020,43
3.932,33
6.623,39
277,90
360,90
18,91
80.070,81
97.304,68
Erlöse
17.173,09
14.556,09
49.613,25
335,83
6.080,00
0,00
331.865,27
419.623,53
20,91/79,09%
RAK
2,85
3,70
7,49
1,21
16,85
0,00
4,14
5,34
Roh
auf
schlag


185,25


270,16


649,06


20,85


1.584,66


-100,00


314,46
434,02
2014
WE
4.732,68
3.419,86
6.650,66
364,46
354,46
0,00
129.568,51
145.091,16
Erlöse
15.833,93
12.819,23
51.573,23
127,85
5.812,00
0,00
537.340,88
623.507,12
13,82/86,18%
RAK
3,35
3,75
7,75
0,35
16,40
0,00
4,15
4,99
Roh
auf
schlag


234,57


274,85


675,46


-64,97


1.539,69


-100,00


314,72


398,66
2015
WE
4.598,79
2.518,88
8.393,74
330,82
173,12
32,08
178.541,13
194.588,56
Erlöse
13.401,50
11.513,75
52.486,51
56,34
5.242,17
0,00
734.053,30
816.753,57
10,13/89,87
RAK
2,91
4,57
6,25
0,17
30,28
0,00
4,11
4,71
Roh
auf
schlag


191,41


357,10


525,31


-82,97


2.928,11


-100,00


311,12


371,12

Dieses Bild lässt nachstehende Folgerungen zu:
aa) Die Küchenumsätze der Bf. sind in allen drei Streitjahren im Vergleich zu den Getränkeumsätzen auffällig hoch. Die oben dargestellten Verhältnisse "Getränke/Küche" sind in der Kategorie Restaurant unüblich und unglaubwürdig ist.
Im Durchschnitt beträgt das Umsatzverhältnis Getränke/Küche in Restaurants 30/70%.
Die starken Abweichungen der Bf. zu Gunsten der Küche lassen darauf schließen, dass die Getränkeumsätze zu niedrig erklärt wurden.

bb) Die Bf. erklärte keine Teeerlöse und Teeeinkäufe, obwohl ihr Betrieb als Asiatisches Restaurant einzustufen ist. Lediglich im Jahr 2015 scheint ein Einkauf in Höhe von 32,08 Euro auf.
Der Verkauf von Tee ist in einem Asiatischen Restaurant typisch und wird häufig auch zum Essen getrunken. Dass die Bf. keine Teeumsätze gemacht haben soll, ist schlichtweg unglaubwürdig.
Es ist davon auszugehen, dass die Bf. die Teeerlöse nicht erklärt hat.

Laut Prüfungsunterlagen hat der Geschäftsführer dazu erklärt, dass er in einem Vorjahr (vor dem Prüfungszeitraum) einen größeren Einkauf um 5.000 Euro getätigt habe.
Diese Rechtfertigung erklärt jedoch die Nullerlöse nicht und ist außerdem unglaubwürdig, da auch Tee durch lange Lagerung an Qualität verliert.

cc) Der Kaffeeeinkauf ist auffällig gering und entspricht Haushaltsmengen.
Dazu kommt, dass im Jahr 2015 der RAK von bisher rund 17 auf 30,28 gestiegen ist.
Der eklatante Sprung des RAK von rund 17 (2013 und 2014) auf rund 30 im Jahr 2015, verursacht durch einen um rund 50% geringeren Wareneinsatz bei ungefähr gleich hohen Kaffeeerlösen (nur ca. 10% minus) zeigt offensichtlich einen verkürzten Kaffeeeinkauf auf.

Die Verkürzung des Wareneinsatzes stellt wiederum eine sachliche Unrichtigkeit im Sinne des
§ 184 Abs. 3 BAO dar ().
Auch die geringen Kaffeeeinkäufe lassen auf die Verkürzung der Kaffeeerlöse schließen.

dd) Bei Bier ist der RAK der einzelnen Jahre schwankend (2013=2,85, 2014=3,35 und 2015=2,91). Dies ist gerade bei Bier, das einer kontinuierlichen Preisentwicklung folgt, nicht nachvollziehbar und lässt auf die sachliche Unrichtigkeit auf verkürzte Biererlöse schließen.

ee) Die Erlöse für Spirituosen sind geringer als der Wareneinsatz, was wiederum auf eine unvollständige Erklärung der Erlöse schließen lässt.

Die Feststellungen in den Unterpunkten aa) bis ee) weisen auf Erlös- und Gewinnverkürzungen hin und berechtigen zur Schätzung.

