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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2021, RV/6100373/2013

Vermietung eines Wohnhauses an die Gesellschafter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Axel-Hans Werner Wirtschaftstreuhand GmbH, Faberstraße 20-22 Top F 20.21, 5020 Salzburg, über die Beschwerden vom sowie vom gegen die Bescheide des FA Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuer 2008 sowie 2009 und Körperschaftsteuer 2009 bis 2011, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1 Außenprüfung

Im Zuge einer den beschwerdegegenständlichen Zeitraum umfassenden abgabenbehördlichen Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin (kurz: Bf) wurden vom Prüfer folgende Feststellungen getroffen:

Die Bf ist eine im Jahr 1994 gegründete GmbH, deren alleinige Gesellschafter die Ehegatten EK und AK sind (Beteiligungsverhältnis 80 % und 20 %, seit 1995: 20 % bzw. 80 %). Die Bf vermietet eine Liegenschaft zu Wohnzwecken an die beiden Gesellschafter. Folgende Mietbeträge seien dabei vereinbart worden:

• 12/1997: ATS 13.000,00 monatlich (netto)

• Ab : ATS 28.000,00 monatlich (brutto)

• Ab : € 2.200,00 monatlich (brutto)

• Ab : € 2.310,00 monatlich (brutto)

• Ab : € 2.471,70 monatlich (brutto)

Bei dem gemieteten Objekt handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit 850 m² Grundfläche und ca. 200 m² Wohnfläche, welches von der Bf im Jahr 1997 errichtet worden ist. Im Erdgeschoß werde ein Büroraum im Ausmaß von 16 m² betrieblich genutzt. Im Jahr 2008 habe ein umfassender Umbau bzw. eine Sanierung des Objektes stattgefunden. Dabei sei ein Zubau mit einer Fläche von 34,50 m² und ein Carport errichtet, sowie der Garten neugestaltet worden. Die GmbH habe letztmalig im April 2008 Erlöse aus ihrer Handelstätigkeit erzielt. Seither seien lediglich die Mieteinnahmen erklärt worden. Es bestehe jedoch die Absicht die Handelstätigkeit wieder aufzunehmen. Im Zeitraum September 2008 bis Jänner 2009 habe der Gesellschafter Herr EK insgesamt € 205.000,- in vier Teilbeträgen auf das Konto der Bf einbezahlt, da die Gesellschaft nicht über die entsprechenden Mittel verfügt hätte, den Umbau zu finanzieren. Eine, nicht schriftlich vereinbarte, Rückzahlung sei nach Wiederaufnahme der Handelstätigkeit geplant. Eine Mieterhöhung sei nach den Umbaumaßnahmen ebenfalls vorgesehen. Die Gesellschaft habe Vorsteuern für die Umbau- und Sanierungskosten idHv insgesamt € 62.681,03 geltend gemacht. Nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG gelten Leistungen als nicht für das Unternehmen ausgeführt, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben iSd § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG seien. Schädlich für die Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzuges sei im Übrigen, wenn in der Vermietung nicht die eigentliche gewerbliche Tätigkeit der Gesellschaft liege, ein besonders repräsentatives Gebäude vermietet werde und kein fremdübliches Mietverhältnis vorliege. Sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit einem solchen Gebäude, seien als Kosten der privaten Lebensführung zu beurteilen. Daran ändere auch die 'Zwischenschaltung' einer Gesellschaft nichts. Ein Vorsteuerabzug sei daher nicht zulässig. Ebenso seien die Betriebsausgaben in diesem Zusammenhang nicht anzuerkennen (Afa, Fremdkapitalzinsen).

2 Bescheide

Die Abgabenbehörde folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ mit Datum die entsprechenden Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheide für die Zeiträume 04/2008-02/2009. In den Begründungen wurde jeweils auf die Feststellungen im Außenprüfungsbericht verwiesen.

Am ergingen schließlich die Umsatzsteuer(jahres)bescheide 2008 und 2009. Hinsichtlich Körperschaftsteuer wurden die ursprünglichen Erstbescheide nach § 299 BAO aufgehoben und neue Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2011 unter Hinweis auf die Ergebnisse der Außenprüfung, ebenfalls mit Datum , erlassen.

