Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2021, RV/1100102/2020

Bescheidberichtigung aufgrund der Übernahme einer unvertretbaren Rechtsansicht aus einem Antrag auf Vergütung von Energieabgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die HGC Hotellerie & Gastronomie Consulting GmbH, Grabenweg 58 Tür 4, 6020 Innsbruck, und die Metzler & Partner Steuer- und Wirtschaftsberatung GmbH, Dorf Rieden 7, 6900 Bregenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Berichtigung des Bescheides über die Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 11/2014 bis 10/2015 gemäß § 293b BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Hotel.

Am stellte sie den Antrag auf Vergütung von Energieabgaben für das Wirtschaftsjahr 11/2014 bis 10/2015 nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG). Der Vergütungsbetrag wurde nach der Berechnungsformel des § 1 EnAbgVergG ermittelt und mit 7.140,35 beantragt. Das Finanzamt gab diesem Antrag mit Bescheid vom statt und setzte den Vergütungsbetrag in Höhe von 7.140,35 Euro fest.

Mit Bescheid vom berichtigte das Finanzamt den Bescheid vom gemäß § 293b BAO und setzte die Energieabgabenvergütung mit Null fest. Zur Begründung führte es aus, die Energieabgabenvergütung stehe nur Produktionsbetrieben zu. Da es sich beim Betrieb der Beschwerdeführerin um einen Dienstleistungsbetrieb handle, sei die Energieabgabenvergütung zu Unrecht geltend gemacht worden. Qualifiziert rechtswidrig im Sinne des § 293b BAO sei ein Bescheid, wenn er auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Wesentlich sei, dass die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung für die Behörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte.

Die Beschwerdeführerin erhob durch ihre Steuervertretung gegen den Berichtigungsbescheid Beschwerde und führte begründend aus, eine Berichtigung gemäß § 293b BAO sei nur insoweit von Amts wegen zulässig, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Eine offensichtliche Unrichtigkeit aus Abgabenerklärungen liege im Beschwerdefall nicht vor, da die Rechtsansicht vertreten werden könne, dass es sich bei der Änderung des EnAbgVergG durch das BBG 2011 um eine neue Beihilfe handle, die eine Genehmigung durch die Europäische Kommission verlange, eine solche Genehmigung aber nicht vorliege. Dass die Energieabgabenvergütung als Einzelbeihilfe im Sinne des Art. 58 AGVO betrachtet werden könne und somit nicht der EU-Kommission gemeldet werden müsse, sei noch nicht geklärt, da über den Vorabentscheidungsantrag des (EU 2017/0005) und Ro 2017/15/0019 (EU 2017/0006), EuGH C-585/17, noch nicht entschieden worden sei. Die durchgeführte Änderung des EnAbgVergG im BBG 2011 sei nicht rechtswirksam erfolgt und die Energieabgabenvergütungen stünden somit auch nach dem Jahr 2010 und damit auch für das Beschwerdejahr 2015 zu.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Eine Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO sei nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe. Da sei nur der Fall, wenn eine solche Rechtsansicht auch aus der Sicht der Behörde gegeben wäre, während dann, wenn von vornherein behördlicherseits Gewissheit über die Unrichtigkeit der vom Abgabenpflichtigen vertretenen Rechtsansicht bestehe, eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliege (vgl. VwGH vom 22.,4,2998, 93/13/0277). Da die Abgabenbehörde die ordnungsgemäß kundgemachten Gesetze zu vollziehen habe, bildeten diese den Rahmen für die Beurteilung der offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung im Sinne des § 293b BAO, weshalb allfällige Erfolgsaussichten einer Aufhebung einer Gesetzbestimmung unbeachtlich seien (vgl. ). Gemäß der bei der Bescheiderlassung geltenden Rechtslage habe die Energieabgabenvergütung nur für Produktionsbetriebe in Anspruch genommen werden können, weshalb die Gewährung der Vergütung an die Beschwerdeführerin aufgrund der Übernahme einer offensichtlich unrichtigen Rechtsansicht erfolgte sei. Die Rechtsmäßigkeit der Regelung der Energieabgabenvergütung sei mittlerweile bestätigt worden (vgl. ).

