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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.04.2021, RV/7102100/2020

Geschäftsführerhaftung, Gleichbehandlungsnachweis erbracht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Dr. Walter Kristen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Lainzer Straße 35, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 964,19 eingeschränkt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
2015
25,07
Umsatzsteuer
07/2016
680,13
Körperschaftsteuer
10-12/2016
31,45
Körperschaftsteuer
10-12/2017
40,40
Säumniszuschlag 2
2016
96,17
Säumniszuschlag 3
2016
90,97


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In Beantwortung eines Haftungsprüfungsvorhaltes vom nahm der Beschwerdeführer (Bf.) mit Schreiben vom wie folgt Stellung:

Betriebsgegenstand der G-1 sei die Errichtung und Vermietung von Immobilien gewesen. In der A-2 seien im Zuge eines Ausbaues des Dachgeschoßes 3 Eigentumswohnungen errichtet worden. Es habe die Absicht bestanden, diese Eigentumswohnungen zu vermieten. Infolge unerwartet gestiegener Baukosten sei eine Liquiditätsverknappung eingetreten, die den Bf. veranlasst habe, die Immobilien anstatt zu vermieten zu veräußern.

Bei der Veräußerung der dritten Eigentumswohnung hätten sich aufgrund von Baumängeln Probleme ergeben. Die Käuferin habe eine Mängelbehebung verlangt und ihr Rechtsvertreter die Auszahlung des treuhändig hinterlegten Kaufpreisteiles blockiert, welcher für Gewährleistung bestimmt gewesen sei. Da die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Mängel zu beheben, sei somit ein Teil des Kaufpreises ausgefallen. Diesem Umstand sei es zuzuschreiben, dass die vorzunehmende Vorsteuerrückerstattung nicht an das Finanzamt beglichen habe werden können.

Die Gesellschaft habe stets nur ein Konto bei der Volksbank Wien besessen. Aus dem beigefügten Kontoauszug sei die Bewegung ab ersichtlich. Daraus gehe hervor, dass die Gesellschaft nur durch Darlehensgewährungen des Bf. als deren Gesellschafter-Geschäftsführer Zug-um-Zug-Zahlungen für laufende Aufwendungen (insbesondere Miete, Energie, Telekom) leisten habe können. Die Kontoauszüge zeigten eindeutig, dass Zahlungen von Altschulden überhaupt nicht erfolgt seien. Damit sei sichergestellt, dass eine Vermögensminderung überhaupt nicht erfolgt sei, sondern das Gegenteil richtig sei. Der Bf. habe der Gesellschaft die Mittel ausschließlich zu dem Zweck zugeführt, laufende Aufwendungen (Miete, Energie, Telekom, Personal) zu decken.

---//---

Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 83.636,44 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2015
2.922,47
Körperschaftsteuer
07-09/2016
400,00
Umsatzsteuer
07/2016
73.448,34
Körperschaftsteuer
10-12/2016
439,00
Säumniszuschlag 1
2016
67,23
Stundungszinsen
2016
511,76
Umsatzsteuer
2016
0,10
Körperschaftsteuer
01-03/2017
437,00
Stundungszinsen
2016
258,85
Stundungszinsen
2017
351,85
Stundungszinsen
2017
409,30
Körperschaftsteuer
07-09/2017
437,00
Säumniszuschlag 1
2017
1.468,97
Stundungszinsen
2017
576,61
Körperschaftsteuer
10-12/2017
439,00
Säumniszuschlag 2
2016
734,48
Säumniszuschlag 3
2016
734,48


Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.

Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätten entrichtet werden können.

Der Bf. sei seit D-1 unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die haftungsgegenständlichen Zeiträume sei die Umsatzsteuer gemeldet und festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden.

In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass er die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer einen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO) wie den Abgabepflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er dazutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. ; ; ).

Da der Bf. seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Letztlich werde auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstreckten.

