Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2021, RV/5100406/2019

Sicherstellungsauftrag bei Lieferungen in Betrugskreisläufe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung in das Vermögen der Firma ***Bf1*** zur Sicherung nachstehender Abgabenansprüche in voraussichtlicher Gesamthöhe von 467.960,00 € an:


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Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe
Umsatzsteuer
2012
221.008,90
Umsatzsteuer
2013
173.316,20
Umsatzsteuer
2014
16.675,80
Einkommensteuer
2011
8.651,00
Einkommensteuer
2012
24.542,00
Einkommensteuer
2013
23.767,00
Summe
467.960,90

Die Sicherstellung dieser Abgabenansprüche könne sofort vollzogen werden. Eine Hinterlegung des Betrages in Höhe von 467.960,90 € bei der Abgabenbehörde bewirke, dass Maßnahmen zur Vollziehung dieses Sicherstellungsauftrages unterbleiben und diesbezüglich bereits vollzogene Sicherstellungsmaßnahmen aufgehoben würden.

In der Begründung des Sicherstellungsauftrages legte das Finanzamt dar, dass nach derzeitigem Ermittlungsergebnis davon auszugehen sei, dass es zumindest in den Veranlagungszeiträumen 2012 bis 2014 im Rahmen des protokollierten Einzelunternehmens ***1***., dessen Inhaberin ***Bf1*** (in der Folge: Beschwerdeführerin, kurz: Bf) sei, zu betrugsbehafteten Fleischlieferungen in erheblichem Umfang an rumänische bzw. bulgarische Missing Trader gekommen sei.

Diese Missing Trader wurden im Bescheid in den Punkten 1. bis 17. namentlich angeführt.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH könne sich der Steuerpflichtige nicht mit Erfolg auf Begünstigungsvorschriften des Mehrwertsteuerrechts (wie z.B. das Recht auf Vorsteuerabzug oder auf eine Steuerbefreiung) berufen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststehe, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht werde (vgl. EuGH Rs C-131/13 u.a., Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti vof u.a., mwH).

Die objektiven Kriterien für den Vorsteuerabzug seien demnach nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Abgabenhinterziehung begehe. Gleiches gelte aber auch, wenn er gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinen Umsätzen an einem Umsatz beteilige, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen sei.

Es sei davon auszugehen, dass die Bf habe wissen müssen, dass sie in Betrugskreisläufe liefere. Diesbezüglich werde auf die Prüfungsfeststellungen des Finanzamtes Wels in Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung Linz verwiesen. Diese Feststellungen seien dem Besprechungsprogramm zu entnehmen, das diesem Sicherstellungsauftrag beiliege.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei der Bf in diesem Betrugsszenario eine Schlüsselrolle zugekommen.

In einer Tabelle stellte das Finanzamt die Umsätze der Jahre 2012 bis 2014 aus Geschäftsbeziehungen mit dubiosen Unternehmen dar, die sich in Summe auf 4,110.008,10 € beliefen.

Daraus ergaben sich laut Sicherstellungsauftrag nachstehende Nachforderungen an Umsatzsteuer bzw. Erwerbsteuer:


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2012
2,210.089,00
221.008,90
2013
1,733.162,00
173.316,20
2014
166.757,10
16.675,71
4,110.008,10
411.000,81

Mangels Nachweises der betrieblichen Veranlassung wurden die im bekämpften Sicherstellungsauftrag angeführten Provisionszahlungen (2011: 16.250,00; 2012: 40.050,00; 2013: 42.600,00) ebenso wenig als betrieblicher Aufwand anerkannt wie die nach Ansicht der Prüfung privat veranlassten Reiseaufwendungen bzw. Ausgaben für Wirtschaftsgüter der privaten Lebensführung (2011: 1.052,00; 2012: 9.034,50; 2013: 4.934,50).

Aus diesen Feststellungen resultierten Einkommensteuernachforderungen von 8.651,00 (2011), 24.542,00 (2012) und 23.767,00 (2013).

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, könne die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckung (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag nach § 232 BAO erlassen.

Die Erschwerung der Einbringung der Abgaben sei zu befürchten, weil laut der zuletzt eingereichten Bilanz zum ein negatives Kapitalkonto von 141.986,53 € ausgewiesen sei und die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sich zu diesem Stichtag auf 192.541,97 € belaufen würden. In der Einkommensteuererklärung 2016 seien bei der Kennzahl 9370 "Verb. Kredit-/Finanzinstitute" 240.849,95 € ausgewiesen.

Auch die im Eigentum der Bf stehende Liegenschaft KG ***2***, EZ ***3***, sei mit insgesamt 320.000,00 € pfandrechtlich belastet.

Mit Schreiben vom erhob die Bf durch ihre steuerliche Vertreterin Beschwerde gegen diesen Sicherstellungsauftrag und beantragte dessen ersatzlose Aufhebung.

