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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.02.2021, RV/5101068/2016

Kleines oder großes Pendlerpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 Steuernummer ***StNr*** zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabengutschrift ergeben sich aus der Beschwerdevorentscheidung v. wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen
€ 21.626,03
Einkommensteuer
€ 3.718,92
-anrechenbare Lohnsteuer
€ 4.349,12
Festgesetzte Einkommensteuer
-€ 630,20
Bisherige festgesetzte Einkommensteuer
-€ 724,37
Rundung
€ 0,17
Abgabennachforderung ger.
€ 94,00

Diese bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. abgekürzt) machte in der am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2010 das Pendlerpauschale (1.356 €) geltend.

Mit Vorhalt des Finanzamtes v. wurde der Bf. ersucht, noch nähere Angaben zu den übrigen beantragten Werbungskosten zu machen.

Im Einkommensteuerbescheid 2010 v. wurde das Pendlerpauschale im Ausmaß von € 630 anerkannt. Nach der Auffassung des Finanzamtessei im Großraum von Linz die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels möglich und zumutbar und überdies sei der Pendlerrechner erst ab 2014 anwendbar. Die Veranlagung ergab eine Abgabengutschrift von ger. € 630.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde das große Pendlerpauschale für die Wegstrecke ab 21 km geltend gemacht. Im Einzelnen wurde vom Bf. ausgeführt:

"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom möchte ich anmerken, dass ich mit der kleinen Pendlerpauschale nicht einverstanden bin. Die Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels ist für mich unzumutbar, da ich die zumutbare Fahrtdauer von 90 Min. bei weitem überschreite. Darum bitte ich um nochmalige Überprüfung meines Ansuchen. Angaben zu meiner großen Pendlerpauschale entnehmen Sie bitte in der folgenden Auflistung.

Auflistung für großes Pendlerpauschale:


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Fahrstrecke mehr als zwei Kilometer
21km
Benutzung des öffentliches Verkehrsmittels ist unzumutbar auf Grund der Wegzeit hinsichtlich der Dauer- Fahrtdauer einfache Strecke mehr als 90 min
132min
Berechnung Fahrtdauer: (siehe Anhang OÖVK)
132 min
Wegzeit Wohnung zur Einstiegstelle
36 min
Fahrtdauer des öffentlichen Verkehrsmittels
21min
Wartezeit Umstieg
3min
Fahrtdauer des öffentlichen Verkehrsmittels
24min
Wegzeit Ausstiegsteile zum Arbeitsplatz
5min
Wartezeit bis Arbeitsbeginn um 07:30 (keine Gleitzeit)
43 Min.


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Fahrtdauer mit dem Auto: (siehe Anhang Routenplaner)
25min
75min (25 min x 3)
< 132min

Damit wären alle Voraussetzungen für die große Pendlerpauschale erfüllt. Ich ersuche Sie nun höflich, den mir zustehenden Differenzbertrag von 726,00 € (1356,00 € - 630,00 € ) zu überweisen".

Das Finanzamt änderte den Erstbescheid v. mit Beschwerdevorentscheidung v. ab. Neben dem Verkehrsabsetzbetrag und dem bereits berücksichtigten Pendlerpauschale in der Höhe von € 372 könnten weitere Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht berücksichtigt werden. Begründung:

"Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn entweder der Arbeítsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder ¬ die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale). Aufgrund durchgeführter Internetrecherchen "Routenplaner" (ASFiNAG, ARBÖ ÖAMTC und dem Pendlerrechnerauszug) liegt eine Entfernung zwischen Ihrer Wohnung und Ihrem Arbeitsplatz von unter bzw. nicht mehr als 20 Kilometer vor. Da die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu Arbeitsbeginn bzw. Arbeitsende nicht gegeben ist, erfolgte die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales ab 2 Kilometer. Es war spruchgemäß zu entscheiden."

Dadurch kam es zu einer Nachforderung von € 94.

Im rechtzeitigen Vorlageantrag wurde vom Bf. ausgeführt:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom zum Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurde meine Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Die Entfernung zwischen meiner Wohnung und meiner Arbeitsstätte beträgt bei sämtlichen Routenplanern (siehe Anhang: Asfinag, Öamtc, Google Maps, ...) mindestens 20 Kilometer. Das Ergebnis Ihrer Internetrecherchen mit weniger als 20 Kilometer berechnet vermutlich eine Route über die ***1*** Richtung ***5***. Bei dieser Strecke gilt für mich ein Fahrverbot (siehe Anhang: Fotos Sackgasse und Fahrverbot). Ich bin kein Anlieger.

Um in Zukunft die richtige Berechnung der Pendlerpauschale sicherzustellen, bitte ich um Berücksichtigung dieser Tatsache. Damit wären alle Voraussetzungen für die große Pendlerpauschale ab 20-40 km erfüllt. Darum bitte ich um nochmalige Überarbeitung. Weiters verweise ich auf die Ausführungen in meiner Beschwerde und beantrage diese dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen."

