Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2021, RV/1100231/2018

Ansässigkeit - DBA-Italien

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0057. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch König, Ermacora, Klotz & Partner Rechtsanwälte, Erlerstraße 4/3, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2014, Einkommensteuer 2015 und Einkommensteuervorauszahlungen 2018 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 wird teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe (Punkt 3.5) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  • Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 wird teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind Ende der Entscheidungsgründe (Punkt 3.5) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  • Der Beschwerde gegen Vorauszahlungsbescheid 2018 wird teilweise Folge gegeben. Die Vorauszahlung an Einkommensteuer für 2018 wird mit EUR 5.000,- festgesetzt.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nach einem Vorhalteverfahren erließ das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid für 2014 und setzte die Einkommensteuer in Höhe von EUR 47.511,- fest. Als Bemessungsgrundlagen zog das Finanzamt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von EUR 129.949,35 heran und berücksichtigte Werbungskosten von EUR 17.201,-.

Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2015 und setzte die Einkommensteuer in Höhe von EUR 41.234,- fest. Als Bemessungsgrundlagen zog das Finanzamt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inlä ndischen Steuerabzug in Höhe von EUR 314.297,27 her an und berücksi chtigte Werbungskosten von EUR 25.801,-.

In den Begründungen zu diesen Bescheiden führte das Finanzamt aus, dass jene Personen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig seien, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Bei aufrechter Ehe könne davon ausgegangen werden, dass Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz dort hätten, wo die Familie wohne. Dem Beschwerdeführer stünden Räumlichkeiten in der Wohnung seiner Ehegattin zur Verfügung und würden von ihm auch tatsächlich benutzt, sodass ein inländischer Wohnsitz bestehe. Bei Wohnsitzen in mehreren Staaten bestehe die Steuerpflicht dort, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen gelegen sei, was in jenem Staat zutreffe, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestünden. Laut Melderegisterabfrage habe von - ein Nebenwohnsitz und vom - ein Hauptwohnsitz an der Wohnadresse der Gattin in Österreich bestanden. Die Familienbeziehungen seien offensichtlich über all die Jahre aufrecht erhalten worden. Indizien dafür seien Familienbesuche, ein österreichisches Mobiltelefon und das Fehlen von Unterhaltszahlungen an die Gattin.

In der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2014 verwies das Finanzamt auf Art 15 iVm Art 23 DBA Russland und darauf, dass laut diesen Bestimmungen die für die Tätigkeit in rus_Ort bezogenen Einkünfte nur im Tätigkeitsstaat besteuert werden dürften. Die beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung seien - umgerechnet auf 55 m² - in Höhe von EUR 13.783,- für die Wohnung in rus_Ort bzw. EUR 14.753,- für die Wohnung in i_Ort1 berücksichtigt worden. Die Familienheimfahrten seien mit dem höchsten Pendlerpauschale berücksichtigt worden. Eine Anrechnung der Schweizer Hypotax sei nicht erfolgt, da Italien als Tätigkeitsstaat gelte und nach dem DBA Italien nur italienische Steuern anrechenbar seien. Italienische Steuern seien für 2014 nicht nachgewiesen worden. Verwiesen werde auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2015.

In der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2015 stellte das Finanzamt weiter dar, dass Kosten für monatliche Familienheimfahrten in Höhe von EUR 3.672,- antragsgemäß berücksichtigt worden seien. Die Kosten für doppelte Haushaltsführung seien laut Schreiben vom umgerechnet auf eine Wohnungsgröße von 55 m² mit EUR 22.129,- berücksichtigt worden. Da die italienische Steuer (EUR 92.928,23) laut Schreiben vom vom Arbeitgeber übernommen worden sei, sei in dieser Höhe ein Lohnvorteil entstanden, der zum Bruttolohn hinzuzurechnen sei. Die Anrechnung der italienischen Steuer sei abkommensgemäß erfolgt.