Im Ermittlungsverfahren habe der Bf. bekanntgegeben, dass er diverse Gläubiger (Lieferanten, Banken, Löhne, Krankenkassen) teilweise oder zur Gänze befriedigt habe. Da er somit verabsäumt habe, für eine gleichmäßige Befriedigung aller Verbindlichkeiten Sorge zu tragen, habe er seine Pflichten gegenüber der Abgabenbehörde verletzt.

Die Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch sein pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei.

Durch die Einstellung des Geschäftsbetriebes bei der GmbH sei die Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes beim Primärschuldner entstanden.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass der Bescheid unrichtig sei, da in der Begründung des Bescheides auf die vorgenommene Stellungnahme vom überhaupt nicht eingegangen werde.

In dieser Eingabe sei klargestellt worden, dass von ihm sehr wohl dargestellt worden sei, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht angenommen werden dürfe. Seit Erkennen, dass die vorhandenen Mittel für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten nicht ausreichten, seien keine Zahlungen von Altschulden vorgenommen worden. Im Gegenteil, der Geschäftsführer habe vielmehr eigene Mittel eingebracht, um die wichtigsten Aufwendungen zur Erhaltung der Gesellschaft Zug um Zug tätigen zu können. Diese Aufwendungen seien nur in geringem Ausmaß angefallen, es sei peinlich genau darauf geachtet worden, dass keine Altschulden entrichtet würden. Trotz Vorlage der Kontoauszüge über einen mehrjährigen Zeitraum, welche diese Tatsache bestätigten, sei nunmehr mit einer Standardbegründung die Haftung geltend gemacht worden.

Richtig sei vielmehr, dass die in der Begründung angeführten Pflichten des Geschäftsführers genau eingehalten worden seien. Der Bf. habe darauf geachtet, dass keinerlei Altschulden bezahlt würden. Dadurch seien auch einzelne Gläubiger, insbesondere die Finanzverwaltung, nicht benachteiligt worden. Die Finanzmittel seien im maßgeblichen Zeitraum nur in sehr geringem Ausmaß vorhanden gewesen. Soweit Aufwendungen bezahlt worden seien, habe der Bf. in jedem Einzelfall ausreichend Eigenmittel zugeführt, um diese (geringen) Aufwendungen zur Erhaltung der Gesellschaft zu entrichten.

Die Feststellungen, dass vom Bf. bekanntgegeben worden sein solle, dass diverse Gläubiger teilweise oder zur Gänze befriedigt worden seien, sei unrichtig. Tatsache sei vielmehr, dass nur durch die Zufuhr von Eigenmitteln laufende Verbindlichkeiten - zB gegenüber der Krankenkasse - Zug um Zug bezahlt worden seien. Dies habe mit der Bezahlung von Altschulden an diverse Gläubiger nicht das Geringste zu tun. Es bestätige überdies, dass ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorliege.

Der Bf. behalte sich vor, die Beschwerde nach nochmaliger genauer Prüfung des Sachverhaltes entsprechend zu ergänzen.

---//---

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass für die Haftung gemäß § 9 BAO nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung sei. Wenn die Uneinbringlichkeit der Abgabenrückstände auf die Verletzung anderer gesetzlicher Pflichten zurückzuführen sei, sei dies im vorliegenden Zusammenhang bedeutungslos.

Werde eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquide Mittel habe, so verletze der Vertretene dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, bestimme sich danach, wann die Abgabe bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären.

Diese Pflicht zur Entrichtung der Abgaben bestehe bis zur Tilgung des Anspruches. Komme die Vertretene später zu liquiden Mittel, so habe der Vertreter daraus früher entstandene, bereits fällige Abgaben nach Möglichkeit abzudecken.

Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend sei bei Selbstberechnungsabgaben der Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werde. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben sei grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend und auf den Zeitpunkt der durch die Bescheidzustellung ausgelösten Fälligkeit abzustellen.

