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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.04.2021, RV/7101958/2018

Anspruch auf Familienbeihilfe des in Ungarn mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden Vaters des Kindes geht Anspruch der in Österreich beschäftigten Mutter vor.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***2*** ***3***, ***4***, vertreten durch ***8*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (vormals des Finanzamtes ***7***) vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Ausgleichszahlung (betreffend Familienbeihilfe) für das Kind ***6***, für August 2012 bis Jänner 2013 sowie April 2014 bis Mai 2016 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag vom begehrte die Beschwerdeführerin den Zuspruch einer Ausgleichszahlung gemäß den Bestimmungen des FLAG 1967 und wurde dieser Antrag mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Der im Spruch näher bezeichnete Abweisungsbescheid vom wurde begründet wie folgt:

"Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, kann einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Diese Bestimmung ist auch im Bezug auf die genannte Verordnung anwendbar.

Im betreffenden Zeitraum wurden keine ausreichenden Beweise für die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten vom Sohn vorgelegt.

Zusätzliche Begründung:

In zwischenstaatlichen Fällen, in denen ein leiblicher Elternteil mit seinem Kind und einem Stiefelternteil im gemeinsamen Haushalt lebt, ist der nicht im gemeinsamen Haushalt lebende andere leibliche Elternteil nicht in die Prüfung miteinzubeziehen.

In diesen Fällen ist nur die Situation des mit dem Kind lebenden leiblichen Elternteils und Stiefelternteils in Prüfung zu ziehen.

(Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom )"

In der Beschwerde (datiert mit , Eing.-Stempel des Finanzamtes ***5*** vom ) gegen den Abweisungsbescheid führte die Beschwerdeführerin (Bf) aus:

"Dieser Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten und beantragt die Bf die Gewährung einer Ausgleichszahlung gemäß den Regelungen des FLAG 1967 in Bezug auf ihren beschwerdegegenständl. Sohn für die im Bescheid vom angeführten Zeiträume.
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist Mutter von drei Kindern und insbesondere die Kindesmutter des auf den angefochtenen Bescheid bezugnehmenden Sohn, geb: 02.1996. (genaues Gebdat. ist aktenkundig). Die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindesvater wurde bereits vor mehreren Jahren geschieden und wurde das alleinige Obsorgerecht hinsichtlich des (damals minderjährigen) Kindes auf die Beschwerdeführerin übertragen.

Im Jahr 2012 übersiedelte die Bf berufsbedingt von Ungarn nach Österreich und geht seither einer unselbständigen Beschäftigung in Österreich nach. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnte der Sohn in einem gemeinsamen Haushalt mit der Bf und entschieden sich die Kindeseltern aufgrund der bereits fortgeschrittenen Schulausbildung dazu, dass ihr gemeinsames Kind weiterhin in Ungarn die Schule besuchen sollte. Infolge dessen war der Sohn der Beschwerdeführerin seit dem berufsbedingten Umzug der Bf beim Kindesvater haushaltszugehörig, wobei das alleinige Sorgerecht weiterhin bei der Beschwerdeführerin verblieb.

Seit dem Zeitpunkt des berufsbedingten Umzuges nach Österreich bzw. der Haushaltszugehörigkeit des Kindes zum Haushalt des Kindesvaters bezahlte die Beschwerdeführerin einen Kindesunterhalt in Höhe von € 200,00 / Monat an den Kindesvater.

Nach Beendigung seiner Schulausbildung begann der Sohn der Beschwerdeführerin in Budapest zu studieren (Soziologie) und war seit ca. Juni 2016 in Budapest (in einer Wohngemeinschaft) wohnhaft. Seit diesem Zeitpunkt bezahlt die Beschwerdeführerin einen Kindesunterhalt in Höhe von € 250,00 / Monat direkt an ihren beschwerdegegenständlichen (unterhaltsberechtigten) Sohn.

Aufgrund des in Ungarn vorherrschenden geringeren Einkommensniveaus und den geringeren Lebenserhaltungskosten sowie dem tatsächlich - gegenüber dem Einkommen der Beschwerdeführerin - niedrigeren Einkommen des Kindesvaters wurde der Unterhalt des Sohnes, geb. 1996, überwiegend von der Beschwerdeführerin finanziert.

Beschwerdegründe: Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen einen Anspruch auf Familienbeihilfe, welche im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies fortführend legt § 2 Abs. 2 FLAG 1967 fest, dass jene Person einen Anspruch auf den Bezug der Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Nichtsdestotrotz ist eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, dann anspruchsberechtigt, sofern diese die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt und keine andere Person gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 anspruchsberechtigt ist.

