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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2021, RV/5300035/2020

Verschulden an der Säumigkeit bei der Entrichtung einer Geldstrafe keine Voraussetzung für die Vorschreibung von Säumniszuschlägen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5300035/2020-RS1
Gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG werden Geldstrafen mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung fällig. Tritt die Fälligkeit etwa an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember ein, so gilt als Fälligkeitstag der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist. Anders als im Abgabenverfahren nach § 210 Abs. 1 letzter Satz BAO nimmt § 171 Abs. 1 FinStrG auf eine nachfolgende Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines (mündlichen) Bescheides nicht Bezug, sodass eine Fälligkeit der Geldstrafe und – bei Nichtentrichtung derselben bis zu diesem Zeitpunkt – auch die Vorschreibung von Säumniszuschlägen vor Ergehen der schriftlichen Ausfertigung der Strafentscheidung möglich ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert in der Finanzstrafsache gegen A, geb. xxxxa, ehem. Steuerberater, whft. XXX, wegen grob fahrlässiger Abgabenverkürzungen gemäß § 34 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), Strafnummer (StrNr.) strnrnr, Amtsbeauftragter Q, über die Beschwerde des Bestraften vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz als vormalige Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolgerin: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Den vorgelegten Unterlagen ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

A.1. Am hat in der beim vormaligen Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde unter der StrNr. strnrnr u.a. gegen A anhängigen Finanzstrafsache eine mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat I als Organ der genannten Finanzstrafbehörde in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers stattgefunden, welche mit einem Schuldspruch u.a. gegen den Genannten wegen grob fahrlässiger Abgabenverkürzungen nach § 34 Abs. 1 FinStrG abgeschlossen worden ist. Das Erkenntnis wurde vom Spruchsenatsvorsitzenden verkündet und ist infolge eines allgemeinen Rechtsmittelverzichtes unverzüglich in Rechtskraft getreten.

A.2. Laut Verhandlungsprotokoll wurde hinsichtlich des Strafausspruches vom Spruchsenatsvorsitzenden bei seiner Verkündung der Entscheidung vorgetragen, dass A wegen der begangenen Finanzvergehen "unter Anwendung des § 34 Abs. 3 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von € 7.500,00 […] verurteilt" wird und "gemäß § 20 FinStrG […] die für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 15 Tagen […] bestimmt" wird. "Gemäß § 185 FinStrG sind die Kosten des Strafverfahrens von € 500,00 […] und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Die Höhe der Kosten des Strafvollzuges wird durch gesonderten Bescheid festgesetzt werden." In weiterer Folge ist lediglich protokolliert, dass eine Begründung gemäß § 141 Abs. 3 FinStrG entfalle und der Vorsitzende nach Verkündung der Senatsentscheidung eine "Rechtsmittelbelehrung" [gemeint offensichtlich: Rechtsbelehrung] erteilt habe (Finanzstrafakt, Verhandlungsprotokoll vom ). Eine Protokollierung der wesentlichen Entscheidungsgründe (§ 134 Abs. 1 lit. g FinStrG) ist rechtswidrigerweise unterlassen worden. Im Zuge der Rechtsbelehrung wurde dem Bestraften keine Information über die Modalitäten der Entrichtung der verhängten Geldstrafe (also etwa wann, wie und wohin die Bezahlung zu erfolgen habe) erteilt (siehe die Tonaufzeichnung von der Verhandlung; Mitteilung darüber von der Finanzstrafbehörde auf Nachfrage des Bundesfinanzgerichtes).

A.3. Am ist die ergangene Entscheidung des Spruchsenates auf einem neu angelegten Strafkonto verbucht worden, wobei für die gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG ein Monat nach Rechtskraft der Entscheidung (also am ) fällig werdende Geldstrafe und die pauschal festgesetzten, fällig werdenden Verfahrenskosten jeweils eine (verspätete) Fälligkeit für den ausgewiesen war (Kontoabfrage). Darüber ist eine Buchungsmitteilung an A mit Normalpost abgefertigt worden (siehe BMF, Intranet, Bedingungen für die Ausfertigung von Buchungsmitteilungen, Pkt. 2.2, "Täglich").

A.4. Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses samt Zahlungsaufforderung und Rechtsmittelbelehrung (nun tatsächlich, wie vorgesehen in § 137 lit. f FinStrG) ist A zu Handen seines damaligen Verteidigers am zugestellt worden (Erkenntnis, Ablichtung Zustellnachweis). Die diesbezügliche Zahlungsaufforderung hat gelautet: "Die verhängte Geldstrafe sowie die Kosten werden gem. § 171 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft fällig und sind auf das Postsparkassenkonto des Finanzamtes Linz zu entrichten, widrigenfalls die Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden muss." (Erkenntnis).

A.5. Bereits zuvor am ist dem Bestraften jedoch von der Finanzstrafbehörde ein erster Säumniszuschlag im Ausmaß von 2 % der verhängten Geldstrafe, also in Höhe von € 150,00, vorgeschrieben worden, dies mit der Begründung, dass er die Geldstrafe nicht bis zum entrichtet habe (Bescheidausfertigung).