Der Vertreter dürfe bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden. Er habe die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen. Die Verwendung vorhandener Mittel für die Bezahlung neu eingegangener Verbindlichkeiten verstoße gegen diesen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Soweit zur Verfügung stehende Mittel nur zu Tilgung eines Teils der Schulden ausreichten, der Vertreter die Abgabenschulden bei Verwendung der Mittel aber anteilig nicht berücksichtige, sei nur jener Betrag einzubeziehen, den zu entrichten der Vertreter verpflichtet gewesen wäre.

Falls der Haftungspflichtige nicht aufzeige und den Nachweis bringe, mit welcher Quote die Abgabenschulden auch ohne sein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten uneinbringlich geworden wäre, bestehe die Haftung für uneinbringlich gewordene Abgaben nicht nur anteilig.

Im gegenständlichen Fall sei bis dato dieser Nachweis nicht angetreten worden. Die dem Schreiben des Bf. beigefügten Auszüge des Bankkontos gäben keinen Überblick zu den jeweiligen Fälligkeitstagen offenen Verbindlichkeiten bzw. über deren quotenmäßige oder gesamte Tilgung.

---//---

Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte vor, dass überhaupt keine Altschulden entrichtet worden seien. Die einzigen Verbindlichkeiten, welche beglichen worden seien, seien geringe Beträge des laufenden Betriebes gewesen, wobei der Bf. stets vor Begleichung dieser Beträge dem Unternehmen Eigenmittel zugeführt habe. In vorbildlicher Weise sei darauf geachtet worden, dass überhaupt keine Altschulden zur Entrichtung gelangt seien. Daraus sei ersichtlich, dass keine Schlechterstellung gegenüber anderen Gläubigern gegeben sei.

Offenbar sei dieser klare Sachverhalt vom Finanzamt nicht erkannt bzw. der amtswegigen Ermittlungspflicht nicht entsprochen worden.

Um den Sachverhalt nochmals zu erhellen, werde eine ergänzende Stellungnahme nachgereicht werden.

Abschließend beantragte der Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

---//---

Mit Schreiben vom gab der Bf. eine ergänzende Stellungnahme ab:

Wie bereits ausgeführt worden sei, seien betreffend die Verbindlichkeiten der GmbH keine Altschulden entrichtet worden. Dieser Sachverhalt sei in der Beschwerde dargestellt worden. Zur Klarstellung seien zum folgende Altverbindlichkeiten vorgelegen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Finanzamt
EUR
74.398,50
Dr. Kristen WP u. StB GmbH
EUR
4.932,00
Bf.
EUR
244.614,13


In der Beilage werde eine Aufstellung der nach dem geleisteten Zahlungen bis einschließlich übermittelt. Diese Aufstellung decke sich vollinhaltlich mit den bisherigen Ausführungen, wonach keine Altschulden entrichtet worden seien.

Im Ergebnis bedeute dies, dass bis zum heutigen Tag die Altschulden unverändert seien. Hinsichtlich des Finanzamtes seien in erster Linie Stundungszinsen erhöhend zu berücksichtigen, die die Zeit nach dem beträfen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Verbindlichkeiten gegen Bf. hätten sich zum erhöht auf
EUR
251.817,13
abzüglich Forderungsverzicht 2017
EUR
- 220.000,00
und hätten somit betragen
EUR
31.817,13


Der Saldo sei zum unverändert geblieben.

Im Zeitraum ab bis aktuell habe es nur mehr wenige Zahlungen, aber jedenfalls keine Entrichtung von Altschulden gegeben.

Durch die beigefügten Aufstellungen sei der Nachweis erbracht, dass keine Gläubigerbenachteiligung hinsichtlich des Finanzamtes eingetreten sei. Der Bf. habe durch Gewährung von Darlehen an die Gesellschaft entgegen der Annahme der Finanzbehörde das Finanzamt in keiner Weise benachteiligt, sondern habe seine Abgabenverpflichtungen bezüglich Entrichtung der Mindestkörperschaftsteuer bis zum heutigen Tag erfüllt.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen blieben die gestellten Anträge unverändert aufrecht.

