Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2021, RV/6100650/2019

Polizeigrundausbildung als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***BE*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, SVNr ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA1*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2020 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird hinsichtlich der Monate Jänner 2019 bis März 2020 sowie
    Juni 2020 bis Oktober 2020 gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird insoweit - ersatzlos - aufgehoben.

  • Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeiträume von April 2020 bis Mai 2020 sowie von November 2020 bis Dezember 2020 abgewiesen wird.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag des Beschwerdeführers (Bf) vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn ***S***, geb. ***08/1996***, der sich ab in der Grundausbildung für den Exekutivdienst befand, für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2020 ab. Der VwGH habe mit Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Rechtsauffassung vertreten, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgelichsgesetzes 1967 anzusehen seien.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf daraufhin - als Widerspruch bezeichnet - Beschwerde ein. Der Bescheid widerspreche der Bundesverfassung, weil gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen werde. Dies darum, da es an der Sicherheitsakademie mehrere Kolleginnen und Kollegen des Sohnes gebe, denen dieser Zuspruch angerechnet werde.

Mit weiterem Schriftsatz vom brachte der Bf ergänzend dazu vor, dass das im Abweisungsbescheid genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ins Leere gehe, da im Falle seines Sohnes keine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviert werde. Das Finanzamt habe unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründe (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kenne), bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung seines Sohnes angenommen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 mit folgender Begründung als unbegründet ab:

Was unter Berufsausbildung zu verstehen sei, werde im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen seien, sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" würden alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt werde (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof könnten im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es falle auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG (zB ).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes , Ra 2018/16/0203, stelle die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar.

Dieses Erkenntnis betreffe zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des (dortigen) Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt habe, jedoch verneine der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziere dies als Berufsausübung. Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert werde (vgl. ).

Mit einer Berufsausübung seien die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht erfüllt und es spiele daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.

Da der Sohn des Bf somit keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG absolviere, bestehe für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2020 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Auf das zu einem vergleichbaren Fall erst kürzlich ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, RV/2101014/2019 vom , werde zusätzlich verwiesen.

Soweit der Bf vorbringe, der Bescheid widerspreche der Bundesverfassung, da gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen werden, da es an der Sicherheitsakademie, die der Sohn besuche, mehrere Kolleginnen und Kollegen gebe, denen dieser Zuspruch angerechnet werde, werde ausgeführt, dass der Bescheid nach obigen Ausführungen gesetzeskonform sei und keine Verletzung der Bundesverfassung vorliege. Ergänzend sei auszuführen, dass das Finanzamt nur über den konkreten Antrag des Bf entscheiden könne. Ob (möglicherweise) andere Personen eine Leistung aus dem Familienlastenausgleichsfonds erhielten, sei nicht Gegenstand des Verfahrens und durch das Finanzamt nicht zu beurteilen. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass ein Recht darauf, dass eine (möglicherweise) fehlerhafte Entscheidung auf den eigenen Fall anzuwenden sei, nicht bestehe.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Schriftsatz vom verzichte die Ehegattin des Bf auf die ihr gem. § 2a Abs. 1 FLAG 1967 vorrangig zustehenden Familienbeihilfe. Weiters wurden das Dienstprüfungszeugnis vom vorgelegt und der coronabedingt geänderte Ausbildungsablauf dargestellt.

Mit Ersuchschreiben gem. § 158 BAO vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Landespolizeidirektion Salzburg um folgende Auskunft:

1. Lag der Ausbildung von ***S*** der im Internet (http://www.polizeikarriere.gv.at/files/Ausbildungslehrplan_04092018.pdf) veröffentlichte Ausbildungsplan aus dem Jahr 2018 zugrunde? Wenn nein, bitte um Übermittlung des maßgebenden Ausbildungsplans.

2. Gab es bei ***S*** Änderungen in der Gliederung der Grundausbildung (Basisausbildung 12 Monate - Berufspraktikum I 3 Monate - Vertiefung 5 Monate mit anschließender Dienstprüfung - Berufspraktikum II 4 Monate. Wenn ja, welche?

3. In welchen Zeiträumen erfolgten die Präsenzausbildungen von ***S*** in einem Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive?

4. In welchen Zeiträumen erfolgten die Berufspraktika I und II von ***S*** auf Polizeidienststellen?

5. Auf welcher Polizeidienststelle versah ***S*** nach Ablegung der Dienstprüfung das Berufspraktikum II? Auf welcher Polizeidienststelle wurde er im Anschluss daran eingesetzt?

6. Wurde ***S*** während der Grundausbildung im Rahmen der Präsenzausbildung oder der Berufspraktika bereits als Polizist verwendet oder eingesetzt (zB für Grenzkontrollen)? Falls dies zutrifft: An welchen Tagen bzw. in welchen Zeiträumen?