D) Differenzen zwischen Bilanz und Buchungsjournal im Jahr 2016
Im Jahr 2016 stellte die Prüferin folgende Differenzen zwischen Bilanz und Buchungsjournal fest:


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z.B.: Erlöse Küche
841.273,52
Bilanz
914.773,25
Buchungsjournal.
73.499,73
Differenz
z.B.: Einkauf Bier
4.184,12
Bilanz
5.166,72
Journal
Ca. 1.000
Differenz
z.B.: Erlöse Wein
9.552,50
Bilanz
10.355,50
Journal
Ca. 1.000
Differenz
z.B.: Einkauf Alk.-frei
7.761,76
Bilanz
9.790,97
Journal
Ca. 2.000
Differenz
z.B.: Erlös
Ca. 4.000
Bilanz
Ca. 9.000
Journal
Ca. 5.000
Differenz


Die oa. Differenzen beziehen sich auf das Jahr 2016, welches außerhalb des Streitzeitraumes liegt.
Die Bf. führt dazu aus, dass zum Prüfungszeitpunkt Bilanz und Journal noch nicht abgestimmt gewesen seien, weshalb die festgestellten Differenzen keine Mängel in der Buchhaltung indizierten.
Dazu ist auszuführen, dass die Differenzen betragsmäßig auffallend weit auseinanderdriften und deren Ursache nicht in der fehlenden Abstimmung liegen kann. Außerdem stellt das Journal die Grundlage für die Bilanz dar. Erforderliche Korrekturen des Journals erfolgen naturgemäß vor Erstellung der Bilanz und nicht umgekehrt.
Offensichtlich wurden hier im Nachhinein, abweichend vom Journal Kürzungen von Erlösen und dem Wareneinsatz vorgenommen.
Diese Vorgangsweise gibt den berechtigten Grund zur Annahme, dass die Bf. auch in den Streitjahren entsprechende Eingriffe zum Zwecke der Gewinn- und Umsatzkürzung vorgenommen hat, weshalb darin eine weiteres Indiz für eine Schätzung liegt.
Auch diese Vorgänge

E) Kassa
Kassastände


Tabelle in neuem Fenster öffnen
19.653,49
100.647,19
110.731,32
192.406,75

Der Kassenbestand laut Journal belief sich am auf 100.973,62 Euro und zum auf 114.705 Euro (Differenz = 13.731,62 Euro, siehe Punkt 8. der Niederschrift vom ).
Diese widersprüchlichen Buchungen belegen eindeutig die Fehlerhaftigkeit der Kassenaufzeichnungen der Bf.

Der Geschäftsführer gab am des Weiteren zu Protokoll, dass die Barvorräte der Bf. an diesem Tag rund 100.000 Euro betragen haben sollen (siehe oben Stand zum =192.406,75).
Dass plötzliche Absinken des Kassenstandes um fast 100.000 Euro innerhalb von 27 Tagen im Vergleich zum ist eher unglaubwürdig.

Laut einem Foto des Bildschirmes der EDV-Kasse im Restaurant betrug der Kassenstand zum hingegen nur 2.963,20 Euro.
Dennoch behauptete der Geschäftsführer der Kassenstand betrage "rund" 100.000 Euro.

Zum Nachweis des Kassenstandes von rund 100.000 Euro holte der Geschäftsführer aus der Wohnung im 1. Stock Bargeld in Höhe von rund 40.000 bis 45.000 Euro.
Der Geschäftsführer gab dazu niederschriftlich an, dass sich der Rest in seiner weiteren Wohnung in der Xl-Gasse (zum Teil in bar - ca. 20.000 bis 25.000 Euro) befinde.
Der restliche Betrag sei in acht Sparbüchern á 10.000 Euro angelegt. Diese Sparbücher werde er nachreichen.
Der Geschäftsführer legte schließlich am folgende sechs Sparbücher á rund 10.000 Euro als Nachweis des Kassainhaltes vor.


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Bank
letzter Stand Datum
Betrag
1) Volksbank
10.057,88
2) Volksbank
10.062,36
3) Deniz Bank AG
10.000,00
4) Deniz Bank AG
10.155,89
5) Deniz Bank AG
10.000,00
6) Deniz Bank AG
10.000,00


Eine Kontenregisterabfrage ergab, dass der Geschäftsführer und nicht die Bf. Inhaber der Sparbücher 2 bis 6 ist, der Inhaber der Nummer 1) ist nicht bekannt.


Die vorgelegten Sparbücher gehören demnach nicht der Bf., sondern (zumindest die Sparbücher 2. - 3.) dem Geschäftsführer. Es erfolgten auch keine entsprechenden Umbuchungen von Kassa auf Sparbücher.
Sparbücher sind kein Kassenbestand, sondern gehören zu den Bankguthaben.
Der Geschäftsführer gab des Weiteren an, den Kassenbestand nicht abfragen zu können. Dieser ergebe sich aus den Buchungen des Steuerberaters.
Ein Foto der Prüferin vom Bildschirm der Registrierkassa wies überhaupt nur einen Kassenstand in Höhe von 2.963,20 Euro auf.