---//---

Der steuerliche Vertreter nahm am telefonisch Bezug auf sein Schreiben vom und wies darauf hin, dass sich durch diese Stellungnahme und die vorgelegten Unterlagen nichts am Beschwerdevorbringen geändert habe.

Nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass der versuchte Gleichbehandlungsnachweis nicht ordnungsgemäß sei, da die auf das Bankkonto erfolgten Privateinlagen des Bf. nicht von den Verbindlichkeiten in Abzug gebracht werden dürften, hingegen zu den liquiden Mitteln zählten, ersuchte der Vertreter um Anleitung, in welcher Form der Gleichbehandlungsnachweis zu erstellen sei, sowie um Abberaumung der ausgeschriebenen mündlichen Verhandlung.

Diesem Ersuchen wurde nachgekommen und wurde die Herausgabe eines entsprechenden Vorhalts mit einem Hinweis auf die Durchführung der Quotenberechnung avisiert.

Der Vertreter wandte abschließend ein, dass der Bf. ohne Leistung der Privateinlagen nicht zur Haftung herangezogen worden wäre, da die Gesellschaft über keine liquiden Mittel verfügt habe.

---//---

Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. unter Bekanntgabe der Fälligkeitstage aller haftungsgegenständlicher Abgaben um Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises und Errechnung des Quotenschadens.

---//---

In Beantwortung dieses Ersuchens teilte der Bf. mit Schreiben vom mit, dass für eine allfällige Haftung wesentlich sei, zu welchem Zeitpunkt eine allfällige Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung eingetreten sei.

Der Jahresabschluss zum weise ein negatives Eigenkapital in Höhe von EUR 200.354,85 aus. Wie aus dem Anhang ersichtlich sei, sei das negative Eigenkapital insolvenzrechtlich nicht relevant gewesen, da Verbindlichkeiten gegenüber dem Alleingesellschafter (dem Bf.) in Höhe von EUR 251.817,13 ausgehaftet hätten, wodurch das negative Eigenkapital mehr als ausgeglichen gewesen sei. Bezüglich der Liquidität sei zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine Zahlungsstockung vorgelegen. Die bestehenden Forderungen wären ausreichend gewesen, um alle Verbindlichkeiten zu begleichen.

Im Zusammenhang mit der im Juli 2016 verkauften Eigentumswohnung habe sich der zur Abwicklung bestellte Treuhänder infolge von der Käuferin vorgebrachter Baumängel geweigert, den gesamten bei ihm befindlichen Treuhanderlag an die Verkäuferin freizugeben. Der Bf. habe sich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH bemüht, die Baumängel durch die ausführenden Professionisten beheben zu lassen. Bedingt durch die zwischenzeitig eingetretene Insolvenz des ausführenden Bauunternehmens hätten die Baumängel nicht zur Gänze beseitigt werden können. Erst nach langwierigen Verhandlungen mit dem Treuhänder seien EUR 15.000,00 freigegeben und an die Gesellschaft überwiesen worden. Während des gesamten Jahres 2017 sei der Bf. bemüht gewesen, Kreditzusagen zu erhalten. Da Banken hierzu nicht bereit gewesen seien, seien private Finanzierer angesprochen worden. Auch diese Bemühungen hätten sich letztlich als erfolglos erwiesen.

Der Jahresabschluss zum weise einen Verlust von EUR 118.289,12 aus. Dieser resultiere hauptsächlich aus der Ausbuchung von uneinbringlichen Forderungen. Dadurch werde in der Bilanz ein negatives Eigenkapital von EUR 82.065,73 ausgewiesen, die Verbindlichkeit gegenüber dem Bf. in Höhe von EUR 31.817,13 habe die Überschuldung nicht mehr ausgleichen können.

Kenntnis über die Überschuldung habe der Geschäftsführer erst mit Erstellung des Jahresabschlusses 2017 im September 2018 erlangt.

