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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.10.2020, RV/7102666/2020

Teilwertabschreibung einer Forderung nach Klagseinbringung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102666/2020-RS1
Wird das Bestehen einer Forderung dem Grunde nach zur Gänze bestritten, so fehlt es an der Konkretisierung eines Wirtschaftsgutes. Die Werthaltigkeit der Forderung geht verloren und ihr Teilwert gegen Null.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Walter Kristen, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Lainzerstraße 36, 1136 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Körperschaftsteuer 2014 Steuernummer zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ergeben sich aus dem beiliegenden Berechnungsblatt und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen den Abgabenbescheid betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2014 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob die Ausbuchung der Forderung gegen die ***Lieferantin1*** im Jahr 2014 zu Recht erfolgte.

Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:

Die Bf reichte keine Erklärungen ein. In der Folge schätzte die Behörde die Besteuerungsgrundlagen.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Die Bf brachte darin vor, dass die geschätzten Besteuerungsgrundlagen nicht mit den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen übereinstimmten. Es werde daher der Antrag gestellt, die Besteuerung nach den beiliegenden Steuerklärungen festzusetzen. Der Beschwerde beigefügt waren die Steuererklärungen und der Jahresabschluss zum .

Das Finanzamt forderte die Bf auf, die sonstigen betrieblichen Aufwendungen in der Höhe von Euro 128.476,92 dem Grunde und der Höhe nach aufzugliedern und durch geeignete Unterlagen nachzuweisen.

Nachdem innerhalb offener Frist keine Vorhaltsbeantwortung beim Finanzamt einlangte, wurde an die Bf eine Erinnerung versandt, in der die Abgabenbehörde die Bf aufforderte, die einzubringende Vorhaltsbeantwortung innerhalb der neu gesetzten Frist nachzuholen, andernfalls die Beschwerde abgewiesen würde.

Nachdem auch nach Erinnerung keine Beantwortung durch die Bf beim Finanzamt einlangte, entschied das Finanzamt mit abweisender Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde und verwies in der Begründung darauf, dass trotz Erinnerung der Vorhalt nicht beantwortet worden sei.

Die Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Dem Antrag beigelegt war die Vorhaltsbeantwortung, die nach den Angaben der Bf fristgerecht elektronisch eingebracht worden sei. In diesem Schreiben führte die Bf aus, dass es sich bei den sonstigen betrieblichen Aufwendungen Großteils um die Ausbuchung einer Forderung gegen die ***Lieferantin1*** handelte. Mit dieser Lieferantin sei 2013 ein Warentermingeschäft abgeschlossen worden, bei welchem es zu Rechtsstreitigkeiten gekommen sei. Die ***Lieferantin1*** habe mit eine Klage gegen die Bf eingebracht und auf die Zahlung eines offenen Betrages geklagt. Der Klage sei entgegengehalten worden, dass aus den bisher geleisteten Zahlungen und Gegenverrechnungen per Ende 2013 vielmehr eine Forderung an die ***Lieferantin1*** in der Höhe von Euro 128.047,92 bestehe. Das Verfahren sei mit Beschluss vom beendet worden, da in der Tagsatzung die Klage unter gegenseitigem Anspruchsverzicht für beendet erklärt worden sei. Entsprechend diesem Beschluss sei die Forderung im Jahresabschluss zum auszubuchen gewesen. Bei dem Restbetrag von Euro 429 handle es sich um eine nicht mehr rückforderbare Kaution.

Dem Antrag beigelegt waren die Vorhaltsbeantwortung, eine Kopie der Ausbuchung der Forderung, der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , mit dem das Klageverfahren für beendet erklärt wurde, die Klage vom , Beschluss über den Auftrag zur Klagebeantwortung vom und ein vorbereitender Schriftsatz der Bf vom .

In einer Stellungnahme vom teilte die Bf mit, dass der Teilwert eines Wirtschaftsgutes sich daraus ergebe sich aus dem Wert des Wirtschaftsgutes für den Betrieb, wobei die Fortführung des Unternehmens zu unterstellen sei. Ausschlaggebend sei jener Teilwert, welcher sich zum jeweiligen Bilanzstichtag darstelle. Nachdem zum Dezember 2014 bereits eine Klage anhängig gewesen sei, wäre ein Erwerber des gesamten Betriebes keinesfalls von der Werthaltigkeit dieser Forderung ausgegangen. Ein Gewinnermittler nach § 5 sei verpflichtet, eine Teilwertabschreibung durchzuführen, wenn Umstände dafür bereits am Bilanzstichtag gegeben waren. Diese waren aus Sicht der Bf mit Bilanzstichtag bereits gegeben, und zwar durch die Klage im Dezember 2013.

Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung sei in Anwendung des Vorsichtsprinzips zwingend zumindest eine Wertberichtigung in Höhe der strittigen Forderung geboten, nämlich eine Berichtigung des Wertes der strittigen Forderung auf null. Durch den Vergleich habe ein erheblich höherer Schaden durch einen negativen Prozessausgang abgewendet werden können. Es werde daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben und die Ausbuchung der Forderung in voller Höhe anzuerkennen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf bilanziert zum 31.12. jeden Jahres.

Die Bf hat im April 2013 ein Termingeschäft über den Transport von Sojabohnenmehl abgeschlossen, bei welchem es im Zuge der Abwicklung zu Rechtsstreitigkeiten kam.

