Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2021, RV/1100039/2019

Aufteilung der Sozialversicherungsbeiträge auf laufende und sonstige Einkünfte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

I. Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Vorlageanträge vom gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom werden als verspätet zurückgewiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Einkommensteuer 2015 und 2016:


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2015
2016
Erstbescheid
Beschwerde
Beschwerdevorentscheidung
(Databox)
(Databox)
Vorlageantrag

2. Einkommensteuer 2017:

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Bregenz dem Beschwerdeführer Einkommensteuer für das Jahr 2017 vorgeschrieben.

In der Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

"Die angesetzten Sozialversicherungsbeiträge wurden für

-laufend ausgezahlten Arbeitslohn (KZ 357) mit 11.036,61 EUR

-Zuwendungen gemäß KZ 347 (Bezüge gemäß KZ 351 von 7.560,45 EUR) mit 1.166,63 EUR

angesetzt und sind für mich nicht nachvollziehbar.

Die von mir errechneten Beiträge für die KZ 357 und KZ 347 habe ich ihnen mit dem Antwortschreiben vom als Anhang in einer Tabelle auf Basis der Verdienstbescheinigung und der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung im Detail erläutert.

Wo wird der Beitrag von 721,02 der KZ 354 in dem Bescheid berücksichtigt?

Bitte prüfen Sie die Beiträge und erläutern sie mir die von Ihnen angesetzten Beiträge.

Außerdem habe ich Ihnen mit dem Antwortschreiben vom den geforderten Lohnausweis im Original als Anhang in Form der Jahresverdienstbescheinigung und der Elektronischen Lohnsteuerbescheinigung im Original übersendet.

Bitte senden Sie mir die Originale zurück."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt Bregenz der Beschwerde teilweise stattgegeben. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Der Betrag von € 721,02 wurde unter der KZ 354 im LZ erfasst. Analog zu den Vorjahren wurde die KZ 350 um den Bosch Vorsorgeplan ergänzt, es handelt sich um Entgeltumwandlung. Dieser Betrag wurde in der Folge als Werbungskosten abgezogen.

Die vom Arbeitnehmer selbst getragenen SV-Pflichtbeiträge (RV, ALV, KV, PV) betragen 11.382,92.

Auf KZ 347 entfällt der genaue Betrag von 820,32 für die SV der konkreten Sonderzahlungen."

Im Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

"Im Lohnzettel für 2017 wurde zu Kennziffer 357 für die laufenden Sozialversicherungsbeiträge ein Betrag von 11.382,92 EUR und somit auch als "sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung" in dem Einkommensteuerbescheid angesetzt.

Tatsächlich betragen die laufenden Sozialversicherungsbeiträge 12.203,36 EUR.

Die Beiträge für die KZ 357 und KZ 347 habe ich ihnen mit dem Antwortschreiben vom als Anhang in einer Tabelle auf Basis der Verdienstbescheinigung und der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung im Detail erläutert."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum Grenzgänger nach Deutschland. Der Arbeitgeber übermittelte folgenden Jahreslohnzettel 2017 an das deutsche Betriebsstättenfinanzamt:


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Steuerfreier Arbeitslohn nach DBA
76.028,31
AG-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung
6.960,91
AN-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung
6.960,91
steuerfreie AG-Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung
3.810,60
Steuerfreie AG-Zuschüsse zur gesetzlichen Pflegeversicherung
665,52
AN-Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
8.091,00
AN-Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung
1.331,16
AN-Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
1.116,73

Grundsätzlich sind in Deutschland auch die sonstigen Bezüge in die Bemessungsgrundlage für die gesetzliche Kranken- Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung miteinzubeziehen. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung ist im Jahr 2017 bei 52.200,00 € pro Jahr gelegen. Da die laufenden Bezüge aber bereits diese Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben, sind im Jahreslohnzettel für die sonstigen Bezüge keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge ausgewiesen. In Wahrheit unterliegen aber auch die sonstigen Bezüge der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Die AN-Anteile zur gesetzlichen Sozialversicherung errechnen sich daher folgendermaßen:


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AN-Anteil gesetzliche Rentenversicherung
6.960,91
AN-Anteil gesetzliche Krankenversicherung
8.091,00
AN-Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung
1.331,16
AN-Beiträge zur AV
1.116,73
AG-Zuschüsse Krankenversicherung
-3.810,60
AG-Zuschüsse Pflegeversicherung
-665,52
AN-Anteil Sozialversicherungsbeiträge gesamt
13.023,68

Der im Jahreslohnzettel ausgewiesene Jahresbruttobezug ist um die Altersvorsorge in Höhe von 3.048,00 zu erhöhen. Diese 3.048,00 € stellen aber unstrittigermaßen Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag dar.

