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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2021, RV/2300010/2020

§ 33 Abs. 2 lit.a FinStrG: Vermietungsgemeinschaft zwischen Ehegatten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch ***1*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, Adresse, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 001, nach der am in Anwesenheit der Beschuldigten, der Amtsbeauftragten A sowie der Schriftführerin S abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis wie folgt abgeändert:

***Bf1*** ist schuldig, im Amtsbereich des Finanzamtes Graz-Umgebung als Wahrnehmende der steuerlichen Verpflichtungen der Miteigentumsgemeinschaft XY, vorsätzlich betreffend die Voranmeldungszeiträume 01-03/2014, 04-06/2014, 07-09/2014, 10-12/2014, 01-03/2015, 04-06/2015, 07-09/2015 und 10-12/2015 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von insgesamt 9.914,27 Euro (01-03/2014, 04-06/2014, 07-09/2014 und 10-12/2014 jeweils 1.068,54 €, 01-03/2015 1.916,17 €, 04-06/2015 1.554,39 €, 07-09/2015 1.109,96 € und
10-12/2015 1.059,59 €) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben.

Sie hat hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.

Über ***Bf1*** wird gemäß § 33 Abs. 5 in Verbindung mit § 23 Abs. 4 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von

1.300 (eintausenddreihundert) Euro

und gemäß § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von

5 (fünf) Tagen

verhängt.

Die Kosten des Strafverfahrens werden nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG in der Höhe von

130 (einhundertdreißig) Euro

festgesetzt.
Allfällige Kosten eines Strafvollzuges werden mit gesondertem Bescheid festgesetzt.

Das gegen ***Bf1*** am eingeleitete Finanzstrafverfahren wegen der Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume 01-12/2013 wird gemäß § 136 Abs. 1 FinStrG eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erbte nach dem Tod ihres Vaters im Jahr 2004 das frühere landwirtschaftliche Anwesen ihrer Eltern. Sie und ihr damaliger Ehemann E renovierten das Gebäude, das sie ab dem Jahr 2005 gemeinsam vermieteten.
Des Weiteren betrieb E im Gebäude eine Schlosserei als Einzelunternehmen.

In den Jahren 2005 bis 2012 wurden vom steuerlichen Vertreter der Bf., V1, für die Vermietungsgemeinschaft vierteljährlich Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2005 bis 2012 eingereicht (Buchungsabfrage StNr. 999).

Nach der Aktenlage (Abfrage der steuerlichen Vertreter) vertrat im Jahr 2013 der steuerliche Vertreter des E, V2, die Vermietungsgemeinschaft.
In den Jahren 2014 bis 2015 war die Vermietungsgemeinschaft steuerlich nicht vertreten.
Ab dem Jahr 2016 wurden die Mieteinkünfte von der Bf. als Einzelunternehmerin erklärt.

In den Jahren 2013 bis 2015 wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.
In den im November 2014 bzw. Dezember 2015 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen 2013 und 2014 wurden Restschulden in der Höhe von 4.236,96 € und 4.274,16 € erklärt, aber nicht innerhalb eines Monates entrichtet.

Das Finanzamt meldete am beim steuerlichen Vertreter der Miteigentümergemeinschaft eine Umsatzsteuersonderprüfung über die Zeiträume 02-12/2015 an.
Am übermittelte der steuerliche Vertreter der Bf. dem Finanzamt die vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2015 (01-03 1.916,17 €, 04-06 1.554,39 €, 07-09 1.109,96 € und 10-12 1.059,59 €) sowie die Umsatzsteuerjahreserklärung 2015.

Da die der Selbstanzeige zu Grunde liegenden Abgabennachforderungen und der vom Finanzamt gemäß § 30a Abs. 1 FinStrG festgesetzte Verkürzungszuschlag nicht innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung entrichtet wurden (siehe Buchungsabfrage StNr. 999), leitete die Finanzstrafbehörde am gegen die Bf. ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich der Zeiträume
01-12/2013, 01-12/2014, 01-03/2015, 04-06/2015, 07-09/2015 und 10-12/2015 in der Höhe von insgesamt 14.151,23 € ein und forderte die Bf. zur schriftlichen Stellungnahme auf.

