1. Bindungswirkung eines verurteilenden Erkenntnisses 2. Voraussetzung für die Qualifikation eines Gerätes als Wettterminal
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2265/2021 anhängig.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Stephansplatz 4/VIII, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Vorschreibung der Wettterminalabgabe für den Monat April 2017 und eines Verspätungszuschlages zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs mit, dass sie laut einer amtlichen Feststellung vom im Betrieb der X-GmbH in V, drei Wettterminals gehalten habe, die nicht ordnungsgemäß zur Wettterminalabgabe angemeldet gewesen seien.
Das Vorliegen der Abgabepflicht der Beschwerdeführerin als Eigentümerin und Aufstellerin für April 2017 sei durch das Erkenntnis des , festgestellt worden.
Die rechtsfreundliche Vertreterin der Beschwerdeführerin führte im Schreiben vom unter Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht aus, eine Zahlungspflicht für den Betrieb X-GmbH an der Adresse V, werde nicht anerkannt; an diesem Standort seien zu keiner Zeit Wettterminals gehalten worden.
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Wiener Wettterminalabgabegesetz für das Halten von drei Wettterminals am Standort V, für den Monat April 2017 eine Wettterminalabgabe in Höhe von 1.050,00 € sowie wegen unterlassener Anmeldung der Wettterminals ein Verspätungszuschlag in Höhe von 105,00 € und wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Abgabe ein Säumniszuschlag von 21,00 € vorgeschrieben.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe laut der amtlichen Feststellung vom in V, Wettterminals gehalten, diese jedoch nicht angemeldet. Das Vorliegen der Abgabepflicht sei auch vom Bundesfinanzgericht mit der Entscheidung vom , RV/7500187/2020, festgestellt worden.
Über telefonisches Ersuchen wurde der rechtsfreundlichen Vertreterin der Bericht über die am durchgeführte amtliche Begehung und das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7500187/2020, sowie der aktuelle Kontostand übermittelt.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte die rechtsfreundliche Vertreterin der Beschwerdeführerin aus, die Vorschreibung der Wettterminalabgabe erfolge widerrechtlich und der Bescheid beruhe auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage.
§ 2 Abs. 1 WWAG definiere ein Wettterminal als eine Wettannahmestelle an einem bestimmten Standort, die über eine Datenleitung mit einer Buchmacherin bzw. einem Buchmacher bzw. einer Totalisateurin bzw. einem Totalisateur verbunden sei und einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermögliche.
In Wettlokalen mit durch Personal besetzten Wettschaltern würden sich die Kunden üblicherweise die Wetten aus den Wettangeboten des Buchmachers aussuchen und diese den Schaltermitarbeitern zur Eingabe in die EDV bekannt geben. Kunden, die mehrere Wetten abschließen würden, würden sich diese oft auf einem Zettel notieren und diesen Zettel dann dem Schaltermitarbeiter übergeben bzw. diesem die notierten Wetten vorlesen.
Im gegenständlichen Lokal seien den Kunden im gegenständlichen Zeitraum moderne Geräte zur Ansicht des Wettprogramms des Buchmachers und als moderne Ausfüllhilfe für die Auswahl der Wetten zur Verfügung gestanden.
Diese Geräte seien besonders für Kunden von Bedeutung, die wenige und keine Deutschkenntnisse oder sonstige Handicaps hätten. Ihnen seien mit diesem Geräten Hilfestellungen in Form von schriftlichen Anleitungen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestanden. Damit sei verhindert worden, dass Kunden auf Grund nicht ausreichender Sprachkenntnisse oder sonstiger besonderer Bedürfnisse (z.B. Taubheit) gegenüber Kunden mit ausreichenden Sprachkenntnissen und ohne besondere Bedürfnisse diskriminiert würden.
Tatsache sei jedoch, dass diese Geräte nicht unmittelbar zur Teilnahme an einer Wette hätten verwendet werden können.
