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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2021, RV/7100535/2021

Für den Progressionsvorbehalt ist der gesamte Zufluss der ausländischen Sozialversicherungsrente maßgebend; die bei der Besteuerung im Quellenstaat geltende Befreiung eines Teiles der Rente ist im österreichischen Einkommensteuerverfahren unbeachtlich

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7100535/2021-RS1
wie RV/3100818/2020-RS1
Progressionseinkünfte sind nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln. Ein im Ausland gewährter steuerfreier Teil oder ein ausländisches Werbungskostenpauschale sind nicht zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Johann Wally, Hirschvogelgasse 7/15, 1200 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 279 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid zu Gunsten der Beschwerdeführerin abgeändert. Die Einkommensteuer für das Jahr 2014 wird mit 1.029,00 € festgesetzt. Die Bemessungsgrundlagen hierfür sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

B) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Das Finanzamt erhielt eine Kontrollmitteilung, wonach die Beschwerdeführerin (Bf.) von der Deutschen Rentenversicherung Bund im Jahr 2014 eine Pension in Höhe von 5.656,26 € erhalten hatte.

Das Finanzamt Wien 4/5/10 richtete an die Bf. zu Handen ihres steuerlichen Vertreters einen mit datierten und laut Rückschein am zugestellten Vorhalt (Ersuchen um Ergänzung) betreffend Kontrollmitteilung zu ausländischen Pensionseinkünften im Streitjahr 2014 (und im Jahr 2015). Nach Ansicht des Finanzamtes liege ein vorsätzlicher Hinterziehungstatbestand vor. Es gelte die 10-jährige Verjährungsfrist. Die Bf. werde daher zur Einreichung ausgefüllter Formulare L1 und L1i (Steuererklärung) aufgefordert.

In der Antwort auf diesen Vorhalt wurde ausgeführt: "Namens unserer Klientin erlauben wir uns zum Ansuchen um Ergänzung und zum Vorwurf der vorsätzlichen Steuerhinterziehung beiliegend Unterlagen übermitteln. gem. den Bescheiden des Finanzamtes Neubrandenburg steht das uneingeschränkte Besteuerungsrecht dem Staate Deutschland zu und es wurden sowohl Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag als auch Sozialversicherung ij Deutschland abgeliefert. Es gilt daher die 5-jährige Verjährungsfrist." Der Antwort war der Bescheid des deutschen Finanzamtes Neubrandenburg vom für 2015 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag beigefügt. Mit diesem Bescheid wurde die Einkommensteuer der Bf. mit 521,00 € und der Solidaritätszuschlage mit 0,00 € festgesetzt. In diesem Bescheid wurden die Einkünfte (und das Einkommen in gleicher Höhe) mit 3.056,00 € folgendermaßen errechnet:


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Jahresbetrag der Rente
5.762,00 €
abzüglich steuerfreier Teil der Rente
-2.604,00 €
ergibt steuerpflichtiger Teil der Rente
3.158,00 €
abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag
-102,00 €
ergibt Einkünfte (in Deutschland)
3.056,00 €

Mit trat gemäß § 303b Abs. 1 BAO das Finanzamt Österreich an die Stelle des Finanzamtes Wien 4/5/10.

Das Finanzamt Österreich erließ den angefochtenen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 2014, in welchem bei der Einkünfteermittlung die inländischen Bezüge der Bf. von der Pensionsversicherungsanstalt laut Lohnzettel angesetzt wurden. Bei der Einkommensteuerermittlung nach Tarif wurde ein Durchschnittssteuersatz, welcher unter Hinzurechnung von ausländischen Einkünften in Höhe von 5.656,26 € ermittelt wurde, angesetzt. Die Einkommensteuer wurde mit 1.066,00 € festgesetzt. Der Bescheid wurde folgendermaßen begründet: "Nach Ansicht der Abgabenbehörde liegt ein vorsätzlicher Hinterziehungstatbestand vor.
Es gilt die 10-jährige Verjährigsfrist.
Laut Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland sind Sozialversicherungspensionen im Ansässigkeitsstaat unter Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.
Sie haben trotz Verpflichtung und Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt. Wir haben daher mit den uns vorliegenden Informationen Ihre Arbeitnehmerveranlagung durchgeführt. Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen sind uns nicht bekannt und blieben daher unberücksichtigt."