In seiner Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer vor, er habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen seit in Italien. Verwiesen werde auf die beigelegte Zusammenfassung der Aufenthalte samt berufsnotwendiger Auslandsaufenthalte in Fernost. Er habe in den Jahren 2014 und 2015 jeweils 28 Urlaubstage in ö_Land verbracht. Es bestünden keine Familienbande mehr, der Nebenwohnsitz sei aus formalen Gründen angemeldet. Ab 2017 habe er wieder einen langfristigen Arbeitsvertrag in Italien angenommen und sich formal endgültig in ö_Ort abgemeldet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. In der Begründung verwies es darauf, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1988 gemeinsam mit seiner Ehegattin ein Grundstück gekauft und an dem dort errichteten Einfamilienhaus mit ihr und den beiden Kindern (geboren 1991 bzw. 1993) gelebt habe. Im Jahr 2002 habe der Beschwerdeführer seinen Hälfteanteil an seine Ehegattin übertragen, wobei zu seinen Gunsten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot verbüchert worden sei. Im Jahr 2011 sei eine Höchstbetragshypothek über EUR 559.000,- aufgrund einer vom Beschwerdeführer und seiner Ehegattin unterfertigten Pfandurkunde der ö_Bank angemerkt worden. Der Beschwerdeführer habe vom bis und in den Zeiträumen -, - und 29.5.- seinen Hauptwohnsitz und von - seinen Nebenwohnsitz an der Adresse ö_Adresse angemeldet.

Der Beschwerdeführer sei Architekt. Er habe bis für ein Projekt in rus_Ort gearbeitet und mit eine befristete Anstellung bei der X AG (Schweiz) angenommen, für die er nach i_Ort1 (Italien) entsendet worden sei. Dieses Dienstverhältnis habe am nach erfolgreichem Projektabschluss geendet. Danach habe er eine Firma in Italien gegründet und organisiere seit Herbst 2017 ein weiteres Großprojekt im Rahmen eines auf drei Jahre befristeten Vertrages mit der Y AG (Schweiz).

Der Beschwerdeführer habe nach seinen eigenen Angaben seinen gesamten Urlaub (jeweils 28 Tage) der Jahre 2014, 2015 und 2016 in Österreich verbracht. Im Jahr 2017 habe er sich nach Beendigung seines Dienstverhältnisses mit der X AG in einem nicht näher bestimmbaren Ausmaß ebenfalls am Wohnsitz in ö_Ort aufgehalten. Er habe anlässlich der Neuausstellung seines Reisepasses im Jahr 2017 gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde angegeben, seinen Hauptwohnsitz in Österreich zu haben. Er habe seinen Hauptwohnsitz veranlasst durch die Ermittlungstätigkeit des Finanzamtes (Ergänzungsersuchen vom ) nach entsprechender Ankündigung im Schreiben an das Finanzamt vom am (endgültig) abgemeldet.

Der Beschwerdeführer habe keine Trennung von seiner Ehegattin vollzogen und mit dieser auch keine Unterhaltsvereinbarung abgeschlossen. Es lägen auch keine nach außen erkennbaren Umstände vor, die auf eine Zerrüttung der Ehe hindeuten würden. Die gemeinsamen Kinder seien zwischenzeitlich erwachsen und arbeiteten bzw. studierten, dennoch halte der Beschwerdeführer die Verbindung zu seiner Familie auch während seiner beruflich bedingten Abwesenheit aufrecht und verfüge nach wie vor über ein österreichisches Mobiltelefon.

Insgesamt gehe das Finanzamt davon aus, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers in Österreich gelegen sei, zumal er sich in arbeitsfreien Zeiträumen jeweils in Österreich aufhalte.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und ergänzte sein Vorbringen dahin, dass seine Ehe zerrüttet sei, er sich eine Scheidung jedoch nicht leisten könne.

Das Bundesfinanzgericht forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom zur Ergänzung seines Vorbringens und Vorlage weiterer Beweismitteln auf. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Stellungnahme weiter vor, dass seine Ehe seit langem unheilbar zerrüttet sei; Das Eheleben sei bis Ende 2017 noch phasenweise lebbar gewesen, seit November 2017 treffe dies nicht mehr zu.