Als Beweis würden 8 Bilder vorgelegt:
Bild 1 zeige die auf dem Bildschirm ersichtliche Information für die Kunden. Ersichtlich sei das verfügbare Wettprogramm, woraus die Kunden eine oder mehrere Wetten auswählen und "reservieren" hätten können.
Bild 2 zeige das Gerät von oben: Am oberen Bildschirm werde die Information angezeigt, der untere Bildschirm sei der Touch Screen, auf welchem sich die Kunden durch das Wettprogramm manövrieren hätten können.
Bild 3 zeige das Gerät von vorne: Die äußere Ähnlichkeit mit einem herkömmlichen Wettterminal resultiere daraus, dass es sich hier um ein umgebautes ehemaliges Wettterminal handle. Nach Inkrafttreten der strengen Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes und des Wettterminalabgabegesetzes hätten vielerorts Wettterminals nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Einige davon seien daher in Informations- und unverbindliche Reservierungsgeräte umgebaut worden, damit sie wirtschaftlich nicht völlig wertlos seien.
Bild 4 zeige, dass am Gerät die Öffnungen für Kreditkarten, Banknoten und Münzen nicht benutzbar seien, dass also keinerlei Zahlung am Gerät vorgenommen werden könne.
Bild 5 zeige die abgesperrte Türe, hinter der der Reservierungsdrucker untergebracht sei und darüber die Öffnung, aus welcher die Reservierung ausgegeben werde.
Bild 6 zeige die kostengünstigere Version, die lediglich aus einem Touchscreen-Monitor bestehe. Auf diesem könnten Kunden das Wettprogramm betrachten und Wetten reservieren. Das Kabel links vom Monitor diene dem Anschluss eines weiteren Monitors.
Bild 7 zeige die unter den Monitoren angebrachten Drucker zum Ausdruck der Reservierungstickets.
Bild 8 zeige links ein Reservierungsticket und rechts daneben einen Wettschein, den der Kunde bei tatsächlichem Abschluss der Wette vom Schaltermitarbeiter erhalte.
Die von der Behörde als Wettterminals eingestuften Geräte würden es den Kunden somit lediglich ermöglichen, von ihnen gewählte Wetten zu reservieren und die zugehörigen Daten auszudrucken.
Das Reservieren sei rechtlich völlig unverbindlich und ermögliche keinen Abschluss eines Wettvertrages. Der Kunde könne Reservierungen auch wieder verfallen lassen. Sie würden keinerlei Anspruch des Kunden auf Abschluss der von ihm ausgewählten Wette begründen.
Die Kunden hätten also im gegenständlichen Lokal die als Terminal eingestuften Geräte völlig ignorieren und die ausgewählte Wette gleich direkt beim Schaltermitarbeiter abschließen können. Sie hätten sich aber auch auf den als Terminal eingestuften Geräten eine Wette aussuchen und diese, ohne zu reservieren, dem Schaltermitarbeiter bekannt geben, den Wetteinsatz übergeben und damit verbindlich die Wette abschließen können. Sie könnten auf diesen Geräten aber auch eine Wette reservieren, sie aber dann nicht beim Schaltermitarbeiter abschließen. Sie könnten aber auch eine Wette reservieren, mit dem Reservierungsticket zum Schaltermitarbeiter gehen und diesem den Wetteinsatz übergeben. Erst mit der Eingabe der Reservierungsnummer durch den Schaltermitarbeiter in sein für die Kunden nicht zugängliches Eingabegerät und der Zahlung des Wetteinsatzes gebe der Kunde für sich die Wette rechtsverbindlich ab.
Im Erkenntnis Ro 2013/17/0409 habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, den Anforderungen an ein Wettterminal sei bereits entsprochen, wenn vom Kunden ein verbindliches Wettangebot abgegeben werde, ohne dass dieses vom Buchmacher oder Totalisateur verpflichtend und sofort angenommen werden müsse, weil der Kunde ohne Dazwischenschalten einer anderen Person in der Betriebsstätte am Terminal den Wettgegenstand und Wetteinsatz selbst bestimmen könne.