Zum Sachverhalt führte die Bf. dazu im Schriftsatz vom aus:
Unter der Steuer-Nummer: 999 hatte mein damaliger Gatte, Herr E, geb. , Steuer-Nummer 222 und ich, eine Vermietungsgemeinschaft zu je gleichen Teilen.

Im Jahr 2013 musste ich aufgrund der ehelichen Verfehlungen meines jetzigen damaligen Gatten die Scheidung beim zuständigen Bezirksgericht einreichen.

In den Scheidungsverhandlungen in den Jahren 2013 und 2014 forderte mein damaliger Gatte immer wieder die Realteilung sowie die Gütertrennung, mit dem Ziel das ihm das Vermietungsobjekt zu fällt.

Deshalb gab es zwischen meinen damaligen Gatten und mir keine Möglichkeit eine normale wirtschaftliche Kommunikation zu führen.

Ich hatte Angst, dass mein damaliger Gatte, wenn ich ohne seine Zustimmung für die Vermietergemeinschaft, Steuern erkläre, dass er mir dies im Scheidungsverfahren iVm der Realteilung und der Gütertrennung nachteilig auslegt bzw. einen "Strick" dreht.

Die Scheidung wurde dann am rechtskräftig.

Danach habe ich die Unterlagen provisorisch zusammengekratzt, und dem Buchhalter zur Erledigung der Steuererklärungen überreicht, welche dann am für das Jahr 2013 beim Finanzamt Graz-Umgebung von mir eingereicht wurden sowie wurde der Zahllastbetrag der Kontoführenden Bank der Vermietergemeinschaft zur Überweisung übergeben.

Die Einreichung der Steuererklärungen 2013 erfolgte dann ohne Zustimmung meines damaligen Gatten, aber sie wurden von mir gemacht und nach den damaligen Besitzverhältnissen provisorisch erklärt.

Mit wurde über das Vermögen meines damaligen Gatten zu GZ: 432 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dabei war dann von der Insolvenzverwalterin meines damaligen Gatten zu klären, wie die Realteilung und Gütertrennung dann schlussendlich von statten geht.

Da hatte ich auch wieder Angst, dass mein damaliger Gatte, wenn ich ohne seine Zustimmung für die Vermietergemeinschaft, Steuern erkläre, dass er mir dies in seinem Insolvenzverfahren iVm der Realteilung und Gütertrennung nachteilig auslegt bzw. einen "Strick" dreht und ich dann auch noch von der Insolvenzverwalterin belangt werde.

Wegen der von meinem damaligen Gatten geforderte Realteilung und Güterteilung hat dann Ende November 2014 die Insolvenzverwalterin eine vorläufige Entscheidung getroffen.

Daraufhin habe ich wieder die Unterlagen dazu provisorisch zusammengekratzt und einen Buchhalter dazu übergeben. Am habe ich dann die Steuererklärungen 2014 provisorisch beim Finanzamt Graz-Umgebung eingereicht sowie den Zahllastbetrag der Kontoführenden Bank der Vermietergemeinschaft zur Überweisung übergeben. Provisorisch deshalb, da das Insolvenzverfahren bei meinen damaligen Gatten, zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war.

Daraufhin habe ich im Dezember 2014 und Folgemonaten mit der Kontoführenden Bank versucht wegen der immens hohen Bankschulden für die Zukunft eine Regelung zu finden.

Dabei habe ich erst erfahren, dass die Bank, mangels geklärter Vermögensverhältnisse meines damaligen Gatten (in Insolvenz) zahlreiche Überweisungen und Abbuchungen am Bankkonto der Vermietergemeinschaft nicht durchgeführt hat und die Zahlungseingänge aus der Vermietung der Spesentilgung und Obligo-Reduzierung, bei ihr zu geführt hat.