Für eine allfällige Haftung des Geschäftsführers sei daher zu prüfen, ob und wenn ja in welchem Ausmaß eine Benachteiligung des Gläubigers Finanzamt eingetreten sei. Aufgrund des positiven Eigenkapitals habe der Bf. unter Berücksichtigung der 60-Tage-Frist davon ausgehen können, dass die Beantragung eines Insolvenzverfahrens zeitgerecht sei. Um weitere Kostenbelastungen durch eine Ausdehnung des Verfahrens zu vermeiden, sei er im Falle einer möglichen einvernehmlichen Lösung bereit, als Zeitpunkt für die Ermittlung des Betrages der Gläubigerbenachteiligung der Finanzverwaltung vom auszugehen.

Dem Schriftsatz vom sei eine Aufstellung über die Entwicklung des Bankkontos beigefügt worden. Diese Aufstellung sei nunmehr insofern adaptiert, als von den Zahlungen ab ausgegangen werde.

Daraus ergäben sich folgende wesentliche Beträge:


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Finanzamt
87.571,44
Bf.
31.817,13
Steuerberatung
4.932,00
Zuzüglich Zahlungen laufender Verbindlichkeiten (Zug-um-Zug)
10.441,53
gesamt
134.762,10


Daraus ergebe sich nachstehende Berechnung:


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Vorhandene liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten (inklusive aushaftender und entrichteter Abgabenschulden sowie Zug-um-Zug-Geschäfte)
Quote gesamt
15.466,72
134.762,10
11,48%


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Entrichtung auf dem Abgabenkonto
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
876,00
87.571,44
1%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Quote gesamt
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
11,48%
1%
10,48%


Der Bf. sei bemüht gewesen, in der Phase der knappen Liquidität dem Unternehmen Eigenmittel zuzuführen, um das Unternehmen aus der Krise herauszuführen bzw. die Verbindlichkeiten nach Möglichkeit zu begleichen. Zur Zufuhr dieser Mittel sei er in keiner Weise verpflichtet gewesen. Im Ergebnis sei ihm selbst ein großer finanzieller Schaden erwachsen.

---//---

Mit Schreiben vom übermittelte der Bf. eine verbesserte Darstellung zur Ermittlung der Ungleichbehandlung. Nach dem seien keine weiteren Einlagen durchgeführt worden. Die Geschäftstätigkeit sei faktisch eingestellt gewesen, es seien nur mehr sehr geringe Ausgaben angefallen. An Abgaben sei die Mindestkörperschaftsteuer dem Abgabenkonto belastet worden.

:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
26.236,21
339.498,49
7,728%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
439,00
77.390,50
0,564%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
7,728%
0,564%
7,164%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
4.805,24
329.552,94
1,458%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
77.390,50
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
1,458%
0,000%
1,458%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
7.123,67
325.309,00
2,190%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
437,00
77.829,50
0,561%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
2,190%
0,561%
1,628%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
1.628,34
323.746,75
0,503%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
351,85
77.631,19
0,453%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,503%
0,453%
0,050%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
5.417,79
327.957,44
1,652%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
437,00
79.245,80
0,551%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
1,652%
0,551%
1,101%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
1.077,96
326.586,86
0,330%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
81.728,38
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,330%
0,000%
0,330%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
898,01
325.454,46
0,276%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
81.728,38
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,276%
0,000%
0,276%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
30.007,39
326.104,13
9,202%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
82.167,38
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
9,202%
0,000%
9,202%


---//---

In Beantwortung des Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes vom , dass der Gleichbehandlungsnachweis unvollständig sei, da Berechnungen zum , , , und fehlten, übermittelte der Bf. mit Schreiben vom einen um die angeführten Fälligkeitstage ergänzten Liquiditätsstatus:

:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
1.556,24
181.436,60
0,858%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
2.922,47
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,858%
0,000%
0,858%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
360,62
241.936,60
0,149%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
3.322,47
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,149%
0,000%
0,149%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
2.982,71
321.936,10
0,926%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
77.320,97
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
0,926%
0,000%
0,926%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
14.112,88
107.779,63
13,094%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
83.338,96
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
13,094%
0,000%
13,094%


:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Liquide Mittel
Gesamtverbindlichkeiten
Gesamtquote
13.404,76
108.237,69
12,385%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungen
Abgabenverbindlichkeiten
Abgabenquote
0,00
84.073,44
0,000%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtquote
Abgabenquote
Ungleichbehandlung
12,385%
0,000%
12,385%


Daraus ergebe sich ein Betrag von € 19.287,26, der bei Gleichbehandlung aller Gläubiger an das Finanzamt zu entrichten gewesen wäre.