Die gegenständlich von der Behörde als Terminal eingestuften Geräte würden die vom VwGH in der oben zitierten Entscheidung geforderte Funktion nicht erfüllen, Kunden könnten kein verbindliches Wettangebot abgeben.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7500187/2020, habe keine Präjudizwirkung und gründe auf einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhaltes.
Die Wortwahl "Teilnahme an einer Wette" in § 2 WWAG sei nichtssagend, weil man an einer Wette nicht teilnehmen könne. Eine Wette sei ein Vertrag, den man nur abschließen könne. Außerdem sei Unmittelbarkeit gefordert.
Die Materialien zum WWAG würden folgende Klarstellung vorsehen:
"…Mit der Formulierung "unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht" soll klargestellt werden, dass jene technischen Geräte, wo ausschließlich Personal des jeweiligen Unternehmens für die Kundin und den Kunden Wetten eingeben kann, keine Wettterminals im Sinne des Gesetzes darstellen (so z.B. in Trafiken, wo die Eingabe der Wette ausschließlich durch das Verkaufspersonal erfolgt und der Annahmeschalter für Kundinnen und Kunden nicht frei zugänglich sei)."
Wie unzweifelhaft feststehe, werde im gegenständlichen Fall der rechtlich verbindliche Akt - das verbindliche Anbot des Kunden, einen Wettvertrag abschließen zu wollen - nicht am besteuerten Gerät, sondern ausschließlich beim Schaltermitarbeiter abgegeben. Ausschließlich durch die Übergabe des Reservierungstickets an den Schaltermitarbeiter gebe der Wettkunde seinen Willen zum - vorerst einseitig nur ihn bindenden - Abschluss einer Wette bekannt. Erst der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin würde die vom Kunden ausgewählte Wette rechtsverbindlich in das Wettsystem des Buchmachers eingeben und den Wetteinsatz entgegennehmen. Die Eingabestelle in das Wettsystem sei für Kunden absolut unzugänglich.
Allein daraus sei schon erkennbar, dass die gegenständlichen Reservierungsgeräte keine Wettterminals im Sinne des WWAG sein können, weil die Kunden mit diesen nicht unmittelbar an einer Wette teilnehmen könnten.
Dies verkenne das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, indem es versuche, mit unzutreffenden Argumenten aus den gegenständlichen Geräten Wettterminals im Sinne des WWAG zu konstruieren. So führe das Erkenntnis beispielsweise aus, das WWAG besteuere nicht das Zustandekommen des Vertrages selbst, sondern das Halten des Wettterminals. Dazu werde auf die Erläuterungen zum WWAG verwiesen, wonach mit der Wettterminalabgabe das Halten des Wettterminals und nicht der Dienst der Informationsgesellschaft bzw. eine sonstige Dienstleistung wie zum Beispiel der Abschluss des Wettvertrages besteuert werde.
Dies zeige eindeutig, dass das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Fall geirrt habe. Natürlich werde durch das WWAG das Halten eines Wettterminals und nicht der Abschluss des Wettvertrages besteuert. Unabdingbare Voraussetzung für das Halten eines Wettterminals und damit für das Auslösen des entsprechenden Abgabentatbestandes sei aber, dass ein Gerät existiere, das den Kunden unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermögliche.
Darüber hinaus beruhe der Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage. Das WWAG sehe vor, dass für das Halten eines Wettterminals eine Abgabe zu entrichten sei. § 2 Abs. 1 WWAG definiere ein Wettterminal als eine Wettannahmestelle an einem bestimmten Standort, die über eine Datenleitung mit einer Buchmacherin bzw. einem Buchmacher bzw. einer Totalisateurin bzw. einem Totalisateur verbunden sei und einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermögliche.
Eine Wette sei ein Vertrag. Einen Vertrag könne man abschließen, man könne aber an einem Vertrag nicht teilnehmen.
Die Formulierung "einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht" in § 2 Abs. 1 WWAG sei unbestimmt, unklar und lasse offen, was tatsächlich als Wettterminal anzusehen sei und wofür eine Abgabepflicht bestehe. Sie erfülle damit nicht die von der österreichischen Bundesverfassung geforderten Bestimmtheitserfordernisse.
Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, der Revisionsbeamte habe im Aktenvermerk zu seiner Begehung des verfahrensgegenständlichen Standortes am wörtlich festgehalten:
"Ich ging nach Betreten des Lokals direkt zu den Wettterminals und wählte ein Spiel und einen Wetteinsatz. Mit dem vom Terminal ausgedruckten Zettel ging ich zur Kassa, wo die Angestellte - ohne nach der Wetteinsatzhöhe zu fragen - sie wusste also, wieviel ich am Wettterminal als Einsatz gewählt hatte und natürlich welches Spiel ich ausgesucht hatte - von mir EUR 10,00 verlangte."
Diese Feststellungen würden im Wesentlichen den in der Beschwerde dargelegten Ablauf belegen. Das Erfordernis, den Einsatz am Schalter zu erlegen, ändere jedoch nicht daran, dass dem Kunden an den Geräten die Gelegenheit geboten werden, über eine Datenleitung bei einem Buchmacher oder Totalisateur verschiedene Wettgegenstände zu eruieren, den Wetteinsatz festzulegen und dadurch unmittelbar an einer Wette teilzunehmen.
Folge man der Argumentation der Beschwerdeführerin, sei auch das Halten eines Wettterminals, an welchem der Kunde den Wettvertrag selbst am Gerät abschließen könne, dann nicht abgabepflichtig, wenn die Benutzer von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, die Wettteilnahme vor der Bezahlung des Einsatzes abzubrechen. Durch das abgabepflichtige Halten von Geräten mit direkter Datenverbindung zu Buchmacher und Totalisateur werde die Teilnahme am Wettgeschehen unmittelbar ermöglicht, der tatsächliche Abschluss von Wetten sei keine Voraussetzung für das Entstehen der Steuerpflicht.
Eine Verletzung verfassungsrechtlicher Gebote sei vom Verfassungsgerichtshof bislang nicht festgestellt worden, er habe die Behandlung entsprechender Beschwerden abgelehnt (siehe diverse Beschlüsse vom ).
Datiert mit stellte die rechtsfreundliche Vertreterin der Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag und hielt den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufrecht.
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung führte die rechtsfreundliche Vertreterin aus, der ausgedruckte Reservierungszettel entfalte keinerlei Wirkung, die Wette müsse erst am Schalter abgeschlossen werden. Da der Zettel aber bereits die wesentlichen Daten enthalte, sei keine Kommunikation erforderlich. Der Zettel habe die gleiche Bedeutung, wie wenn eine taubstumme Person eine Wette auf einem Blatt Papier schreibe und damit zum Schalter gehe. Auch diese notierte Wette sei kein Wettvertrag, der Wettvertrag werde erst durch die Eingabe der notierten Daten in das Wettsystem durch den Schaltermitarbeiter abgeschlossen. Es liege daher kein abgabepflichtiger Wettterminal vor.
Der Vertreter der Amtspartei verwies auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
An der Adresse V, waren im April 2017 drei Wettterminals frei zugänglich aufgestellt gewesen. Die Beschwerdeführerin ist die Eigentümerin dieser Geräte. An den Geräten konnte der Kunde Wetten auswählen und seinen Wetteinsatz festlegen. Mit "Ticket reservieren" wurden die getätigten Eingaben bestätigt und in weiterer Folge ein "Reservierungsticket" ausgedruckt. Die Reservierung erlosch, wenn der Kunde diese nicht bis spätestens zum Beginn der ersten Begegnung am Wettschein oder der ersten Änderung (z.B. bei Livewetten) einlöste. Die Bezahlung des Wetteinsatzes erfolgte beim Personal an der Kassa.