Der Bf. ist es folglich nicht gelungen, den Kasseninhalt nachzuweisen.
Vielmehr kannte der Geschäftsführer nicht einmal den richtigen Kassenstand (Angabe rund 100.000 Euro) und konnte diesen angeblich nicht abfragen.
Zur Höhe des Kassenstandes machte er widersprüchliche Angaben. Auf den Kassenstand laut EDV-Kassa ging er nicht ein.
Die vorgelegten rund 40.000 bis 45.000 Euro decken sich nicht mit der behaupteten Höhe von rund 100.000 Euro.
Die vorgelegten Sparbücher sind kein Nachweis für den Kasseninhalt, da es sich um Sparguthaben und nicht um Barbestände handelt. Die Sparbücher gehören außerdem nicht der Bf., sondern dem Geschäftsführer.

Auf Grund der widersprüchlichen bzw. nachgewiesenermaßen unrichtigen Kassenstände, ist die Kassengebarung der Bf. nicht nachvollziehbar.
Dies ist umso beachtlicher als die Bf. den Großteil ihrer Gebarung in bar abgewickelt hat.
Selbst die Löhne wurden zumindest bis November 2017 in bar ausgezahlt, obwohl dies ab nicht mehr zulässig war (der Geschäftsführer erklärte der Prüferin im November 2017, dass die Umstellung von Bar- auf Bankzahlungen gerade im Gange sei).

In der gravierenden materiellen Fehlerhaftigkeit der Kassengebarung liegt ein weiterer zur Schätzung berechtigender schwerwiegender Mangel in der Buchhaltung der Bf.


F) Ungeklärte Barzuflüsse auf das Bankkonto des Geschäftsführers


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2013
2014
2015
2016
Barzuflüsse auf
Bankkonto

19.313,87

16.473,28

13.617,58

16.574,89
Geschäftsführer-
bezug laut Erklärung/
Einkünfte aus selbst.
Arbeit



10.555,26



10.288,38



10.517,26



18.291,72


Diese Zuflüsse lassen erkennen, dass der Geschäftsführer neben seinen Bezügen als Geschäftsführer ohne entsprechenden Titel Barmittel aus der Bf. erhalten bzw. entnommen hat.
Die Außenprüfung qualifizierte diese Barzuflüsse als Einkünfte des Geschäftsführers aus selbständiger Arbeit. Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen in den im Verfahren RV/2101016/2019 angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2013-2015.

Anlässlich einer Erörterung gemäß § 269 Abs. 3 BAO am vor dem Bundesfinanzgericht wurde vom steuerlichen Vertreter eingeräumt, dass diese Zuflüsse richtigerweise als verdeckte Ausschüttungen zu qualifizieren seien.
Im Erkenntnis vom , RV/2101016/2019 folgte das Bundesfinanzgericht dem Geschäftsführer als Beschwerdeführer und kürzte die Einkünfte der angefochtenen Einkommensteuerbescheide um die oa. Barzuflüsse.

Diese Auszahlungen an den Gesellschaftergeschäftsführer ohne rechtsgeschäftliche Grundlage stellen offensichtlich verdeckte Ausschüttungen an den Geschäftsführer vor, was auch vom steuerlichen Vertreter des Geschäftsführers und der Bf. anerkannt wurde.
Auch dieser Punkt lässt auf materielle Unrichtigkeiten im Rechenwerk der Bf. schließen und ist ein weiteres Indiz zur Schätzung.

G) Kosten des Hochzeitsessens

Die Bf. erklärte einen Betrag in Höhe von 10.742,01 Euro netto für ein Essen samt Getränken für 95 Personen in einem fremden Lokal als Werbeaufwand.
Bei genauerer Überprüfung dieser Rechnung stellte die Prüferin fest, dass der Geschäftsführer am Tag des Essens geheiratet hat und diese Aufwendungen sein privates Hochzeitsessen betrafen. Eine entsprechende Gewinnerhöhung und Vorsteuerkürzung wurde vorgenommen.
Dieser Vorgang ist unstrittig.
Die Verbuchung privater Aufwendungen in Höhe von rund 10.000 Euro bei Bf. ist ein schwerwiegender materieller Mangel im Rechenwerk der Bf.
Auch dieser Vorgang lässt an der materiellen Richtigkeit weiterer Geschäftsfälle zweifeln und ist ein weiteres Sachverhaltselement für die Schätzungsberechtigung.

H) Verrechnungskonto des Geschäftsführers

Das Verrechnungskonto zu Gunsten des Geschäftsführers stellt sich in den Jahren 2011 bis 2015 wie folgt dar:

2011: 161.933,18
2012: 157.413,99
2013: 157.164,98
2014: 200.505,97
2015: 206.191,43

Hinsichtlich der Herkunft der Stände wurde erstmals in der Schlussbesprechung vorgebracht, der Vater des Geschäftsführers habe diesem Darlehen für die Anfangsinvestitionen der Bf. eingeräumt (2007 = 120.000 Euro und 2008= 40.000 Euro).
Der Geschäftsführer habe diese Mittel wiederum über sein Verrechnungskonto der Bf. als Darlehen zur Verfügung gestellt.
Als Nachweis für die Bonität des Vaters wurde eine Bestätigung der Länderbank über eine Kontoeröffnung aus dem Ausland aus dem Jahr 1985 vorgelegt.
Danach habe der Vater im Jahr 1985 eine Gutschrift von 90.220,14 DM und 40.821,53 US$ erhalten.
Im Jahr 1985 sei die Familie des Geschäftsführers nach Österreich zugezogen.

