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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2021, RV/5101575/2019

Diverse Aufwendungen für einen PC (Reparatur, Update,...) als Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO des BMF über außergewöhnliche Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch DR DENK WIRTSCHAFTSTREUHAND KG, Hörschingergutstraße 24, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Bescheide 2016 und 2017 werden im Sinne der Beschwerdevorentscheidungen abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Bescheide des Beschwerdeführers (Bf.) betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2016 und 2017 ergingen am .

Hinsichtlich der strittigen außergewöhnlichen Belastungen wurde ausgeführt: "Ein PC (Computerkauf + EDV-Service) als normaler Gebrauchsgegenstand, der für jedermann nutzbar ist, stellt kein Hilfsmittel iSd VO dar. Lediglich behindertenspezifische Adaptierungen und Zusatzfunktionen können als Behindertenhilfsmittel angesehen werden. Die beantragten Kosten iHv. € 773,60 konnten daher nicht berücksichtigt werden." Für 2016 erfolgte eine wortgleiche Begründung in diesem Punkt mit einem Betrag von € 393,44.

Am wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und ausgeführt: "Kirchensteuer wurde im Jahr 2016 beantragt, jedoch wahrscheinlich zum Ansetzen vergessen. Ao. Bel. 2016: lch verweise nochmals auf meine Eingabe betr. Vorhaltverfahren 2016 und 2017 vom betr. PC. Gleichzeitig wurde auch vom Finanzamt (Ort***1***) anl. der Veranlagung des Jahres 2014 ein ausführliches Prüfverfahren, auch in Anwesenheit des Klienten durchgeführt und die PC-Kosten zu 60% als ao Belastung anl. Behinderung anerkannt. Die Kosten wurden in obiger Angabe mit 60% angesetzt. Weiters wurden im Jahre 2016 die in der Erklärung angeführten Kosten für Taxi in Höhe von 76.- angesetzt, weil sie im Zusammenhang mit einem im Krankenhaus durchzuführenden dringenden Eingriff angefallen sind und mit der VO §3(2) nichts zu tun haben. Im Jahre 2017 wurden desgleichen die PC Kosten mit 60% wie im Jahre 2016 angesetzt. Zusätzlich wurde im Jahre 2017 noch ein Betrag von € 126,71 Selbtbehaltskosten zum Ansatz gebracht; diese waren in der Erklärung enthalten, wurden wahrscheinlich vergessen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Bescheide abgeändert und der Beschwerde teilweise stattgegeben.

Hinsichtlich der geltend gemachten PC-Aufwendungen wurden nichtabzugsfähige Kosten der Lebensführung angenommen und ausgeführt: "Außergewöhnliche Belastung bei Behinderung - Hilfsmittel: § 34 Absatz 6 Einkommensteuergesetz 1988 bestimmt unter anderem, dass der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen kann, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Absatz 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel, Badelift, orthopädische Behelfe, Stützapparat).

Auch für die Berücksichtigung von Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung ist Voraussetzung, dass die Aufwendungen außergewöhnlich und zwangsläufig sind.

Der Begriff "Hilfsmittel" wird in § 154 Absatz 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) definiert und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes bzw. Unabhängigen Finanzsenates ist § 154 Absatz 1 ASVG zur Definition von Hilfsmitteln im Sinne des § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen heranzuziehen (UFS-Entscheidung, , RV/2505-W/02).

Als Hilfsmittel im Sinne des § 154 Absatz 1 ASVG sind Gegenstände oder Vorrichtungen anzusehen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verunstaltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen.

Normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche in der Regel keine Hilfsmittel; lediglich behindertenspezifische Adaptierungen und Zusatzfunktionen können "Hilfsmittel" darstellen.

Sie haben im Jahr 2011 ein Notebook der Marke "HP ProBook 4520s" angeschafft und beantragen für dieses im Jahr 2016 Ausgaben für Notebookeinstellungen und Notebookreparaturen einschließlich Fahrtkosten zum Transport des Gerätes in die Fa. Vorname***1*** Name***1*** und wieder nach Hause abzüglich eines Privatanteiles von 40%.