Bezüglich der Berechnungen für den und erscheine die Gleichbehandlung überschießend. Die Zug-um-Zug-Geschäfte hätten € 894,51 bzw. € 708,12 betragen. Eine Zufuhr von Mitteln sei nicht erfolgt. Eine Gläubigerbenachteiligung könne daher nur in Höhe der Zahlungen für Zug-um-Zug-Geschäfte gegeben sein.

---//---

Mit Schreiben vom zog der Bf. den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da bisherige Einbringungsversuche des Finanzamtes vom und erfolglos geblieben sind, weil zum einen die im Firmenbuch angeführte Adresse der G-1, nämlich A-3, mangels Anführung der entsprechenden Stiege unzureichend ist und bei sämtlichen Türnummern 15 aller drei Stiegen der Hausnummer 16 kein Hinweis auf die Gesellschaft ersichtlich war.

Darüber hinaus wurde die Uneinbringlichkeit vom Bf. auch gar nicht bestritten.

Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. seit D-1 Geschäftsführer der genannten GmbH ist.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm obliegt daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Aus dem Vorbringen des Bf., dass die GmbH die vorzunehmende Vorsteuerrückerstattung aufgrund der Kosten einer vorzunehmenden Mängelbehebung im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Wohnung nicht habe begleichen können, lässt sich nichts gewinnen, da es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich auch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, da aus den nachstehenden Bilanzen folgende liquide Mittel (Kassa- und Bankguthaben) hervorgehen:


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3.324,54
1.776,37
16.466,86
13.947,31


Dem Einwand der Zurverfügungstellung von eigenen Mitteln des Bf., die mit dem vorgelegten Bankkonto der Gesellschaft, auf das im Zeitraum vom bis Zahlungen des Bf. in Höhe von insgesamt € 35.500,00 eingingen, nachgewiesen wurde, ist entgegenzuhalten, dass diese Einlagen, die stets vor Begleichung der Verbindlichkeiten auf das Bankkonto einbezahlt wurden, uno actu zu liquiden Mitteln der Gesellschaft wurden, die gleichmäßig zu verteilen gewesen wären (; , womit die gegen die genannte Entscheidung des UFS eingebrachte Beschwerde abgewiesen wurde).

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes gehandelt zu haben, da keinerlei Altschulden beglichen worden seien. Es seien lediglich Zug-um-Zug-Zahlungen des laufenden Betriebes aus Eigenmitteln des Bf. als Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH geleistet worden, die er dem Unternehmen stets vor Begleichung dieser Beträge zugeführt habe.

Aus dieser Rechtfertigung lässt sich nichts gewinnen, da sich nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben kann (zB ).

Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und kann eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften bestehen. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu erfassen ().

Das Vorbringen, dass die Gesellschaft keine Zahlungen leisten hätte können, wenn der Bf. keine Einlagen getätigt hätte, geht ins Leere, da diesfalls auch die Gläubiger der Zug-um-Zug-Geschäfte nichts bekommen hätten. Da diese jedoch voll befriedigt wurden, liegt die Gläubigerbevorzugung bzw. Benachteiligung des Abgabengläubigers in der ungleichmäßigen Verwendung der zu liquiden Mitteln gewordenen Einlagen.

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, ist es somit gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Dazu ist festzustellen, dass zunächst mit Schreiben vom seitens des Bf. eine Liquiditätsaufstellung zum (Fälligkeitstag der Umsatzsteuer 07/2016) versucht wurde, wobei allerdings weder die Zug-um-Zug-Geschäfte noch die Einlagen des Bf. als Verbindlichkeiten bzw. liquide Mittel berücksichtigt wurden.