Zusätzlich legte der Geschäftsführer als Nachweis der Mittel des Vaters einen Vertrag über den Abschluss einer Lebensversicherung zu Gunsten der Mutter des Geschäftsführers über eine Vertragssumme von 562.257 ATS vor. Diese Versicherung wurde an die Bausparkasse der Sparkassen verpfändet. Versicherungsbeginn ist der , Ablauf der .
Der Ablauf lag im Jahr 2015 und ist daher kein Nachweis für die Mittelherkunft in den Jahren 2007 und 2008.
Auch das Vorhandensein von Geldmitteln im Jahr 1985 ist kein Nachweis für die Einräumung zweier Darlehen im Jahr 2007 und 2008.
Die Behauptung des Geschäftsführers, dass sein Vater immer wieder Geld aus Taiwan oder Hongkong hole, ist durch nichts bewiesen. Entsprechende Anmeldungen bei den Zollbehörden liegen nicht vor.
Über die behaupteten Darlehen zwischen Vater und Sohn gab es weder eine Urkunde, noch Vereinbarungen über Zinsen bzw. die Rückzahlung.

Angesichts des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer wäre eine entsprechende Dokumentation im Sinne des Fremdverhaltensgrundsatzes geboten gewesen.
Die behauptete Darlehenshingabe durch den Vater kann mangels Fremdüblichkeit nicht anerkannt werden.
Die erstmalige Behauptung der Darlehensversion in der Schlussbesprechung, obwohl die Frage der Herkunft der Mittel auf seinem Verrechnungskonto des Sohnes schon während des Verfahrens thematisiert worden war, spricht ebenfalls gegen den Wahrheitsgehalt dieser Rechtfertigung.

Laut Beschwerde habe der Geschäftsführer im Dezember 2014 einen Erlös aus einer Versicherung zur Besicherung eines Kredites auf das Verrechnungskonto eingezahlt, was den Anstieg des Verrechnungskontos im Jahr 2015 begründe. Der entsprechende Nachweis dafür wurde ebenfalls nicht vorgelegt.

Der Geschäftsführer habe mittlerweile seinem Vater das Darlehen zurückbezahlt.
Vom zurückgezahlten Betrag habe der Vater am seinem Sohn 120.000 Euro schenkungsweise überlassen.
Diese Schenkung wurde auch am beim Finanzamt angezeigt.
Es fällt dazu auf, dass die behauptete Schenkung erst einige Monate nach Beginn der Außenprüfung und der Durchleuchtung des Verrechnungskontos durch die Prüferin erfolgte. Auch die Anzeige einer Schenkung beim Finanzamt ist kein Beweis für die inhaltliche Richtigkeit.
Wesentlich aber ist, dass der Geschäftsführer keinen Nachweis für die Einräumung des Darlehens hatte, weshalb die Herkunft der Mittel auf dem Verrechnungskonto zumindest in Höhe von rund 160.000 Euro (Rest rund 40.000 Euro angeblich aus Versicherung) nicht geklärt ist.
Diese Widersprüche um das Verrechnungskonto des Geschäftsführers sind wiederum ein Indiz für materielle Mängel im Rechenwerk der Bf. und berechtigen zur Schätzung.

I) Kontrolle nach ASVG am und Nachschau der Finanzpolizei zu Aufzeichnungspflichten NAV am

Am führte die Finanzpolizei eine Kontrolle am Standort 1 der Bf. nach dem ASVG durch. Einer der angetroffenen Dienstnehmer war nicht zur Sozialversicherung gemeldet.

Die Nachschau (betreffend Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht) der Finanzpolizei zu Aufzeichnungspflichten NAV am führte zu folgendem Ergebnis:

Die Bf. eröffnete im Februar 2017 ein zweites Lokal (Lokal 2).
Im Lokal 1 war die Registrierkassa 1 und im Lokal 2 die Registrierkassa 2 in Betrieb.
Für Registrierkassa 2 gab es noch keinen Startbeleg, obwohl diese schon im Februar 2017 in Betrieb genommen worden war.
Der Geschäftsführer konnte für beide Kassen keinen Nullbeleg erstellen.

Nach § 6 Abs. 1 der Registrierkassensicherheitsverordnung (RKSV) besteht die Inbetriebnahme der Sicherheitseinrichtung für die Registrierkasse aus der Einrichtung des Datenerfassungsprotokolls (§ 7) und der Ablage der Kassenidentifikationsnummer als Bestandteil der zu signierenden Daten des ersten Barumsatzes mit Betrag Null (0) (Startbeleg) im Datenerfassungsprotokoll.

