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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2021, RV/2100361/2020

Ergänzungsausbildung einer Grenzpolizistin ist keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***7*** (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung Familienbeihilfe ab April 2019, SVNR ***1***, für die Tochter ***2***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF) stellte für seine Tochter einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe mit Antrag vom für die Zeit von deren (Ergänzungs)Ausbildung in der Polizeischule ab bis voraussichtlich .

Dieser Antrag wurde vom Finanzamt ab 4/2019 abgewiesen mit dem Hinweis auf . Es liege im Fall des Antragstellers keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 bei der Tochter vor.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde verwies der BF darauf, dass die Tochter eine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviere, nämlich die neunmonatige Ergänzungsausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst. Es handle es sich sehr wohl um eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung blieb das Finanzamt bei seiner Auffassung, dass die Tätigkeit der Tochter keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle (mit Hinweisen auf Erkenntnisse des VwGH).

Im Vorlageantrag verwies der BF auf seine bisherigen Ausführungen und beantragte eine mündliche Verhandlung.

Da die Tochter mit wieder zurück in die Polizeischule gehe, um da ihre Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst zu absolvieren, habe sie Anspruch auf Familienbeihilfe. Es gehe explizit um den Zeitraum der theoretischen Ausbildung, welche die Tochter von bis Ende 2019 absolviere und nicht um die praktische Ausbildung dazwischen.

Das BFG ersuchte den BF um weitere Informationen und übermittelte an ihn das abweisende Erkenntnis des zu einem gleich gelagerten Sachverhalt mit der Bitte um Stellungnahme.

Im Verfahren vor dem BFG legte der BF noch zusätzliche Unterlagen durch seinen Rechtsvertreter vor, ua das Dienstprüfungszeugnis der Tochter, die Ernennung auf eine Planstelle, Gehaltsnachweise und den Dienstvertrag / Sondervertrag, woraus sich aus Punkt 13.3. ergebe, dass die Ergänzungsausbildung, die gegenständlich in ***6*** absolviert und mit der Dienstprüfung abgeschlossen wurde, zwingend zu besuchen sei. Die Ergänzungsausbildung gehöre daher zur Ausbildung dazu.
Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde wurde nunmehr verzichtet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter des BF ist am ***4*** geboren und ab bei der Landespolizeidirektion ***3*** als Vertragsbedienstete des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich gemäß § 36 VBG 1948 beschäftigt.

Ab 09/2016 absolvierte die Tochter eine fremden - und grenzpolizeiliche Grundausbildung. Danach erfolgte eine Kursunterbrechung mit einer Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich. In dieser Zeit wurde das Normalentgelt bezogen und die Tochter war als Grenzpolizistin tätig.

Die Tochter absolvierte von bis Dezember 2019 eine neunmonatige Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bildungszentrum ***6***, die sie mit der Dienstprüfung am abschloss.
Laut Dienstvertrag Punkt 13.3. gelten als Ausbildungsphase (§ 66 VBG) die ersten zwei Jahre des Dienstverhältnisses.
Der nicht erfolgreiche Abschluss der Grundausbildung wäre ein Kündigungsgrund gewesen.
Mit wurde die Tochter auf die Planstelle einer Inspektorin ernannt.

Für einen Zeitraum von 6 Monaten wurde die Grundausbildung als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 anerkannt (9/2016-2/2017) und Familienbeihilfe seitens des Finanzamtes gewährt. Für die Zeit danach (Arbeit als Grenzpolizistin und Ergänzungsausbildung) wurde die Familienbeihilfe nicht zuerkannt.

Die Tochter gehörte während der Ausbildung dem Haushalt des BF an.
Die Tochter bezog während der Ergänzungsausbildung ein Normalentgelt samt Zulagen.

Beweiswürdigung

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, den Datenbanken der Finanzverwaltung sowie aus den Angaben des BF.

Rechtliche Beurteilung

§ 323b Abs. 1 BAO: Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sichdieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs.4).

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/16/0064, in einem zum verfahrensgegenständlichen Fall gleich gelagerten Sachverhalt (Nichtzuerkennung von Familienbeihilfe für die Ergänzungsausbildung eines Grenzpolizisten von 9 Monaten) unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ausgeführt:

"Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit.b FLAG jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa Ra 2020/16/0017; Ra 2017/16/0030; 2009/16/0315; 2009/13/0127; und 2007/13/0125).