Im Vorlageantrag vom brachte die Steuervertretung der Beschwerdeführerin vor, die gemäß § 293b BAO erforderliche offensichtliche Unrichtigkeit für die Berichtigung von Bescheiden liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Zum Zeitpunkt der Gewährung der Energieabgabenvergütung 2015 sei die durch das BBG 2011 geänderte Rechtslage anwendbar. Die Änderung des § 4 Abs. 7 EAVG, wonach nur noch Produktionsbetriebe einen Anspruch auf die Gewährung der Energieabgaben haben, stehe unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kommission. Das Finanzamt habe daher zum Zeitpunkt der Gewährung der Energieabgabenvergütung 2015 durchaus davon ausgehen können, dass die Einschränkung des Adressatenkreises der Rechtsvorschrift durch das BBG 2011 solange nicht anwendbar sei, bis die Genehmigung der Kommission erteilt werde.

Das BFG sei in seinem Urteil vom , RV/5100360/2013, Dilly's Wellnesshotel, sogar der Ansicht, dass die Energieabgabenvergütung auch nach dem Inkrafttreten des BBG 2011 Dienstleistungsbetrieben zustehe, da die Neuregelung der Anmeldeverpflichtung unterliege und eine solche unterlassen worden sei. Selbst der Verwaltungsgerichtshof sei sich über die Auslegung dieser Bestimmung nicht sicher gewesen und habe ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gerichtet, der darüber am , Rs Dilly's Wellnesshotel GmbH, C-585/17, entschieden habe. Der EuGH führe in Rz 63 dieses Urteils aus "...dass Art. 108 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, mit der eine Beihilferegelung geändert wird, indem der Kreis der Empfänger dieser Beihilfe verkleinert wird, grundsätzlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Anmeldepflicht unterliegt." Dieser Rechtsansicht sei offensichtlich auch der Gesetzgeber, in dem er für die Anwendbarkeit der Bestimmung auf die Genehmigung der Kommission abstelle. Ob die mit dem BBG 2011 eingeführte Einschränkung der Gewährung der Energieabgabenvergütung aufgrund der Verordnung Nr. 651/2014, welche am in Kraft getreten sei, von der Anmeldeverpflichtung freigestellt sei, habe der EuGH nicht entschieden, sondern in seinem Urteil in Rz 85 festgehalten, dass das vorlegende Gericht zu prüfen habe, ob alle Anwendungsvoraussetzungen vorlägen. Es könne daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Energieabgabenvergütung 2015 eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO vorgelegen habe, wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung der Beschwerdevorentscheidung vom ausführe. Im Gegenteil liege bis heute kein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes über die Auslegung des § 4 Abs. 7 EAVG vor, da der EuGH dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen der Verordnung Nr. 651/2014 aufgetragen und letztlich daher der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden habe, ob eine Freistellung von der Anmeldeverpflichtung bestehe oder nicht. Die Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO sei somit rechtswidrig erfolgt, da keine offensichtliche Unrichtigkeit vorgelegen habe. Selbst wenn eine offensichtliche Unrichtigkeit vorgelegen haben sollte, sei die Auslegung des § 4 Abs. 7 EAVG nicht abschließend geklärt und es werde angeregt, das Verwaltungsgericht möge mit der Entscheidung bis zum Ergehen des Urteils des Verwaltungsgerichtshofes zuwarten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 293 b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bescheid rechtswidrig iSd § 293b BAO, wenn er auf einer unvertretbaren und damit offensichtlichen Rechtsansicht beruht. Dies ist dann zu bejahen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. ; , 2010/15/0202).

Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung unrichtig ist, so liegt aus Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (vgl. ; ).

Die Frage, ob eine Rechtsansicht vertretbar ist, ist aus der Sicht der Behörde zu stellen. Da es auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit durch die Abgabenbehörde ankommt, ist es weiters unerheblich, ob es sich um eine Rechtsfrage handelt, die eine unterschiedliche Lösung denkbar erscheinen lässt oder nicht. Wesentlich ist, dass für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte. Nur wenn auch die Behörde im Rahmen der Rechtsfindung aus mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz gemäße erkennen müsste und dabei die in der Abgabenerklärung gewählte übernommen hätte, läge eine vertretbare Rechtsansicht vor, die einer Bescheidberichtigung entgegenstünde (vgl. ).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unrichtigkeit ist der Zeitpunkt der Erlassung des berichtigten Bescheides (vgl. Ritz, BAO6, § 393b, Rz 4; ).

Mit dem berichtigten Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin eine Energieabgabevergütung in Höhe von 7.140,35 Euro zugesprochen.

Zu diesem Zeitpunkt bildete für die Energieabgabenvergütung das Energieabgabenvergütungsgesetz idF BGBl. I Nr. 111/2010 die gesetzliche Grundlage.