Ein solcher Startbeleg für die Registrierkassa 2 lag am noch nicht vor.

Bei der Kontrolle von Nullbelegen ist ab auf Verlangen der Abgabenbehörde unmittelbar ein Barumsatz mit dem Betrag 0 in der Registrierkasse zu erfassen und der daraus resultierende Beleg zur Prüfung der Signaturerstellung auszuhändigen.
Der Geschäftsführer konnte für beide Registrierkassen keinen Nullbeleg erstellen.

Diese Pflichtverletzungen liegen zwar nicht im Prüfungszeitraum, zeigen jedoch auf, wie sorglos die Bf. die Vorschriften des Rechnungswesens handhabt.
Diese Vorgangsweise runden das Gesamtbild der materiellen und formellen Mängel ab und zeigen die Berechtigung zu Schätzung auf.

J) Finanzierung von Eigentumswohnungen des Geschäftsführers
Der Geschäftsführer und seine Ehefrau erwarben in den Jahren 2015 - 2017 folgende drei Eigentumswohnungen als Anlageobjekte:


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Wohnung A
2015
Anschaffungskosten
86.735
Wohnung B
2016
292.650
Kredit
-200.000
Kreditkosten
2.989
Wohnung C
2017
114.000
Kredit
-61.000
Kreditkosten
2.031
Eigenmittel
237.405


Lebenshaltungskosten
Seit der Gründung der Bf. am erklärte der Geschäftsführer bis einschließlich 2016 lediglich Einkünfte als Geschäftsführer (selbständige Arbeit) in nachstehender Höhe (gerundet):

(a)= Einkünfte, b)= Steuer, c)= monatliche zur Verfügung stehender Betrag [Beträge gerundet])


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2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
a)
5.674
2.905
17.420
6.177
6.937
7.224
7.164
10.288
10.517
18.292
b)
-2.321
-1.831
c)
472
242
1.258
515
578
602
597
857
876
1.372


Die dem Geschäftsführer monatlich zur Verfügung stehenden Beträge liegen in den Jahren 2007, 2008, 2011, 2012 und 2013 deutlich unter dem Existenzminimum, im Jahr 2014 entsprach der Monatsbetrag dem Existenzminimum, im Jahr 2015 lag dieser knapp darüber (Existenzminmum =863,90).

Die Prüferin konnte ua. folgende durchschnittliche Ausgaben des Geschäftsführers per Monat ermitteln, soweit sie diese schätzte, blieben diese vom Geschäftsführer unwidersprochen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rückzahlung Kredit
Wohnung Xl Gasse
(persönlich Eigentumswohnung
des Geschäftsführers)



697
Betriebskosten Wohnung Xl Gasse
203
Versicherungen geschätzt
150
Kleidung,
Paylife Abrechnung

318
Fortbewegung
Treibstoff, Service etc.
a) Auto
b) Motorrad

200
100
Lebensmittel, Getränke etc.
geschätzt

250
Summe
1.918


Nach dieser Aufstellung waren die monatlichen Mindestausgaben des Geschäftsführers bei weitem höher als seine Einnahmen.
Da der Gesellschafter - Geschäftsführer über keine weitere Einkunftsquelle verfügte, ist davon auszugehen, dass dem Geschäftsführer zur Deckung seines Lebensunterhaltes nicht deklarierte Einnahmen aus der Bf. zugeflossen sind bzw. wird auf die oben unter Punkt C) dargestellten ungeklärten Barzuflüsse verwiesen.

Die Bf. beanstandet führt dazu aus, dass auch die Ehefrau des Geschäftsführers zum Haushalt beigesteuert habe, was die oa. Aufstellung nicht berücksichtige.

Die Ehefrau des Bf. war jedenfalls bis zum in B beschäftigt und hatte laut ZMR auch in B ihren Hauptwohnsitz. Erst mit begründete sie ihren Hauptwohnsitz in R bei ihrem späteren Ehemann.
Ab war sie schließlich in R beschäftigt und verdiente rund 1.700 Euro netto.

Die Ehefrau bewohnte zuvor in B eine Genossenschaftswohnung, für welche sie Beiträge und Betriebskosten zu bestreiten hatte.
Zusätzlich ist davon auszugehen, dass auch bei der Ehefrau Lebenshaltungskosten sowohl in B und ab in R angefallen sind.
Sie konnte daher ihren Ehemann nur beschränkt unterstützen.
Dazu kommt, dass beide Ehepartner über einen eigenen PKW verfügten und auch für das Fahrzeug Kosten angefallen sind.
Laut Vorlageantrag habe die Ehefrau 75.000 Euro zur Anschaffung der Wohnungen dazugezahlt. Der Bruder der Ehefrau habe 10.000 Euro und die Mutter des Geschäftsführers habe 20.000 Euro dazugezahlt.