Das Finanzamt wurde am eingeladen, die Folgejahre mittels Abfragen aus dem Bereich der zentralen Anwendungen des Abgabeninformationssystems an das Gericht vorzulegen. Diese Unterlagen wurden am an das Gericht übermittelt. Daraus ergab sich, dass auch in den Folgejahren unter Zugrundelegung des gleichen Sachverhaltes (idente Wohnanschrift und Arbeitsstätte) das Pendlerpauschale im Ausmaß von € 372 vom Finanzamt gewährt wurde und sich auch der Beschwerdeführer in den Folgejahren einverstanden erklärte und keine Beschwerde für die Folgejahre erhoben hatte.

Mit E-Mail v. wurde der Bf. ersucht, den Vorlageantrag zurückzunehmen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Beschwerdezeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wohnt in ***1***.Seine ehemalige Arbeitsstätte lag in ***2***. gelegen. Diese Wegstrecke betrug je nach Routenplaner (nach ÖAMTC 17,3 KM (kürzeste Fahrtstrecke bei einer Fahrtdauer 28 Min.) bzw. nach Google Maps über die ***4*** 20 KM bei einer Fahrtdauer von 24-26 Min.) bzw. über die Bundestraße 139 19 KM (Fahrtdauer 28 Min) , jedenfalls aber nicht mehr als20 Kilometer (wie dies der Bf. in seiner Beschwerde behauptet , nämlich 21 Kilometer). Die Differenzen ergeben sich aus unterschiedlich angesetzten Teil-Weg-strecken. Diese Wegstrecke wurde an mehr als zehn Arbeitstagen pro Monat mit dem eigenen PKW zurückgelegt. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels war damals in zeitlicher Hinsicht- unstrittig -nicht zumutbar.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Aktenteile sowie in die jeweiligen ergänzenden Eingaben der Parteien, insbesondere dem vom Bf. vorgelegten Fotos über ein Fahrverbot auf der kürzesten Strecke (17,3 KM) mit der Teilwegstrecke ***5*** in ***1***- sowie den Routenplanern von ÖAMTC u. ASFINAG und Google-Maps.

Der Abgabepflichtige hat zwar im Verfahren glaubhaft gemacht, dass die in einem Fahrtenplaner (ÖAMTC) sowie im Pendlerrechner (der im gegenständlichen Veranlagungsjahr ohnehin noch nicht anwendbar ist) ausgewiesene Fahrtstrecke von 17,3 Kilometern über eine nicht öffentl zugängliche Straße mit Fahrverbot führt. Unabhängig davon, ob der Bf. Anrainer (wie sich dies aus einer Abfrage des Finanzamtes v. beim Gemeindeamt L. ergab und er deswegen vom Fahrverbot ausgenommen gewesen wäre) war oder nicht (wie dies der Bf. im Vorlageantrag behauptet), hatte dies für den Beschwerdefall keine Bedeutung, weil diese Fahrtstrecke von 17,3 KM vom Gericht - selbst wenn man dem Bf. keine Anrainereigenschaft zubilligt und daher von einem tatsächlichen Fahrverbot ausgehen würde, nicht als tatsächliche Fahrtstrecke im Rahmen seiner Beweiswürdigung herangezogen wurde.

Hingegen wurden vom Gericht folgende Wegstrecken (Variante 1und Variante 2) als in Betracht kommende Fahrtstrecken erachtet:

- Variante 1 ("Grenzfall") : über den Autobahnabschnitt ***4***7 von genau 20 Kilometern nach Google Maps (und damit nur € 372 Pendlerpauschale, weil nicht mehr als (im Sinne von über) 20 Kilometer (so die Verwaltungspraxis ) bzw.

- Variante 2: über ***3*** von 19 Kilometern (ebenfalls nach Google Maps) -daher ebenfalls nur € 372 Pendlerpauschale)

Beide Varianten lagen nicht über 20 Kilometer, die aber vom Gesetz gefordert sind.

Das Gericht legt in gem.§ 167 BAO freier Beweiswürdigung jene Fahrtstrecke von 19 KM (Google Maps) seiner Entscheidung zugrunde (Variante 2).

Die behauptete Strecke von 21 Kilometern (sozusagen als Variante 3) wurde jedenfalls vom Bf. nicht nachgewiesen. Nur in dieser Variante wäre ein höheres Pendlerpauschale v. € 1.356 möglich gewesen .

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Arbeitnehmerveranlagung:

Für diesen Antrag hat der Abgabepflichtige 5 Jahre Zeit. Daher ist auch die am eingereichte Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 noch rechtzeitig gewesen.

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. ... Werbungskosten sind auch:

[...]

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

lit c) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. b:

Bei mindestens 2 km bis 20 km372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km 1.356 Euro jährlich,

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit a EStG 1988 sind die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.

Beträgt gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit b EStG 1988 die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden bei einer Fahrtstrecke von über 20 km zusätzlich 630 € jährlich als Pauschbeträge (kleines Pendlerpauschale) berücksichtigt.