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom wurde am Beschwerde erhoben und ausgeführt: "Wir ergreifen bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2014 namens unserer Klientin das Rechtsmittel der Beschwerde und begründen wie folgt. In der Bescheid Begründung wird angeführt, dass trotz Erinnerung keine Erklärung abgegeben wurde, Dies ist unrichtig, da[s] es keine Erinnerung gab. Es gab ein Ansuchen um Ergänzung mit einer Frist per . Wir haben dieses Ansuchen am beantwortet und auch die Belege beigefügt. Vermutlich gab es bei der Übermittlung der Anhänge Probleme wegen der Größe. Wir habe aber keine Fehlermeldung erhalten. Bezüglich Steuerhinterziehung darf angemerkt werden, dass die geringe Pension die aus Deutschland kommt in Deutschland sowohl der Einkommensteuer, dem Solidaritätszuschlag und der Sozialversicherung unterzogen wurde. Unsere Klientin ist daher davon ausgegangen, dass damit die Pension voll besteuert wurde. Die korrekte Steuerbemessung gem. Bescheid aus Deutschland beträgt EURO 2.949,-. Wir stellen daher den Antrag den Steuerbescheid dahin zu ändern und auch bezüglich Verjährung den Fall zu überprüfen, da keine Absichtliche Steuerhinterziehung vorlag."

Hierzu erließ das Finanzamt Österreich eine abweisende, mit datierte Beschwerdevorentscheidung, welche folgendermaßen begründet war: "Der von der deutschen Rentenversicherung übermittelte Rentenbetrag beträgt für 2014 5.656,26€.
Die Berechnung der deutschen Rente hat nach österreichischen Einkommenssteuergesetz zu erfolgen und ist laut Doppelbesteuerungsabkommen mit Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.
Die deutsche Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag sind dabei außer Acht zu lassen und stellen keine Werbungskosten dar."

Dagegen wurde der Vorlageantrag eingebracht und ausgeführt: "Wir beantragen namens unserer Klientin die Vorlage der Beschwerde vom gegen den Steuerbescheid vom (Abgewiesen mittels Berufungsvorentscheidung vom ) betreffend Einkommensteuer 2014 an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung. Begründet wird dies damit dass im Steuerbescheid nicht die Steuerpflichtigen Bezüge aus Deutschland angesetzt wurde sondern ein wesentlich höherer Betrag. Der Steuerpflichtige Bezug aus Deutschland beträgt laut Steuerbescheid EURO 3.051,-- vor Abzug von Werbungskosten und Abgaben."

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde und einen Vorlagebericht am dem Bundesfinanzgericht vor. Das Finanzamt Österreich führte am Ende des Vorlageberichtes aus: "Die Abgabenbehörde beantragt daher den mit Beschwerde bekämpften Einkommensteuerbescheid abzuändern und statt der bisher auf Basis der Kontrollmitteilung vom berücksichtigten deutschen Pension in Höhe von 5.656,26 € den Betrag von 5.762 € laut deutschem Einkommensteuerbescheid vom der Einkommensteuerveranlagung zu Grunde zu legen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Deutsche Rentenversicherung Bund, von welcher die Bf. ihre deutsche Rente bezieht, ist ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Bf. hat im Jahr 2014 Einkünfte, die zum laufenden Tarif steuerpflichtig sind, von der (österreichischen) Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 24.263,76 € (Kennzahl 245) erhalten, wobei 4.985,04 € (österreichische) Lohnsteuer einbehalten worden sind.

Die Bf. hat im Jahr 2014 laut Kontrollmitteilung Einkünfte ohne (österreichischen) Lohnsteuerabzug in Höhe von 5.656,26 € bezogen. Dem Antrag des Finanzamtes Österreich, die Höhe dieser - von der Deutschen Rentenversicherung Bund stammenden - Einkünfte höher als im angefochtenen Bescheid, und zwar mit 5.762,00 € anzusetzen, wird nicht gefolgt, weil letztgenannter Betrag aus dem deutschem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom stammt. Hier geht es jedoch um das Streitjahr 2014, sodass weiterhin der Wert laut Kontrollmitteilung für 2014 maßgebend ist.

Die Bf. hat keine Einkommensteuererklärung (Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 beim Finanzamt abgegeben.

Es deutet nichts darauf hin, dass der Bf. die Einkommensteuerpflicht an sich und die Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen zur Offenlegung gegenüber dem Finanzamt unbekannt war. Es ist davon auszugehen, dass die Bf. zumindest eine laienhafte Vorstellung von der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen und vom Verbot, vor dem Finanzamt Einkünfte geheimzuhalten, hatte. Die Bf. hat eine allfällige Unsicherheit über ihre Steuererklärungspflicht nicht mittels einer Erkundigung beim Finanzamt ausgeräumt, sondern hat in Kauf genommen, dass sie durch die Nichtoffenlegung gegenüber dem Finanzamt und die Nichtabgabe einer Steuererklärung die Einkommensteuer verkürzt.