1. Fehlende Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung:

Der schlüssigen Begründung einer tatsächlich bestehenden Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der zugrundeliegenden Abgaben komme nach herrschender Auffassung eine zentrale Bedeutung zu. Die abstrakte Möglichkeit von Vermögensminderungen reiche nicht; dazu müssten vielmehr konkrete Tatsachenfeststellungen der Finanzbehörde vorliegen. Eine bloße Vermutung der Einbringungsgefährdung genüge nicht (Ritz, BAO6, § 232 Rz 6 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Die Judikatur habe entsprechende Umstände für das Vorliegen einer Gefährdung oder erschwerten Einbringlichkeit herausgearbeitet.

Nach Ritz, BAO6, § 232 Rz 5, seien solche Umstände insbesondere ein drohendes Insolvenzverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung. Hinzu komme, dass Abgabenhinterziehung und Mängel der Buchführung alleine, ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, noch nicht stets ausreichen würden, damit eine solche Gefährdung oder Erschwerung angenommen werden dürfe ().

Zu keinem der genannten Umstände lägen konkrete Tatsachenfeststellungen vor. Im konkreten Fall stütze das Finanzamt eine Erschwerung der Einbringung alleine auf das negative Kapitalkonto, die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, auf die Kennzahl 9370 in der Einkommensteuererklärung 2016 sowie auf die belastete Eigentumswohnung der Bf.

Damit erschöpfe sich die Begründung der Finanzbehörde zur Einbringungsgefährdung bzw. -erschwerung. Es fehlten konkrete Feststellungen zu einer drohenden Insolvenz oder zu Exekutionsführungen udgl. Die Finanzbehörde beziehe sich auf eine ihr vorliegende Bilanz mit einem 3,5 Jahre (!) zurückliegenden Stichtag, die eine buchmäßige Überschuldung zeige. Der Umstand, dass die buchmäßige Situation der Bf offenbar bislang nicht zur Insolvenz geführt habe, zeige, dass sich daraus keinerlei Insolvenzgefährdung ableiten lasse. Alleine die Angabe der Höhe der Bankverbindlichkeiten in der Einkommensteuererklärung 2016 (auch diese Angabe beziehe sich wohl auf den Bilanzstichtag zum und sei nunmehr bereits 2,5 Jahre alt) besage nichts über die Vermögensverhältnisse der Bf bzw. deren Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages.

Die Finanzbehörde habe keinerlei Erhebungen zu den aktuellen Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Bf durchgeführt. Der Verweis auf mehrere Jahre zurückliegende Angaben in Steuererklärungen (die für sich gesehen alleine in keiner Weise aussagekräftig seien) oder auf (in Österreich alltäglich vorkommende) Hypotheken lasse jedenfalls nicht auf eine besondere Gefährdungslage hinsichtlich der Einbringlichkeit der Abgaben im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages schließen.

Der Vollständigkeit halber sei anzuführen, dass sich aus den Ausführungen im Besprechungsprogramm vom kein dringender Verdacht einer Abgabenhinterziehung ableiten lasse. Der darin festgestellte Abgabenanspruch beruhe durchgehend auf Schätzungen und Annahmen in freier Beweiswürdigung der Finanzbehörde. Bislang sei auch kein finanzstrafrechtliches Verfahren eröffnet worden.

Auf Seite 34 des Besprechungsprogramms führe die Finanzbehörde aus, dass die Steuerfahndung "in freier Beweiswürdigung" davon ausgehe, dass die Bf vorsätzlich im Zusammenwirken mit den handelnden Personen in Rumänien Umsatzsteuer hinterzogen habe. Abgesehen davon, dass es sich hierbei nicht um die behauptete Verkürzung österreichischer Abgaben handle, sei der Vorwurf einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung "in freier Beweiswürdigung" ein Widerspruch in sich. Derartige schwerwiegende Behauptungen seien stichhaltig zu beweisen und nicht aufgrund bestimmter Sachverhaltsannahmen zu unterstellen.

2. Keine Verwirklichung eines zugrundeliegenden Abgabentatbestandes:

Vom genannten Sicherstellungsauftrag sei zum größten Teil Erwerbsteuer iZm den von der Finanzverwaltung angenommenen Dreiecksgeschäften im Sinne des Art. 25 UStG 1994 betroffen. Konkret handle es sich dabei um Erwerbsteuern von 411.000,81 €. Voraussetzung für einen Sicherstellungsauftrag sei, dass der dem Abgabenanspruch zugrundeliegende Tatbestand (in Österreich) verwirklicht sei.

IZm der Erwerbsteuer könne dieser bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG nur dann in Österreich entstehen, wenn man davon ausgehe, dass die Bf oder einer ihrer Lieferanten die entsprechenden Warenbeförderungen beauftragt hätten (sogenannte "Versendung" oder "Beförderung"; vgl. z.B. Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3, Art. 25 Tz 15). Im konkreten Fall habe die Bf im Zuge des Prüfungsverfahrens nachgewiesen, dass nicht sie (oder einer ihrer Lieferanten), sondern ihre Abnehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten die Beförderung veranlasst bzw. beauftragt hätten (sogenannte "Abholung"; in diesem Fall liege kein ig. Dreiecksgeschäft vor; vgl. nochmals Berger u.a., aaO).