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes idF BGBl. I Nr. 111/2010 lauten:

§ 1

(1) Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3 genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes

2. Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).

§ 2

(1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

(2)

1. Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen

§ 4

(7) Die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

Die §§ 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 7 EnAbgVergG wurden mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, eingeführt.

Die Energieabgabenvergütung war ursprünglich auf Produktionsbetriebe eingeschränkt. Nachdem der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil Adria-Wien-Pipeline aber betont hatte, dass die Erweiterung der Anspruchsberechtigten auf alle Unternehmen dazu führen würde, dass die österreichische Energieabgabenvergütung eine allgemeine steuerliche Maßnahme und somit keine genehmigungspflichtige staatliche Beihilfe sei, erweiterte der Gesetzgeber die Zahl der Anspruchsberechtigen um die Dienstleistungsbetriebe. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 wurde die Energieabgabenanspruchsberechtigung wieder auf Produktionsbetriebe eingeschränkt (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 981 BlgNR 24, GP 10 und 141).

Die Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe durch das Budgetbegleitgesetz 2011 stand allerdings immer unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission (§ 4 Abs. 7 EnAbgVergG).

Dazu führte der Verwaltungsbericht im Erkenntnis vom , 2012/17/0469, aus:

…."Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0175, ausgeführt hat, ergibt sich sowohl bei der Wortinterpretation als auch aus dem historischen Willen des Gesetzgebers, dass gem. § 4 Abs. 7 EAVG die Neuregelung des § 2 EAVG nur dann gelten sollte, wenn ein positiver Entscheid der Europäischen Kommission vorliegt; in Ermangelung eines solchen sollte die bisherige Regelung - also eine Energieabgabenvergütung auch für Dienstleistungsbetriebe - fortbestehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob nach unionsrechtlichen Vorschriften, wie etwa nach der AGVO (Anm: Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 800/2008), nur eine Information der Kommission erforderlich ist.

Aufgrund des Wortlauts des § 4 Abs. 7 EAVG und der wiedergegebenen Ausführungen in der Regierungsvorlage ist jedenfalls davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die beihilfenrechtliche Problematik dieser Materie bewusst war. Der in § 4 Abs. 7 EAVG angeführte Vorbehalt ist dahingehend zu verstehen, dass es für das Inkrafttreten des § 2 nur auf das Vorliegen der "Genehmigung" ankommt. Da die bereits im Juli 2008 erlassene AGVO u. a. Umweltsteuerermäßigungen nach Maßgabe der Richtlinie 2003/96/EG allgemein im Sinne von Art. 107 Abs. 3 AEUV (Anm: Vertrag über die Arbeitsweise der EU, EG Nr. V 115 vom ) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und von der Anmeldepflicht gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV freistellt (Art. 25 Abs. 1 AGVO), kann es dem Gesetzgeber nicht auf ein förmliches Anmeldeverfahren nach Art. 108 Abs. 3 AEUV angekommen sein. Vielmehr sollten alle im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt erforderlichen Schritte gesetzt werden, sodass die Kommission in die Lage versetzt werde, darauf entsprechend zu reagieren.

Die AGVO sieht ein besonderes Verfahren vor, nach dem Beihilferegelungen unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und von der Anmeldeverpflichtung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV freigestellt werden. Dabei ist in Art. 9 der AGVO vorgesehen, dass der Mitgliedstaat der Kommission binnen 20 Arbeitstagen ab Inkrafttreten einer Beihilferegelung eine Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme übermittelt. Nach dieser Bestimmung bestätigt die Kommission den Eingang der Kurzmitteilung und veröffentlicht diese im Amtsblatt. Nach Art. 10 AGVO überprüft die Kommission regelmäßig die Beihilfemaßnahmen, von denen sie nach Art. 9 unterrichtet wurde. Die ErmächtigungsVO sieht in ihrem Art. 3 Abs. 3 auch vor, dass im Falle von Zweifeln der Kommission die Mitgliedstaaten dieser alle Angaben mitteilen, die sie für die Beurteilung der Beihilfe mit der Gruppenfreistellungsverordnung für notwendig erachten.

Daraus ergibt sich aber, dass im Sinne des § 4 Abs. 7 EAVG in der Veröffentlichung einer Beihilfenregelung durch die Kommission eine Art der "Genehmigung durch die Europäische Kommission" erblickt werden kann.

