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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2021, RV/5101217/2020

Familienbonus Plus bei Anspruch auf Ausgleichszahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer 2019 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2019
Einkommen
31.983,35 €
Einkommensteuer
5.740,85 €
Festgesetzte Einkommensteuer
5.741,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2019.

In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 beantragte die Beschwerdeführerin für ihre Töchter ***1*** und ***2*** den Familienbonus Plus, der ihr mangels eines Bezuges der Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich nicht gewährt wurde (Bescheid vom ).

Die dagegen elektronisch am erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, ohne den gleichzeitig für beide Kinder eingebrachten Antrag auf Ausgleichszahlung zu berücksichtigen. Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Entsprechend dem Vorlageantrag vom - auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin wird verwiesen - legte das Finanzamt mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Den gleichzeitig mit der Beschwerde eingebrachten Antrag auf Ausgleichszahlung für beide Kinder hatte das Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen und begründend ausgeführt:

  • Tochter ***1*** stehe eine Ausgleichszahlung nicht zu, da diese nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit der Beschwerdeführerin lebe;

  • für ihre Tochter ***2*** werde die Ausgleichszahlung bereits laufend gewährt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin lebt in Österreich und arbeitet in Deutschland. Ihre Töchter ***1*** (geb. 1995) und ***2*** (geb. 1998) studieren in Deutschland. Für die im gemeinsamen Haushalt lebende Tochter ***2*** wird der Beschwerdeführerin seit September 2018 eine Ausgleichszahlung gewährt. Kosten für die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes wurden 2019 in Höhe von 1.760 € als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

  • Rechtsgrundlagen

Gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 sind von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

  • Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

  • Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

  • Der Familienbonus Plus beträgt

  • bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet , für jeden Kalendermonat 125 Euro;

  • nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

  • Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

  • Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab auf Basis zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

  • Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.

  • Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

  • Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfeberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfeberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

  • Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • Beim Familienbeihilfeberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

  • Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

  • Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 und Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

  • Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.

  • (Ehe-)Partner im Sinne der Z 3 ist eine Person, mit der der Familienbeihilfenberechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragenen Partnerschaft-Gesetz - EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt. Die Frist von sechs Monaten im Kalenderjahr gilt nicht, wenn dem nicht die Familienbeihilfe beziehenden Partner in den restlichen Monaten des Kalenderjahres, in denen die Lebensgemeinschaft nicht besteht, der Unterhaltsabsetzbetrag für dieses Kind zusteht.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familenbeihilfe gewährt wird.

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

  • Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht der Familienbonus Plus für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe nach dem FLAG gewährt wird. Aufgrund der gewählten (und insoweit mit § 33 Abs. 3 übereinstimmenden) Textierung reicht der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht aus, die Familienbeihilfe muss vielmehr gemäß § 10 FLAG beantragt (soweit die Gewährung nicht gemäß § 10a Abs.1 FLAGs automatisch erfolgt) und auch tatsächlich gewährt werden. Anders als § 33 Abs. 3 definiert § 33 Ab. 3a den Anspruch auf den Familienbonus Plus zunächst lediglich bezogen auf das einzelne Kind (und nicht bezogen auf den in Anspruch nehmenden Steuerpflichtigen), sodass nicht darauf abgestellt wird, dass die Familienbeihilfe dem Steuerpflichtigen, sondern "für das Kind" gewährt wird. Es gilt eine monatsweise Betrachtung. Bei Beginn oder Ende des Bezugs von Familienbeihilfe während eines Kalenderjahres steht der Familienbonus Plus nur für die Kalendermonate zu, für die Familienbeihilfe bezogen wurde (ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 9).

Bei Anspruch auf eine Ausgleichszahlung iSd § 4 FLAG dem Grunde nach (Kind wohnt in Österreich) steht der Familienbonus Plus zu (Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2019, § 33 Rz 31).

Die geforderten Voraussetzungen zur Gewährung des Familienbonus Plus sind für Tochter ***1*** nicht gegeben (diesbezüglich wird auf den Abweisungsbescheid vom verwiesen), hingegen liegen sie für Tochter ***2*** vor (sie lebt im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter in Österreich, eine Ausgleichszahlung wurde für das gesamte Jahr 2019 gewährt), sodass der Beschwerdeführerin der Familienbonus Plus für ein Kind zusteht.

Der Familienbonus Plus beträgt bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 € (1.500 € pro Jahr) und nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 € (500,16 € pro Jahr) (Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2019, § 33 Rz 43).

Im beschwerdegegenständlichen Jahr hatte Tochter ***2*** (geb. 1998) bereits das 18. Lebensjahr vollendet; es ist daher ein monatlicher Betrag von 41,68 € anzusetzen.

Es ergibt sich folgende Steuerberechnung:


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Einkommen lt. Bescheid vom
31.983,35 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
6.713,01 €
Familienbonus Plus
-500,16 €
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 €
Pendlereuro
-72,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
5.740,85 €
Einkommensteuer
5.740,85 €
0,15 €
Festgesetzte Einkommensteuer
5.741,00 €

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101217.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at