Er habe sich in den Streitjahren max. 15 Wochenenden im Jahr in Österreich aufgehalten. Im November 2017 sei er endgültig nach Italien gezogen. Im Jahr 2018 bei der Beschwerdeführer nur für wenige Tage in Österreich gewesen, um seine Kinder zu sehen. Im Jahr 2019 habe sich der Beschwerdeführer des Öfteren in ö_Land aufgehalten, da er seine erkrankte Mutter besucht habe. Seine Eltern leben in ö_Ort2, seine Tochter lebe mit ihrem Lebensgefährten in ö_Ort3, sein Sohn lebe in Wien, sein Bruder lebe in ch_Ort (Schweiz).

Der Beschwerdeführer versichere sich seit Jahren privat, er habe bei der Versicherung_1 eine private Pensionsversicherung. Bis Mai 2017 sei er bei der Versicherung_2 privat krankenversichert gewesen, seit Mai 2017 sei er bei der Versicherung_3 versichert.

In den Jahren 2014 und 2015 habe er ausschließlich über ein Konto bei der ö_Bank AG verfügt, auf dieses seien auch die Gehaltszahlungen der X (Schweiz) AG geflossen. Auf diesem Konto seien sowohl er als auch seine Ehegattin zeichnungsberechtigt. Die für diese hinterlegte Adresse sei ö_Adresse. Über dieses Konto wickle im Wesentlichen seine Ehegattin ihre Zahlungen ab. Eine von ihm verwendete Kreditkarte werde über ebenfalls über dieses Konto geführt.

Er habe seine Steuern in Italien mangels einer italienischen Bankverbindung nicht direkt bezahlen können, sondern dies im Wege seines italienischen Steuerberaters durchführen müssen.

Vorgelegt werde eine Aufstellung von Kontobewegungen auf einem italienischen Konto bei der i_Bank über den Zeitraum bis . Dort sei unter anderen eine Unterhaltszahlungen an seine Gattin vom in Höhe von EUR 5.000,- abgebildet.

Zur Frage, ob er im Jahr 2014 eine Steuererklärung in Italien eingereicht oder Steuern bezahlt habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe im Jahr 2014 von der X (Schweiz) AG Bezüge unter Abzug der Quellensteuer erhalten. Mitte 2016 habe die X (Schweiz) AG festgestellt, dass für ihre nach Italien entsendeten Arbeitnehmer auch die italienische Einkommensteuer abzuführen sei. Nach Berechnung der Steuern für 2015 sei seitens des Arbeitgebers der entsprechende Betrag auf das Konto des Beschwerdeführers bei der ö_Bank überwiesen worden. Der Beschwerdeführer habe diesen Betrag an seinen italienischen Steuerberater und dieser den Betrag an das italienische Finanzamt weitergeleitet.

Zur Frage, weshalb in einer vom Beschwerdeführer vorgelegten "Dichiarazione Sostitutiva di Certificato di Residenza" vom bestätigt werde, dass der Beschwerdeführer in Österreich ansässig und an der Adresse ö_Adresse als Familienwohnsitz gemeldet sei, gab der Beschwerdeführer an, dass ihm dies unerklärlich sei. Diese Erklärung habe sein Steuerberater abgegeben, er habe diese nicht unterzeichnet.

Er stelle außer Streit, dass für die Jahre 2014 und 2015 sowie 2016 Österreich als Ansässigkeitsstaat im Sinn des Art 4 Abs 2 lit c des Abkommens zwischen Österreich und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Einkommensteuer zu qualifizieren sei und dass Österreich damit das unbeschränkte Besteuerungsrecht zukomme. Bei der Festsetzung der österreichischen Einkommensteuer sei die in Italien bezahlte Einkommensteuer anzurechnen. Zu berücksichtigen seien weiter die Kosten für Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung. Er sei im Jahr 2015 zwischen 10 und 15 Mal nach ö_Ort gefahren. Beantragt werde der Ansatz von 12,5 Fahrten über eine Strecke von 288 km hin und retour (insgesamt EUR 3.***BF1StNr1***,-).