Die Landespolizeidirektion Salzburg antwortete mit Schriftsatz vom :

ad. 1)
Ja, der Ausbildung des Asp
***S*** lag der angeführte Ausbildungsplan aus dem Jahr 2018 (Verordnung des BM für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBI. II Nr. 153/2017) zu Grunde.

ad. 2)
Ja, es gab Änderungen im Ausbildungsplan:

ad. 3)
Folgende Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum wurden absolviert:

  • - (Theorie |) BZS Linz

  • - (Theorie II) BZS Salzburg

ad. 4)
siehe Beantwortung Frage 2 (Praxis I + II)

ad. 5)
Das Berufspraktikum II (Praxis II) wurde von Asp
***S*** nach Ablegung der Dienstprüfung auf der Polizeiinspektion ***2*** absolviert. Daran anschließend wurde er auf der Grenzpolizeiinspektion ***3*** verwendet.

ad. 6)
Ja, er wurde in der Praxis I (-) und der vorgezogenen Praxis II (-) auf der PI
***4*** sowie in der restlichen Praxis II auf der Pl ***2*** (-) und auf der GPI ***3*** (- ) als Polizist verwendet bzw. eingesetzt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1 Gesetzliche Grundlagen

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 idF BGBl I 138/2013 bis zu einem Betrag von 10.000,00 Euro in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000,00 Euro, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000,00 Euro übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleibt außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

Der Grenzbetrag von 10.000,00 Euro erhöht sich mit auf 15.000,00 Euro (vgl. BGBl I 109/2020).

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für einen Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

2 Sachverhalt

Der am ***08/1996*** geborene, zum Haushalt des Bf zugehörige Sohn ***S*** vollendete im August 2020 das 24. Lebensjahr.

Er leistete von bis den Präsenzdienst (Auskunft AJ-WEB).

Im Zeitraum bis absolvierte er die Grundausbildung für den Exekutivdienst. Er war von bei der Landespolizeidirektion Salzburg aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für diese Polizeigrundausbildung als Vertragsbediensteter des Bundes für 24 Monate befristet beschäftigt.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 11 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:


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A - LEHRPLAN
LEHRGEGENSTAND
AUSBILDUNGSMODUL
MINDESTSTUNDENANZAHL
Personale und Sozial- Kommunikative Kompetenzen
Einführung und Behördenorganisation
204
Angewandte Psychologie
Kommunikation und Konfliktmanagement
Berufsethik und Gesellschaftslehre
Menschenrechte
Polizeifachliche Kompetenzen
Dienstrecht
1134
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
Straf- und Privatrecht
Verfassungsrecht und Europäische Union
Verkehrsrecht
Verwaltungsrecht
Kriminalistik
Bürokommunikation
Situationsadäquate Handlungskompetenzen sowie Wahrnehmungs- & Reflexionskompetenzen
Modulares Kompetenztraining
806
Einsatztraining
Sport
Erste Hilfe
Fremdsprachen
Themenzentrierter Unterricht
Berufspraktikum
Berufspraktikum I
468
2612
B - DIENSTPRÜFUNG
MÜNDLICHE GESAMTPRÜFUNG
Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden.Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden.

Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in

  • die Basisausbildung (12 Monate Theorie),

  • das Berufspraktikum I (3 Monate),

  • die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und

  • das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:

Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE
Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE
Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:


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LEHRGEGENSTAND
UNTERRICHTS-EINHEITEN
GESAMT
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN
204
Einführung und Behördenorganisation
24
Angewandte Psychologie
48
Kommunikation und Konfliktmanagement
48
Berufsethik und Gesellschaftslehre
28
Menschenrechte
56
2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN
1134
Dienstrecht
40
Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
240
Straf- und Privatrecht
172
Verfassungsrecht und Europäische Union
32
Verkehrsrecht
176
Verwaltungsrecht
160
Kriminalistik
164
Bürokommunikation
150
3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN
Modulares Kompetenztraining
160
806
Einsatztraining
424
Sport
120
Erste Hilfe
16
Fremdsprachen
4
Themenzentrierter Unterricht
82
4. BERUFSPRAKTIKUM
448
SUMME
2612

(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx).

Der Ausbildungsplan wurde nach den Angaben der Landespolizeidirektion Salzburg und des Bf coronabedingt geändert, indem zwei Monate des Berufspraktikums II vorgezogen wurden und anschließend an das Berufspraktikum I im Zeitraum bis absolviert wurden, die Vertiefungsphase im Zeitraum bis stattfand und im Anschluss daran, von bis , die restlichen zwei Monate des Berufspraktikums II absolviert wurden.