Diese der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entnehmbare Definition der Berufsausbildung trifft nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten - im Revisionsfall nicht interessierenden - Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) liegen (vgl. etwa nochmals Ra 2020/16/0017; und Ro 2015/16/0033).

Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann (vgl. Ra 2020/16/0039).

So ist einerseits die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa Ro 2016/16/0005).

Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass es für die Qualifikation einer Berufsausbildung nicht darauf ankommt, ob eine schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist. Dies lässt eine Berufsausbildung neben der Ausübung eines Berufes zu (vgl. etwa nochmals Ra 2017/16/0030, mwN).

Bei bereits berufstätigen Personen ist demnach zwischen einer Berufsausbildung (füreinen anderen als den ausgeübten Beruf) und einer Fortbildung im erlernten Beruf zuunterscheiden.

Dienstrechtliche Begriffe im Zusammenhang mit einer Ausbildung sind dabei nicht ausschlaggebend (vgl. auch Ra 2018/16/0203).

Das Bundesfinanzgericht stützt sich darauf, dass der Sohn der Revisionswerberin mit dem Beginn seines Dienstverhältnisses einen Beruf ausgeübt habe, und verweist auf Ra 2018/16/0203.

Der Sohn des Revisionswerbers hat nach den unstrittigen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes im an die "sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst)" anschließendenZeitraum vom März 2017 bis zum März 2019 im Rahmen des erwähnten Dienstverhältnisses als Grenzpolizist Dienst versehen unddamit den Beruf eines Polizisten ausgeübt. Der Revisionswerber spricht davon, dass bei seinem Sohn in diesem Zeitraum eine "praktische Verwendung" erfolgte.

Dass die daran wieder anschließende "Ergänzungsausbildung" während des Streitzeitraumseine Ausbildung zu einem anderen Beruf darstelle, behauptet auch der Revisionswerbernicht.

Damit handelt es sich bei dieser Ausbildung um eine im bereits ausgeübten Beruf vorgesehene Fort- oder Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf, welche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit b FLAG zu Folge nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln kann, wenn sie in einer Fachschule erfolgt. Dass es sich beim "Bildungszentrum der Sicherheitsakademie" um eine solche Fachschule handle, behauptet der Revisionswerber nicht und geht aus den vorgelegten Akten nicht hervor.

Der Revisionswerber zeigt somit nicht auf, dass sein Sohn im Streitzeitraum vom April bis Dezember 2019 für einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf ausgebildet worden wäre, dem Revisionswerber daher Familienbeihilfe zustünde und er im geltend gemachten Recht verletzt wäre.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."

Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden.

Die Tochter hat nach der Grundausbildung (Grenzpolizei) bereits den Beruf einer (Fremden)Polizistin ausgeübt (in der Zeit von 3/2017 und 3/2019) mit Bezug des Normalentgeltes ab diesem Zeitraum.

Mit der Ergänzungsausbildung im Anschluss daran wird nach der eindeutigen VwGH-Rechtsprechung keine Ausbildung zu einem anderen Beruf absolviert [vgl. auch ÖStZB 2020/257: Hat das Kind eine sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst) absolviert und bis März 2019 einen Dienst als Grenzpolizist versehen und dabei ein Normalentgelt bezogen, so stellt die ab April 2019 begonnene neunmonatige Ergänzungsausbildung an der Sicherheitsakademie, welche die Kursteilnehmer im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich absolvieren, keine Ausbildung für einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf dar. Es steht daher auch keine Familienbeihilfe zu).

Im oa vom VwGH entschiedenen Fall lag ein (in den wesentlichen Punkten) identer Sonderdienstvertrag vor [mit Punkt 13.3., wonach die ersten zwei Jahre des Dienstverhältnisses als Ausbildungsphase (§ 66 VBG) gelten; sowie dem Umstand, dass der nicht erfolgreiche Abschluss der Grundausbildung ein Kündigungsgrund gewesen wäre].
Der VwGH hat diese Umstände also in seine Entscheidungsfindung einbezogen und wie oben ausgeführt entschieden, dass diese "Ausbildungsphase" laut Dienstvertrag keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden (vgl. auch ; ).

Der angefochtene Bescheid entspricht der Rechtslage, die Beschwerde war gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere dem Erkenntnis des folgt bzw. zu folgen hat.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise












ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100361.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at