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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 30.03.2021, RV/2100089/2021

Zurückweisung eines nicht fristgerecht eingebrachten Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf, Bf-Adr, vertreten durch Vertreter, Vertreter-Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes FA (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer St.Nr. beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs 5 BAO iVm § 264 Abs 4 lit. e BAO und § 260 Abs 1 BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

  • Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Veranlagungsjahr 2017. Mittels elektronischem Anbringen (FinanzOnline) vom wurde durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers (Bf) um Fristverlängerung gem § 245 Abs 3 BAO bis zum für die Einbringung einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 ersucht. Am (eingegangen lt. Eingangsstempel des Finanzamtes am ) wurde durch die steuerliche Vertretung des Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 erhoben. Am erging durch das Finanzamt eine (teilweise stattgebende) Beschwerdevorentscheidung. Am wurde über FinanzOnline durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum eingebracht. Am wurde durch die steuerliche Vertretung des Bf telefonisch beim Finanzamt um Fristverlängerung für die Einreichung eines Vorlageantrages angesucht. Die Frist wurde durch das Finanzamt telefonisch bis zum erstreckt, wobei das Finanzamt lt. Vorhaltsbeantwortung des steuerlichen Vertreters des Bf vom telefonisch zugesichert habe, dass die Fristerstreckung somit gültig sei und kein gesonderter Antrag mehr eingereicht werden müsse. Am und somit noch innerhalb der telefonisch verlängerten Frist, wurde über FinanzOnline durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum eingebracht. Am wurde über FinanzOnline durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum eingebracht. Am wurde über FinanzOnline durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum eingebracht. Am wurde über FinanzOnline durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum eingebracht. Am (eingelangt lt. Eingangsstempel des Finanzamtes am ) wurde durch die steuerliche Vertretung des Bf ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt. Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Am erging durch das Bundesfinanzgericht ein Bedenkenvorhalt an den Bf und dessen steuerliche Vertretung in welchem die Literatur- und Judikaturmeinung hinsichtlich telefonischer Anbringen dargestellt wurde. Am wurde dieser Vorhalt durch die steuerliche Vertretung des Bf dahingehend beantwortet, dass am durch eine Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei telefonisch beim Finanzamt die Frist für die Einreichung des Vorlageantrages bis zum erstreckt wurde. Seitens des Finanzamtes wurde telefonisch zugesichert, dass die Fristerstreckung somit gültig sei und kein gesonderter Antrag zur Fristverlängerung mehr nachgereicht werden müsse. Ein diesbezügliches Telefonprotokoll wurde vorgelegt. Vor diesem Hintergrund beruft sich der steuerliche Vertreter des Bf in seiner Vorhaltsbeantwortung auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Im Vertrauen auf die vom Finanzamt erhaltene Information und auf die Gültigkeit der Fristverlängerung wurde kein schriftlicher Antrag zur Fristverlängerung eingereicht.

Seitens des Bundesfinanzgerichtes erging am ein Vorhalt an das Finanzamt mit dem Ersuchen bekanntzugeben, ob und wie den jeweiligen Fristerstreckungsansuchen stattgegeben wurde. Dieser Vorhalt wurde am per E-Mail dahingehend beantwortet, dass in der Arbeitnehmerveranlagung Fristverlängerungen in der Regel vermerkt und stillschweigend akzeptiert werden. Schriftliche Bescheide ergehen in solchen Fällen nicht.

  • Sachverhalt

Dem Beschluss wurde folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2017 erging am . Innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist wurde ein Fristverlängerungsantrag am via FinanzOnline eingebracht. Diesem Antrag wurde durch das Finanzamt stillschweigende zugestimmt, weshalb die Frist antragsgemäß als bis zum verlängert gilt. Am (eingelangt am ) wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhoben. Am erging eine, dem Beschwerdebegehren teilweise stattgebende, Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt. Am beantragte die steuerliche Vertretung des Bf innerhalb der offenen Frist eine Fristverlängerung gem § 264 Abs 4 lit. a BAO iVm § 245 Abs 3 BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum . Am wurde auf telefonischem Wege, und somit fernmündlich, durch die steuerliche Vertretung des Bf eine weitere Fristverlängerung beantragt. Ein eigener schriftlicher oder mündlicher Antrag iSd § 85 BAO wurde jedoch nicht gestellt. In der Folge ergingen weitere Fristverlängerungsanträge seitens der steuerlichen Vertretung des Bf, bis zur Einreichung des Vorlageantrages vom . Lt. Darstellung des Finanzamtes wurden sämtliche Fristverlängerungsansuchen (mit Ausnahme des telefonischen Fristverlängerungsansuchens vom ) jeweils stillschweigend zur Kenntnis genommen.

  • Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich großteils auf den Inhalt des dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Aktes, sowie auf die damit in Einklang zubringenden Schriftsätze des Bf bzw seines steuerlichen Vertreters einerseits und des Finanzamtes andererseits.