In der Stellungnahme der Bf vom heiße es wörtlich:

"Die im vorläufigen Zwischenbericht unter 2) Prüfungsverlauf, a) Ausgangslage angeführten Unternehmen beauftragten regelmäßig selbst den jeweiligen Spediteur und sorgten diese damit selbständig für die Abholung der Ware beim Lieferanten. Die Rolle des Unternehmens ***19*** beschränkte sich in der Regel darauf, dem Lieferanten das Kennzeichen des jeweiligen LKWs, welcher die Ware abholen sollte, bekannt zu geben."

Und weiter:

"Hinzu kommt, dass sich auf den seitens des Unternehmens ***19*** an den jeweiligen Kunden gestellten Rechnungen zumeist der Hinweis "ex work" befindet. Auch daraus wird ersichtlich, dass es beim Kunden gelegen war, für die Abholung der Ware Sorge zu tragen und damit deren Versendung zu beauftragen."

Diese Angabe habe die namentlich genannte Zeugin in deren niederschriftlichen Einvernahme am unter Wahrheitspflicht bestätigt.

Diese habe folgendes zu Protokoll gegeben (vgl. Niederschrift Seite 2):

"Dann wurde bestellt und ein Termin von mir an den Kunden bekannt gegeben. Es wurden der Verladeort und der Verladetermin den Kunden bekannt gegeben, die dann den Transport organisiert haben (Hervorhebung durch den Verfasser). Der Kunde gab uns dann bekannt, mit welchem Fahrzeug er kommen wird, und wir haben dann dieses Kennzeichen dem Lieferanten weiter gemeldet, damit dieser wusste, wer denn abholen kommen wird".

Nicht zuletzt sei darauf hinzuweisen, dass eine Übernahme von Transportkosten durch das Unternehmen der Bf es diesem aufgrund der in diesem Geschäft äußerst geringen Margen nicht ermöglicht hätte, gewinnbringend oder auch nur einigermaßen kostendeckend zu arbeiten.

Als Folge der Veranlassung des Transportes durch die Abnehmer habe die Bf keinen Erwerb in einem EU-Bestimmungsmitgliedstaat verwirklicht, und damit könne sie auch keinen sogenannten fiktiven Doppelerwerb im Sinne von Art 3 Abs. 8 UStG verwirklichen. Die Finanzbehörde führe dazu im Besprechungsprogramm vom in Kapital 1.7.2. wie folgt aus:

"Es ist daher von entscheidender Bedeutung zu ermitteln, wer in diesen Fällen tatsächlich die Beförderung veranlasst hat, nur kann aufgrund der mangelhaften Unterlagen von Frau ***19*** und ihrer sich widersprechenden Auskünfte eine solche Prüfung nicht mehr durchgeführt werden. Es ist de facto nicht mehr möglich zu ermitteln, wo in welchem Beförderungsfall der Lieferort gelegen war. Da im vorliegenden Fall keine Unterlagen vorliegen, wer bei welcher Fahrt nun tatsächlich die Versendung in zivilrechtlicher Betrachtungsweise beauftragt hat, muss in freier Beweiswürdigung festgestellt werden, wem die Versendungen zuzurechnen sind."

Die Finanzbehörde müsse sich zunächst den Vorwurf gefallen lassen, die entscheidende Frage, wer die Warenbeförderungen beauftragt habe, nicht abschließend ermittelt zu haben. So habe die Finanzbehörde Einsicht in die gesamte Buchhaltung des Unternehmens der Bf gehabt und hätte damit zumindest eine stichprobenartige Zuordnung allfälliger Warenbeförderungen zum jeweiligen Geschäftsfall erfolgen können und müssen. Darüber hinaus wäre es der Finanzbehörde auch möglich und zumutbar gewesen, sich mit den einigen wenigen großen Lieferanten des Unternehmens der Bf in Verbindung zu setzen und solcherart die von ihr getätigten Aussagen entsprechend zu überprüfen.

Stattdessen negiere die Finanzbehörde Stellungnahmen der Bf sowie verlässliche Zeugenaussagen und stütze sich vielmehr einzig und allein auf Auskünfte und Unterlagen der rumänischen Firma "***4***". Bemerkenswert sei, dass die Bf gegen dieses Unternehmen sowie dessen Verantwortliche mit Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ***5***, eingebracht habe. Demnach bestehe der begründete Verdacht, dass dieses Unternehmen Beförderungsaufträge des Unternehmens der Bf fingiert habe. Die Richtigkeit der von dieser Firma eingeholten Informationen sei im gesamten Prüfungsverfahren stets bestritten worden.