Als ich das erfuhr habe ich umgehend im Dezember 2015 eine größere mir mögliche Rückstandstilgung aus meinem Privatbereich durchgeführt.

Bei den laufenden Einbringungen in den Jahren 2014 und 2015 vermeinte mein damaliger Gatte, die sei der Rückstand aus den 2012 und weiteren Vorjahren, ich solle das bezahlen, da er in Insolvenz geht bzw. ist sowie mir der Außendienst des Finanzamtes Graz-Umgebung dazu aufklärte, dass die Beteiligten dafür haften. Dieser Betrag war dann mit Ende November 2016 von mir zur Gänze abgetragen.

Von der Bank habe ich Anfang März 2016 sämtliche Unterlagen dazu ausgefolgt bekommen und gleich dem Buchhalter überbracht. Die Umsatzsteuervoranmeldungen für die einzelnen Quartale 2015, habe ich gleich machen lassen und am dem Finanzamt Graz-Umgebung überreicht sowie auch gleich die Umsatzsteuererklärung 2015.

Da die Bank bei der Regelung der Verhältnisse erklärte, dass es keine Obligo-Erweiterung gibt, die Mieteingänge für die Obligo-Reduzierung von der Bank verwendet wurden, konnte ich die Zahllast 2015 nicht nach der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen am Anfang des Jahres 2016 veranlassen.

Wie von mir schon erwähnt, wurden sämtliche Zahlungen auf der Steuer-Nummer 999 zur Rückstandminimierung von meinem Gehaltseinkünften berappt, damit ist ersichtlich, das ich Willens bin, den von meinen damaligen Gatten verschuldeten Rückstand beim Finanzamt Graz-Umgebung abzudecken und ich habe dazu mit dem Finanzamt Graz-Umgebung eine Zahlungsvereinbarung getroffen, damit dem Finanzamt Graz-Umgebung kein Schaden entsteht.

Die im Jahr 2016 vom Finanzamt Graz-Umgebung durchgeführte Außenprüfung ABNr.: 101 endete mit keiner Feststellung.

Aufgrund meiner Zahlungswilligkeit ist bei mir keine Absicht daraus abzuleiten, dass ich wegen dem bestandenen Rückstand, die Umsatzsteuervoranmeldungen für die 2013, 2014 und 2015 nicht rechtzeitig beim Finanzamt Graz-Umgebung eingereicht habe.

Vielmehr liegt es nur an den Auseinandersetzungen mit meinem damaligen Gatten, dem aber die Steuer sowie das Finanzamt dazu, egal war.

Aufgrund der für mich widrigen vorher erwähnten Sachverhalte und Umstände habe ich als Teil der Vermietergemeinschaft reuig zu sein sowie unter der Berücksichtigung meiner miesen Vermögensverhältnisse, Finanzamtsschulden, Bankschulden sowie daraus schlechten Einkommensverhältnisse, wo mir kaum etwas zum Leben bleibt, wird von mir um keine Festsetzung einer Finanzstrafe ersucht.

Im Falle, dass dies amtswegig nicht möglich ist, wird um eine Festsetzung von höchstens EUR 300,00 ersucht, was meinen dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse entsprechen würde sowie ich mir leisten kann. …..

Mit der Strafverfügung vom wurde die Bf. der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit.a FinStrG (Zeiträume und strafbestimmender Wertbetrag wie Einleitung) schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 € verhängt.
Für die Tatzeiträume seien weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben bzw. zu spät gemeldet noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet worden. Die Wissentlichkeit sei aufgrund der langen Unternehmertätigkeit der Beschuldigten gegeben.
Eine mit rund 11 % der im Gesetz vorgesehenen Höchststrafe von 28.302,46 € verhängte Geldstrafe sei tat- und schuldangemessen, wobei als mildernd die Unbescholtenheit, die eingebrachte Selbstanzeige und die vollständige Schadensgutmachung, als erschwerend der Begehungszeitraum über mehrere Jahre gewertet wurde.