Dies fortführend legt § 53 Abs. 1 FLAG 1967 fest, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des EWR nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden "VO Nr. 1408/71" genannt), ist gemäß ihrem Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe h auf sämtliche Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen, anzuwenden. In diesem Zusammenhang sind die österreichische Familienbeihilfe bzw. die Ausgleichszahlung als Familienleistung iSd Art. 1 Buchstabe u der VO Nr. 1408/71 einzustufen (vgl. , VwSlg 8.225/f).

Der Legaldefinition des Artikel 1 Buchstabe f lit. i der VO Nr. 1408/71 folgend ist jede Person als "Familienangehörige" einzustufen, welche in den Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die Familienleistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt, anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet sind; wird nach diesen Rechtsvorschriften allerdings eine Person nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Arbeitnehmer oder dem Selbständigen oder dem Studierenden in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird. Diese Regelung entspricht ihrem wesentlichen Inhalt nach Art. 1 Buchstabe i Zif. 1 lit. a iVm Zif. 3 der VO (EG) 883/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom zur Koordinierung der System der sozialen Sicherheit (im Folgenden "VO Nr. 883/2004" genannt).

Dem Beihilfenanspruch des Kindesvaters, zu dessen in Ungarn gelegenem Haushalt der Sohn der Beschwerdeführerin gehörte, steht - gleich dem vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom zu beurteilenden Sachverhalt - die Bestimmung des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 entgegen, wonach Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie im Bundesgebiet über einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt verfügen. Dies fortführend liegt daher im gegenständlichen Sachverhalt ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 vor. Daran ändern die Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 bzw. VO Nr. 883/2004 nichts, sodass in gegenständlichem Fall der Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. gegebenenfalls auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 2 FLAG alleine dem in Österreich wohnhaften Elternteil zukommt, sofern dieser im Sinne von § 2 Abs. 2 FLAG 1967 überwiegend die Unterhaltskosten trägt (vgl. ; ; ; u.a.).

Ob eine Person letztlich die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab. Bei der Beurteilung, ob jemand die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ist von den tatsächlichen Unterhaltskosten auszugehen und nicht auf allfällige Vergleichswerte oder fiktive durchschnittliche Unterhaltskosten Bedacht zu nehmen ().

Im gegenständlichen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin hinreichend vorgebracht und nachgewiesen, dass diese im Zeitraum 2012 bis Mitte 2016 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von € 200,00 bzw. ab Mitte 2016 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von € 250,00 geleistet hat. Der Umstand, dass der Kindesvater des Kindes während dieses Zeitraumes die Betreuungsleistungen erbracht hat, steht - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - dem Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung einer Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 2 FLAG 1967 nicht entgegen.

Die Beschwerdeführerin ist sämtlichen Aufforderungen der belangten Behörde zur Vorlage von Unterlagen (insbesondere Nachweis der Unterhaltszahlungen etc.) nachgekommen und hat die tatsächlich geleisteten Unterhaltskosten einerseits durch eine Bestätigung des Kindesvaters und andererseits durch (noch vorhandene) Banknachweise / Überweisungsbestätigungen glaubhaft nachgewiesen.

Demzufolge sind im gegenständlichen Sachverhalt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausgleichzahlung im Sinne des § 4 Abs. 2 FLAG 1967 erfüllt und hätte die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung dem Antrag der Beschwerdeführerin stattgeben müssen.

Selbst für den Fall, dass für die belangte Behörde die Frage der überwiegenden Unterhaltskostentragung nicht abschließend geklärt war, hätte diese bei richtiger rechtlicher Beurteilung (und insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin bis dato nicht rechtsfreundlich vertreten war) weitere Nachforschungen zu den tatsächlichen Unterhaltskosten des Kindes anstellen bzw. weitere Nachweise von der Beschwerdeführerin verlangen müssen. Nichtsdestotrotz hat die belangte Behörde derartige Nachforschungen bzw. Aufforderungen an die Beschwerdeführerin unterlassen, sodass dem Bescheid auch in diesem Punkt eine Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. ein Verfahrensmangel anhaftet.

Ausgehend von diesen Grundlagen stellt die Bf sohin die Anträge, das Verwaltungsgericht möge in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes vom dahingehend abändern, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Gewährung der Ausgleichszahlung für die Zeiträume August 2012 - Jänner 2013 sowie April 2014 - Mai 2016, stattgegeben wird; in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde begründet wie folgt:
"Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes - FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Abs. 2 FLAG 1967 bestimmt, dass die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist.

Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom in der Rechtssache C-378/14 (Tomislaw Trapkowski) ausgesprochen hat, ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind.

Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.

Nach dem FLAG kann ein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. bestehen. Nach dieser Bestimmung hat eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist.