Dieses Verständnis findet sich im Übrigen auch in der unionsrechtlichen Literatur, wenn etwa ausgeführt wird, dass die AGVO automatisch eine Reihe von Beihilfemaßnahmen (z.B. Umweltbeihilfen) "genehmigt", sodass die Mitgliedstaaten die betreffenden Beihilfen nicht mehr vorab bei der Kommission anmelden müssen (vgl. etwa Bär-Bouyssiere in Schwarze, EU-Kommentar, Rz 82 zu § 87 EGV). Auch die Kommission selbst dürfte von einer Art "Genehmigung" ausgehen, wenn etwa im 36. Erwägungsgrund der AGVO von einem "Bewilligungszeitpunkt" für die mitgeteilte Beihilfenregelung die Rede ist.

Im Beschwerdefall wurde der Kommission eine Kurzbeschreibung der neuen Regelung der Energieabgabenrückvergütung übermittelt und diese im Amtsblatt der EU C 288/21 vom veröffentlicht. Damit ist aber davon auszugehen, dass der Genehmigungsvorbehalt des § 4 Abs. 7 EAVG erfüllt wurde. Da sich diese Genehmigung nur auf die mitgeteilte Laufzeit beziehen kann, wird durch letztere der zeitliche Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 EAVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 bestimmt. Daraus ergibt sich, dass die neue Regelung der Energieabgabenvergütung durch das Budgetbegleitgesetz 2011 ausschließlich für Vergütungsanträge, die Zeiträume zwischen dem und dem betreffen, zur Anwendung gelangt (vgl. diesbezüglich auch Art. 4 der ErmächtigungsVO sowie Art. 44 AGVO). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0175, ausgesprochen, dass für den Monat Jänner 2011 die vom Gesetzgeber für das Inkrafttreten vorausgesetzte Genehmigung jedenfalls nicht vorliegt, sodass § 2 Abs. 1 EAVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 für diesen Kalendermonat nicht zur Anwendung gelangt.

Wenn die Beschwerdeführerin behauptet, dass nicht alle Bedingungen für die Anwendung der AGVO erfüllt wären, so ist ihr zu entgegnen, dass es in Bezug auf das von Gesetzgeber vorgesehene Inkrafttreten der Novelle des EAVG durch das Budgetbegleitgesetz 2011 darauf nicht ankommt…".

Damit hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass es für eine Genehmigung im Sinne des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG ausreiche, wenn diese Beihilfenregelung nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 800/2008 der Europäischen Kommission gemeldet und in der Folge von dieser im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Weil die Energieabgabenvergütung als Umweltsteuerermäßigung als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und von der Anmeldepflicht gemäß Art. 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) freigestellt worden sei, könne es dem Gesetzgeber nicht auf ein förmliches Verfahren nach Art. 108 Abs. 3 AEUV angekommen sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis überdies entschieden, dass eine Genehmigung nach dem Freistellungsverfahren auch dann vorliegt, wenn nicht alle Bedingungen für die Anwendung des AGVO erfüllt wurden. Auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die damit geltende Einschränkung der Anspruchsberechtigung auf Produktionsbetriebe sind dem Verwaltungsgerichthof nicht entstanden.

Im Beschwerdefall wurde der Europäischen Kommission die einschränkende Regelung mit einer Laufzeit vom bis 2013 mitgeteilt und so auch im Amtsblatt der EU veröffentlicht, sodass sich die Genehmigung durch die Europäische Kommission auch nur auf diesen Zeitraum beziehen konnte. §§ 2 und 3 EnAbgVergG traten daher erst mit in Kraft und waren zunächst bis befristet.

Auch nach Ablauf der Geltungsdauer der AGVO war die einschränkende Regelung in §§ 2 und 3 EnAbgVergG noch während einer Anpassungsfrist von sechs Monaten freigestellt (Art. 44 Abs. 3 AGVO) und damit bis einschließlich weiter anwendbar. Die Geltungsdauer der AGVO wurde mit Verordnung (EU) Nr. 1224/2013 der Kommission vom bis verlängert, wodurch auch die Anpassungsfrist für die in den Anwendungsbereich der AGVO fallende einschränkende Regelung in §§ 2 und 3 EnAbgVergG um weitere sechs Monate verlängert wurde und diese damit bis anwendbar war.