Der Vollständigkeit halber werde nochmals darauf hingewiesen, dass im Besprechungsprogramm vom auch der EuGH-Judikatur ( RS C-386/16, Toridas UAB) widersprochen werde. Dazu führe die Finanzbehörde auf Seite 36 des Besprechungsprogramms an, dass alle bisher vorliegenden Unterlagen darauf hinweisen würden (welche Unterliegen das seien, werde nicht genannt), dass die Erstlieferanten nicht gewusst hätten, dass die Waren bereits weiterveräußert worden seien.

Wörtlich führe die Finanzbehörde aus:

"(…) und dies aus einem ganz einfachen Grund: die Lieferanten waren sich bewusst, dass in so einem Fall ihre Lieferungen an den Abnehmer (die Bf) in den Abgangsstaaten (in diesen Fällen Deutschland, Belgien und Niederlande) steuerbare und steuerpflichtige "ruhende" Lieferungen sind und dann keine "bewegten" innergemeinschaftlichen Lieferungen vorliegen würden."

Diese Ausführungen zeigten abermals, dass die Finanzbehörde lediglich Vermutungen anstelle und sich sogar zu Feststellungen über den (der Behörde aber gänzlich unbekannten) Wissensstand ausländischer Lieferanten hinreißen lasse. Richtigerweise sei bei vorliegenden Sachverhalten hingegen in der Regel davon auszugehen, dass die Erstlieferanten etwa aus Transportpapieren regelmäßig darauf schließen könnten, dass die Waren in einen anderen Mitgliedstaat gelangten, der nicht mit dem Mitgliedstaat, in welchem der Erwerber (in diesem Fall die Bf) ansässig sei, übereinstimme. Diesfalls müsse der Erstlieferant wohl regelmäßig davon ausgehen, dass die Ware eben bereits weiterveräußert worden sei (so ausdrücklich z.B. Mayr, Zuordnung der bewegten Lieferung und Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, SWK 30/2017, 1277). Der von der Finanzbehörde aufgrund bloßer Vermutungen unterstellte Sachverhalt sei daher insgesamt auch lebensfremd.

Zusammenfassend bleibe daher festzuhalten, dass die Finanzbehörde - wie sie selbst ausführe - nicht mehr habe feststellen können, ob der für die Entstehung des Abgabenanspruchs im konkreten Fall maßgebliche Tatbestand überhaupt (in Österreich) verwirklicht worden sei. In "freier Beweiswürdigung" habe sich die Finanzbehörde in weiterer Folge jedoch auf höchst zweifelhafte Auskünfte aus rumänischen Quellen - ohne diese näher zu hinterfragen - verlassen, deren Richtigkeit ausdrücklich bestritten werde und hinsichtlich derer auch strafrechtliche Verfahren in Rumänien bereits anhängig seien.

Es mute einigermaßen befremdlich an, einen derart massiven Eingriff in die Vermögensrechte der Bf in genannter Höhe (nahezu ausschließlich) auf derart zweifelhafte Quellen zu stützen. Einen Sicherstellungsauftrag vermöge eine derartige Vorgehensweise jedenfalls nicht zu tragen und werde dieser ersatzlos zu beheben sein.

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass die von der Finanzbehörde genannten Abgabenansprüche hinsichtlich Einkommensteuer der Jahre 2011 bis 2013 zum weitaus überwiegenden Teil einer Rechtsgrundlage entbehrten, und zwar hinsichtlich der betrieblichen Veranlassung von Provisionszahlungen. Die Finanzbehörde selbst gehe - wie im Sicherstellungsauftrag dargestellt - offensichtlich von Provisionszahlungen aus und vermute dazu in den Ausführungen in Kapitel 2.3. des Besprechungsprogramms, dass diese Provisionszahlungen wohl an betrügerisch agierende Personen in Rumänien gegangen seien. Dies sei - zum wiederholten Male - eine reine Vermutung der Finanzbehörde, der keinerlei auch nur ansatzweise belastbare Tatsachenfeststellungen zugrunde lägen. Die Empfänger dieser Provisionszahlungen seien vielmehr im Prüfungsverfahren vollständig genannt worden. Die Behörde habe zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Bf zum Ausdruck gebracht, dass die Empfängerbenennung unvollständig oder unrichtig gewesen wäre. Die Finanzbehörde habe lediglich den betrieblichen Charakter dieser Zahlungen bestritten, wobei die Gründe für diese Ansicht der Behörde unklar geblieben seien. Selbst wenn die Bf - wie dies die Finanzbehörde unterstelle - Provisionszahlungen an betrügerisch agierende Personen in Rumänien geleistet hätte, würde dies noch nicht zwangsläufig dazu führen, dass die betreffenden Provisionen keine Betriebsausgaben wären. Insgesamt sei die Rechtsgrundlage, aufgrund welcher das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug für diese Provisionszahlungen nicht anerkenne, unklar und werde auch an keiner Stelle nachvollziehbar dargestellt.