Schließlich beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Einkommensteuer 2014 und 2015 unter Berücksichtigung der im Ausland bezahlten bzw einbehaltenen Steuern sowie der nachgewiesenen Sonderausgaben und die Aufhebung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides für 2018.

Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht den Beschwerdeführer zu einer weiteren Stellungnahme und Urkundenvorlage auf. Mit Schreiben vom erstattete der Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme und brachte zusammengefasst vor, er sei einziger Gesellschafter der I s.r.l., einer italienischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Über diese habe er seine Projekte bis Oktober 2019 abgewickelt. Er sei im Jahr 2018 etwa 10 bis 15 Mal in ö_Land gewesen, um seine Eltern zu besuchen.

Im Jahr 2019 habe er dem Finanzamt gegenüber die Zustellvollmacht seiner Ehegattin widerrufen. Seit 2018 bezahle er seiner Ehegattin Unterhalt.

Seit Ende 2017 sei er in Dubai tätig und habe dort seinen Wohnsitz. Die Bezüge für seine Tätigkeit würden über die I s.r.l. abgewickelt.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich im Jahr 2015 mehr als 183 Tage in Italien aufgehalten, weshalb gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Italien Italien das Besteuerungsrecht an den in Italien erzielten Einkünften zukomme. Hinsichtlich des Jahres 2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich seit Oktober 2017 in Dubai dauerhaft aufhalte. Er habe dort für die d_Ausstellung Aufträge abgewickelt, und zwar über seine I s.r.l. Er beziehe ausschließlich von dieser ein Gehalt, welches in Italien versteuert werde. Sein Einkommen als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I s.r.l. unterliege Art. 14 DBA-Italien, demzufolge Italien das Besteuerungsrecht daran zukomme. Er verfüge in Italien über eine feste Einrichtigung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war von bis nichtselbständig bei R Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in rus_Adresse als "Project Leader, Employers Representative" in rus_Ort (Russland) beschäftigt (vgl. "Reference" von Drees & Sommer vom ; Arbeitsvertrag vom ). Er bezog im Jahr 2014 RUB 1.396.892,07 an Lohn (vgl. die mit Schreiben vom an das Finanzamt übermittelte Aufstellung).

Der Beschwerdeführer war vom bis bei der X (Schweiz) AG mit Sitz in ch_Adresse nichtselbständig beschäftigt (vgl. Bestätigung der X (Schweiz) AG vom ). Er übte seine Tätigkeit als "Managing Director i_Ausstellung" in Italien aus (vgl. Bestätigung der X (Schweiz) AG vom , Zeugnis der X Group vom ). Er bezog im Jahr 2014 CHF 154.240,- und im Jahr 2015 CHF 231.000,- an Lohn von der X (Schweiz) AG (vgl. Lohnbescheinigungen vom und ). Die X AG bezahlte dem Beschwerdeführer im Jahr 2015 EUR 92.928,23 an italienischer Einkommensteuer (vgl. Stellungnahme vom ).

Der Beschwerdeführer bezahlte am insgesamt EUR 93.454,33 an Einkommensteuer für das Jahr 2015 an die italienische Abgabenbehörde (vgl. die als Beilage 9 vorgelegten Auftragsbestätigungen). Er bezahlte im Jahr 2014 EUR 3.832,92 und im Jahr 2015 EUR 4.006,68 an Krankenversicherungsbeiträgen an die Versicherung_1.

Ab November 2017 war der Beschwerdeführer als Bauleiter für die d_Ausstellung in Dubai tätig (vgl. das Vorbringen in der Stellungnahme vom ; Beilage 20 zur Stellungnahme vom ). Der Beschwerdeführer ist einziger Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der am bei der Camera di Commercio Metropolitana di Milano-Monza-Brianza-Lodi mit der Nummer 000 eingetragenen I s.r.l. mit Sitz in der i_Adresse2, Italien (vgl. den als Beilage 17 zur Stellungnahme vom vorgelegten italienischen Registerauszug). Er bezog im Jahr 2018 monatliche Geschäftsführerentschädigungen und ein "fringe benefit alloggio" von dieser Gesellschaft. Die gesamten Bruttobezüge des Jahres 2018 belaufen sich auf EUR 112.067,76. Die im Jahr 2018 abgeführte italienische Einkommensteuer (IRPEF) beläuft sich auf EUR 36.361,69 (vgl. die mit Stellungnahme vom als Beilage 23 vorgelegten Lohnabrechnungen).