3 Berufungen (Beschwerden)

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf in verlängerter Rechtsmittefrist Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheide für die Zeiträume 04/2008-02/2009 ein. Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009, die Körperschaftsteuerbescheide 2009-2011 sowie die Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom ebenfalls Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht. In den gleichlautenden Begründungen wurde im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass laut Gesellschaftsvertrag ua. der An- und Verkauf sowie die Vermietung von Liegenschaften Gegenstand des Unternehmens sei. Die Vermietung sei außerdem fremdüblich. Eine fremdübliche Vermietung zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft nicht anzuerkennen sei verfassungswidrig und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Gesellschaft habe seit Beginn bis heute Gesamtüberschüsse aus der Vermietung erzielt. Liebhaberei liege nicht vor. Der vereinbarte Mietzins sei im oberen Bereich angesiedelt. Bei einer im Jahr 2004 durchgeführten Umsatzsteuernachschau sei das Mietverhältnis vom Finanzamt nicht angezweifelt worden. Die Sanierung des Gebäudes sei ua. auch aufgrund schwerwiegender Baumängel (Feuchtigkeit, Schadstellen an den Außenmauern,…) notwendig gewesen. Es handle sich daher um nicht regelmäßig anfallende, außerordentliche Sanierungsmaßnahmen. Alle sonstigen Instandhaltungsmaßnahmen seien durch die erzielten Mietüberschüsse gedeckt. Der Mietzins sei nach dem Umbau um € 500,- monatlich erhöht worden. Bei der Aberkennung der Kosten für den Umbau und den dafür geltend gemachten Vorsteuern, hätte das Finanzamt zum einen Teil die Konstellation anerkannt, die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen aber nicht. Der zugebaute Wohnraum könne aber von dem Gesamtgebäude nicht getrennt werden, da dieser in den Wohnraum integriert worden sei. Es gebe zwar keinen schriftlichen Mietvertrag, die wesentlichen Punkte des Mietvertrages seien aber in einer Aktennotiz festgehalten worden. Fremdüblichkeit liege daher vor.

Die Bf beantragte außerdem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

4 Vorlage der Berufung

Das Finanzamt legte die Berufung gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04/2008-02/2009 und in der Folge gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2009, die Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2011, sowie die Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO dem Unabhängigen Finanzsenat ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung vor.

5 Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes

Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerden gegen die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht, die Pläne hinsichtlich des Umbaus und der Sanierung (inklusive Kostenaufstellung), sowie eine Aufstellung über die jährlichen Mieteinnahmen ohne Betriebskosten und Umsatzsteuer zu übermitteln. Die Bf legte die geforderten Unterlagen mittels e-mail vom vor.

In einem weiteren Vorhalt vom wurde die Bf gebeten, den Nachweis eines funktionierenden Mietenmarktes im Zeitpunkt des Beginns der Vermietung zu erbringen.

Mit e-mail vom gab die Bf bekannt, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht werden könne.

6 Erörterungsgespräch beim BFG

Im Zuge eines Erörterungsgespräches am wurden die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Beschwerden gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO betreffend KöSt 2009-2011 zurückgezogen.

Außerdem wurde eine Berechnung der Renditemiete vorgenommen. Diese setzt sich wie folgt zusammen:

Auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahr 1997 in der Höhe von € 848.728,- zuzüglich der Neubaukosten im Zusammenhang mit dem Umbau, dem Zubau und der Gartengestaltung in der Höhe von € 212.760,- (Gesamtkosten abzüglich Kosten für die Sanierung) ergeben sich insgesamt Anschaffungs- und Herstellungskosten in der Höhe von € 1.061.488,-. Unter Herausrechnung des Anteils für das von der Bf selbst benutzte Büro ergibt sich bei dem angegebenen Renditesatz von 3 % für den Streitzeitraum eine jährliche Renditemiete von € 29.000,- (gerundet).

Die Bf gab überdies bekannt, dass eine Mieterhöhung nach dem Umbau tatsächlich nie stattgefunden hat.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschafter EK ist zu 20 % und seine Ehefrau AK zu 80 % seit 1995 am Stammkapital beteiligt.

Gegenstand des Unternehmens der Bf ist laut Gesellschaftsvertrag vom der Handel mit Waren aller Art, Beratung in Handelsangeleigenheiten, sowie der Erwerb von Liegenschaften sowie deren Vermietung und Verwaltung.

Die Bf erwarb im Jahr 1996 ein Grundstück in ***Bf1-Adr***, im Ausmaß von 850 m² und errichtete darauf im Jahr 1997 ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von insgesamt 200 m². Die Gesamtanschaffungskosten (Grund und Boden, Gebäude) betrugen laut Anlageverzeichnis € 848.728,-.