3. Zusammenfassung:

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass im Rahmen des abgeschlossenen Prüfungsverfahrens der wirkliche Sachverhalt von der Finanzbehörde nicht geklärt worden sei. Vielmehr würden sich durch die Prüfungsfeststellungen wie ein roter Faden Vermutungen, Unterstellungen und unbegründete Annahmen des Finanzamtes ziehen. Den von der Bf vorgelegten Beweisen und erteilten Auskünften habe das Finanzamt dagegen - zu Unrecht - keinen Glauben geschenkt.

Der massive Eingriff in die Vermögensrechte der Bf zeitige bereits jetzt negative geschäftliche Folgen, da mit den Maßnahmen der Sicherstellung auch über das reine Abgabenverfahren hinaus Publizitätswirkungen entfaltet würden, die für einen Unternehmer massiv geschäftsschädigend wirkten. In den entsprechenden Schriftstücken des Finanzamtes werde behauptet, dass die Bf Abgaben iHv 467.960,90 € zuzüglich Pfändungsgebühren schulde, was nicht den Tatsachen entspreche, da dieser Abgabenanspruch noch nicht einmal rechtskräftig festgesetzt worden sei. Die Maßnahmen der Sicherstellung dieses in Österreich nicht bestehenden Abgabenanspruchs würden eine massiv geschäfts- und kreditschädigende Wirkung hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit der Bf entfalten. Diese seien, da jeglicher Rechtsgrundlage entbehrend, umgehend einzustellen.

Aus den genannten Gründen werde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Sicherstellungsauftrag ersatzlos zu beheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Folgender Sachverhalt sei der Entscheidung zugrunde zu legen:

Im bekämpften Sicherstellungsauftrag sei begründend ausgeführt worden, dass im Rahmen der laufenden Außenprüfung betrugsbehaftete Fleischlieferungen an rumänische und bulgarische Missing Trader in erheblichem Umfang festgestellt worden seien. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH könnten sich Steuerpflichtige nicht auf Begünstigungsvorschriften des Mehrwertsteuerrechts berufen, wenn feststehe, dass diese Rechte in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht worden seien. Dies gelte sowohl dann, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begehe, als auch wenn er gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit einem die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen stehe, das einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betreffe (§ 12 Abs. 14 UStG 1994).

Die gemäß § 232 Abs. 2 lit. b BAO erforderliche Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung sei durch das im Sicherstellungsauftrag angeführte negative Kapitalkonto, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie die pfandrechtliche Belastung der im Eigentum der Bf stehenden Liegenschaft begründet worden.

Der Beschwerde sei zu entgegnen

1. Zur Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung:

Bei Beurteilung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung sei auf die Umstände bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides abzustellen. Die Abgabenbehörde habe daher im Beschwerdeverfahren die Vermögensverhältnisse zu diesem Zeitpunkt erhoben.

Demnach habe der Verkehrswert des Privatgrundstückes 450.000,00 € betragen, die aushaftenden Kredite 214.481,13 €, wobei sich laut Vorhaltsbeantwortung vom der angegebene Wert auf den Stichtag beziehe. Das negative Kapital habe 141.485,73 € betragen, wobei anzumerken sei, dass der Gewinn laut Saldenliste (40.143,10 €) zum mit dem Negativkapital (181.628,83 €) saldiert worden sei. Der Saldo aus Verkehrswert abzüglich der Kredite abzüglich des negativen Kapitalkontos betrage daher 94.033,14 €.

Erfahrungsgemäß sei bei einem Not- oder Zwangsverkauf einer Liegenschaft der geschätzte Verkehrswert nicht zu erzielen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom seien keine Angaben zu weiterem Vermögen bzw. zur Möglichkeit, eine Bankgarantie beizubringen oder Bürgen namhaft zu machen, gemacht worden. In Anbetracht der voraussichtlichen Abgabenschuld aus dem Prüfungsverfahren iHv 467.960,90 € gehe das Finanzamt von einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben aus.

2. Zur Verwirklichung des zugrundeliegenden Abgabentatbestandes:

Festzustellen sei, dass die in Punkt 2 der Beschwerde angeführten Argumente dafür, dass der zugrundeliegende Abgabentatbestand nicht verwirklicht worden sei, bereits im Besprechungsprogramm vom ausführlich dargestellt und behandelt worden seien.

Der besseren Verständlichkeit halber werde aber auf die angeführten Argumente der Bf noch einmal näher eingegangen. Die von ihr in der Beschwerde dargelegten Umstände ließen die im Besprechungsprogramm angeführten Sachverhalte außer Acht.