Mit Straferkenntnis vom , GZ. MA 6/196000001113/2019 (vormals MA 6/ARP-S-3314/2017 u.a.), wurde der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin der fahrlässigen Verkürzung der Wettterminalabgabe für schuldig erkannt, weil er es unterlassen habe, die im Betrieb gehaltenen Spielapparate für den Monat April 2017 zur Wettterminalabgabe für den Monat April 2017 anzumelden und diese zu entrichten. Er habe dadurch die Wettterminalabgabe für den Monat April 2017 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
Das Bundesfinanzgericht wies mit Erkenntnis vom , RV/7500187/2020 die Beschwerde gegen das vorbezeichnete Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien als unbegründet ab. Diese Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
Beweiswürdigung
Diese Feststellungen gründen sich auf die Feststellungen anlässlich einer am durchgeführten amtlichen Erhebung und auf die im Zuge der Beschwerde gemachten Angaben. Hinsichtlich des gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens fußt der Sachverhalt auf den aktenkundigen Unterlagen. Der festgestellte Sachverhalt ist insoweit unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
§ 116 BAO lautet:
"§ 116. (1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. etwa ; VwGH 24.01.20103, 2010/16/0169), entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen.
Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen.
Zu dem in Rede stehenden Abgabenbetrag liegt mit dem Erkenntnis des , eine rechtskräftige Verurteilung vor, mit welchen das Vorliegen von, der Wettterminalabgabe unterliegenden Spielapparaten bejaht worden ist. Schon allein auf Grund der Bindungswirkung steht fest, dass dem Beschwerdevorbringen kein Erfolg beschieden sein kann.
Darüber hinaus sprechen folgende Überlegungen gegen den Standpunkt der rechtsfreundlichen Vertreterin:
Die für den Streitfall maßgeblichen Bestimmungen des WWAG lauten:
"Abgabengegenstand
§ 1 Für das Halten von Wettterminals im Gebiet der Stadt Wien ist eine Wettterminalabgabe zu entrichten.
Begriffsbestimmungen
§ 2 Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten:
1. Wettterminal: eine Wettannahmestelle an einem bestimmten Standort, die über eine Datenleitung mit einer Buchmacherin bzw einem Buchmacher oder einer Totalisateurin bzw einem Totalisateur verbunden ist und einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht.
2. Buchmacherin oder Buchmacher: wer gewerbsmäßig Wetten abschließt.
3.Totalisateurin oder Totalisateur: wer gewerbsmäßig Wetten vermittelt.
Höhe der Abgabe
§ 3 Die Abgabe für das Halten von Wettterminals beträgt je Wettterminal und begonnenem Kalendermonat 350 Euro.
Abgabepflicht und Haftung
§ 4 (1) Abgabepflichtig ist die Unternehmerin oder der Unternehmer. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw jeder, in deren bzw dessen Namen oder auf deren bzw dessen Rechnung das Wettterminal gehalten wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner abgabepflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Wettterminals benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Wettterminals gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner.
[…]
Anmeldung
§ 5 (1) Das Halten von Wettterminals ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen. Die Anmeldung hat sämtliche für die Bemessung der Abgabe in Betracht kommenden Angaben und den Ort des Haltens zu enthalten. Änderungen sind dem Magistrat spätestens einen Werktag vor dem Halten anzuzeigen. Die Anmeldung haben alle Gesamtschuldnerinnen bzw Gesamtschuldner (§ 4 Abs 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch die Unternehmerin bzw den Unternehmer festzulegen, die oder der die Zahlungen zu leisten hat.
[…]
Festsetzung und Fälligkeit der Abgabenschuld
§ 6 (1) Die Anmeldung von Wettterminals (§ 5 Abs 1) gilt als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten.
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Wettterminals erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, dass der Apparat nicht mehr gehalten wird.
[…]
Strafbestimmungen
§ 8 (1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 42.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung dauert so lange an, bis die bzw der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Abgabenbehörde die Abgabe bescheidmäßig festsetzt.
(2) Übertretungen des § 5 Abs 1 und 3 sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 420 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen festzusetzen.
(3) Mit der Strafe kann gleichzeitig der Verfall der Gegenstände, die mit der Straftat im ursächlichen Zusammenhang stehen, ausgesprochen werden.