Im gegen die Strafverfügung eingebrachten Einspruch vom brachte die Bf. vor:

Dem Finanzamt Graz-Umgebung ist kein Schaden entstanden.

Die in der Strafverfügung genannten Umsatzsteuern, wurden von mir vollständig bezahlt.

Da ich keine Unternehmerin iSd UGB bin, ist eine Wissentlichkeit auf Grund der langen Unternehmertätigkeit, bei mir auszuschließen.

Eine mit rund 11 % der im Gesetz vorgesehene Höchststrafe von EUR 14.151,23 zu verhängende Geldstrafe iHv EUR 1.500,00, fühle ich hier, als schuldangemessen.

Woraus sich, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe, von höchstens 6 Tagen ergibt.

Die daraus festzusetzenden Kosten iHv 10 % der zu verhängenden Geldstrafe, fühle ich dazu, auch als angemessen.

Diese entsprechen die Höchstgrenze, meiner persönlichen Verhältnisse und auch meiner wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wie in meiner Äußerung vom , dargelegt.

Die Bf. verzichtete auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis des Finanzamtes Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde vom wurde die Bf. der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG schuldig erkannt, vorsätzlich für die Belange der Vermietungsgemeinschaft XY unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 01-12/2013 in der Höhe von 4.236,96 €, für 01-12/2014 in der Höhe von 4.274,16 €, für 01-03/2015 in der Höhe von 1.916,96 €, für 04-06/2015 in der Höhe von 1.554,39 €, für 07-09/2015 in der Höhe von 1.109,96 € und für 10-12/2015 in der Höhe von 1.059,59 €, insgesamt somit 14.151,23 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben.
Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 € verhängt; gemäß § 20 wurde die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 12 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 185 FinStrG wurden die Kosten des Strafverfahren mit 300 € bestimmt.
Begründend wurde ausgeführt, es seien unbestrittenermaßen keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden. Die Vermietungsgemeinschaft habe jährlich über 30.000 € Umsatz erzielt, weshalb von einer Kleinunternehmereigenschaft im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG nicht auszugehen sei. Es sei nicht dargelegt worden, inwieweit die Bf. für gegebenenfalls erforderliche Erkundigungen beim Finanzamt oder steuerlichen Vertreter einzuholen gehindert gewesen sei. Im Übrigen sei für den Zeitraum 10-12/2012 am , wenn auch verspätet, eine Umsatzsteuervoranmeldung eingebracht worden.
Die Bf. habe dargelegt, ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber anderen, ihr vordringlicher erscheinenden Aufgaben, hintangestellt zu haben, weshalb sie tatbildmäßig gehandelt habe.

Die Bf. führte in der gegen das Erkenntnis am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde, zum Teil unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens, ergänzend aus:

Mangels Zustimmungen meines ehemaligen Gatten bzw. dann durch dessen Insolvenzverwalter in den Jahren 2013, 2014 und 2015 sowie mangels Klärung der rechtlichen Situation der Vermietungsgemeinschaft, hatte ich zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten, k e i n e Aktivlegitimation für die Vermietungsgemeinschaft, in der Sache von Umsatzsteuervoranmeldungen tätig zu werden.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung führte die Bf. ergänzend aus, die Umsatzsteuervoranmeldungen seien in den Jahren 2005 bis 2012 von ihrem steuerlichen Vertreter V1 beim Finanzamt eingereicht worden. Die Unterlagen für die Erstellung der Voranmeldungen habe sie dem steuerlichen Vertreter übermittelt. Dieser habe ihr die Zahllasten mitgeteilt, und sie habe die Bank beauftragt, den entsprechenden Betrag an das Finanzamt zu überweisen. Sie selbst sei nicht in der Lage, eine Abgabenerklärung zu erstellen.