Ab bildet die neu erlassene Allgemeine Gruppenfreistellungs-Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom (ABl. Nr. L 187 vom ) die unionsrechtliche Rechtsgrundlage für die Genehmigung. Die einschränkende Regelung in §§ 2 und 3 EnAbgVergG wurde im Sinne der AGVO der Europäischen Kommission gemeldet und registriert. Danach ist die Regelung ab anwendbar und bis befristet (vgl. dazu Energieabgaben-Richtlinie, GZ BMF-010220/0056-IV/9/2011 idF GZ BMF-010220/0106-IV/5/2017, Rz 170).

Im Zeitpunkt der Erlassung des berichtigten Bescheides am galt für das Finanzamt diese durch die einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insb. VwGH30.01.2013, 2012/17/0469, aber auch und ) geklärte Rechtslage. Damit in diesem Zeitpunkt war auch geklärt, dass die Genehmigung im Sinne des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG vorlag und die Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe eingeschränkt war.

Indem das Finanzamt mit dem Bescheid vom die von der Beschwerdeführerin für ihren Hotel- und damit Dienstleistungsbetrieb die beantragte Energieabgabenvergütung gewährt hat, hat es diesen Bescheid mit einer qualifizierten Rechtswidrigkeit belastet. Diese Entscheidung war aber offensichtlich rechtswidrig. Denn bei auch nur oberflächlicher Befassung mit dem Antrag der Beschwerdeführerin hätte es diesen abweisen müssen. Eine stattgebende Entscheidung, wie sie das Finanzamt getroffen hat, war demgegenüber aufgrund der damals bestehenden Sach- und Rechtslage und insbesondere durch die in diesem Zeitpunkt bereits vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vertretbar.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Bundesfinanzgericht am in einer ähnlicher gelagerten Beschwerdesache (Rs Dilly`s Wellnesshotel) dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (/2014). Denn abgesehen davon, dass das Gericht mit dem Vorabentscheidungsantrag noch keine andere vertretbare Rechtsauffassung vertreten, sondern Fragen zum Gemeinschaftsrecht an den Europäischen Gerichtshof gestellt hat, war für das Finanzamt im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am ausschließlich die durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärte Auslegung des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG maßgeblich.

Wie weiter oben ausgeführt, ist die Frage, ob eine Rechtsansicht vertretbar ist oder nicht, aus der Sicht der Behörde zu stellen. Bei einer Prüfung des Antrages der Beschwerdeführerin hätte das Finanzamt aber nur zur Ansicht gelangen können, dass die einschränkende Regelung des § 2 im Wege des Freistellungsverfahrens genehmigt und die Beschwerdeführerin daher keinen Anspruch auf eine Vergütung der Energieabgaben hatte.

Da die Vergütung mit Antrag, der gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG als Abgabenerklärung gilt, geltend gemacht wurde, beruhte die Rechtswidrigkeit des später berichtigten Bescheides auf einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus einer Abgabenerklärung.

Dafür, dass das Finanzamt selbst der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin gewesen und dem Antrag bewusst stattgegeben hätte, finden sich keine Anzeichen und hat auch die Steuervertretung der Beschwerdeführerin selbst nicht derartiges vorgebracht.

Der Bescheid vom war daher durch die Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Antrag auf Energieabgabenvergütung vom rechtswidrig.

An der Rechtswidrigkeit der Einbeziehung von Hotelbetrieben in den Kreis der Vergütungsberechtigten hat sich auch nach Erlassen des berichtigten Bescheide nichts geändert:

Über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom , Dilly's Wellnesshotel (I), C-493/14, erkannt, Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel [107 und 108 AEUV] (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) sei dahin auszulegen, dass das Fehlen eines ausdrücklichen Verweises auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie eines ausdrücklichen Verweises auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union in einer Beihilferegelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden der Annahme entgegenstehe, dass diese Regelung gemäß Art. 25 Abs. 1 dieser Verordnung die Voraussetzungen für eine Freistellung von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht erfülle.

Aufgrund dieses Urteils gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde statt und setzte die Energieabgabenvergütung antragsgemäß fest.

Gegen dieses Erkenntnis wurde Amtsrevision erhoben. In dem daraufhin eingeleiteten Revisionsverfahren legte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen vor:

1. Ist eine Änderung einer genehmigten Beihilferegelung, mit der ein Mitgliedstaat auf die weitere Nutzung der Beihilfegenehmigung für eine bestimmte (trennbare) Gruppe von Beihilfeempfängern verzichtet und damit das Beihilfevolumen für eine bestehende Beihilfe lediglich reduziert, in einem Fall wie dem vorliegenden eine nach Art. 108 Abs. 3 AEUV (grundsätzlich) anmeldepflichtige Umgestaltung einer Beihilferegelung?