[…]"
In der Beschwerde bestreitet die rechtsfreundliche Vertreterin der Beschwerdeführerin, dass es sich bei den im Zuge der Begehung vorgefundenen Geräten um Wettterminals im Sinne des WWAG gehandelt hat.
Die Qualifikation eines Gerätes als Wettterminal, Wettautomat oder Wettinformationsgerät ist eine solche des Einzelfalls (; ).
Maßgeblich für das Vorliegen eines Wettterminals ist, dass die technische Einrichtung die Eignung besitzt, dem Wettkunden unmittelbar die Wettteilnahme zu ermöglichen, wobei unter Wettteilnahme die Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes zu verstehen ist (; ).
Dem unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/17/0409, erstatteten Beschwerdevorbringen, die Geräte hätten nicht unmittelbar zur Teilnahme an einer Wette verwendet werden können, weil die Kunden kein verbindliches Wettangebot hätten abgeben können, ist Folgendes entgegenzuhalten:
Kann ein Kunde am Terminal sowohl den Wettgegenstand als auch den Wetteinsatz selbständig wählen, so steht es der Beurteilung des Terminals als Wettterminal nicht entgegen, wenn der Wetteinsatz bei einem Mitarbeiter des Lokalbetreibers zu entrichten ist ().
Nur dann, wenn das Terminal ausschließlich durch Personal des Wettunternehmers bedient wird und in einem Bereich aufgestellt ist, der für den Kunden nicht bestimmt und nicht zugänglich ist, handelt es sich um kein Wettterminal. Weist das Terminal aber jene Eigenschaft auf, die eine Wettteilnahme (Bestimmung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes) durch den Wettkunden selbst ermöglicht, so handelt es sich um ein Wettterminal, wobei schon die abstrakte Eignung zur Wettteilnahme reicht, um eine Umgehung durch ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person zu vermeiden (, mwN).
Im vorliegenden Fall waren im Lokal drei Terminals vorhanden, die von den Kunden selbst bedient werden konnten. An den vorhandenen Terminals waren sowohl der Wettgegenstand als auch der Wetteinsatz selbständig wählbar, die Kunden konnten dort Wetten auswählen und den Wetteinsatz sowie den Wettgegenstand bestimmen. Dazu wurden an diesen Terminals auch "Reservierungstickets" ausgedruckt. Damit stand aber das Wettangebot des Kunden - vom Kunden an diesem Terminal selbst festgelegt - fest. Dass der Kunde dieses "Reservierungsticket" noch einem Lokalbediensteten vorlegen musste, ändert nichts daran, dass der Kunde bereits - am Kundenterminal - den Wetteinsatz und den Wettgegenstand bestimmt hatte. Die Wettteilnahme war im zu beurteilenden Sachverhalt ohne Dazwischentreten einer anderen Person durch die selbständige Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes durch den Kunden möglich. Das Einschalten eines Mitarbeiters zum Zweck der Entrichtung des Entgelts ist dem Vorliegen von Wettterminals nicht abträglich, weil die Eingabe der eine Wettteilnahme bestimmenden Elemente unmittelbar dem Kunden vorbehalten blieb.
Dass über die Annahme der Wettangebote erst mit der Entgegennahme des Wetteinsatzes durch das Kassapersonal entschieden wird, steht der Qualifikation der Geräte als Wettterminals nicht entgegen (vgl. ). Aus dem Wettengesetz und den Materialien ist nicht abzuleiten, dass die Möglichkeit zur unmittelbaren Wettteilnahme nur dann gegeben wäre, wenn unmittelbar ein Wettvertrag zustande käme. Den oben aufgezeigten Anforderungen an ein Wettterminal wird nämlich bereits entsprochen, wenn vom Kunden ein verbindliches Wettangebot abgegeben wird, ohne dass dieses vom Buchmacher oder Totalisateur verpflichtend und sofort angenommen werden müsste, kann doch der vermittelte Kunde ohne Dazwischentreten einer anderen Person in der Betriebsstätte am Terminal den Wettgegenstand und Wetteinsatz selbständig bestimmen ().