Dieser Sachverhalt steht außer Streit.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung als verspätet)

§ 264 Abs 1, Abs 4 lit e und Abs 5 BAO lauten:

"(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

e) § 260 Abs 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht."

§ 260 Abs 1 BAO lautet:

Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerechte eingebracht wurde.

Im gegenständlichen Fall wurden die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 dem Beschwerdeführer am zugestellt. Die Vorlageanträge wurden am , sohin verspätet eingebracht. Die Vorlageanträge hinsichtlich Einkommensteuer 2015 und 2016 waren daher als verspätet zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2017)

Strittig ist lediglich die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Sozialversicherungsbeiträge.

§ 62 Z 4 EStG lautet:

"Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn sind vor Anwendung des Lohnsteuertarifes (§ 66) vom Arbeitslohn abzuziehen:

4. vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, soweit sie nicht auf Bezüge entfallen, die mit einem festen Steuersatz im Sinne des § 67 zu versteuern sind,"

§ 67 Abs 12 EStG lautet:

"12) Die auf Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu versteuern sind, entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 sind vor Anwendung der festen Steuersätze in Abzug zu bringen."

Nach § 67 Abs 12 idF des 1. StabG 2012 sind die auf Bezüge, die mit festen Steuersätzen zu versteuern sind, entfallenden Beiträge iSd § 62 Z 3, 4 und 5 (Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zu gesetzlichen Interessenvertretungen und Wohnbauförderungsbeiträge) vor Anwendung der festen Steuersätze abzuziehen.

Nach § 62 Z 4 sind vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge iSd § 16 Abs 1 Z 4 zu berücksichtigen, das sind insbesondere die Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung, und die übrigen dort im Einzelnen angeführten Beiträge.

Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge, dann sind die Beiträge auch im Fall der Veranlagung von Arbeitnehmern auf laufende und sonstige Bezüge aufzuteilen (vgl ).

Grundsätzlich sind in Deutschland auch die sonstigen Bezüge in die Bemessungsgrundlage für die gesetzliche Kranken- Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung miteinzubeziehen. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung ist im Jahr 2017 bei 52.200,00 € pro Jahr gelegen. Da die laufenden Bezüge aber bereits diese Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben, sind im Jahreslohnzettel für die sonstigen Bezüge keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge ausgewiesen. In Wahrheit unterliegen aber auch die sonstigen Bezüge der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Es sind daher die gesamten Sozialversicherungsbeiträge auf die laufenden und sonstigen Bezüge aufzuteilen.

Die Sozialversicherungsbeiträge sind daher folgendermaßen auf laufende und sonstige Bezüge aufzuteilen:


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laufender Lohn
76.028,31
Bosch Vorsorgeplan
3.048,00
KZ 350 Brutto
79.076,31
KZ 354 Überstundenzuschläge 25%
721,07
KZ 351 Sonstige Bezüge
7.560,45
9,56% vom Brutto
Sozialversicherungsbeiträge gesamt
13.023,68
KZ 347 Sozialversicherung Sonstige Bezüge
1.245,19
9,56% der SV gesamt
KZ 357 Sozialversicherung laufende Bezüge
11.778,49
90,44% der SV gesamt

Die Einkommensteuer für das Jahr 2017 errechnet sich daher folgendermaßen:


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Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug (KZ 350 minus KZ 354 minus KZ 351)
70.794,79
Pendlerpauschale
-1.476,00
Sozialversicherungsbeiträge laufende Bezüge
-11.778,49
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
-3.048,00
Werbungskostenpauschbetrag
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
54.360,30
Topfsonderausgaben
-212,04
Kosten für die auswärtige Berufungsausbildung von Kindern
-550,00
Kinderfreibetrag
-300,00
Einkommen
53.298,26
Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 EStG beträgt
0% für die ersten 10.000,00
0,00
25% für die weiteren 7.000,00
1.750,00
35% für die weiteren 13.000,00
4.550,00
42% für die restlichen 22.298,26
9.365,27
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
15.665,27
Unterhaltsabsetzbetrag
-350,40
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-76,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
14.838,87
Steuer sonstige Bezüge
341,72
Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen mit bestimmtem Steuersatz
117,76
Einkommensteuer
15.298,35
Rundung gemäߧ 39 Abs 3 EStG
-0,35
Festgesetzte Einkommensteuer
15.298,00

  • Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Alle im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen sind bereits durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100039.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at