Die in der Niederschrift zur Schlussbesprechung eingewendeten Argumente würden in den Prüfbericht eingearbeitet werden, aber nach derzeitigem Ermittlungsstand zu keiner Änderung der steuerlichen Auswirkungen führen.

a. Seite 4 oben:

"Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3, Art. 25 Tz 15). Im konkreten Fall wurde jedoch von der Abgabepflichtigen im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens nachgewiesen, dass nicht sie (oder einer ihrer Lieferanten), sondern ihre Abnehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten die Beförderung veranlasst bzw. beauftragt haben (sogenannte "Abholung"; in diesem Fall liegt kein ig. Dreiecksgeschäft vor; vgl. nochmals Berger u.a., aaO). So heißt es beispielsweise in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom wörtlich: "Die im vorläufigen Zwischenbericht unter 2) Prüfungsverlauf, a) Ausgangslage angeführten Unternehmen beauftragten regelmäßig selbst den jeweiligen Spediteur und sorgten diese damit selbständig für die Abholung der Ware beim Lieferanten. Die Rolle des Unternehmens ***19*** beschränkte sich in der Regel darauf, dem Lieferanten das Kennzeichen des jeweiligen LKWs, welcher die Ware abholen sollte, bekannt zu geben." Und weiter: "Hinzu kommt, dass sich auf den seitens des Unternehmens ***19*** an den jeweiligen Kunden gestellten Rechnungen zumeist der Hinweis "ex work" findet. Auch daraus wird ersichtlich, dass es beim Kunden gelegen war, für die Abholung der Ware Sorge zu tragen und damit deren Versendung zu beauftragen."

Im Besprechungsprogramm sei unter Punkt 1.7. dargestellt, aus welchen Gründen die Betriebsprüfung davon ausgehe, dass es sich um Dreiecksgeschäfte handle. Die von der Bf angeführten Gründe (Behauptungen der Bf; Liefervermerk EXW) seien bereits unter Punkt 1.7.2. auf Seite 32 angeführt, dargestellt und gewürdigt worden. Zur Behauptung der Bf, sie habe nachgewiesen, dass nicht sie die Lieferung veranlasst habe, müsse festgestellt werden, dass dies nicht der Fall sei. Im Gegenteil sei am , also vor mittlerweile beinahe zwei Jahren, der steuerlichen Vertretung eine Excel-Tabelle mit 399 Lieferungen der Bf übermittelt worden. Trotz mehrmaliger Urgenz von Seiten der Behörde sei dazu kein einziges Mal Stellung genommen worden. In diesem Zusammenhang werde auch auf die Zeitschiene unter Punkt 1.1. Allgemeines verwiesen.

b. Seite 4 Mitte:

"Diese Angaben wurden von Frau ***6*** im Zuge deren niederschriftlichen Einvernahme als Zeugin am unter Wahrheitspflicht bestätigt. So hat Frau ***20*** folgendes zu Protokoll gegeben: "Dann wurde bestellt und ein Termin von mir an den Kunden bekannt gegeben. Es wurden der Verladeort und der Verladetermin den Kunden bekannt gegeben, die dann den Transport organisiert haben (Hervorhebung durch den Verfasser). Der Kunde gab uns dann bekannt, mit welchem Fahrzeug er kommen wird, und wir haben dann dieses Kennzeichen dem Lieferanten weiter gemeldet, damit dieser wusste, wer denn abholen kommen wird" (vgl. Niederschrift Seite 2)."

Der hier angeführte Auszug aus der Niederschrift mit der Zeugin sei auch bereits im Besprechungsprogramm unter Punkt 1.8.1. angeführt. Der hier angeführte Satz solle einen anderen Sachverhalt vermitteln als den, der in der Niederschrift festgestellt worden sei. Die Zeugin habe tatsächlich angegeben, dass

  • sie nicht wisse, wie die Bf zu ihren Kunden gekommen sei;

  • sie zu den genauen Umständen der Abholung nichts sagen könne, da sie nicht dabei gewesen sei;

  • sie sich an keine Diskussionen erinnern könne, wer den Transport beauftragt habe.

Ergänzend werde festgestellt, dass die Zeugin keine Angaben dazu habe machen können, wer die Transporte veranlasst habe. Die Organisation eines Transportes (den die Zeugin auch nur vermutet habe) sei für die Beurteilung nicht maßgeblich.

c. Seite 4 untern/Seite 5 oben:

"Die Finanzbehörde muss sich zunächst den Vorwurf gefallen lassen, die entscheidende Frage, wer die Warenbeförderungen beauftragt hat, nicht abschließend ermittelt zu haben. So hatte die Finanzbehörde Einsicht in die gesamte Buchhaltung des Unternehmens ***19*** und hätte damit zumindest eine stichprobenartige Zuordnung allfälliger Warenbeförderungen zum jeweiligen Geschäftsfall erfolgen können und müssen. Darüber hinaus wäre es der Finanzbehörde auch möglich und zumutbar gewesen, sich mit den einigen wenigen großen Lieferanten des Unternehmens ***19*** in Verbindung zu setzen und solcherart die von Frau ***19*** getätigten Aussagen entsprechend zu überprüfen."