Im konkreten Fall war die Wettteilnahme an den Terminals ohne Dazwischentreten einer anderen Person in der Betriebsstätte (vor allem fand keine ausschließliche Bedienung durch das Personal und keine Beschränkung des Zutritts statt) durch selbständige Bestimmung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes durch einen Kunden möglich. Im Hinblick darauf ist die belangte Behörde zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass es sich bei den Terminals um Wettterminals im Sinn des § 2 Z 1 WWAG handelt.
Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die Reservierung einer Wette durch den Kunden völlig unverbindlich sei und im Hinblick auf den Abschluss eines Wettvertrages keine rechtliche Wirkung entfalte, so ist anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Ansicht vertritt, dass ein Wettterminal auch vorliegen kann, wenn seine Bedienung durch den Kunden diesen noch nicht rechtlich bindet, weil die Abgabe eines verbindlichen Angebotes im Erkenntnis vom , 2013/17/0409, zwar als hinreichend, aber nicht auch als notwendig beurteilt worden ist ().
Dem Vorbringen in der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung, der ausgedruckte Reservierungszettel entfalte keine rechtliche Wirkung, weil die Wette erst am Schalter abgeschlossen werde, sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 2013/17/0409, entgegenzuhalten. Darin sprach das Höchstgericht aus, aus dem Wettengesetz und den Materialien sei nicht abzuleiten, dass die Möglichkeit zur unmittelbaren Wettteilnahme nur dann gegeben wäre, wenn unmittelbar ein Wettvertrag zustande käme. Den Anforderungen an ein Wettterminal werde nämlich bereits dann entsprochen, wenn vom Kunden ein verbindliches Wettangebot abgegeben werde, ohne dass dieses vom Buchmacher oder Totalisateur verpflichtend und sofort angenommen werden müsste, da der Kunde ohne Dazwischentreten einer anderen Person in der Betriebsstätte am Terminal den Wettgegenstand und den Wetteinsatz selbständig bestimmen könne.
Der in der mündlichen Verhandlung von der rechtsfreundlichen Vertreterin angestellte Vergleich des Reservierungstickets mit einem Zettel, auf den eine taubstumme Person "eine Wette schreibe" und beim Schalter abgebe, ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, wenn es - wie im vorliegenden Fall - an den im Wettlokal befindlichen Terminals möglich ist, den Wettgegenstand und den Wetteinsatz festzulegen. Der Beurteilung von Terminals als Wettterminals steht nicht entgegen, dass die Bezahlung des Wetteinsatzes bei einem Mitarbeiter des Lokalbetreibers erfolgen muss (). Auch ist für die Qualifikation eines Terminals als Wettterminal nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Wettvertrages, sondern die Eignung der technischen Einrichtung streitentscheidend, dem Kunden die Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes unmittelbar zu ermöglichen.
Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht" im § 2 Z 1 WWAG:
Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Bedenken im Hinblick auf die hinreichende Bestimmtheit (Art. 18 Abs. 1 B-VG) der oben zitierten Wortfolge treffen nicht zu. Bei Ermittlung des Inhalts eines Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art. 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg 11.639/1988 mwN).
Die Absicht des Gesetzgebers ist dem Initiativantrag vom betreffend die Erlassung eines Gesetzes über die Einhebung einer Wettterminalabgabe (Wiener Wettterminalabgabegesetz - WWAG) zu entnehmen. Darin wird wörtlich ausgeführt:
"Den Gegenstand der Abgabe bildet das Halten von Wettterminals. Wettterminal im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wettannahmestelle an einem bestimmten Standort, die über eine Datenleitung mit einer Buchmacherin bzw. einem Buchmacher oder einer Totalisateurin bzw. einem Totalisateur verbunden ist und einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht. Mit der Formulierung "unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht" soll klargestellt werden, dass jene technischen Geräte, wo ausschließlich Personal des jeweiligen Unternehmens für die Kundin oder den Kunden Wetten eingeben kann, keine Wettterminals im Sinn des Gesetzes darstellen (so z.B. in Trafiken, wo die Eingabe der Wette ausschließlich durch das Verkaufspersonal erfolgt und der Annahmeschalter für Kundinnen und Kunden nicht frei zugänglich ist).