Der Sohn des Bf wurde laut Auskunft der Landespolizeidirektion Salzburg während des vorgezogenen Berufspraktikums II von bis (weiterhin) auf der PI ***4*** und im restlichen Berufspraktikum II von bis auf der PI ***2*** und von bis auf der GPI ***3*** als Polizist verwendet und eingesetzt.

Laut dem vorgelegten Zeugnis bestand der Sohn des Bf am die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung).

Der Sohn des Bf bezog laut dem im Abgabeninformationssystem des Bundes ersichtlichen Einkommensteuerbescheid 2019 vom im Jahr 2019 ein einkommensteuerpflichtiges Einkommen von 15.325,49 Euro. Im Kalenderjahr 2020 betrugen die steuerpflichtigen Bezüge laut dem im Abgabeninformationssystem des Bundes gespeicherten Lohnzettel 20.959,92 Euro.

Die Ehegattin des Bf verzichtet auf eine ihr gem. § 2a Abs. 1 FLAG 1967 vorrangig zustehenden Familienbeihilfe.

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die vom Sohn des Bf absolvierte Polizeigrundausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellt und daher in den Monaten Jänner 2019 bis einschließlich Dezember 2020 Familienbeihilfe zuzuerkennen ist.

3 Rechtliche Würdigung

Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

Nach der geltenden Rechtslage (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 1 Rz 188) steht grundsätzlich höchstens bis zum Ende des Monats, in den der 24. Geburtstag des Kindes fällt, Familienbeihilfe zu. Hiervon normiert ua die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 (Ableistung des Präsenz- Ausbildungs- bzw. Zivildienstes) eine Ausnahme (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 2 Rz 29): Bei Zutreffen einer der normierten Voraussetzungen verschiebt sich die Altersgrenze längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes.

Der Sohn des Bf vollendete im August 2020 das 24. Lebensjahr. Er leistete vor Vollendung seines 24. Lebensjahres den Präsenzdienst und verwirklichte damit einen Verlängerungstatbestand.

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschriftvorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ().
Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit.b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
"

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Des Weiteren hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses grundsätzlich nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit dem von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums geleisteten Unterrichtspraktikums am Arbeitsplatz. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz. Dies gilt auch für den im gegenständlichen Fall vorgezogenen Teil des Berufspraktikums II, der vom Sohn des Bf im Anschluss an das Berufspraktikum I auf der PI ***4*** - sohin nach dem Kennenlernen des Dienstbetriebes und der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens, weiterhin auf dieser Polizeiinspektion - absolviert wurde und bei dem er nach den Angaben seines Dienstgebers als Polizist verwendet bzw. eingesetzt wurde.

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar. (Vgl. , , , , , , ).

Der Sohn des Bf befand sich somit in dem hier zu beurteilenden Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2020 in den Monaten Jänner 2019 bis einschließlich März 2020 sowie Juni 2020 bis einschließlich Oktober 2020 in Berufsausbildung im Sinne des FLAG.

In den zuletzt angeführten Erkenntnissen hat das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf das Erkenntnis , darüber hinaus auch festgehalten, dass die Polizeigrundausbildung die vom Verfassungsgerichtshof herausgearbeiteten Kriterien eines anerkannten Lehrverhältnisses im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 erfüllt und daher als ein "anerkanntes Lehrverhältnis" anzusehen ist.

Der Ausbildungsbeitrag, welcher den Polizeischülerinnen und Polizeischülern während ihrer Polizeigrundausbildung zusteht, ist demnach als Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zu qualifizieren und bleibt bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Kindes außer Betracht.

Dieser Rechtsansicht hat sich im Übrigen auch die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt angeschlossen. Das Finanzamt Österreich wurde in einer Information der Abt. VI/1 der Sektion Familie und Jugend im Bundeskanzleramt, ehemals Abt. II/1 im BMAFJ, vom Jänner 2021 entsprechend in Kenntnis gesetzt.

Aus den angeführten Gründen steht dem Bf somit grundsätzlich unabhängig von der Höhe des von seinem Sohn bezogenen Ausbildungsbeitrages für die Zeiträume Jänner 2019 bis einschließlich März 2020 sowie Juni 2020 bis einschließlich Oktober 2020 Familienbeihilfe zu. Der angefochtene Abweisungsbescheid ist daher hinsichtlich der Monate Jänner 2019 bis einschließlich März 2020 sowie Juni 2020 bis einschließlich Oktober 2020 aufzuheben (vgl. ).

4 Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Frage, ob die Bezüge des Polizeischülers Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden können, ausdrücklich offen gelassen. Da zu dieser Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig.

Salzburg, am

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