Da die Eltern des Geschäftsführers nach Kenntnis des Finanzamtes gemeinsam nur Einnahmen von rund 6.000 Euro jährlich erhalten, ist die Zuzahlung von 20.000 durch die Mutter nicht glaubwürdig.
Der Bf. habe außerdem eine Teilauflösung seines Verrechnungskontos (Betrag 140.000 Euro) vorgenommen und diesen Betrag für die Bezahlung des Restkaufpreises verwendet.

Dem kann für das Jahr 2015 nicht gefolgt werden, weil der Geschäftsführer bspw. im Jahr 2015 keine entscheidenden Entnahmen von seinem Verrechnungskonto tätigte. Die Zuzahlungen seiner Ehefrau für den Ankauf der Wohnungen erfolgten laut den vorliegenden Belegen erst im Jahr 2016 für Wohnung B, ebenso die Zuzahlung durch den Schwager.

Die Finanzierung der Anschaffungskosten der Wohnung A im Jahr 2015 in Höhe von rund 86.000 Euro ist daher ungeklärt.
Da der Geschäftsführer auf Grund seiner Einkünfte über keine Ersparnisse verfügen konnte (außer den oben unter "Punkt D) Kassa" angeführten Sparbüchern, die den Kassenstand belegen" sollten", die aber auch noch nach den Wohnungskäufen im Zeitraum der Außenprüfung vorhanden waren), können die Mittel in Höhe von 86.000 für den Erwerb der Wohnung A nur durch Entnahmen nicht deklarierter Erlöse aus der Bf. stammen.

Was die oben unter Punkt D) Kassa aufgelisteten Sparbücher des Geschäftsführers mit Einlagen in Höhe von rund 50.000 betrifft, ist die Herkunft der Einzahlungen (in den Jahren 2014 bis 2016) im Hinblick auf seine geringen Einkünfte ebenfalls nur mit Zuflüssen aus nicht erklärten Erlösen der Bf. zu begründen.
Auch diese Vorgänge manifestieren die Berechtigung zur Schätzung.

Für die Anschaffungen der Wohnungen B und C wurden Kredite aufgenommen, gab es Zuzahlungen der Ehefrau und des Schwagers sowie vor allem die Entnahmen aus der Auflösung des Verrechnungskontos, sodass zumindest von einer Glaubhaftmachung der Herkunft der Mittel ausgegangen werden kann.

Schätzung - Sicherheitszuschlag

Im Beschwerdefall entsprechen die Bücher und Aufzeichnungen aufgrund der festgestellten Mängel nicht den Vorschriften des § 131 BAO, sodass die in § 163 Abs. 1 BAO normierte Vermutung der ordnungsgemäßen Führung derselben nicht zur Anwendung gelangt.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im Beschwerdefall wurden keine Inventuren erstellt.
Das gänzliche Fehlen einer Inventur, ist als grober Mangel der Aufzeichnungen zu werten, woraus geschlossen werden kann, dass das Betriebsergebnis nicht vollständig und richtig ermittelt wurde.
Aus dem Fehlen der Inventur ist zu schließen, dass nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst wurden.
Der Einwand der Bf., dass es nach der Typologie des Unternehmens keine großen Lagerbestände gäbe, weshalb eine Inventur nicht erforderlich sei, entbehrt jeder Grundlage.

Im Beschwerdefall stellen die unter den Punkten A) bis J) aufgelisteten Sachverhaltselemente jedes für sich bereits einen Grund zur Schätzung dar.

Auf Grund der oben aufgezeigten formellen Mängel in der Buchführung der Bf. sowie der augenscheinlichen sachlichen Unrichtigkeiten ist im Beschwerdefall im Hinblick auf die Bestimmungen des § 184 BAO ein Hinzuschätzung jedenfalls geboten (vgl. bspw. ; und 0034).

Zu den Elementen der Schätzung gehört auch die Anwendung eines Sicherheitszuschlags.

Das Finanzamt hat im Beschwerdefall den Weg der Hinzurechnung eines pauschalen Sicherheitszuschlages gewählt.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass - in Fällen, wie dem Beschwerdefall, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind - auch die Anwendung eines Sicherheitszuschlages ein zulässiges Element der möglichen Schätzungsmethoden darstellt (vgl. bspw. ; ; ).

Es liegt im Wesen eines Sicherheitszuschlages, dass er nicht "berechnet" wird, sondern pauschal dem Umstand Rechnung trägt, dass das Abgabenermittlungsverfahren zur Annahme berechtigt, der Abgabepflichtige habe nicht sämtliche Einnahmen oder ungerechtfertigte Ausgaben erklärt. So gesehen soll mit Hilfe des Sicherheitszuschlages ein Schätzungsergebnis erreicht werden, das den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahekommt (vgl. ).
Hiermit werden Fälle erfasst, in denen es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht gesetzeskonform aufgezeichnet wurden (vgl. bspw. ; ; ).