Der Geschäftszweck der I s.r.l. umfasst die Entwicklung von Grundstücken und Gebäuden, Machbarkeitsstudien, Generalplanungen, Projektmanagement, die Errichtung von Bauwerken aller Art und die Erbringung von technischen Dienstleistungen aller Art (vgl. den vorgelegten Registerauszug).

Der Beschwerdeführer war von bis an der Adresse ö_Adresse mit Nebenwohnsitz und von bis mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er verfügte in allen Streitjahren über einen Wohnsitz an dieser Adresse. Er war in den Streitjahren in aufrechter Ehe mit der ebendort wohnhaften B verheiratet (vgl. Zentrales Melderegister und Parteivorbringen). Seine Ehegattin war bis Zustellungsbevollmächtigte des Beschwerdeführers (vgl. Stellungnahme vom ).

B ist ausweislich des Grundbuches alleinige Eigentümerin der Liegenschaft EZ_1. Auf dieser Liegenschaft lastet (unter anderem) ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer verfügte von bis (zumindest) über eine Wohnung an der Adresse i_Adresse3 (Italien) und von bis an der Adresse i_Adresse4 (Italien) (vgl. die mit Stellungnahme vom vorgelegten Mietverträge samt Korrespondenz).

Der Beschwerdeführer ist seit in i_Adresse1 gemeldet (vgl. die mit Stellungnahme vom als Beilage 2 vorgelegte Meldebestätigung des Ufficio Anagrafe Comune di Bellano) und verfügt dort über eine angemietete Wohnung (vgl. den mit Stellungnahme vom als Beilage 3 vorgelegten Mietvertrag).

Der Beschwerdeführer hatte in den Streitjahren enge persönliche Bindungen zu Österreich.

Der Beschwerdeführer hat sich im Jahr 2014 weniger als 183 Tage in Italien aufgehalten. Er hat sich im Jahr 2015 mehr als 183 Tage in Italien aufgehalten (vgl. Beschwerdevorbringen).

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den jeweils in Klammern angeführten Beweismitteln und den folgenden Überlegungen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die stärkste persönliche Beziehung im Regelfall zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig mit seiner Familie lebt ( mwN). Der Tatbestand der melderechtlichen (Ab-)Meldung eines Wohnsitzes hat für die Feststellung des Wohnortes des Beschwerdeführers zwar Indizwirkung, jedoch haben faktische Gegebenheiten bei dieser Beurteilung ein höheres Gewicht (vgl VwGH ebenda). Der Beschwerdeführer verfügte in den Streitjahren über eine Wohnung an der Adresse ö_Adresse. Dem diesbezüglichen Vorbringen des Finanzamtes ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Die Feststellung zu den persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen Vorbringen. Der Beschwerdeführer hat in keinem Stadium des Verfahrens das Bestehen persönlicher Bindungen in einem anderen Staat auch nur behauptet.

Seine Ehe war in den Streitjahren aufrecht. Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehegattin waren in den Streitjahren über ein Konto bei der ö_Bank zeichnungsberechtigt. Eine auf den Beschwerdeführer ausgestellte Kreditkarte wurde in den Streitjahren über dieses Konto abgerechnet. Dieses Konto war in den Jahren 2014 und 2015 die einzige Bankverbindung des Beschwerdeführers (vgl. Vorbringen in der Stellungnahme vom ).