B. Gegen diesen Bescheid über die Vorschreibung des ersten Säumniszuschlages hat A innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben, die ersatzlose Aufhebung des Bescheides gefordert und ausgeführt, dass er in seinem Posteingang keinen Eingang über die Vorschreibung und Fälligkeit der Finanzstrafe feststellen habe können. Aus diesem Grunde habe er auch innerhalb der Fälligkeit keine Zahlung leisten können.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG werden Geldstrafen mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung fällig. Tritt die Fälligkeit etwa an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember ein, so gilt als Fälligkeitstag der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist. Anders als im Abgabenverfahren nach § 210 Abs. 1 letzter Satz Bundesabgabenordnung (BAO) nimmt § 171 Abs. 1 FinStrG auf eine nachfolgende Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines (mündlichen) Bescheides, hier das vom Spruchsenatsvorsitzenden am verkündete Straferkenntnis, nicht Bezug. Die am unmittelbar nach Verkündung rechtskräftig gewordene Geldstrafe samt pauschalen Verfahrenskosten nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG ist daher tatsächlich bereits am fällig geworden (der , ein Montag, ist ein gesetzlicher Feiertag gewesen). Durch die in der Buchungsmitteilung ausgewiesene Fälligkeit am ist dem Beschwerdeführer faktisch die Strafe samt Kosten vorerst bis zu diesem Zeitpunkt gestundet gewesen.

2. Für die Einhebung der unentrichtet ausgehafteten Geldstrafe samt Kosten sind gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG die Bestimmungen der BAO sinngemäß zur Anwendung gekommen, wenn das FinStrG nicht eigene Regeln enthalten hat. Solcherart gelangte auch § 217 Abs. 1 und 2 BAO zur Anwendung, wonach dann, wenn diese Zahlungsansprüche der Finanzstrafbehörde nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, ein erster Säumniszuschlag von 2 % der nicht zeitgerecht entrichteten Forderungen zu entrichten war.

3. Da diese Regelungen der BAO im Finanzstrafverfahren sinngemäß anzuwenden sind, bestehen auch insoweit keine Bedenken, in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung und Fachmeinungen zum Abgabenverfahren ebenfalls zur Anwendung zu bringen.

Laut Ritz, BAO6, § 217 Rz 2, ist ein Säumniszuschlag eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Entrichtungspflicht (u.a. ; , 2005/16/0095). Sein Zweck liegt darin, die pünktliche Tilgung sicherzustellen (u.a. ; ). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (). Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen (hier: des Bestraften) voraus (z.B. ; , 2011/17/0140, 0241).

Da nun also die Geldstrafe im Ausmaß von € 7.500,00 nicht am tatsächlichen Fälligkeitstag und auch nicht am von der Finanzstrafbehörde zugunsten des Beschwerdeführers angenommenen späteren Fälligkeitstag entrichtet worden ist, erweist sich die Vorschreibung des ersten Säumniszuschlages am als rechtens, ohne dass es insoweit eine Bedeutung hätte, ob dem Bestraften - wie von ihm im Ergebnis ausgeführt - die Buchungsmitteilung über die Verbuchung der Geldstrafe zur Kenntnis gelangt wäre oder nicht.

4. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen, ohne dass es aufgrund der klaren Rechts- und Verfahrenslage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte (§ 160 Abs. 2 FinStrG).

5. Allenfalls wäre der damalige Wissensstand des Beschwerdeführers von Bedeutung, wollte er eventuell - außerhalb dieses Beschwerdeverfahrens - einen Antrag auf Herabsetzung oder Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages nach § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 217 Abs. 7 BAO stellen, weil ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden träfe. Diesbezüglich wäre aber anzumerken, dass A als ehemaliger Steuerberater und solcherart befugter Verteidiger in Finanzstrafsachen mit jahrzehntelanger Berufserfahrung selbstverständlich in Kenntnis der wesentlichen Verfahrensaspekte eines Finanzstrafverfahrens gewesen ist und ihm jedenfalls präsent gewesen war, dass dann, wenn er einen Rechtsmittelverzicht in seiner eigenen Finanzstrafsache abgegeben hat und auch der Amtsbeauftragte solchermaßen gehandelt hatte, hinsichtlich der über ihn verhängten Geldstrafe Rechtskraft eingetreten war. Die weitere Schlussfolgerung, dass sich dann nach der ihm allgemein bekannten Monatsfrist eine Fälligkeit der Geldstrafe anschließen würde, scheint ebenfalls naheliegend. Unter der Annahme, dass ihm die diesbezügliche Buchungsmitteilung nicht zugestellt worden wäre, könnte eine erkennbare Fehlerursache seines Verhaltens allenfalls darin gelegen haben, dass ihm der Umstand, dass eben in Finanzstrafsachen hinsichtlich der Fälligkeit nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung abgestellt wird, wider Erwarten nicht geläufig gewesen wäre. Ob solcherart diesbezüglich von seiner Seite ausnahmsweise kein grobes Verschulden vorgelegen hätte, wäre gegebenenfalls von Seite des Antragstellers darzulegen und Gegenstand einer besonderen Beweiswürdigung.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 171 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 210 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
erster Säumniszuschlag
Fälligkeit der Geldstrafe
keine Bedachtnahme auf schriftliche Ausfertigung
unbeachtliches Verschulden an Säumigkeit
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5300035.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at