2. Kann das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV im Falle eines Formfehlers im Rahmen der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) zur Unanwendbarkeit einer Einschränkung einer genehmigten Beihilfenregelung führen, sodass der Mitgliedstaat im Ergebnis durch das Durchführungsverbot zur Zahlung einer Beihilfe an bestimmte Beihilfeempfänger verpflichtet wird (,Durchführungsgebot')?

3a. Erfüllt eine Regelung über die Vergütung von Energieabgaben wie die hier vorliegende, bei welcher der Vergütungsbetrag der Energieabgaben im Gesetz eindeutig durch eine Berechnungsformel festgelegt ist, die Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union?

3b. Bewirkt Art. 58 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 für den Zeitraum ab Jänner 2011 die Freistellung dieser Regelung über die Vergütung von Energieabgaben?"

Der EuGH beantwortete diese Fragen mit Urteil vom , Dilly`s Wellnesshotel (II), C-585/17, wie folgt.

1. Art. 108 Abs. 3 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, mit der eine Beihilferegelung geändert wird, indem der Kreis der Empfänger dieser Beihilfe verkleinert wird, grundsätzlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Anmeldepflicht unterliegt.

2. Art. 58 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV ist dahin auszulegen, dass Beihilfen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung auf der Grundlage einer Beihilferegelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden gewährt wurden, gemäß dieser Verordnung von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht freigestellt werden können.

3. Art. 44 Abs. 3 der Verordnung Nr. 651/2014 ist dahin auszulegen, dass eine Beihilferegelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, für die der Betrag der Vergütung von Energieabgaben ausdrücklich in einer Berechnungsformel festgelegt ist, die in der nationalen Regelung, mit der diese Beihilferegelung eingeführt wird, vorgesehen ist, mit dieser Bestimmung vereinbar ist."

Der EuGH hat somit entschieden, dass auch eine einschränkende Beihilfenregelung wie im Falle des Energieabgabenvergütungsgesetzes eine Beihilfe darstellt und daher grundsätzlich der für eine Beihilfe vorgesehenen Anmeldepflicht gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegt, dennoch aber die Möglichkeit einer Freistellung von der Anmeldung im Sinne des Art. 3 AGVO 651/2014 (Gruppenfreistellungsverordnung) besteht, auch wenn die Beihilfe vor Inkrafttreten der AGVO 651/2014 gewährt wurde, und dass die Verwendung einer Berechnungsformel mit Gruppenfreistellungsverordnung vereinbar ist.

Ob die Gruppenfreistellungsverordnung, AGVO 651/2014, im Falle des EnAbgVergG tatsächlich zur Anwendung gelangt und damit eine Freistellung von der Anmeldepflicht gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV besteht, überließ er aber der Prüfung der österreichischen Gerichte (vgl. EuGH Rs. Dilly`s Wellnesshotel, C-585/17, Rz. 97; vgl. auch Bendlinger/Traußner in BFGjournal, 19ff.).

Der Verwaltungsgerichtshof hob in der Folge das angefochtene Erkenntnis des BFG mit Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0041, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf.

Zur Frage, ob im Falle der einschränkenden Bestimmungen des EnAbgVergG das Freistellungsverfahren zur Anwendung gelange und durch Mitteilung an die Kommission und nachfolgende Veröffentlichung eine Genehmigung im Sinne des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG vorliege, führte der Verwaltungsgerichthof u.a. aus:

"43 Gestützt auf die zuletzt genannte Verordnung hat die Kommission insbesondre die Verordnung (EG) Nr. 800/2008 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, AGVO) erlassen. Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung waren Beihilferegelungen, die alle Voraussetzungen des Kapitels I erfüllen sowie den einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II entsprechen, im Sinne von Art. 87 Abs. 3 EG Vertrag (nunmehr Art. 107 Abs. 3 AEUV) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG Vertrag (nunmehr Art. 108 Abs. 3 AEUV) freigestellt, wenn alle Einzelbeihilfen auf der Grundlage solcher Regelungen ebenfalls alle Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen und die Regelungen einen ausdrücklichen Verweis auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie einen ausdrücklichen Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthalten. Nach Artikel 9 der Verordnung übermittelt der Mitgliedstaat der Kommission binnen 20 Tagen ab Inkrafttreten einer Beihilferegelung, die nach dieser Verordnung freigestellt ist, eine Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme. Die Kommission bestätigt den Eingang der Kurzbeschreibung unverzüglich und veröffentlich sodann die Kurzbeschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union und auf der Website der Kommission. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung überprüft die Kommission regelmäßig die Beihilfemaßnahmen, von denen sie nach Art. 9 unterrichtet wurde. Nach Erwägungsgrund 7 dieser Verordnung sollten staatliche Beihilfen, die nicht unter diese Verordnung fallen, weiterhin der Anmeldepflicht unterliegen. Unbeschadet dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten auch weiterhin die Möglichkeit haben, Beihilfen anzumelden, mit denen unter diese Verordnung fallende Ziele verfolgt würden.