Die Eltern des Beschwerdeführers lebten in ö_Land und er besuchte sie regelmäßig, dies insbesondere im Jahr 2018 (vgl. das Vorbringen in der Stellungnahme vom ). Er verbrachte in den Streitjahren seinen gesamten Urlaub im Ausmaß von jeweils 28 Tagen in Österreich (vgl. das Vorbringen in Beschwerde und Vorlageantrag).

Es ist nicht erwiesen, dass der Beschwerdeführer seiner Ehegattin in den Streitjahren Unterhalt bezahlt hätte. Zu den behaupteten Unterhaltszahlungen an die Ehegattin ab dem Jahr 2018 wurden Bankauszüge des gemeinsamen Kontos vorgelegt, auf denen mehrere Überweisungen von der I s.r.l. markiert sind, aber nur zwei Überweisungen des Beschwerdeführers vom mit dem Text "disposizione bonifico" und vom mit dem Text "spese" aufscheinen. Die Überweisungen von der I s.r.l. entsprechen hinsichtlich der Höhe exakt dem in den vorgelegten Gehaltsabrechnungen ausgewiesenen Nettolohn des Beschwerdeführers (EUR 4.000,-). Hinweise darauf, dass über dieses Konto Unterhaltsleistungen geflossen wären, sind nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer in Italien verbrachten Aufenthaltstage ist es schon angesichts seines Vorbringens zu seiner beruflichen Tätigkeit (Managing Director für die i_Ausstellung, vgl. Stellungnahme an das Finanzamt vom und weiteres Vorbringen) glaubwürdig, dass er sich im Jahr 2015 mehr als 183 Tage in Italien aufgehalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Einkommensteuer 2014)

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers lag in den Streitjahren in Österreich. Der Beschwerdeführer war im Jahr 2014 in Österreich ansässig. Dies ist zwischen den Parteien unstrittig (vgl. Stellungnahme des Beschwerdeführers vom ).

Nach Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen BGBl III 10/2003 (im folgenden: DBA-Russische Föderation) dürfen - vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 - Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Österreich hat daher kein Besteuerungsrecht an den vom Beschwerdeführer in Russland bezogenen Einkünften. Gemäß Art. 23 Z 1 lit a DBA-Russische Föderation nimmt Österreich Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person, welche nach diesem Abkommen in der Russischen Föderation besteuert werden, von der Besteuerung aus, dies jedoch unter Progressionsvorbehalt (§ 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl 125/1985 (im folgenden: DBA-Italien) dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine ein einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. dürfen ungeachtet des Absatzes 1 Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält (lit a), die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist (lit b), und die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat (lit c).

Da der Beschwerdeführer sich im Jahr 2014 weniger als 183 Tage in Italien aufgehalten hat und sein Lohn für die in Italien ausgeübte Tätigkeit von einem Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz bezahlt wurde, kommt Österreich das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zu.

Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens sind geleistete Krankenversicherungsbeiträge von EUR 3.832,92 sowie im Schätzungsweg ermittelte Familienheimfahrten in Höhe von EUR 3.672,- (im Ausmaß des höchsten Pendlerpauschales; § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988) als Werbungskosten zu berücksichtigen. Im übrigen hat der Beschwerdeführer keine Einwände gegen die Ermittlung des Einkommens durch das Finanzamt erhoben. Der Beschwerdeführer hat für das Jahr 2014 keine Steuern in Italien entrichtet, sodass eine Anrechnung nicht in Betracht kommt.

Zu Spruchpunkt II. (Einkommensteuer 2015)

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2015 in Österreich ansässig. Dies ist zwischen den Parteien unstrittig (vgl. Stellungnahme des Beschwerdeführers vom ). Er hat sich mehr als 183 Tage in Italien aufgehalten. Daher kommt gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Italien das Besteuerungsrecht an seinen für die nichtselbständige Tätigkeit in Italien von seinem Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz bezogenen Einkünften Italien zu.

Gemäß Art. 23 Abs. 3 lit a DBA-Italien rechnet Österreich auf die vom Einkommen einer in Österreich ansässigen Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Die italienische Steuer ist in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen von EUR 93.454,33 anzurechnen.