Aus den Begriffsbestimmungen ist abzuleiten, dass der Steuergegenstand nicht an den Begriff des Wettterminals und die sonstigen Begriffsbestimmungen des im Entwurf vorliegenden Wiener Wettengesetz anknüpft und sich von jenem nach dem Gebührengesetz 1957 dahingehend unterscheidet, dass nicht der Abschluss eines Wettvertrages, sondern das Halten von Wettterminals besteuert wird."
Unter Heranziehung der Absicht des Gesetzgebers ist aber der Inhalt des § 2 Z 1 WWAG ausreichend bestimmt.
Ad Verspätungszuschlag
Sachverhalt:
Die drei gegenständlichen Wettterminals wurden laut Angaben des Magistrats der Stadt Wien nicht gemäß § 5 Abs. 1 WWAG spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat angezeigt. Dieser Sachverhalt ist unstrittig.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 5 Abs. 1 WWAG ist das Halten von Wettterminals spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen.
Gemäß § 6 Abs. 1 WWAG gilt die Anmeldung von Wettterminals (§ 5 Abs. 1) als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten.
Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde gemäß § 135 BAO einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Zweck des Verspätungszuschlages ist es, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen. Er hat nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die Funktion der Abgeltung von Verzugszinsen und der Abgeltung von erhöhtem, durch die nicht rechtzeitige Einreichung der Abgabenerklärungen verursachten Verwaltungsaufwand (Ritz, BAO6, § 135 Tz 1).
Die Festsetzung des Verspätungszuschlages liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Behörde und setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist zur Einreichung einer Erklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist.
Eine Verspätung ist dann nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft. Bereits der leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (Ritz, BA06, §135, Tz 10).
Entsprechend der herrschenden Lehre und Rechtsprechung sind bei der Ermessensübung folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Das Ausmaß der Fristüberschreitung
Die Höhe des durch die verspätete Einreichung erzielten Vorteils
Das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen
Der Grad des Verschuldens
Da das Halten der gegenständlichen Apparate nicht spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat gemäß § 5 Abs. 1 WWAG angezeigt wurde, wurde die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung (gemäß § 6 Abs. 1 WWAG gilt die Anmeldung von Apparaten als Steuererklärung) nicht gewahrt. Damit ist die grundsätzliche Berechtigung zur Verhängung eines Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO gegeben.
Durch die von der Beschwerdeführerin gesetzte Pflichtverletzung erwuchs der Behörde ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Die Verhängung eines Verspätungszuschlages in Höhe von 10% der Wettterminalabgabe war im Hinblick darauf, dass die Anzeige der Wettterminals bewusst unterlassen wurde und von einem gravierenden Verschulden auszugehen ist, als angemessen anzusehen. Auch zur Erreichung des Zieles, die Beschwerdeführerin zur Einhaltung von Fristen und zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen anzuhalten, erscheint der verhängte Verspätungszuschlag zweckmäßig. In der Ausschöpfung des gesetzlich möglichen Rahmens war daher kein Ermessensmissbrauch zu erkennen.
Dass der Verhängung des Verspätungszuschlages berechtigte Interessen der Beschwerdeführerin entgegenstünden, ist aus dem Akteninhalt nicht erkennbar. Das Vorliegen diesbezüglicher Umstände behauptet auch die rechtsfreundliche Vertreterin nicht. Die Verhängung des Verspätungszuschlages erscheint dem Bundesfinanzgericht daher auch nicht unbillig.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dieses Erkenntnis weicht weder hinsichtlich der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Spruch eines rechtskräftigen Strafurteils beruht (), noch hinsichtlich der Qualifikation der streitgegenständlichen Geräte als Wettterminals (z.B. ) von den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien ab. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen und die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 § 2 Abs. 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 § 116 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Z 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 § 5 Abs. 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 § 6 Abs. 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 |
Verweise | § 3 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 § 2 Abs. 1 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400127.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at