Ist dem Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit c EStG 1988 im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann wird anstelle der Pauschbeträge nach lit. b bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 20 km ein Pauschbetrag von 1.356 € jährlich berücksichtigt (großes Pendlerpauschale).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 2010/15/0156) wird eine "Unzumutbarkeit" im Sinne der lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 jedenfalls (auch und vor allem) dann vorliegen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen.

Nach der Verwaltungspraxis ist Unzumutbarkeit gegeben, wenn für die Hinfahrt oder die Rückfahrt bei einfacher Wegstrecke unter 20 Kilometer 1,5 Stunden, bei einfacher Wegstrecke ab 20 Kilometer 2,0 Stunden und bei einfacher Wegstrecke ab 40 Kilometer 2,5 Stunden überschritten werden (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 6 Tz 1).

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene gleichermaßen geeignete öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Personenzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 16 Rz 53; sowie zB die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0001, und vom , 2006/15/0319).

Das Gesetz regelt in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 die Berücksichtigung von Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten in abschließender Weise. Derartige Fahrtaufwendungen werden aus Vereinfachungsgründen in pauschaler Form abgegolten.

Bei den im Beschwerdefall in Rede stehenden Fahrten handelt es sich unbestritten um solche zwischen der Wohnung des Beschwerdeführers und seiner Arbeitsstätte. Damit aber sind die dadurch verursachten Aufwendungen nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 mit dem Verkehrsabsetzbetrag und gegebenenfalls einem nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zustehenden Pendlerpauschale abgegolten. Eine darüberhinausgehende Berücksichtigung der durch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich verursachten Kosten kommt nach dem klaren Gesetzeswortlaut somit aber nicht in Betracht (in diesem Sinne auch , mwN) .

Nach dem Erkenntnis des , handelt der Begriff der Unzumutbarkeit nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht von der Zumutbarkeit des Pendelns an sich, sondern davon, ob den Pendlern ein in der Benützung von Massenbeförderungsmitteln statt einer Teilnahme am Individualverkehr gelegener Verzicht auf eine Verkürzung der Fahrzeiten zugemutet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0132). Dies setzt allerdings grundsätzlich einen Vergleich zwischen den Fahrzeiten im öffentlichen Verkehr und im Individualverkehr voraus.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis weiters klarstellend aus, dass die Spruchpraxis der Verwaltungsübung, die ab Erreichen einer gewissen Fahrzeitdauer eine absolute Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich mit dem Individualverkehr vornimmt, nicht dem Gesetz entspricht. Sie würde dazu führen, dass beispielsweise auf Strecken mit sehr gut ausgebauten Eisenbahnschnellverbindungen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels "unzumutbar" wäre, selbst wenn dieses schneller als der Individualverkehr wäre.

Die Notwendigkeit eines Vergleichs zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr bestätigen auch die Gesetzesmaterialien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG herangezogen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0319, und , 2006/15/0001). Die Erl RV zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:

"'Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."

Auch nach den Gesetzesmaterialien ist der Begriff der Unzumutbarkeit somit grundsätzlich ein relationaler Begriff ("im Vergleich zu einem Kfz"), wobei die Erläuterungen zudem eine Fahrzeit von 90 Minuten jedenfalls für zumutbar halten. Diese Zumutbarkeitsvermutung tritt zum grundsätzlich gebotenen Vergleich hinzu ("aber auch dann zumutbar, wenn ..."). Keinesfalls ergibt sich daraus jedoch ein "Umkehrschluss", wonach bei insgesamt längerer Fahrzeit die Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich zum Individualverkehr von Vornherein unzumutbar sei.

Für das gegenständliche Beschwerdejahr 2010 war die Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013, noch nicht anwendbar.

Wenngleich auch für das gegenständliche Beschwerdejahr der Pendlerrechner noch nicht anwendbar ist, wurde dieses Berechnungsprogramm für eine Berechnung für Zwecke des Pendlerpauschales - zu Vergleichszwecken- vom Gericht durchgeführt (Abfrage v.).

Unter Berücksichtigung der dabei verlangten Parameter (Wohnsitzadresse und Arbeitsstätte etc.) ergab sich eine Pendlerpauschale ebenfalls im Ausmaß von Euro 372,00 (siehe Variante 1 und Variante 2).

Die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind somit nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 durch den Verkehrsabsetzbetrag sowie durch die Pendlerpauschale v. € 372,00 abgegolten. Der angefochtene Bescheid war daher entsprechend - im Verhältnis zum Erstbescheid v. - abzuändern.

Auch der Bf. selbst hat - wie durch die Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes am bestätigt wurde, in den Folgejahren dieses Ergebnis (Pendlerpauschale von € 372) bei gleicher Sachlage akzeptiert.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Nichtabzugsfähigkeit über den Verkehrsabsetzbetrag und ein allfälliges Pendlerpauschale hinausgehender tatsächlicher Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ergibt sich unmittelbar aus § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988. Zudem ist dies durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Pendlerpauschale
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101068.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at