Nach Ansicht des Finanzamtes Linz liegt beim Notebook mangels behindertenspezifischer Adaptierungen und Zusatzfunktionen kein Hilfsmittel im Zusammenhang mit Ihrer Behinderung vor, vielmehr ist ein Notebook ein Gebrauchsgegenstand, der zweifelsohne auch von nicht behinderten Menschen vorteilhaft verwendet wird. Das gegenständliche Notebook ist ein marktgängiges, handelsübliches Produkt und demnach ein normaler Gebrauchsgegenstand.

Normale Gebrauchsgegenstände, wie bereits ausgeführt, die für jedermann nutzbar sind, sind jedoch als solche keine "Hilfsmittel". Ihre beantragten Ausgaben waren den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 zuzuordnen."

Im Vorlageantrag vom wurde dagegen vorgebracht:

"In Ergänzung zur eingebrachten Beschwerde wird betreffend § 34(6) EStG ausgeführt: Laut Verordnung § 34(6) EStG wird ausgeführt, dass Hilfsmittel nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen sind, die geeignet sind ..., die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen. Der Begriff Hilfsmittel im Sinne des § 154 ASVG besagt; ...sind Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, ... die mit einem Gebrechen verbundenen körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen zu mildern oder zu beseitigen; Normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche in der Regel keine Hilfsmittel: Lediglich behindertenspezifische Adaptierungen und Zusatzfunktionen können Hilfsmittel sein. Bezogen auf diese Stelle der Lehre und Rechtsprechung hat das Finanzamt die außerordentliche Belastung für PC-Aufwendungen nicht anerkannt. Hierzu ist auszuführen:

Ich wurde mit Bescheid der Dienstgeber***1*** vom mit Ende März 1994 in den Ruhestand versetzt (Beilage 1); und zwar aufgrund eines am erlittenen Schlaganfalles. Der Befund des Sachverständigen spricht aus:

Diagnose -> Mediateillinfarkt links mit Hemiparese rechts, Broca Aphasie, Sprechapraxie und Alkalkulie, Protein C Mangel (Beilage 2). D.h. kopfseitig links ist das Sprach-Lern-Schreibzentrum gestört, in Verbindung mit einer Beeinträchtigung der rechten Körperseite. In der Ausführung des BBRZ (Beilage 3, Seite 2) wird ausgeführt: Als Folge der Broca Aphasie treten Wortfindungsstörungen, eine große Leseschwäche, markante Rechtschreibprobleme und ein geringes Textverständnis auf; die Erstellung eigener Texte ist nur eingeschränkt möglich. Auch bei Grundrechenarten treten größere Probleme auf. Bereits 2002 wurde mir auch der Kauf eines Softwareprogrammes zur Milderung dieser Mängel von der BVA ermöglicht. (Beilage 4). In Folge von Sensibilitätsstörungen am rechten Handrücken ist ein eigenhändiges Schreiben nicht möglich und ich bin daher auf den Einsatz von Hilfsmitteln diesbezüglich unbedingt angewiesen. Auch die Textprogramme helfen mir, die richtige Satzbildung und Zuordnung zu finden und mich dadurch wiedereinigermaßen im Sprach- bzw. Lesebereich zurechtzufinden und zu verständigen. Die angesprochenen Computerprogramme betreffen alle Lebensbereiche (Rechnen, Schreiben, mathematische Behelfe und Orientierung).

Aufgrund dieser Ausführungen ist dieser Computer grundsätzlich und primär ein Hilfsmittel zur Beseitigung bzw. Verringerung der Nachteile durch die Erkrankung und ermöglicht es mir wiederum am allgemeinen Lebensprozess teilzunehmen. Der sonst gängige Wert eines PCs für Bildung, Unterhaltung und Information ist überhaupt nicht gegeben oder tritt bei mir jedenfalls in den Hintergrund. Demnach wird auch ein geringerer Teil der Kosten als privat anerkannt. Jedenfalls ist der PC in erster Linie für mich das wichtigste Hilfsmittel, um die durch die Erkrankung gegebenen Beeinträchtigungen zu mildern, und der Gebrauchsgegenstand für andere (in der Regel) ist in meinem Fall primär als das Hilfsmittel zur Milderung der Erkrankung anzusehen. Zum besseren Verständnis des oben Geschriebenen bin ich gerne bereit auch persönlich in einer Parteieneinvernahme zur Verfügung zu stehen."