Die Bf. ist in Österreich ansässig, wo sie ihren Wohnsitz hat. Ein Wohnsitz der Bf. in Deutschland ist nicht ersichtlich und somit nicht gegeben, was auch aus der Behandlung der Bf. als beschränkt Steuerpflichtige im deutschen Einkommensteuerbescheid zu schließen ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A

Da die Bf. keine Einkommensteuererklärung (Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 beim Finanzamt eingereicht hat, ist zu untersuchen, ob überhaupt ein sogenannter Pflichtveranlagungstatbestand erfüllt ist, welcher das Ergehen des angefochtenen Bescheides ermöglicht: Im Einkommen der Bf. sind lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, sodass § 41 Abs. 1 EStG anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall erfüllt der Bezug anderer als lohnsteuerpflichtiger Einkünfte - nämlich der Rente aus Deutschland - in Höhe von 5.656,26 € den (Pflichtveranlagungs)Tatbestand des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG (wenn der Steuerpflichtige "andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt").

Daraus folgt weiters: Die Bf. war zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2014 verpflichtet, denn sie erfüllte die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall EStG ("liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Z 1, 2, 5, 6 oder 7 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12 000 Euro betragen hat").Die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2014 war gemäß § 134 Abs. 1 BAO das Ende des Monates April 2015.

Nach § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO - abgesehen von den dort angeführten, im Beschwerdefall nicht maßgeblichen Ausnahmen - fünf Jahre, soweit eine Abgabe hinterzogen ist, zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, indem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO), im vorliegenden Fall sohin mit dem Ablauf des Jahres 2014.

Nach § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Im vorliegenden Fall ist in den Jahren 2015 bis 2019 keine solche Amtshandlung erfolgt. Sohin wäre die fünfjährige Verjährungsfrist, wenn sie anzuwenden wäre, mit Ende des Jahres 2019 abgelaufen und die Amtshandlung im Jahr 2020 (Vorhalt vom November 2020) und die Erlassung des angefochtenen Bescheides hätten nach Eintritt der Verjährung stattgefunden.
Wenn hingegen die zehnjährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben anzuwenden wäre, wäre der angefochtene Bescheid vor Eintritt der Verjährung ergangen.

Weiters gibt es als zusätzliche Begrenzung die sogenannte absolute Verjährung: Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches, hier also mit Ablauf des Jahres 2024, was im vorliegenden Fall keine Einschränkung bedeutet.

Da der angefochtene Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2014 außerhalb der regulären fünfjährigen Verjährungsfrist, aber innerhalb der verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben ergangen ist, kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob die Abgabe hinterzogen ist, was nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zu beurteilen ist.

Wenn - wie hier - keine finanzstrafrechtliche Entscheidung über die Hinterziehung vorliegt, ist im Abgabenverfahren über die Hinterziehung als Vorfrage zu entscheiden (vgl. , mwN).

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Im vorliegenden Fall ist die Offenlegungspflicht durch die Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung für 2014 verletzt worden.

Eine Abgabenverkürzung ist nach § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten, bewirkt. Im vorliegenden Fall ist die Abgabenverkürzung mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist am Ende des Monates April 2015 bewirkt worden.

Vorsätzlich handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Die letztgenannte Verschuldensform wird als bedingter Vorsatz oder Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezeichnet und unterscheidet sich erheblich von der Absichtlichkeit, welche in der Beschwerde angesprochen wurde. Klarzustellen ist, dass hier der Bf. nicht vorgeworfen wird, die Abgabe absichtlich verkürzt zu haben (= es ihr gerade darauf angekommen wäre, die Abgabe zu verkürzen).

Hingegen wird hier davon ausgegangen, dass die Bf. die Verkürzung der Einkommensteuer 2014 ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand. Nach Lehre und Rechtsprechung kann nämlich bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflichtgrundsätzlich vorausgesetzt werden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG,§ 33 Rz 219, sowie , und ). Die festgesetzte Einkommensteuer 2014 wurde daher hinterzogen und es gilt die zehnjährige Verjährungsfrist.

Das Ergehen des angefochtenen Bescheides ist dem Grunde nach daher zu bestätigen. Es ist aber noch auf die Einwände hinsichtlich des Inhaltes des Bescheides, d.h. die Höhe der für den Progressionsvorbehalt herangezogenen deutschen Einkünfte, einzugehen.