Da darüber hinaus der Gleichbehandlungsnachweis nicht für alle Fälligkeitszeitpunkte erbracht wurde, wurde dem Bf. unter Anführung aller haftungsgegenständlichen Fälligkeiten sowie Anleitung zur Erstellung eines Liquiditätsstatus nochmals Gelegenheit gegeben, einen solchen vorzulegen.

Mit Eingabe vom kam der Bf. bzw. seine steuerliche Vertretung dieser Verpflichtung trotz eingehender Bekanntgabe zur ordnungsgemäßen Nachweisführung der quotenmäßigen Unzulänglichkeit der vorhandenen liquiden Mittel wiederum nur unzureichend nach, da diesmal zwar auch die Zug-um-Zug-Zahlungen berücksichtigt wurden, allerdings genauso wie die Altschulden nicht für jeden Fälligkeitstag, sondern lediglich zum bzw. ab dem , sodass einerseits (unter anderem) die Hauptschuld Umsatzsteuer 07/2016 davon nicht betroffen war und andererseits die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters in der Höhe des Quotenschadens den Nachweis voraussetzt, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().

Diesem Mangel kam der Bf. mit Schreiben vom sowie nach, sodass für die haftungsgegenständlichen Abgaben im Hinblick auf die erfolgte Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden in Betracht kommt (vgl. ):


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Abgabe
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag
Quote
verbleibt
Umsatzsteuer
2015
2.922,47
0,858%
25,07
Körperschaftsteuer
07-09/2016
400,00
0,149%
0,60
Umsatzsteuer
07/2016
73.448,34
0,926%
680,13
Körperschaftsteuer
10-12/2016
439,00
7,164%
31,45
Säumniszuschlag 1
2016
67,23
7,164%
4,82
Stundungszinsen
2016
511,76
1,458%
7,46
Umsatzsteuer
2016
0,10
1,628%
0,00
Körperschaftsteuer
01-03/2017
437,00
1,628%
7,11
Stundungszinsen
2016
258,85
1,628%
4,21
Stundungszinsen
2017
351,85
0,050%
0,18
Stundungszinsen
2017
409,30
1,101%
4,51
Körperschaftsteuer
07-09/2017
437,00
0,330%
1,44
Säumniszuschlag 1
2017
1.468,97
0,276%
4,05
Stundungszinsen
2017
576,61
0,276%
1,59
Körperschaftsteuer
10-12/2017
439,00
9,202%
40,40
Säumniszuschlag 2
2016
734,48
13,094%
96,17
Säumniszuschlag 3
2016
734,48
12,385%
90,97


Dem Einwand des Bf., dass zu den Fälligkeitstagen und die Gläubigerbenachteiligung nur in Höhe der Zahlungen für Zug-um-Zug-Geschäfte gegeben sein könne, da eine Zufuhr von Mitteln nicht erfolgt sei, ist entgegenzuhalten, dass damit das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet wurde, als keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet wurde, weshalb der Bf. mit dieser Vorgangsweise die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen verletzte ().

Auch der Umstand, dass der Bf. nach Festsetzung der von ihm gemeldeten Umsatzsteuervorauszahlung 07/2016 wegen Zahlungsproblemen wiederholt um Stundung ansuchte, die ihm mit Bescheiden vom , , , , und bis einschließlich bewilligt wurde, kann ihn nicht exkulpieren. Bleiben Abgaben nämlich unbezahlt, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte, dann trifft den Geschäftsführer, der eine solche Gefährdung in Abrede gestellt hat, ein Verschulden am Abgabenausfall ().

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Allerdings kann im Rahmen des Ermessens von der Haftungsinanspruchnahme der unter € 10,00 verbleibenden Kleinstbeträge infolge Geringfügigkeit Abstand genommen werden.

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Gesamtbetrag von € 964,19 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102100.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at