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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2021, RV/7104611/2020

Ein Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 ist bei Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht als unbegründet abzuweisen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***,

I. zu Recht erkannt:

Der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 vom wird wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig (geworden) zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine polnische Staatsbürgerin, erzielte im Bezugszeitraum bis in Österreich steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 9.363,78 Euro und reichte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 (L 1) am beim Finanzamt ein.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom teilte das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit, dass EU/EWR-Bürgerinnen, die in Österreich weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können. Dies gelte aber nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11.000 Euro betragen. Unter Berücksichtigung aller dem Finanzamt bekannten Umstände sei die Beschwerdeführerin in Österreich beschränkt steuerpflichtig, da sie hier weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften habe. Für eine Option in die unbeschränkte Steuerpflicht sei für das Kalenderjahr 2018 bekannt zu geben, welche Tätigkeiten in welchen Zeiträumen des Veranlagungsjahres außerhalb Österreichs ausgeübt bzw. in welchen Zeiträumen keiner Tätigkeit nachgegangen worden sei. Dazu sei eine Bescheinigung der zuständigen Abgabenbehörde im Ansässigkeitsstaat vorzulegen (Formular E 9). Nicht in dieser Bescheinigung aufscheinende Einkünfte seien ebenso nachzuweisen (z.B. Bestätigung der Steuerbehörde eines anderen Staates bzw. des Arbeitgebers). Ohne lückenlosen Nachweis für das gesamte Kalenderjahr könne dem Antrag auf Option in die unbeschränkte Steuerpflicht nicht stattgegeben werden bzw. sei die Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtige vorzunehmen.

Die Beschwerdeführerin legte am dem Finanzamt eine Bescheinigung der polnischen Steuerbehörde (E 9) vom vor, in welcher Einkünfte in Höhe von 171.944,31 polnische Zloty (PLN) angeführt waren.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2018 (Arbeitnehmerveranlagung) unter Berücksichtigung der Hinzurechnung gemäß § 102 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 9.000,00 Euro mit einer Nachforderung in Höhe von 997,00 Euro fest und begründete dies damit, dass die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat umgerechnet 39.743,03 Euro betragen hätten, weshalb die Beschwerdeführerin in Österreich beschränkt steuerpflichtig sei.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 und brachte vor, dass die "E 9-Bescheinigung" von der polnischen Steuerbehörde "nicht zur Gänze korrekt ausgestellt" worden sei. Der Beschwerde war eine Bescheinigung der polnischen Steuerbehörde (E 9) vom beigelegt, in welcher neben den Einnahmen in Höhe von 171.944,31 PLN steuerlich absetzbare Kosten in Höhe von 123.902,27 PLN berücksichtigt wurden. Das Einkommen in Polen wurde in Höhe von 48.042,04 PLN angeführt. Die Beschwerdeführerin stellte gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig.

Mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführerin in Polen Einkünfte über 11.000 Euro erzielt habe und daher die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 EStG 1988 nicht gegeben seien.

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht und führte unter Verweis auf § 26 Abs. 2 BAO aus, dass sie sich laut ihrem Dienstvertrag im Jahr 2018 in Österreich länger als sechs Monate aufgehalten und daher in Österreich ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Die Einkünfte in Polen seien aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Jahr 2018 und hätten laut der vorgelegten korrigierten E 9 Bescheinigung ("diese sei kein Steuerbescheid") die maßgebliche Grenze um lediglich 100 Euro (laut Umrechnungstabelle) überschritten und seien ohne die in Österreich üblichen pauschalierten Absetzbeträge berechnet worden.

Das Finanzamt legte die Beschwerde vom am zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung als unbegründet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist polnische Staatsbürgerin und hatte laut Zentralem Melderegister im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2018 in Österreich keinen Wohnsitz gemeldet. Laut vorgelegtem Dienstvertrag vom war die Beschwerdeführerin bei der ***1*** Hotel GmbH in ***2*** Wien ab als Putzfrau am Ort der Arbeitgeberin beschäftigt. Die wöchentliche Normalarbeitszeit betrug 4 Tage, 40 Stunden pro Woche. In Polen, wo die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 ihren Wohnsitz hatte, erzielte sie ein steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von 48.042,04 PLN (11.104,39 Euro). In Österreich erzielte die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 9.363,78 Euro. Von den Bruttobezügen in Höhe von 13.199,65 Euro wurde die Lohnsteuer gemäß § 70 Abs. 2 EStG 1988 berechnet und von der Arbeitgeberin in Höhe von 413,27 Euro einbehalten. Die Beschwerdeführerin reichte beim Finanzamt eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 (L 1) ein und stellte den Antrag gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden, um damit steuerliche Vorteile zu erhalten, die sonst nur unbeschränkt Steuerpflichtigen zustehen. Das Finanzamt ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Steuerpflicht der Beschwerdeführerin im Beschwerdezeitraum 2018 nicht gegeben waren und veranlagte die beschränkt steuerpflichtigen Lohneinkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Entsprechend der Bestimmung des § 102 Abs. 3 EStG 1988 rechnete das Finanzamt bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2018 dem Einkommen der beschränkt steuerpflichtigen Beschwerdeführerin einen Betrag von 9.000 Euro hinzu, wodurch sich eine Steuernachforderung in Höhe von 997,00 Euro ergab.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Beschränkt steuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die in § 98 aufgezählten Einkünfte.

Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist.

Gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 werden auf Antrag auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11 000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.

Gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). Diese Regelung betrifft nur die Veranlagung unbeschränkt lohnsteuerpflichtiger Personen (§ 1 Abs. 2) sowie jener Angehörigen von Mitgliedstaaten der EU oder des EWR, die auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln sind (§ 1 Abs. 4).

Bei beschränkt Steuerpflichtigen (§ 1 Abs. 3) ist § 41 Abs. 2 EStG 1988 nicht anwendbar. Eine Veranlagung von Einkünfte, von denen eine Lohnsteuer nach § 70 Abs. 2 zu erheben ist, hat gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nur über Antrag des beschränkt Steuerpflichtigen zu erfolgen.

Wird eine Veranlagung für unbeschränkt Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 durch Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (L 1) beantragt und liegen wegen der beschränkten Steuerpflicht des Antragstellers die Voraussetzungen nicht vor, so ist der Antrag vom Finanzamt abzuweisen. Es kann nicht stattdessen eine Antragsveranlagung für beschränkt steuerpflichtige Lohneinkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z. 3 erfolgen, weil ein solcher Antrag überhaupt nicht gestellt wurde (vgl. ).

Da die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die unbeschränkte Steuerpflicht der Beschwerdeführerin nicht gegeben waren, wäre der von dieser gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 eingebrachte Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtige vom Finanzamt als unzulässig abzuweisen gewesen. Mangels eines von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages auf Veranlagung ihrer beschränkt steuerpflichtigen Lohneinkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom vom Finanzamt rechtswidrig erlassen worden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Unzulässigkeit der Erlassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 mangels eines von der Beschwerdeführerin eingebrachten Antrages auf Veranlagung ihrer beschränkt steuerpflichtigen Lohneinkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 unmittelbar aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt, liegt insoweit keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Wien, am

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