Als (weitere) Werbungskosten zu berücksichtigen sind geleistete Krankenversicherungsbeiträge von EUR 4.006,68 sowie im Schätzungsweg ermittelte Familienheimfahrten in Höhe von EUR 3.672,- (im Ausmaß des höchsten Pendlerpauschales; § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988). Im übrigen sind die vom Finanzamt der Besteuerung unterzogenen Bemessungsgrundlagen unstrittig.

Zu Spruchpunkt III. (Einkommensteuervorauszahlungen 2018)

Der Beschwerdeführer war auch im Jahr 2018 in Österreich ansässig, dies angesichts seiner nach wie vor bestehenden persönlichen Beziehungen in Österreich. Der Beschwerdeführer hat kein Vorbringen erstattet, das auf eine Änderung der maßgeblichen Umstände gegenüber den Jahren 2014 und 2015 hindeuten würde.

Gemäß Art. 14 DBA-Italien dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt. Verfügt sie über eine solche feste Einrichtung, so dürfen die Einkünfte in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können. Der Ausdruck "freier Beruf" umfasst insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Wirtschaftstreuhänder.

Nach dem (vom Finanzamt nicht bestrittenen) Beschwerdevorbringen hat der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Bauleiter für die d_Ausstellung über eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Italien abgewickelt und abgerechnet. Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2018 ausschließlich Einkünfte von dieser italienischen Kapitalgesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist. Nach § 22 Z 2 EStG 1988 sind diese Einkünfte solche aus sonstiger selbständiger Arbeit. Diese Qualifikation ist zufolge Art. 3 Abs. 2 DBA-Italien auch im Geltungsbereich dieses DBA maßgeblich, da - wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert - jeder nicht anders definierte Ausdruck jene Bedeutung hat, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.

Die vom Finanzamt geforderte statische Auslegung des DBA-Italien führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch nach der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DBA-Italien () geltenden Rechtslage die Einkünfte als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit zu qualifizieren gewesen wären. Seit der Änderung des § 22 Abs. 1 Z 2 EStG 1972 durch das AbgÄG 1981, BGBl 620/1981 sind Gehälter und sonstige Vergütungen, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für eine sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden, Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Die I s.r.l. ist als feste Einrichtung in Italien im Sinn des DBA-Italien anzusehen. Die Bezüge des Beschwerdeführers von der I s.r.l. sind dieser festen Einrichtung zuzurechnen. Daher kommt Italien das Besteuerungsrecht an ihnen zu.

Gemäß Art. 23 Abs. 3 lit a DBA-Italien rechnet Österreich auf die vom Einkommen einer in Österreich ansässigen Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht.

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz Vorauszahlungen zu entrichten. Deren Höhe richtet sich in der Regel nach der Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr. Werden jedoch Umstände bekannt, die eine relevant höhere oder niedrigere Steuer erwarten lassen, sind diese im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen (Jakom, EStG, 13.A., Rz 7 zu § 45 mit Judikaturzitaten).

Aus den Bruttobezügen des Beschwerdeführers im Jahr 2018 errechnet sich nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 eine Einkommensteuer von EUR 43.914,38. Nach Anrechnung der in Italien abgeführten Steuern von EUR 36.361,71 ergibt sich ein Wert von EUR 7.552,67. Angesichts der dieser Darstellung immanenten Unschärfen erscheint die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 2018 mit EUR 5.000,- sachgerecht.

Zu Spruchpunkt IV. (Revisionszulässigkeit)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diesem Erkenntnis liegen im Wesentlichen nicht revisible Sachverhaltsfragen zugrunde. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Bemessungsgrundlagen und Abgabenfestsetzung

Die Einkommensteuer 2014 wird mit EUR 43.833,- festgesetzt:



Die Einkommensteuer 2015 wird mit EUR 36.868,- festgesetzt:

Ausländische Steuer………………………………………………………………………… -93,928,23 €

Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988……………………………………………… 0,47 €

Festgesetzte Einkommensteuer……………………………………………………… 36.868,-- €

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 Abs. 1 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100231.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at