43 Diese Gruppenfreistellungsverordnung wurde mit durch die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (AGVO 2014) abgelöst.

44 Nach dem nunmehr vorliegenden Urteil des EuGH (C 585/17) steht fest, dass eine nationale Regelung, mit der eine Beihilferegelung geändert wird, indem der Kreis der Empfänger dieser Beihilfe verkleinert wird, grundsätzlich der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht unterliegt.

45 Dem Mitgliedstaat, der eine Beihilferegelung neu einführt oder abändert, standen aber unterschiedliche Verfahrenswege zur Verfügung. Er konnte sich entweder auf die Gruppenfreistellungsverordnung stützen und dazu der Kommission eine Kurzbeschreibung übermitteln, die sodann von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird; oder er konnte die Beihilfe entsprechend der Verordnung Nr. 659/1999 bei der Kommission anmelden, die über diese Anmeldung verschiedene Entscheidungen treffen konnte.

46 Wenn in § 4 Abs. 7 EAVG (und in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hiezu) nur eine "Genehmigung", "Zustimmung" oder "Nicht Genehmigung" angeführt ist, so wird damit schon die Vielfalt der möglichen Entscheidungen der Kommission nach der Verordnung Nr. 659/1999 nicht abgebildet, die im Übrigen entgegen der Annahme des Bundesfinanzgerichts auch nicht (explizit) als "Genehmigung" oder "Nicht Genehmigung" bezeichnet werden. Es muss angenommen werden, dass § 4 Abs. 7 EAVG somit nur eine typische Erledigungsart und dies mit einer "untechnischen" (nicht den normativen Bezeichnungen des Unionsrechts entsprechenden) Bezeichnung hervorgehoben hat, ohne aber andere mögliche Erledigungsarten auszuschließen. Insbesondere kann nicht ernstlich bezweifelt werden, dass etwa eine Mitteilung der Kommission iSd Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstelle, den Eintritt der Bedingung darstellen sollte und damit das Inkrafttreten der geänderten Regelung bewirken sollte. Damit ist aber auch entgegen den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts anzunehmen, dass ein Vorgehen im Sinne der Gruppenfreistellungsverordnung samt der dort geregelten Reaktion der Kommission den Eintritt der in § 4 Abs. 7 EAVG normierten Bedingung darstellen kann.

47 Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Inkrafttretens der Regelung im Wege eines Freistellungsverfahrens nach der Gruppenfreistellungsverordnung hätte ausschließen wollen. Entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts kann auch insbesondere nicht angenommen werden, dass dem Gesetzgeber diese Möglichkeit unbekannt gewesen wäre.

48 Voraussetzung für das Inkrafttreten war eine "Genehmigung" durch die Kommission. Wie bereits oben ausgeführt, bewirkte aber auch eine Entscheidung der Kommission nach Art. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 keine (absolute) Rechtssicherheit, unterlag eine derartige Entscheidung doch einer allfälligen Bekämpfung mittels Nichtigkeitsklage (durch einen anderen Mitgliedstaat oder allenfalls auch durch benachteiligte Konkurrenten). Nach dem Wortlaut des Gesetzes trat die Neuregelung aber bereits mit der "Genehmigung" ein; absolute Rechtssicherheit wurde damit vom Gesetzgeber nicht angestrebt, was im Hinblick auf möglicherweise langwierige Verfahren nach dieser Genehmigung wohl auch nicht sinnvoll erreichbar wäre, zumal eine Inkrafttretensbestimmung auch einen klaren Anknüpfungspunkt erfordert. Dafür, dass im Falle einer erfolgreichen Bekämpfung der "Genehmigung" der Kommission die Einschränkung des Kreises der Empfänger der Beihilfe wieder außer Kraft treten oder sogar rückwirkend das Inkrafttreten dieser Einschränkung entfallen sollte, bestehen weder aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 7 EAVG noch aus den zitierten Erläuterungen der Regierungsvorlage Anhaltspunkte. Ein Freistellungsverfahren erzielt verglichen mit dem Anmeldeverfahren nur graduell eine geringere Rechtssicherheit; auch ein solches ist daher an sich als geeignet anzusehen, eine "Genehmigung" iSd § 4 Abs. 7 EAVG zu erreichen.