  • Rechtliche Beurteilung

Gem § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ein Vorlageantrag gestellt werden. Nach § 264 Abs 4 lit. a BAO ist für Vorlageanträge § 245 Abs 2 bis 5 BAO (Frist) sinngemäß anzuwenden. Gem § 245 Abs 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Ein Antrag zur Verlängerung der Beschwerdefrist nach § 245 Abs 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 BAO.

§ 85 BAO lautet auszugsweise wie folgt:

"A. Anbringen.

§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) …

(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,

a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder

b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder

c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.

Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.

"

§ 85 BAO sieht telefonische Anbringen nicht vor, sodass telefonische Mitteilungen keine "mündlichen" Anbringen iSd § 85 BAO sind (vgl. dazu und ; Ritz, BAO 6. Auflage, § 245 Tz 19).

Nachdem die Beschwerdevorentscheidung am ergangen ist, wurde mit Anbringen vom über FinanzOnline innerhalb der noch offenen Frist ein Antrag auf Erstreckung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum gestellt. Auf dieses Anbringen hat das Finanzamt nicht gesondert reagiert, sondern hat entsprechend dem eigenen Vorbringen lt. E-Mail vom dieses Fristverlängerungsansuchen ohne die Erlassung eines eigenen Bescheides stillschweigend zur Kenntnis genommen. Durch den Antrag auf Fristverlängerung wird gem § 245 Abs 3 BAO der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. Allerdings kann gem § 245 Abs 4 zweiter Satz BAO die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft. Wurde somit ein Antrag auf Fristverlängerung eingebracht, so kann die Hemmung des Fristenlaufes nicht dazu führen, dass das Ende der Frist über den Zeitpunkt hinausgeschoben wird, bis zu dem der Bf (letztmals) die Fristverlängerung beantrag hat. Diese Beschränkung der Hemmungswirkung hat Bedeutung, wenn die Abgabenbehörde bis zu dem vom Bf angestrebten (hinausgeschobenen) Fristende nicht über den Fristverlängerungsantrag entschieden hat. (vgl. dazu Stoll, BAO 2528)

Da gem § 264 Abs 4 lit. a BAO für Vorlageanträge § 245 Abs 2 bis 5 BAO (Frist) sinngemäß anzuwenden ist, wurde damit die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages "stillschweigend" bis zum verlängert.

Daher hätte der Vorlageantrag oder ein weiterer schriftlicher (oder auch mündlicher) Fristverlängerungsantrag bis zum eingebracht werden müssen. Ein fernmündlicher Fristverlängerungsantrag ist gem § 85 BAO nicht zulässig und stellt kein entscheidungspflichtiges Anbringen dar.

Auf der Basis des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass der Vorlageantrag vom jedenfalls verspätet abgegeben wurde.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom durch die steuerliche Vertretung des Bf hat sich der Bf auf den Grundsatz von "Treu und Glauben" berufen, weil durch das Finanzamt zugesichert wurde, dass das telefonische Fristverlängerungsansuchen gültig sei und kein gesonderter Antrag mehr eingereicht werden müsse. Es wurde daher beantragt das Einbringen (den Vorlageantrag vom ) als fristgerecht anzusehen.

Vom Verwaltungsgerichtshof wurde in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Durchsetzung der Rechtsordnung grundsätzlich Vorrang gegenüber dem Grundsatz von Treu und Glauben hat. Dem Grundsatz von Treu und Glauben kommt demnach nur dann Bedeutung zu, wenn die betroffene Vorgangsweise der Behörde nicht gegen zwingendes Recht verstößt (vgl ). Im Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art 18 B-VG kann dem Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Bedeutung zukommen, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden ist. Die Bindung an eine erteilte Auskunft kann somit nur im Rahmen eines entsprechenden Vollzugsspielraumes der Behörde zum Tragen kommen (vgl dazu ; ; , jeweils mwN).

Da, wie bereits dargestellt, der Behörde hinsichtlich der Zulässigkeit von telefonischen (fernmündlichen) Anbringen iSd § 85 BAO kein Ermessensspielraum zukommt, sondern vielmehr bereits auch durch die Rechtsprechung des VwGH klargestellt wurde, dass § 85 BAO telefonische (fernmündliche) Anbringen nicht vorsieht, ist in diesem Fall eine Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben nicht zweckdienlich.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist, wenn ein Rechtsmittel wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen wird, das Beweisthema im Rechtsmittelverfahren gegen den Zurückweisungsbescheid lediglich die Versäumung der Beschwerdefrist (vgl. zB ).

Daher ist es im Fall einer nicht fristgerechten Einbringung eines Vorlageantrages dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das materielle Beschwerdevorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.

Nachdem der Vorlageantrag aus den vorstehenden Ausführungen eindeutig als verspätet eingebracht angesehen werden muss, war dieser gem § 264 Abs 5 BAO iVm § 264 Abs 4 lit. e BAO und § 260 Abs 1 BAO zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolge der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung aus dem Gesetz ergibt (§ 260 Abs 1 lit. b BAO) und somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100089.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at