Eingewendet werde, dass die Finanzbehörde ihre Ermittlungspflichten nicht erfüllt habe. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass es die Verpflichtung des Unternehmers und nicht der Abgabenbehörde sei, darzulegen, wer den Transport veranlasst habe. Niemand außer dem Unternehmer selbst sei imstande, diese Frage zu beantworten, da die Finanzverwaltung nicht in den ordentlichen Geschäftsablauf der Bf eingebunden sei. Die hier angeführte Argumentation würde in der Praxis bedeuten, dass abgabenrechtliche Prüfungen de facto unmöglich gemacht werden würden, da sich die prüfende Behörde die dem Sachverhalt zugrundeliegenden Unterlagen selbst zu besorgen hätte und die Mitwirkung des geprüften Unternehmens nicht eingefordert werden dürfe. Insbesondere bei Auslandssachverhalten bestehe eine besondere Mitwirkungsverpflichtung der Abgabepflichtigen. Ein weiteres Mal sei darauf hingewiesen, dass trotzdem unter einem enormen zeitlichen Aufwand der Prüfung versucht worden sei, die Umstände zu diesen Fahrten (Lieferungen und Warenbewegungen) und schlussendlich auch die Beauftragung der Versendung zu ermitteln. Auf Punkt 1.1. des Besprechungsprogramms werde verwiesen.

Die angeführte Argumentation gehe an den rechtlichen Grundlagen der §§ 119 und 131 BAO ff vorbei:

§ 119 (1): Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

§ 131 (1): Bücher, die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führen sind oder die ohne gesetzliche Verpflichtung geführt werden, und Aufzeichnungen der in den §§ 126 bis 128 bezeichneten Art dürfen, wenn nicht anderes gesetzlich angeordnet ist, auch im Ausland geführt werden. Derartige Bücher und Aufzeichnungen sind auf Verlangen der Abgabenbehörde innerhalb angemessen festzusetzender Frist in das Inland zu bringen. Den Büchern und Aufzeichnungen zu Grunde zu legende Grundaufzeichnungen sind, wenn sie im Ausland geführt werden, innerhalb angemessener Frist in das Inland zu bringen und im Inland aufzubewahren; diese Verpflichtung entfällt hinsichtlich jener Vorgänge, die einem im Ausland gelegenen Betrieb, einer im Ausland gelegenen Betriebsstätte oder einem im Ausland gelegenen Grundbesitz zuzuordnen sind. Es muss gewährleistet sein, dass auch bei Führung der Bücher und Aufzeichnungen im Ausland die Erforschung der für die Erhebung der Abgaben wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ohne Erschwernisse möglich ist.

Die gemäß den §§ 124, 125 und 126 zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie die ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Bücher sind so zu führen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können. Die einzelnen Geschäftsvorfälle sollen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. (…)

§ 138 (1): Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.

Des Weiteren verwies das Finanzamt auf die im Zusammenhang mit der Ermittlungspflicht der Behörden, der Offenlegungspflicht des Abgabepflichtigen sowie der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen:

EStR Rz 1119: Die amtswegige Ermittlungspflicht stößt dort an Grenzen, wo der Behörde weitere Nachforschungen nicht zugemutet werden können ().

EStR Rz 1120: Der Abgabepflichtige ist gemäß § 138 BAO verpflichtet, in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt seiner Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie deren Richtigkeit unter Beweis zu stellen bzw. glaubhaft zu machen. Handelt es sich um Sachverhalte, die ihre Wurzel im Ausland haben, so erhöht sich die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht des Abgabepflichtigen nach Maßgabe seiner Möglichkeiten in dem Maß, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhalts wegen Fehlens der ihr zur Gebote stehenden Mittel abnimmt (; ; ; ).

EStR 1122: Diese erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten (; ; ; ; ; ; , 91/13/0250) umfasst insbesondere die Beweisvorsorgepflicht (; ) und Beweismittelbeschaffungspflicht (; ). Wer "dunkle Geschäfte" tätigt und das über diesen Geschäften lagernde Dunkel auch nachträglich gegenüber der Abgabenbehörde nicht durch lückenlose Beweisführung erhellen kann, muss das damit verbundenen steuerliche Risiko selbst tragen ().

d. Seite 5 oben:

"Stattdessen negiert die Finanzbehörde Stellungnahmen der Beschwerdeführerin sowie verlässliche Zeugenaussagen und stützt sich vielmehr einzig und allein auf Auskünfte und Unterlagen der rumänischen Firma "***4***". Bemerkenswert ist, dass (…)"

Die Argumentation, dass die Finanzbehörde die Stellungnahmen der Bf und der Zeugin negiere und sich einzig und allein auf den Sachverhalt der ***15*** stütze, gehe an der Sachlage vorbei. Auf die Ausführungen des Besprechungsprogramms in den Punkten 1.1., 1.6., 1.7. und 1.8. werde verwiesen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Bf dieses Besprechungsprogramm zur Kenntnis genommen habe. Sollten die darin angeführten Punkte einer Erklärung bedürfen, werde das Angebot erneuert, diese jederzeit wieder ausführlich zu besprechen.