Es kann auch die griffweise Festsetzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen, wenn nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Hinzuschätzung nicht zu gewinnen sind. Diese Sicherheitszuschläge können sich (beispielsweise) an den Gesamteinnahmen, aber auch an den Einnahmeverkürzungen orientieren (vgl. ; ; ).
Die Höhe des Sicherheitszuschlages hat sich an Anhaltspunkten für eine gebotene Schätzung zu orientieren, welche aus dem zu beurteilenden Sachverhalt zu gewinnen sind ().

Im Beschwerdefall liegt eine Reihe von Mängeln vor, die den Schluss zulassen, dass die Bf. nicht alle Geschäftsfälle erklärte und Kürzungen im Bereich des Gewinnes und der Umsätze vorgenommen hat. Eine Schätzung ist daher geboten.
Die vom Finanzamt gewählte Methode des Sicherheitszuschlages ist durchaus geeignet, diese Unsicherheiten auszugleichen.

Im Beschwerdefall hat die Bf. der Hinzurechnung der Sicherheitszuschläge nicht generell widersprochen.
Die Bf. hat danach die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages dem Grunde nach nicht bekämpft.
Die Bf. hat nur ganz allgemein die Höhe des Sicherheitszuschlages in Frage gestellt, ohne konkret darzulegen, warum die gewählten Sicherheitszuschläge zu einem rechtswidrigen Resultat führten.

Im Beschwerdefall liegen neben den oben aufgelisteten, umfassenden formellen Mängeln ebenso schwere sachliche Unrichtigkeiten vor, sodass der jährliche Sicherheitszuschlag von 15% des Umsatzes als Hinzurechnung zu Umsatz und Gewinn nicht zu beanstanden ist.

Da die Bf. jegliche Angaben darüber unterlassen, warum gerade der von der Abgabenbehörde gewählte Hundertsatz des Sicherheitszuschlages zu einem rechtswidrigen Ergebnis geführt hätte, liegt keine Veranlassung für dessen Herabsetzung vor ().

Die Beschwerde war daher in diesem Punkt sowohl hinsichtlich Körperschaftssteuer als auch Umsatzsteuer zur Gänze abzuweisen.



B) Wohnung 1. Stock
Der Geschäftsführer mietete mit Mietvertrag vom die Wohnung im ersten Stock über dem Geschäftslokal der Bf. im Ausmaß von 132 m2 und einer Terrasse mit einer Fläche von 70 m2 zuzüglich Kellerabteil für Wohnzwecke und als Aufenthaltsräume für Mietarbeiter des Betriebes der Bf..
Die Bf. ersetzte dem Geschäftsführer die Miete für diese Wohnung und trug die Energiekosten.

Nach Ansicht der Außenprüfung werde die Wohnung aber nur zu 30% betrieblich genutzt, weshalb sie den Aufwand für den Mietersatz an den Geschäftsführer um 70% kürzte.
Hinsichtlich der Energiekosten nahm die Außenprüfung lediglich eine Kürzung von 30% der Energiekosten vor.

Die Beschwerde führt dazu aus, der Geschäftsführer habe die Miete vorausbezahlt. Die Bf. wiederum habe dem Geschäftsführer die Mieten refundiert.
Der Mietvertrag über die Wohnung sei bereits vor Gründung der Bf. abgeschlossen worden, weshalb die Bf. noch nicht mieten habe können.
Die Nutzung erfolge aber durch die Bf. für Lagerzwecke sowie als Umkleidemöglichkeit und als Sozialräume für das Personal des im Erdgeschoss liegenden Lokals der Bf..

Der Vater des Bf. nutze nur 1 Zimmer, das gleichzeitig als Büro und Standort des Safes diene. Berücksichtige man noch die Benützung der Sanitärraume durch den Vater, sei lediglich eine Kürzung der Miete von 20% vorzunehmen.
Die Kürzung der Stromkosten um 30% sei zu hoch gegriffen, da auf die in der Wohnung aufgestellten Kühlgeräte mindestens 50% des Energiebedarfs entfalle.

Die Beschwerdevorentscheidung führt dazu aus, dass der Geschäftsführer seit Beginn des Mietvertrages mit seinem Hauptwohnsitz an der Adresse der Wohnung gemeldet sei, seit auch sein Vater.
Bei der Besichtigung der Wohnung habe es weder einen Büroraum noch einen Safe gegeben.
Die Bf. widersprach dieser Feststellung nicht.
Hinsichtlich der Lagermöglichkeiten werde auf die Aussage des steuerlichen Vertreters verwiesen, dass nach der Typologie des Unternehmens der Bf. der Lagerbestand von untergeordneter Bedeutung sei.
Zum Energieverbrauch der Kühlgeräte in der Wohnung werde darauf verwiesen, dass die Bf. laut Anlageverzeichnis nur über ein Kühlgerät verfüge.
Die Wohnung dürfe im Übrigen laut Mietvertrag ausschließlich zu Wohnzwecken des Mieters und als Umkleidemöglichkeit für die Bediensteten des Restaurants dienen.
Das Ausmaß der steuerlichen Anerkennung in Höhe von 70% sei daher ausreichend.
Im Vorlageantrag äußerte sich die Bf. nicht weiter zu diesem Punkt.