Für die Vermietung und Verpachtung sei ein eigenes Bankkonto eingerichtet gewesen.
Den ab März 2012 wegen des Rückstandes am Abgabenkonto eingeleiteten Vollstreckungshandlungen durch das Finanzamt sei die Weigerung der Bank vorausgegangen, die Überweisungen für die Umsatzsteuervoranmeldungen vorzunehmen.
Im Jahr 2013, als sie mit ihrem Mann in Trennung gelebt habe, habe die Bank auch die Kreditraten für das Privathaus, die zuvor immer ihr Mann bezahlt habe, von diesem Konto abgebucht.

Im Jahr 2013 habe ihr ihr Mann erklärt, dass sie "das alles nichts mehr anginge, er mache das jetzt alles selbst mit seinem Steuerberater".
Sie habe deshalb an den steuerlichen Vertreter ihres Mannes, V2, keine Unterlagen übermittelt. Ihr Mann habe ihr auf Nachfrage versichert, dass er sich um die steuerlichen Belange kümmere. Zufällig habe sie einen an ihren Mann gerichteten Brief gesehen, in dem Herr V2 ihrem Mann mitgeteilt habe, dass er die Vertretung zurücklege, weil er kein Geld bekomme.

Die familiäre und finanzielle Situation sei immer schwieriger geworden, ihr Mann habe getrunken, nicht mehr gearbeitet und habe meistens bei seiner Freundin gewohnt. Er habe sein Büro zugesperrt, sodass sie keinen Zugang zu Unterlagen gehabt habe und habe an sie gerichtete Poststücke verschwinden lassen.
Im Jahr 2014 habe er Konkurs angemeldet, der letztendlich mangels Vermögens abgewiesen worden sei.

Nach der Scheidung habe die Bank den Grundstücksanteil ihres Mannes am Privathaus versteigern wollen, dann aber ihrem Sohn einen Kredit gewährt, mit dem dieser den Grundstücksanteil zurückkaufen konnte. Sämtliche Bankschulden für das Privathaus und das Vermietungsobjekt seien bei ihr verblieben.
Die Bf. habe sich sogar von einer Freundin Geld ausgeliehen, um einen Lieferanten ihres Mannes zu befriedigen, der ebenfalls die Versteigerung des Grundstücksanteils betrieben habe.

Sie habe ständig Sorgen gehabt, ihr Haus und damit ein Dach über dem Kopf für sie und ihren Sohn zu verlieren. Mit ihrem Mann sei nicht zu reden gewesen, dieser habe immer nur gesagt: "Dir wird hier bald nichts mehr gehören, das gehört alles mir".

In den Jahren 2014 und 2015 habe sie kein Geld für den Steuerberater gehabt, weshalb dieser keine Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt habe.
Die Bf. habe natürlich gewusst, dass die Umsatzsteuer abzuführen sei. Ihr Steuerberater habe zu ihr gesagt: "Bezahl mich, dann reiche ich die UVAs ein".
Es tue ihr Leid, dass das passiert sei. Sie habe gedacht, wenn sie Abgabenerklärungen abgebe, komme sofort eine Forderung vom Finanzamt und natürlich in weiterer Folge die Exekution. Sie habe aufgrund ihrer damaligen existenzbedrohenden Situation nicht anders handeln können.

Die Bf. beantragte die Festsetzung einer möglichst geringen Geldstrafe.

Die Amtsbeauftragte beantragte hinsichtlich des Zeitraumes 1-12/2013 die Einstellung des Strafverfahrens, und hinsichtlich der Jahre 2014 und 2015 den Schuldspruch laut Erkenntnis vom aufrecht zu erhalten und die Strafe in einem niedrigen Ausmaß festzusetzen. Aufgrund der besonderen Umstände und der schwierigen persönlichen Lage der Bf. in diesen Jahren könne die Geldstrafe unter einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe festgesetzt werden.

Zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gab die Bf. zu Protokoll, sie sei derzeit in Kurzarbeit, und zwar 30 Stunden als Angestellte in einer Wäscherei beschäftigt. Ihr monatliches Einkommen aus nichtselbständigen Einkünften betrage 1.600 Euro. Die Mieteinnahmen laut letzten Einkommensteuererklärungen verblieben ihr nunmehr allein (Mieteinkünfte jährlich zwischen 30 - 40.000 €).
Die Hypothekardarlehen hafteten auf beiden Grundstücken mit einem Betrag in der Höhe von ca. 800.000 € aus. Die monatliche Darlehensrate betrage ca. 2.300 €.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unter einem als Täter in Betracht kommenden Abgabepflichtigen ist eine natürliche Person zu verstehen, die nach den Abgabevorschriften im Sine des § 2 Abs. 1 und 2 FinStrG als Verpflichteter, nicht nur als Schuldner von Abgaben, in Betracht kommt, wer also nach diesen Abgabevorschriften zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten jedweder Art herangezogen werden kann (siehe Reger/Nordmeyer/Hacker/Kuroki, Finanzstrafgesetz, § 33, Tz 2, und die dort zitierte weitergehende Literatur).
Bei Personengemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen, haben die Gesellschafter (Mitglieder) die Pflichten zu erfüllen, die der Personenvereinigung wegen der Einhebung der Abgaben auferlegt sind (siehe § 81 BAO).

Für die finanzstrafrechtliche Verantwortung ist es belanglos, ob der Täter für den Abgabepflichtigen mit oder ohne formelle Vertretungsbefugnis einschreitet oder nur sonst wie die steuerlichen Angelegenheiten wahrnimmt (siehe nochmals Reger/Nordmeyer/Hacker/Kuroki, Finanzstrafgesetz, § 33, Tz 38, und die dort zitierte Literatur).

Dass die Bf. daher zur Vertretung der Vermietungsgemeinschaft nicht "aktiv legitimiert" gewesen sei, ist im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 81 BAO unrichtig.

§ 21 UStG lautet auszugsweise:

(1) Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. …..

(2) Für Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im vorangegangenen Kalenderjahr 100 000 Euro nicht überstiegen haben, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum; der Unternehmer kann jedoch durch fristgerechte Abgabe einer Voranmeldung für den ersten Kalendermonat eines Veranlagungszeitraumes mit Wirkung für den ganzen Veranlagungszeitraum den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen.

(3) Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war.

(4) Der Unternehmer wird nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat. …..

(5) Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.

(6) Ein Kleinunternehmer (§ 6 Abs. 1 Z 27), dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30 000 Euro nicht übersteigen und der für den Veranlagungszeitraum keine Steuer zu entrichten hat, ist von der Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung befreit. Die Durchführung einer Veranlagung ist nicht erforderlich. Bei der Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Bf. kam in den Jahren 2005 bis 2012 den abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vermietungsgemeinschaft nach: ihr steuerlicher Vertreter erstellte auf Basis der ihm von der Bf. übermittelten Unterlagen vierteljährlich die Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die Umsatzsteuerjahreserklärungen. Bis zum Jahr 2011 wurden die Abgaben laufend entrichtet (Buchungsabfrage StNr. 999).

Als Folge hoher Kreditrückstände und fehlender Einkünfte des E überwies die Bank vom Konto der Vermietungsgemeinschaft von diesem nicht bezahlte Rückzahlungen auf das Kreditkonto des Privathauses und stellte die Überweisung der Umsatzsteuervorauszahlungen an die Abgabenbehörde ein, was zur Folge hatte, dass die Abgabenbehörde ab ca. Mitte 2012 laufend Einbringungsmaßnahmen setzte.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 StGB, wer den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Nach der Aktenlage wurden in den Jahren 2013 bis 2015 für die Vermietungsgemeinschaft keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingebracht und keine Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet, weshalb der objektive Tatbestand der der Bf. angelasteten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht wurde.

Die für das Jahr 2014 bekannt gegebene Restschuld von 4.274,16 € wurde im Spruch zu je einem Viertel auf die Voranmeldungszeiträume aufgeteilt (gleichbleibend hohe Mieteinkünfte, weshalb von annähernd gleichbleibend hohen Zahllasten zu den Vierteljahresfälligkeiten ausgegangen werden kann).