Das bedeutet, dass ein Anspruch aufgrund überwiegender Kostentragung nur dann bestehen kann, wenn das Kind bei keinem anderen Elternteil haushaltszugehörig ist.

Sie haben daher für den betreffenden Zeitraum keinen Anspruch auf die Ausgleichszahlung. Diesen Anspruch kann nur der Kindesvater geltend machen."

Die Bf stellte einen Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (BFG), Eingangsdatum beim Finanzamt .

Im Vorlagebericht vom im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das BFG führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:

"Bezughabende Normen sind § 2 Abs. 1 und 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 VO ( EG ) Nr. 883/2004 und VO ( EG Nr. 987/2009)

Sachverhalt:

Abweisung Antrag auf Ausgleichszahlung für den Sohn, da d. Kind nicht haushaltszugehörig war, lebte im Abweisungszeitraum gemeinsam mit Kindesvater (KV) in Ungarn. Antragstellerin = Kindesmutter, geschieden, lebt in Österreich und zahlte Unterhalt; erst ab 06/2016 keine Haushaltszugehörigkeit mit KV mehr, ab diesem Zeitpunkt erhält die Antragstellerin Ausgleichszahlung für den Sohn wegen überwiegender Kostentragung.

Stellungnahme:

Unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom steht die Familienbeihilfe nunmehr demjenigen zu, der das Kind in seinem Haushalt betreut.

Da sich das Kind in Ungarn beim Kindesvater aufhält, war der Antrag der in Österreich beschäftigten Kindesmutter auf Ausgleichszahlung abzuweisen."

Die Bf zog den ursprünglich von Ihr gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

  • Das Bundesfinanzgericht (BFG) geht im Wesentlichen vom o. detailliert a. unstrittigen Sachverhalt aus:

Das Kind lebte im Abweisungszeitraum gemeinsam mit dem Kindesvater in Ungarn. Antragstellerin = Kindesmutter. Die Eltern des Kindes sind geschieden, die Mutter des Kindes lebt in Österreich und zahlte Unterhalt; erst ab 06/2016 besteht keine Haushaltszugehörigkeit mit Kindesvater mehr, ab diesem Zeitpunkt erhält die Antragstellerin Ausgleichszahlung für den Sohn wegen überwiegender Kostentragung.

Angemerkt wird, dass der haushaltsführende Vater auf dem Antragsformular auf Ausgleichszahlung vom eine Verzichtserklärung auf Ausgleichszahlung zugunsten der in Österreich lebenden Kindesmutter (Bf) abgab.

Aus dem Antragsformular auf Ausgleichszahlung wurde auch angegeben, dass von bis Anspruch auf ungar. Familienleistungen iHv HUF 16.000/Monat für das Kind bestanden hat, ab bis laufend (Datum des Antrags ) Null HUF/Monat.

Gesetzliche Grundlagen

  • Nationales Recht

Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, haben nach § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2a Abs. 1 erster Satz FLAG 1967 geht für den Fall, dass ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört der Anspruch des Elternteils der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteils vor. Hierbei wird nach dem zweiten Satz leg. cit. bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung statuiert, dass die Mutter den Haushalt führt.

Die Bestimmung des § 2 a Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 führt aus, dass in den Fällen des Abs. 1 der Elternteil der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteils verzichten kann. Nach dem zweiten Satz leg. cit. kann der Verzicht auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. (Anmerkung des Bundesfinanzgerichts [BFG]: diese Gesetzesbestimmung ist mangels gemeinsamer Haushaltsführung der Bf mit ihrem [wg Scheidung] Ex-Ehemann und Kindesvater, nicht von Relevanz.)

Personen haben nach § 2 Abs. 8 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3 FLAG 1967 legt zusätzliche Voraussetzungen für Personen und Kinder fest, die nicht österreichische Staatsbürger sind.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 4 FLAG 1967 für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichzahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

  • Unionsrecht:

Diese Verordnung gilt nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben nach Art. 4 VO 883/2004 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, gemäß Art. 7 VO 883/2004 nicht auf Grund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind bestimmt sich nach diesem Titel.

Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt nach Art. 11 Abs. 3 lit a VO (EG) 883/2004 Folgendes:

Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Eine Person hat nach Art. 67 erster Satz VO 883/2004 auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten nach Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedsstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Anspruch auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Abs. 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger der vorrangig zuständig ist.

Nach Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

Rechtliche Würdigung:

Ab Mai 2010 gilt die Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rats vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mit der Durchführungsverordnung (EG) 987/2009 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. (vgl. Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 19 und 20 zu § 53)

Diese Verordnungen sind zwingend anzuwenden, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der zwei oder mehr Mitgliedstaaten berührt.