Bei dem Einfamilienhaus handelt es sich um ein im Sinne der Judikatur des VwGH jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbares Gebäude.

Das Einfamilienhaus wird seit dem Jahr 1997 an die beiden Gesellschafter zu Wohnzwecken vermietet. Der vereinbarte Mietzins beträgt ab 2004 € 2.471,70 monatlich (inklusive Umsatzsteuer und Betriebskosten). Ein schriftlicher Mietvertrag existiert nicht. Eckpunkte eines mündlich abgeschlossenen Mietvertrages wurden in einer Aktennotiz festgehalten. Die Mieter zahlten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum eine (durchschnittliche) jährliche Nettomiete von € 23.000,- (gerundet).

Von der GmbH wird ein Büroraum mit einer Größe von ca. 16 m² im Erdgeschoß betrieblich genutzt.

Im Jahr 2008 wurde das Haus umfassend saniert und umgebaut (Kosten insgesamt € 314.329,92). Dabei wurde ua. ein Zubau im Ausmaß von 34,50 m² und ein Carport errichtet, sowie die Gartenanlage neugestaltet (Kosten dafür insgesamt € 212.760,-).

Eine Mieterhöhung nach dem Umbau fand nicht statt.

Die für den Streitzeitraum berechnete Renditemiete für dieses Objekt beträgt jährlich € 29.000,- (gerundet).

Die Bf hat im beschwerdegegenständlichen Zeitraum neben den Mieterlösen auch Erlöse aus ihrer Handelstätigkeit erklärt.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

Den im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung vorgelegten Plänen des gegenständlichen Gebäudes ist zu entnehmen, dass es sich bei dem an die Gesellschafter vermieteten Einfamilienhaus nicht um eine Luxusimmobilie im Sinne der Judikatur des VwGH handelt. Es ist seiner Erscheinung nach nicht besonders repräsentativ und nicht speziell auf die privaten Wohnbedürfnisse des Gesellschafters zugeschnitten. Vielmehr handelt es sich um ein Einfamilienhaus, das geeignet ist, die Wohnbedürfnisse einer Durchschnittsfamilie zu befriedigen, mit der Konsequenz, dass dieses Gebäude jederzeit im betrieblichen Geschehen eingesetzt und auf dem freien Markt angeboten werden kann.

Der Nachweis des Vorliegens eines funktionierenden Mietenmarktes wurde nicht erbracht (e-mail vom ).

Eine Einsichtnahme in das Abgabeninformationssystem des Bundes hat ergeben, dass die Bf ihre Handelstätigkeit während des gesamten Zeitraumes weiterhin ausgeübt und daraus Erlöse erzielt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Umsatzsteuer:

a) Verfahrensrecht

§ 253 BAO hat folgenden Wortlaut:

"Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst."

§ 253 BAO umfasst ua. Umsatzsteuerveranlagungsbescheide (§ 21 Abs. 4 UStG 1994), die an die Stelle von Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden (§ 21 Abs. 3 UStG 1994) treten (vgl. Ritz, BAO, § 253, Rz 1).

Die Beschwerde vom gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide gilt daher auch als gegen die Umsatzsteuerjahresbescheide 2008 und 2009 gerichtet. Die Beschwerde vom stellt daher einen ergänzenden Schriftsatz hinsichtlich Umsatzsteuer dar.

b) Unionsrechtliche Grundlagen

Die 6. MwSt-Richtlinie 77/388/EWG (im Folgenden kurz: Richtlinie) kennt den Begriff des Unternehmers nicht, sondern bestimmt dazu Folgendes:

Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Als wirtschaftliche Tätigkeiten gelten unter anderem Leistungen, die die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen. Durch die Bezugnahme auf wirtschaftliche Tätigkeiten wird auf nachhaltige, einnahmenorientierte Aktivitäten abgestellt.

c) Nationale Rechtsgrundlagen

Nach § 2 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 8 Abs. 2 KStG 1988 normiert einen Vorsteuerausschluss im Bereich der Verwendung von Gebäuden durch Kapitalgesellschaften für verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. ).

Im vorliegenden Fall hat die Bf ein von ihr errichtetes Wohnhaus an ihre beiden Gesellschafter vermietet. Im Jahr 2008 wurde das Gebäude umfassend saniert und umgebaut.