Die Abgabenverkürzung braucht zur Tatbestandsverwirklichung keine dauernde zu sein. Verkürzt wird eine Steuereinnahme nämlich nicht nur dann, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er darauf gesetzlich Anspruch hatte (VwGH 22.10,1986, 83/13/0055). Auch die nur vorübergehende Abgabenverkürzung bewirkt daher den Tatbestand der Abgabenhinterziehung.
Der Einwand der Bf., der Abgabenbehörde sei mit der (verspäteten) Entrichtung der Umsatzsteuer kein Schaden erwachsen, ändert daher nichts an der Tatbestandsverwirklichung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Umsatzsteuervorauszahlungen.

Eine versuchte Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG liegt nicht vor, weil die Intention der Bf. aufgrund der fehlenden Liquidität darauf gerichtet war, einen Zahlungsaufschub für die Umsatzsteuer zu erwirken. Da sie die Unterlagen an den Buchhalter zur Erstellung der jeweiligen Jahreserklärungen für die Jahre 2013 und 2014 übermittelte und diese - wenn auch verspätet - eingebracht wurden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bf. das Unterbleiben jeglicher Festsetzung oder zu niedriger Festsetzung der Umsatzsteuer bewirken wollte. Die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 wurde im Februar 2016 und somit zu einem Zeitpunkt eingebracht, in dem die Frist zur Abgabe der Jahreserklärung noch nicht abgelaufen war.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist einerseits das Vorliegen bedingten Vorsatzes in Bezug auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung von ordnungsgemäßen Umsatzsteuervoranmeldungen und andererseits Wissentlichkeit in Bezug auf die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgte Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung erforderlich.

Hinsichtlich des Jahres 2013 ist zu Gunsten der Bf. davon auszugehen, dass vorsätzliches Verhalten nicht nachgewiesen werden kann. Ihr damaliger Gatte, von dem sie zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt lebte, erklärte ihr, dass die steuerlichen Belange im Hinblick auf die Vermietung nunmehr von seinem steuerlichen Vertreter wahrgenommen werden würden. Die Bf. ging daher davon aus, dass für das Jahr 2013 die steuerlichen Interessen der Vermietungsgemeinschaft von E wahrgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bf. keinen Anlass, an der rechtzeitigen Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldungen zu zweifeln, zumal ihr Ex-Gatte ihr auf Nachfrage versicherte, dass er sich darum kümmere und sich dazu seines steuerlichen Vertreters bediente.

Der Bf. kann daher hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für das Jahr 2013 der Tatvorwurf nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht angelastet werden, weshalb das Strafverfahren, dem Antrag der Amtsbeauftragten folgend, für die Voranmeldungszeiträume 01-12/2013 einzustellen war.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist einerseits das Vorliegen bedingten Vorsatzes in Bezug auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zur zeitgerechten Einreichung von ordnungsgemäßen Umsatzsteuervoranmeldungen und andererseits Wissentlichkeit in Bezug auf die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgte Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung erforderlich.

Ab der Zurücklegung der Vertretungsvollmacht des V2 war die Vermietungsgemeinschaft steuerlich unvertreten; das unleidliche Verhalten des E gegenüber der Bf., sein Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung und in weiterer Folge die Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen ließ eine korrekte Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen durch ihn ohne steuerliche Vertretung nicht erwarten. Der Bf. war daher ab dem Zeitpunkt, in dem sie (zufällig) erfuhr, dass der steuerliche Vertreter des E seine Vollmacht zurückgelegt hatte, bekannt, dass Umsatzsteuervoranmeldungen nicht eingebracht werden. Auch der Masseverwalter erklärte sich für die Vermietung nicht zuständig (diese "gehe ihn nichts an"), weshalb die Pflicht zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vermietungsgemeinschaft auch während des Konkursverfahrens bei ihr lag. Dies war der Bf. auch selbst klar, da sie mit ihrem steuerlichen Vertreter Kontakt aufnahm. Dieser erklärte ihr, Umsatzsteuervoranmeldungen nur gegen Bezahlung zu erstellen.
Da die Bf. somit wusste, dass keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht wurden und sie in ihrer prekären wirtschaftlichen Lage jede weitere Forderung hinausschieben wollte und die Umsatzsteuervorauszahlungen daher wissentlich nicht zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten entrichtete, ist für die Jahre 2014 und 2015 die subjektive Tatseite des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht.