Die Behauptung der Bf., der Geschäftsführer habe den Mietvertrag abgeschlossen, weil die Bf. zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch nicht bestanden habe, ist schlichtweg falsch.
Die Bf. wurde am gegründet, der Mietvertrag aber erst am abgeschlossen. Die Vermietung der Wohnung erfolgt ausschließlich für Wohnzwecke des Mieters und Aufenthaltsräumen für Mitarbeiter des Lokales der Bf. im Erdgeschoss.
Es existiert keine schriftliche Nutzungsvereinbarung zwischen der Bf. und dem Geschäftsführer über die Nutzung der Wohnung, weder über das Nutzungsausmaß, noch über das Nutzungsentgelt.
Mündliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, wie im Beschwerdefall zwischen dem Gesellschaftergeschäftsführer und der GmbH, sind steuerlich nicht wirksam.
Die Prüferin und ihr Teamleiter konnten anlässlich der Besichtigung der Wohnung keine büromäßige oder gewerbliche Ausstattung erkennen.
Dies wurde auch in der Beschwerdevorentscheidung festgehalten und blieb von der Bf. unwidersprochen.
Die Außenprüfung hat dennoch geschätzte 30% der Miete und 70% der Energiekosten als Entgelt und damit als Aufwand der GmbH für die teilweise Mitbenützung der Wohnung anerkannt.
Das Vorbringen der Bf., die Kürzung der Energiekosten um 30% sei zu hoch gegriffen, da bereits die im ersten Stock befindlichen Kühlgeräte 50% der Energiekosten ausmachen, ist unschlüssig und kann eine Kürzung um 30% nicht entkräften.
In der Beschwerdevorentscheidung wird dazu außerdem ausgeführt, dass sich im Anlageverzeichnis der Bf. nur 1 Kühlgerät befindet.

Dass die Bf. nur im Jahr 2013 Energiekosten für die Wohnung getragen habe, widerspricht den tatsächlichen Buchungen. In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Aufwandskürzung für das Jahr 2015 richtiggestellt, da eine Umbuchung auf das Verrechnungskonto in Höhe von 1.024,76 Euro und eine Gutschrift in Höhe von 154,33 Euro nicht berücksichtigt worden waren.
Die Kürzung des Energieaufwandes für 2015 ist daher auf 2.793,83 Euro und die bisherige Kürzung der Vorsteuern in Höhe von 773,01 Euro für Energieaufwand auf Null herabzusetzen. Die angefochtenen Bescheide Körperschaftsteuer 2015 und Umsatzsteuer 2015 sind daher in diesem Punkt wie folgt zu ändern.

Die Steuer berechnet sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015
Körperschaftssteuer
Gewinnerhöhung
Einkommen
angefochtener Bescheid

269.058,80
Abänderung
-2.793,98
Einkommen x 25% gemäß § 22 KStG 1988
266.264,90
66.566,23
Einbehaltene Steuerbeträge
-0,48
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
+0,25
Festgesetzte Körperschaftsteuer neu
66.566,00
Umsatzsteuer
Festgesetzte Umsatzsteuer
angefochtener Bescheid

40.907,63
Erhöhung der Vorsteuern
-773,01
Festgesetzte Umsatzsteuer neu
40.134,62

Die Beschwerde war daher auch in diesem Punkt sowohl hinsichtlich Körperschaftssteuer als auch Umsatzsteuer bis auf die Änderungen im Jahr 2015 zur Gänze abzuweisen.

C) Anspruchszinsen 2014 und 2015

§ 205 Abs. 1 BAO
Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Die Beschwerde bekämpft auch die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2014 und 2015 in Höhe von 656,42 Euro und 1.207,42 Euro auf Grund der Nachforderungen der Körperschaftssteuer.

Die Bf. bekämpft die Festsetzung der Anspruchszinsen dem Grunde nach und stützt sich dabei offensichtlich auf die von ihr bekämpften Nachforderungen der Körperschaftsteuer 2014 und 2015.
Dass die Anspruchszinsen falsch berechnet worden seien wird nicht behauptet.

Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO (BGBl. I Nr. 142/2000) sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben ().
Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().
Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Körperschaftsteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO5, § 205 Tz 34).
Selbst wenn die Beschwerden gegen die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide erfolgreich wären, könnte dies zu keiner Änderung bzw. dem Wegfall der angefochtenen Zinsenbescheide führen.
Die Bescheidbeschwerden waren daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt die Lösung in der Feststellung des Sachverhaltes und dessen Würdigung. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 124 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 125 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 RKSV, Registrierkassensicherheitsverordnung, BGBl. II Nr. 410/2015
§ 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101008.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at