Erhält eine in Österreich ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus Deutschland, so dürfen diese Bezüge gemäß Artikel 18 Absatz 1 Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Deutschland (DBA Österreich-Deutschland) nur in Österreich besteuert werden.

Gemäß Art. 18 Abs. 2 DBA Österreich-Deutschland dürfen Bezüge, die eine in Österreich ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung Deutschlands, abweichend vom vorgenannten Absatz 1 nur in Deutschland besteuert werden. Art. 18 Abs. 2 DBA Österreich-Deutschland weist somit das Besteuerungsrecht an der deutschen Rente, welche die Bf. von der Deutschen Rentenversicherung Bund - folglich einer gesetzlichen Sozialversicherung Deutschlands - erhält, der Bundesrepublik Deutschland zu.

Gemäß § 23 Abs. 2 DBA Österreich-Deutschland wird bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person die Steuer wie folgt festgesetzt:

  1. lit. a: Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte und dürfen diese Einkünfte nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich diese Einkünfte von der Besteuerung aus.

  2. lit. d: Einkünfte einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden (Progressionsvorbehalt).

Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt gemäß § 2 Abs. 8 Z 1 EStG: "Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend."Daraus folgt:

  1. Die aus der deutschen Rente der Bf. stammenden Einkünfte sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG ("Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht") als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einzustufen (und nicht als Sonstige Einkünfte wie nach deutschem Recht).

  2. Die Behandlung eines Teiles der Rente als steuerfrei, wie sie nach deutschem Recht erfolgt, ist im österreichischen EStG nicht vorgesehen und kann daher auch nicht beim Progressionsvorbehalt angewendet werden.

  3. Der Pauschbetrag für Werbungskosten in Zusammenhang mit nichtselbständigen Einkünften ist gemäß § 16 Abs. 3 EStG nicht abzuziehen, weil diese Einkünfte den Anspruch der Bf. auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen, worauf später noch genauer eingegangen wird.

Die für den Progressionsvorbehalt herangezogenen ausländischen Einkünfte sind daher nicht in derjenigen Höhe, wie sie im deutschen Einkommensteuerbescheid als steuerpflichtig behandelt werden, anzusetzen. Vielmehr ist der gesamte Zufluss der Rente laut Kontrollmitteilung betreffend 2014 für den Progressionsvorbehalt maßgebend (vgl. auch ). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

§ 33 Abs. 11 EStG in der für die Veranlagung des Jahres 2014 anzuwendenden Fassung: bestimmt: "Ist bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen, gilt für die Steuerberechung Folgendes: Der Durchschnittssteuersatz ist zunächst ohne Berücksichtigung der Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind die Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) abzuziehen."

Der Pensionistenabsetzbetrag wird in § 33 Abs. 6 EStG bezughabend folgendermaßen geregelt: "(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 [für ein bestehendes Dienstverhältnis] nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:
1. und 2.
[der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag ist hier nicht relevant]
3. Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 400 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 17 000 Euro und 25 000 Euro auf Null."

Die zu versteuernden laufenden Pensionseinkünfte betragen im vorliegenden Fall 24.263,76 €, d.h. der Betrag laut Kennzahl 245 des von der (österreichischen) Pensionsversicherungsanstalt übermittelten Lohnzettels. Nicht zu versteuern, sondern nur für den Progressionsvorbehalt heranzuziehen, sind hingegen die Einkünfte aus der deutschen Rente, welche somit für die Höhe des Pensionstenabsetzbetrages keine Auswirkung haben.

Die Höhe des der Bf. zustehenden Pensionistenabsetzbetrages ist nach folgender Formel zu berechnen: (25.000 - 24.263,76) x 400 : 8.000 = 36,81 €. Die amtswegige Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages in Höhe von 36,81 € (statt in Höhe von 0,00 € im angefochtenen Bescheid) bedeutet eine Abänderung des angefochtenen Bescheides mittels des vorliegenden Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes zu Gunsten der Bf.

Zu Spruchpunkt B (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die strittige Rechtsfrage wurde hier aufgrund des klaren Wortlautes des § 2 Abs. 8 Z 1 EStG gelöst. Sie hängt angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. ). Die beurteilten Tatfragen (festgestellter Sachverhalt) können nicht Thema einer (ordentlichen) Revision sein. Sohin ist gegen das vorliegende Erkenntnis keine (ordentliche) Revision zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Bendlinger/Rosenberger in SWK 36/2021, 1512
Lehner in AVR 2022, 77
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100535.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at