Aufgrund der Erwerbstätigkeit der Bf. in Österreich und des Wohnortes des Kindesvaters und des Kindes in Ungarn und aufgrund der Tatsache, dass sämtliche der genannten Personen ungarische Staatsangehörige sind, liegt ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit Unionsbezug vor. Die VO 883/2004 ist gemäß deren Art. 2 Abs. 1 auf die genannten Personen persönlich anzuwenden.

Die von der Bf. beantragte Familienbeihilfe ist weiters unter die Familienleistungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 zu subsumieren, daher ist diese Verordnung im gegenständlichen Fall auch sachlich anwendbar.

Nach dem Unionsrecht unterliegen Personen, für die die VO 883/20014 gilt, immer nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004). Welche Rechtsordnung hierfür in Frage kommt, ist unter Titel II Art. 11 ff VO 883/2004 geregelt.

In der Regel sind dies gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates, also jenes Staates, in welchem eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit ausgeübt wird, und zwar auch dann, wenn die Person im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt.

Die Bf. ist in Österreich beschäftigt, wobei es keinen Hinweis darauf gibt, dass sie auch außerhalb des Bundesstaates Österreich einer nichtselbständigen oder selbständigen Tätigkeit nachgeht. Die Bf. unterliegt daher den österreichischen Rechtsvorschriften.

Da im gegenständlichen Fall die VO 883/2004 zu berücksichtigen ist, finden allerdings die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, welche den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG 1967, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG 1967, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, zufolge des Art. 7 VO 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 VO 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung. (Vgl. ).

In diesem Zusammenhang hat der EuGH zu Art. 67 VO 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 in seiner Entscheidung vom , C-378/14 (Tomislaw Trapkowski) ausgesprochen:

"38Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen "beteiligten Personen" , die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden.

40Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.

41Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistung zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist."

Das Unionsrecht selbst vermittelt somit keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im Allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im Besonderen, dass die Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat, der Familienleistungen gewähren soll. (, , , , )

Die nach Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat (Anmerkung des BFG: beschwerdegegenständlich in Österreich) wohnen. Ob etwa ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist dagegen sachverhaltsbezogen festzustellen. (, , , , ).

Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtigte Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär oder gar keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach nationalem Recht zu beurteilen. (, , )

Es ist daher im gegenständlichen Fall nach österreichischem Recht zu prüfen, ob die Bf. einen Familienbeihilfenanspruch hat oder nicht, wobei zu fingieren ist, dass alle Familienangehörigen, sprich der von der Bf. getrennt lebende Kindesvater sowie das im Haushalt des Kindesvaters lebende Kind, in Österreich wohnen (weshalb die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen außer Acht zu lassen sind).

§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf ab, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (, ).

Da im gegenständlichen Fall das Kind im Beschwerdezeitraum beim Kindesvater (in Ungarn) getrennt von der Bf. lebt und daher bei diesem haushaltszugehörig ist, besteht nach österreichischem Recht kein Anspruch auf Familienleistungen der Bf; ein nach nationalem Recht nicht bestehender Anspruch kann nicht durch das Unionsrecht begründet werden. Der vorrangige Anspruch auf Familienleistungen steht somit bei dem gegebenen Sachverhalt dem Kindesvater zu, solange die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach in der Person der Bf. erfüllt sind (vgl. auch unter vielen ).

Aus angeführten Gründen liegt auch entgegen den Beschwerdeausführungen der Bf (Beschwerde S. 5 letzter Absatz) kein Anwendungsgrund des § 2 Abs 2 zweiter Satz FLAG 1967 vor.

Selbst ein ausdrücklicher Verzicht des Kindesvaters auf Familienbeihilfe zu Gunsten der Bf entfaltet keine Wirkung, zumal der in § 2a Abs. 2 FLAG 1967 normierte Verzicht tatbestandsmäßig das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts zw. Eltern und Kind voraussetzt. Im vorliegenden Fall liegt zw. der Bf und ihrem (wg. Scheidung) Ex-Ehemann (dem Kindesvater) und dem Kind unstrittig kein gemeinsamer Haushalt vor, weshalb auch ein allfälliger Verzicht des Kindesvaters auf Familienleistungen keine Wirkung entfaltet.

Der im Verwaltungsverfahren erörterten Frage der überwiegenden Kostentragung durch die Bf. kommt in Ansehung vorstehender Ausführungen keine Entscheidungsrelevanz zu.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Nichtzulassen einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, weil keine zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die entscheidungsrelevanten (materiell)rechtlichen Fragen sind durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und durch den klaren Regelungsinhalt der angeführten gesetzlichen Bestimmungen geklärt. Die gegenständliche Entscheidung weicht auch von der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht ab.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101958.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at