49 Nach der Inkrafttretensregelung des § 4 Abs. 7 EAVG reicht daher aus der Sicht des nationalen Rechts die in der AGVO 2008 vorgesehene Mitteilung an die Kommission samt der entsprechenden Veröffentlichung durch die Kommission. Daran ändert nichts, wenn die AGVO 2008 nicht vollständig erfüllt worden ist (vgl. neuerlich ).

50 Der Verwaltungsgerichtshof hält daher die in der bisherigen, ständigen Rechtsprechung vertretene Rechtsansicht bezogen auf die innerstaatliche Vorschrift des § 4 Abs. 7 EAVG aufrecht, dass in der Veröffentlichung der Beihilferegelung durch die Kommission die "Genehmigung durch die Europäische Kommission" im Sinne des § 4 Abs. 7 EAVG zu erblicken ist und daher die Regelung der EAVG Novelle 2011 aus der Sicht des nationalen Rechts mit in Kraft getreten ist.

Damit ist erneut klargestellt, dass mit der Meldung der einschränkenden Regelung in §§ 2 und 3 EnAbgVergG an die Europäische Kommission und anschließender Veröffentlichung durch diese die Genehmigung im Sinne des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG vorlag und die einschränkende Regelung ab weiter anwendbar blieb.

Der berichtigte Bescheid war daher auch im Zeitpunkt der Berichtigung mit dem angefochtenen Bescheid rechtswidrig.

Eine Bescheidberichtigung nach § 293b BAO ist gemäß § 302 Abs. 1 BAO bis zum Ablauf der Verjährungsfrist möglich.

Gemäß § 207 Abs. 2 erster Satz BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchssteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a) BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Bei der Frage des Entstehens des Abgabenanspruchs ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Vergütung von Energieabgaben mit Antrag geltend gemacht werden muss. Er kann daher im Unterschied etwa zu Betriebsausgaben nicht von Amts wegen berücksichtigt werden. Es steht daher in der Disposition des Abgabepflichtigen, ob er einen Antrag auf Vergütung von Energieabgaben stellt oder nicht. Dieser negative Abgabenanspruch entsteht daher erst mit der Antragstellung (vgl. dazu für die Forschungsprämie).

Nach Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 207, 570, sind auch die Energieabgabe und ihre Vergütungen Verbrauchsteuern (vgl. Ritz, BAO6, § 207 Tz 11; auch Summersberger in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II6 (2011), 706). Daher kommt die kurze Verjährungsfrist von drei Jahren zur Wendung.

Der Antrag auf Vergütung von Energieabgaben wurde im Beschwerdefall am gestellt. Die Verjährungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2016 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2019. Der Berichtigungsbescheid vom erging daher innerhalb der Verjährungsfrist.

Die Bescheidberichtigung liegt im Ermessen der Behörde. Bei der Ermessensübung ist dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen (vgl. z.B. ; , 2007/15/0285).

Sind die Folgen der Unrichtigkeit bloß geringfügig, wird in der Regel keine Berichtigung gemäß § 293b BAO vorzunehmen sein. Hingegen spricht ein behördliches Verschulden der Behörde an der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen nicht gegen eine Berichtigung, da ansonsten § 293b BAO kaum mehr zur Anwendung gelangen würde (vgl. Ritz, BAO6, § 293b Tz 10).

Da dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen ist und die Folgen der Unrichtigkeit im Jahr 2015 auch nicht geringfügig waren, hat die Behörde bei der Erlassung des Berichtigungsbescheides vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die entscheidungswesentlichen Fragen, wann eine unvertretbare Rechtsansicht im Sinne des § 293b BAO vorliegt und unter welchen Voraussetzungen § 2 EnAbgVergG als genehmigt gilt, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt. Von dieser Rechtsprechung wurde nicht abgewichen. Mit diesem Erkenntnis ist daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung verbunden und ist eine (ordentliche) Revision an den Veraltungsgerichtshof daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
§ 4 Abs. 7 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100102.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at