Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.05.2021, RV/6100073/2021

Zurückweisung einer Vorlageerinnerung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV über die Vorlageerinnerung vom der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Steuerberatungs- und WirtschaftstreuhandgmbH, Lagerhausstr. 24, 5071 Wals, betreffend die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 des Finanzamtes Österreich vom beschlossen:

Die Vorlageerinnerung wird als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1 gesetzliche Grundlage

Über Bescheidbeschwerden ist gemäß § 262 Abs 1 BAO nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs 2 BAO zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist gemäß § 262 Abs 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Weiters ist gemäß § 262 Abs 4 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gegen Beschwerdevorentscheidungen kann gemäß § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw in den Fällen des § 262 Abs 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) gemäß § 264 Abs 6 BAO beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

2 Sachverhalt samt Beweiswürdigung

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom . In der Beschwerdeschrift wurde auf die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet und um umgehende Vorlage der Beschwerde an das zuständige Bundesfinanzgericht ersucht.

Laut einer Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes ist diese Beschwerde beim Finanzamt eingelangt und wurde am im Abgabeninformationssystem des Bundes angemerkt.

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf durch ihre steuerliche Vertretung beim Bundesfinanzgericht eine Vorlageerinnerung ein, führte darin aus, dass gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt und gleichzeitig auf die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet worden sei. Nach den Informationen der steuerlich vertretenen Bf sei die angeführte Beschwerde bisher dem Bundesfinanzgericht aber nicht vorgelegt worden. Dieser Vorlageerinnerung wurde eine Ablichtung der Beschwerde vom beigelegt.

Eine Vorlage der Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht ist tatsächlich nicht erfolgt.

Eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ist laut Abgabeninformationssystem des Bundes bisher ebenfalls nicht ergangen. Ebensowenig wurde ein Vorlageantrag angemerkt.

Das Ergebnis der Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes deckt sich mit dem Inhalt der Vorlageerinnerung vom , welcher keine Beschwerdevorentscheidung und keinen Vorlageantrag anspricht. Es kann daher bedenkenlos davon ausgegangen werden, dass bisher weder eine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist noch ein Vorlageantrag eingebracht wurde.

3 rechtliche Würdigung

Die steuerliche Vertretung der Bf hat in der Vorlageerinnerung dezidiert auf den in der Beschwerdeschrift gemäß § 262 Abs 2 BAO gestellten Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung hingewiesen. Die Möglichkeit bzw die Verpflichtung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist im gegenständlichen Verfahren aber im Hinblick auf § 262 Abs 2 BAO nicht auszuschließen:

Der Antrag der steuerlich vertretenen Bf auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs 2 lit a BAO hat noch nicht zwingend das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung zur Folge. § 262 Abs 2 BAO legt unter lit b nämlich zusätzlich als weitere Voraussetzung dafür fest, dass die Abgabenbehörde die Beschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt. Ein Rechtsanspruch auf rechtzeitige Vorlage der Beschwerde besteht nicht. Zudem kann aus dem Antrag kein Rechtsanspruch auf Unterbleiben der Beschwerdevorentscheidung abgeleitet werden. Das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung setzt somit de facto "Einvernehmen" der Bf und der Abgabenbehörde voraus. Wird trotz des Antrages nach § 262 Abs 2 lit a BAO die Bescheidbeschwerde nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 262 Abs 2 lit b BAO dem Verwaltungsgericht vorgelegt, so besteht die Pflicht zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung. (Vgl Ritz, BAO6, § 262 Rz 5 ff, Fischerlehner, Abgabenverfahren, § 262 Rz 3, ).

Dementsprechend sieht § 264 Abs 6 BAO neben der grundsätzlichen Möglichkeit der Vorlageerinnerung nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages die Möglichkeit der Vorlageerinnerung nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde nur für die Fälle des § 262 Abs 3 BAO (= bei Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, Gesetzwidrigkeit von Verordnungen oder Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen) und für die Fälle des § 262 Abs 4 BAO (= bei Bescheiden des BMF) vor. Die Möglichkeit der Einbringung einer Vorlageerinnerung in Fällen des § 262 Abs 2 BAO nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde wurde in § 264 Abs 6 BAO nicht vorgesehen. (Vgl , ).

Die in § 262 Abs 3 und 4 BAO angeführten Ausnahmen von der grundsätzlichen Verpflichtung der Abgabenbehörde, über Bescheidbeschwerden mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen, sind im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die Einbringung einer Vorlageerinnerung im Fall eines - wie hier vorliegend - Antrages gemäß § 262 Abs 2 BAO nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde ist nicht zulässig.

Unzulässige Anbringen sind zurückzuweisen (Vgl. Ritz, BAO6, § 85a Tz 10, unter Hinweis auf , und ).

Die Vorlageerinnerung setzt nach § 264 Abs 6 BAO das Vorliegen einer Beschwerdevorentscheidung und eines Vorlageantrages voraus. Da hier beide Voraussetzungen fehlen, ist die Vorlageerinnerung als unzulässig zurückzuweisen. (Vgl ).

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass angesichts des Ablaufes der Dreimonatsfrist des § 262 Abs 2 lit b BAO seitens der belangten Behörde eine Beschwerdevorentscheidung ohnehin ohne unnötigen Aufschub zu erlassen sein wird.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG)

Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen ist. Die Voraussetzungen für die Einbringung einer Vorlageerinnerung ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 264 Abs 6 BAO). Die Zurückweisung unzulässiger Anbringen entspricht der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100073.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at