Nach der neueren Judikatur des VwGH sind im Bereich der Umsatzsteuer bei Vermietungen an den Gesellschafter drei Konstellationen denkbar (va. ; ), dies sind:

• die bloße Gebrauchsüberlassung

• die verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" im Zusammenhang mit Luxusimmobilien und

• die "klassische" verdeckte Ausschüttung.

Für das Vorliegen einer bloßen Gebrauchsüberlassung oder einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd Umsatzsteuer müssen nach der Rsp des VwGH insbesondere die Umstände verglichen werden unter denen das Wohngebäude im gegenständlichen Fall an den Gesellschafter vermietet wurde und jenen Umständen unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt werde. An einer wirtschaftlichen Tätigkeit fehlt es dann, wenn sich aus dem Gesamtbild der Umstände ergibt, dass die Überlassung der Nutzung eines Wohnhauses an die Gesellschafter nicht deshalb erfolgt, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihnen einen Vorteil zuzuwenden. Dabei hat eine Berücksichtigung aller Gegebenheiten, die für einen Einzelfall charakteristisch sind, zu erfolgen ().

Im vorliegenden Fall geht aus dem Gesamtbild der Verhältnisse hervor, dass die Vermietung des Einfamilienhauses deshalb erfolgt ist, um Einnahmen zu erzielen. Die Vermietung stellt keine Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn dar. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Vermietung u.a. auch Gegenstand des Unternehmens. Die Miete wurde monatlich bezahlt bzw. auch erklärt und vor sowie nach der Außenprüfung der Umsatzsteuer und der Körperschaftssteuer unterworfen. Damit wurde die unternehmerische Tätigkeit der Bf fortlaufend anerkannt. Eine bloße Gebrauchsüberlassung liegt daher nicht vor.

Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob und in welcher Form eine verdeckte Ausschüttung vorliegt. Beide Formen der verdeckten Ausschüttung haben zur Voraussetzung, dass die vereinbarte Miete niedriger ist als die als angemessen zu wertende Miete. Der Vorsteuerausschluss greift aber nach der Rsp des VwGH im Fall der "klassischen" verdeckten Ausschüttung nur, wenn die Miete weniger als die Hälfte der als angemessen zu wertenden Miete beträgt, im Fall der verdeckten Ausschüttung "an der Wurzel" hingegen schon bei geringen Abweichen von der angemessenen Miete (; ).

Für die Prüfung des Vorliegens einer Wurzelausschüttung ist zunächst zu untersuchen, ob ein besonders repräsentatives Gebäude oder ein solches, das speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters zugeschnitten ist, vorliegt. Bei dem gegenständlichen Einfamilienhaus handelt es sich - wie bereits ausgeführt - um ein jederzeit im betrieblichen Geschehen der Bf einsetzbares Gebäude und nicht um ein Gebäude, das schon seiner Erscheinung nach nur für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt ist. Eine verdeckte Ausschüttung an der Wurzel liegt daher ebenfalls nicht vor.

Wird ein (jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbares) Wohngebäude zwar dem Gesellschafter vermietet, aber erfolgt dies zu einem unangemessen niedrigen Mietzins, spricht dies nicht gegen dessen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen. Beträgt die tatsächliche Miete weniger als die Hälfte der fremdüblichen Miete (Renditemiete), wird eine mit der Vermietung in Zusammenhang stehende Vorleistung vom Vermieter "überwiegend" für verdeckte Ausschüttungen bezogen und tritt damit der Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG ein. Entscheidend für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei einer "klassischen" verdeckten Ausschüttung ist somit, in welchem Ausmaß (überwiegend oder nicht überwiegend) die vereinbarte Miete von der als angemessen erachteten Miete abweicht (; ).

Es muss daher in einem weiteren Schritt die als angemessen zu wertende Miethöhe ermittelt werden. Der VwGH hat dazu festgehalten, dass die Höhe der angemessenen Miete daraus abzuleiten ist, was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet ( mwN). Mit der Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" ist jene Rendite gemeint, die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt wird. Maßgeblich ist demnach jener Renditesatz der sich bei Veranlagung des Gesamtbetrages der Anschaffungs- und Herstellungskosten in gut rentierliche Immobilien ergibt, wobei nach Auffassung des VwGH im Allgemeinen ein Renditesatz in der Bandbreite von 3 bis 5 % jährlich zu erzielen sein müsste (sog. "Renditemiete", vgl. ; ).