Die Vertragspartnerin der Bf erhob in der Folge im Dezember 2013 Klage gegen die Bf und forderte darin die Bezahlung des nach Ansicht der Vertragspartnerin offenen Betrages von USD 385.968,77.

Die Bf bestritt in ihrer Gegenschrift diese Forderung und machte ihrerseits eine Gegenforderung in der Höhe von USD 156.812,53 (Euro 128.047,92) geltend.

Das Gerichtsverfahren wurde mit Beschluss vom beendet. Es wurde vom Klagevertreter unter gegenseitigem Anspruchsverzicht für beendet erklärt.

Im Zuge der Erstellung der Bilanz 2014 im Dezember 2016 wurde von der Bf die Forderung per erfolgswirksam ausgebucht.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:

Gemäß § 6 Z 2 lit a EStG 1988 sind nicht abnutzbares Anlagevermögen und Umlaufvermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als deren Nennwert, dann kann bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG bzw muss bei Gewinnermittlung nach § 5 Abs 1 EStG der niedrigere Teilwert angesetzt werden.

Die Höhe des Teilwertes bestimmt sich in Abhängigkeit von drei wertbestimmenden Faktoren: Einbringlichkeit, Fälligkeit und Verzinsung.

Eine Wertberichtigung wegen (vollständiger oder teilweiser endgültiger) Uneinbringlichkeit ergibt sich nicht nur aus dem Grundsatz der Bilanzwahrheit sondern auch zwingend aus dem Wirtschaftsgutbegriff, sodass eine Ausbuchung wegen Uneinbringlichkeit unabhängig von der Gewinnermittlungsart durchzuführen ist.

Maßgeblich für die Einbringlichkeit sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag. Ist die Einbringlichkeit gefährdet, so ist nur der § 5 Abs 1-Gewinnermittler nach dem Niederstwertprinzip zur Wertberichtigung verpflichtet, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG besteht ein Wahlrecht. Ist die Wertberichtigung zwingend, dann kann aufgrund des Nachholverbots die Abschreibung nicht erst in einem späteren Jahr vorgenommen werden; die ursprünglich falsche Bilanz ist dann zu berichtigen, auch wenn dies steuerlich nicht mehr wirksam sein sollte.

Die Bewertung der Vermögensgegenstände in der Bilanz richtet sich dabei nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag, der Bilanzerstellungszeitpunkt ist dafür nicht maßgebend ().

Bestrittene Forderungen dürfen nur ausgewiesen werden, wenn sie hinreichend konkretisiert sind. Eine solche Konkretisierung ist gegeben, wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt oder eine Einigung (Vergleich) mit dem Schuldner zustande gekommen ist. Sollte in derartigen Fällen die Höhe der Forderung noch strittig sein, dann muss bei Zweifeln über die einbringliche Höhe der Forderung eine Wertberichtigung derselben durchgeführt werden. Wird das Bestehen einer Forderung allerdings dem Grunde nach zur Gänze bestritten, so fehlt es an der Konkretisierung eines Wirtschaftsgutes.

Werden alle zum Bilanzstichtag 31. 12. bestehenden Umstände in der Bilanz ordnungsgemäß berücksichtigt, so kann eine später eingetretene Änderung des Wissensstandes über nach dem Bilanzstichtag eingetretene Ereignisse auf die Bewertungsansätze der Bilanz keinen Einfluss haben (vgl ).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Die Forderung der Bf gegen die ***Lieferantin1*** ist im Laufe des Jahres 2013 im Zuge der Abwicklung des Warentermingeschäftes entstanden. Im gleichen Jahr erfolgte die Einbringung der Klage gegen die Bf. Aus dem Klagevorbringen ist ersichtlich, dass aus der Sicht der ***Lieferantin1*** eine Forderung gegen die Bf bestand. Aus der Sicht der Bf bestand hingegen eine Forderung gegen gegenüber der Vertragspartnerin, welche nach den Angaben der Bf im Schreiben vom in den Büchern aufschien.

Mit der Klagseinbringung durch die ***Lieferantin1*** im Jahr 2013 wurde die Forderung der Bf strittig, und zwar dem Grunde nach zur Gänze, sodass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Werthaltigkeit der Forderung ausgegangen werden konnte. Damit fehlte es der Forderung an einer ausreichenden Konkretisierung und verlor sie mit der Einbringung der Klage die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes. Es hätte somit - bereits im Jahr 2013 - die Wertberichtigung der Forderung durchgeführt werden müssen. Aufgrund des Nachholverbots kann die Abschreibung nicht erst in einem späteren Jahr vorgenommen werden. Das Bundesfinanzgericht teilt somit dem Grunde nach die Ausführungen der Bf in der Stellungnahme vom zur Abschreibung der Forderung, jedoch nicht hinsichtlich des Zeitpunktes der Abschreibung. Durch die Klagseinbringung im Dezember 2013 war die Werthaltigkeit der Forderung bereits zum Bilanzstichtag erloschen.

Die Wertberichtigung erfolgte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im Jahr 2014 damit zu Unrecht.

Im Übrigen folgt das Bundesfinanzgericht den glaubhaften Ansätzen in der mit der Beschwerde eingereichten Bilanz und Erklärung.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung folgt der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (). Die Bewertung der Forderung darf nicht mit dem später verglichenen Betrag erfolgen (vgl ).

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor. Aus diesem Grund war die Revision für unzulässig zu erklären.

Beilage:

1 Berechnungsblatt Körperschaftsteuer 2014

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102666.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at