§ 23 FinStrG (Strafbemessung) lautet:
Abs. 1: Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.
Abs. 2: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. … Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
Abs. 3: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
Abs. 4: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen.

Die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe beläuft sich im vorliegenden Fall auf 19.828,54 € (zweifacher Verkürzungsbetrag von 9.914,27 €).
Nach dem Gesetz sind bei der Bemessung der Geldstrafe die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschuldigten zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vorgesehene Ersatzfreiheitsstrafe bedeutet aber nicht, dass die Geldstrafe, wie die Bf. vorbringt, in einer Höhe festzusetzen ist, die von ihr gerade noch entrichtet werden kann. Folgte man dieser Ansicht, wäre eine adäquate Bestrafung von Abgabenhinterziehungen bei Vorliegen schlechter Einkommens- und Vermögensverhältnisse beim Täter nicht möglich.

Die strafuntergrenze von 10% der Höchststrafe ist nicht absolut, sondern kann bei Vorliegen besonderer Gründe unterschritten werden. Ein solches Unterschreiten kommt z.B. nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV 451 BlgNR 22. GP 31) dann in Betracht, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und eine höhere Strafe auch nicht aus spezialpräventiven Gründen erforderlich erscheint.

Als mildernd sind im vorliegenden Fall zu berücksichtigen die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bf., ihr Geständnis in der mündlichen Verhandlung, die vollständige Schadensgutmachung, die Erstattung einer Selbstanzeige, der mangels rechtzeitiger Entrichtung schuldbefreiende Wirkung nicht zukam, das lange Zurückliegen der Tat und das seither gezeigte Wohlverhalten in Bezug auf ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen. Als erschwerend ist nur die Mehrzahl der deliktischen Angriffe zu werten.

Im vorliegenden spricht weiters zu Gunsten der Bf., dass die Verkürzung der Umsatzsteuer nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Die spätere (vollständige) Begleichung der Abgabenrückstände der Vermietungsgemeinschaft hat die Bf. trotz ihrer angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse, aus ihrem Einkommen zur Gänze entrichtet.
Der Bf. ist vor allem durch die im Tatzeitraum ausgesprochene Scheidung von ihrem Gatten und die damit einhergehenden Streitigkeiten über die Aufteilung des Vermögens sowie die Gefahr des Verlustes des Erbes ihrer Eltern durch das über E eingeleitete Konkursverfahren zuzubilligen, dass sie sich im Tatzeitraum nicht nur in einer prekären finanziellen Lage, sondern auch in einer psychischen Ausnahmesituation befand, in ihr die Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen zweitrangig erschien.
Nunmehr ist die Bf. auch schwer erkrankt und hat für die Wiedererlangung ihrer Gesundheit weitere Auslagen zu tragen.

Unter Berücksichtigung generalpräventiver Aspekte, wonach der zeitnahen Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben grundlegende Bedeutung für das Steueraufkommen des Staates zukommt und eine von einzelnen Abgabepflichtigen vorgenommene "Kreditierung" der Abgaben nicht nur die laufenden Steuereinnahmen gefährden, sondern auch die Steuermoral der steuerehrlichen Bürger untergraben würde, ist die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 1.300 € (somit lediglich 6,5 % der möglichen Höchststrafe) angemessen.

Gleiches gilt auch für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe, welche ebenfalls anteilig zu verringern ist.

Die Verringerung der vorzuschreibenden Verfahrenskosten gründet sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach ein anteiliger Kostenersatz im Ausmaß von pauschal 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00, festzusetzen ist.


Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Finanzamts-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Beilage: Niederschrift mündliche Verhandlung vom

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2300010.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAC-27536