Eine solche abstrakte Renditeberechnung ist allerdings nach der Judikatur des VwGH dann nicht geboten, wenn es einen funktionierenden Mietenmarkt gäbe. Ein funktionierender Mietenmarkt in diesem Sinne ist nur dann als gegeben anzunehmen, wenn ein wirtschaftlich agierender und nur am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde. Dies ist vom Steuerpflichtigen nachzuweisen ). Ein funktionierender Mietenmarkt wurde von der Bf im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen.

Es hat daher eine Berechnung der abstrakten Renditemiete für das gegenständliche Objekt zu erfolgen und danach mit der tatsächlich bezahlten Miete zu vergleichen.

Wie oben bereits dargestellt, ergibt die Berechnung der Renditemiete einen jährlichen Betrag von € 29.000,-. Die Umbau- und Zubaukosten sind dabei in die Berechnung miteinzubeziehen, da sie einen Mehrwert für die Mieter darstellen (größerer Wohnraum, Carport). Tatsächlich wurde im beschwerdegegenständlichen Zeitraum jährlich ein Mietzins von € 23.000,- entrichtet. Die bezahlte Miete beträgt daher nicht weniger als die Hälfte der als angemessen zu wertenden Miete (Renditemiete). Die Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Umbau und der Sanierung der Liegenschaft stehen daher zu. Dies stellt sich betragsmäßig wie folgt dar (genaue Berechnung siehe Berechnungsblätter):


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2008
2009
Hinzurechnung VSt
-11.925,80 €
-50.755,23 €

Körperschaftssteuer:

Gemäß § 8 Abs. 2 KStG ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen

- im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder

- entnommen oder

- in anderer Weise verwendet wird.

Das entscheidende Merkmal einer verdeckten Ausschüttung iSd § 8 Ab. 2 KStG ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben, was anhand eines Fremdvergleichs zu ermitteln ist. Dabei kann auch darauf Bedacht genommen werden, wie ein gewissenhafter, nur auf die Interessen der Körperschaft Bedacht nehmender Geschäftsleiter gehandelt hätte.

Bei dem gegenständlichen Einfamilienhaus, das im Eigentum der Bf steht und an die Gesellschafter vermietet wird, handelt es sich um eine jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbare Liegenschaft und somit um Betriebsvermögen der Bf. Es liegt keine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" vor (siehe oben). Die Aufwendungen für den Umbau und die Sanierung sind daher als betrieblich anzuerkennen.

Voraussetzung für die Annahme einer "klassischen" verdeckten Ausschüttung im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung einer Wohnung an den Gesellschafter ist, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich nicht standhält (), wobei der Fremdüblichkeit der Höhe der Mietzahlungen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. Rauscher, SWK 15/2013, 717).

Die Höhe einer angemessenen Miete kann daraus abgeleitet werden, was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet. Eine abstrakte Renditeberechnung ist, wie im Bereich der Umsatzsteuer, nur dann gerechtfertigt, wenn es für das zu beurteilende Mietobjekt keinen funktionierenden Mietenmarkt gibt.

Im vorliegenden Fall entspricht jedoch nach den obigen Ausführungen die vereinbarte Miete nach dem Umbau im Jahr 2008 nicht mehr der errechneten Renditemiete, da eine Mieterhöhung nicht stattgefunden hat. In Höhe der Differenz der tatsächlich bezahlten Miete von netto ca. € 23.000,- jährlich zur errechneten Renditemiete von € 29.000,- jährlich liegt daher eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter vor. Bei der Bf ist die Renditemiete anzusetzen und der Körperschaftssteuer zu unterziehen.

Die Körperschaftssteuerbescheide 2009-2011 werden daher wie folgt abgeändert (genaue Berechnung siehe Berechnungsblätter):


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2009
2010
2011
Afa Anlagegüter
-7.059,13 €
-14.178,37 €
-14.178,37 €
Dauerschuldzinsen
-4.832,42 €
-5.041,44 €
Hinzurechnung - Mieterlöse
6.000,00 €
6.000,00 €
6.000,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte laut Bescheid
26.619,76 €
8.147,41 €
19.646,56 €
Gesamtbetrag der Einkünfte laut Erkenntnis
25.560,63 €
-4.863,38 €
6.426,75 €

Insgesamt war den Beschwerden daher teilweise stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei den Rechtsfragen zur umsatz- und körperschaftsteuerlichen Beurteilung einer 'Wohnhausvermietung an Gesellschafter' auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100373.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at