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Beantragt werden für das Jahr 2016 die Kosten Für Notebookeinstellungen und Notebookreparaturen einschließlich Fahrtkosten zum Transport des Gerätes in die Fa. Name***1*** und wieder nach Hause abzüglich eines Privatanteiles von 40% für ein im Jahr 2011 angeschafftes Notebook (HP ProBook 4520s) ohne behindertenspezifische Ausstattung und ohne behindertenspezifische Zusatzfunktionen. Für das Jahr 2017 werden Ausgaben für Notebook Updates, externe Festplatte mit Gehäuse, Installation Office2016, Versicherungspaket einschließlich Fahrtkosten zum Transport des Gerätes nach Ort***1*** und wieder nach Hause abzüglich eines Privatanteiles von 40% für das im Jahr 2011 erworbene Notebook beantragt. Die geltend gemachten Kosten werden vom Bf. unter Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen subsumiert.

Der Beschwerdeführer hat eine 100 %ige Erwerbsminderung vom Sozialministeriumservice bescheinigt.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen.

Strittig ist alleine die rechtliche Qualifikation der geltend gemachten Aufwendungen für den PC.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3), sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 steht dem Steuerpflichtigen jeweils ein Freibetrag nach Abs. 3 leg. cit. zu, wenn er u. a. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung außergewöhnliche Belastungen hat und er keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) erhält.

In seinem Abs. 6 bestimmt § 34 EStG 1988:

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung BGBl. Nr. 303/1996.

Gemäß § 4 dieser VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) und Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Hilfsmittel im Sinne obiger VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen (sh. Beispiele laut § 4 der VO, vergleiche auch § 154 ASVG).

Allein die Bezeichnung "Hilfsmittel" stellt nach Ansicht der Richterin darauf ab, dass es sich um Güter handelt, die so beschaffen sind, dass sie nur für kranke bzw. behinderte Personen verwendet werden können.

Der gegenständliche PC (HPBook Pro 4520s) stellt aber ein Wirtschaftsgut dar, dass von kranken und gesunden Menschen gleichermaßen benutzt werden kann. Er hat somit keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit. Der Einsatz und die Nutzung eines PC samt Internet dienen sowohl beim gesunden als auch beim kranken Menschen der Wissensvermittlung, Verbesserung der Allgemeinbildung sowie der Förderung der Gedächtnisleistung und motorischen Fähigkeiten.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes können Güter, die sich durch nichts von normalen Gebrauchsgegenständen unterscheiden und die für jedermann nutzbar sind, nicht unter den Begriff "Hilfsmittel" subsumiert werden. Eine Berücksichtigung im Rahmen des § 35 EStG 1988 ist daher ausgeschlossen.

Im gegenständlichen Verfahren sind aber gar nicht die Kosten für die Anschaffung dieses Gerätes strittig, sondern damit zusammenhängende Reparaturkosten, Kosten für Notebookeinstellungen, Programme (Office-Paket) und damit zusammenhängende Fahrtkosten. Diese Kosten (Wartungs- und Updatekosten) fallen nach Ansicht der Richterin aber regelmäßig an, was auch durch den Anfall solcher Kosten sowohl in den Jahren 2016 und 2017 belegt ist und können demnach schon begrifflich keine "nicht regelmäßig anfallenden Aufwendungen" sein.

Eine Parteieneinvernahme konnte unterbleiben, da die Nützlichkeit des Computers für den Bf. und seine gesundheitlichen Einschränkungen im dargestellten Umfang nicht bestritten werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101575.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
UAAAC-27440