e. Seite 5 Mitte:

"(…) 386/16, Toridas UAB) widerspricht. Dazu führt die Finanzbehörde auf Seite 36 des Besprechungsprogramms vom an, dass alle bisher vorliegenden Unterlagen darauf hinweisen würden (welche Unterliegen dies sind, wird nicht genannt), dass die Erstlieferanten (…)"

Das sei unzutreffend. Zu verweisen sei auf das Besprechungsprogramm Punkt 1.7.2. und 1.8.3., wo auf die Firma ***7*** hingewiesen werde. Weiter sei auf Seite 833 des Besprechungsprogramms exemplarisch eine solche Bestätigung der Fa. ***7*** beigefügt. Daneben sei festzuhalten, dass die Bf alle diese Bestätigungen auch selbst besitze.

f. Seite 5 Mitte:

"(…) 386/16, Toridas UAB) widerspricht. Dazu führt die Finanzbehörde auf Seite 36 des Besprechungsprogramms vom an, dass alle bisher vorliegenden Unterlagen darauf hinweisen würden (welche Unterliegen dies sind, wird nicht genannt), dass die Erstlieferanten nicht gewusst haben, dass die Waren bereits weiterveräußert wurden.

Wörtlich führt dann die Finanzbehörde folgendes aus: "und dies aus einem ganz einfachen Grund: die Lieferanten waren sich bewusst, dass in so einem Fall ihre Lieferungen an den Abnehmer (Frau ***19***) in den Abgangsstaaten (in diesen Fällen Deutschland, Belgien und Niederlande) steuerbare und steuerpflichtige "ruhende" Lieferungen sind und dann keine "bewegten" innergemeinschaftlichen Lieferungen vorliegen würden." Diese Ausführungen zeigen abermals, dass die Finanzbehörde lediglich Vermutungen anstellt und sich sogar zu Feststellungen über den (der Behörde aber gänzlich unbekannten) Wissensstand ausländischer Lieferanten hinreißen lässt. Richtigerweise ist bei vorliegenden Sachverhalten hingegen in der Regel davon auszugehen, dass die Erstlieferanten etwa aus Transportpapieren regelmäßig darauf schließen können, dass die Waren in einen anderen Mitgliedstaat gelangen, der nicht mit dem Mitgliedstaat, in welchem der Erwerber (in diesem Fall Frau ***19***) ansässig ist, übereinstimmt. Diesfalls muss der Erstlieferant wohl regelmäßig davon ausgehen, dass die Ware eben bereits weiterveräußert wurde (so ausdrücklich z.B. Mayr, Zuordnung der bewegten Lieferung und Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, SWK 30/2017, 1277). Der von der Finanzbehörde aufgrund bloßer Vermutungen unterstellte Sachverhalt ist daher insgesamt auch lebensfremd."

Die Argumentation der Bf sei, wie oben dargestellt und aus der Beschwerde zum Sicherstellungsauftrag ersichtlich, dahingehend, dass

  • die unbedingt erforderlichen und nur von ihr beizubringenden Unterlagen und Informationen von ihr nicht beigebracht würden, sondern von der Finanzverwaltung verlangt werde, sich diese selbst zu besorgen (siehe auch Punkt c);

  • die Versuche der Finanzverwaltung, die Lieferungen nachzukonstruieren, negiert und keine Versuche unternommen würden, diese detailliert aufzuklären;

  • die wenigen der Finanzverwaltung vorliegenden Dokumente, die Aufschluss über die Lieferungen geben würden (Bestätigungen über die Abholfälle bei der Fa. ***7***), ebenfalls negiert würden;

  • im Gegenzug aber der Finanzverwaltung vorgeworfen werde, Vermutungen anzustellen, obwohl die mangelnde Mitwirkung der Bf diese Vermutungen erst notwendig gemacht habe.

Dazu sei oben auf Punkt c zu verweisen. Würden der Abgabenbehörde Unterlagen vorenthalten, habe diese in freier Beweiswürdigung zu entscheiden. Die Umstände, wie die Abgabenbehörde zu ihren Schlussfolgerungen bezüglich des angeführten Sachverhaltes rund um die EuGH-Entscheidung Toridas gelangt sei, sei Punkt 1.8.3. des Besprechungsprogramms zu entnehmen. Dass der Grund für die Erstellung der Bestätigung in Abholfällen bei der Firma ***7*** die Absicherung gegenüber dem Abnehmer sei und gewesen sei, sei auf Grund der Sachlage nicht vermutet worden, sondern ergebe sich klar aus der Gesetzeslage und der Textierung der Abholbestätigung (siehe Seite 833 des Besprechungsprogramms).

g. Seite 5 Mitte:

"Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass die Finanzbehörde - wie sie selbst ausführt - zwar nicht mehr feststellen konnte, ob der für die Entstehung des Abgabenanspruchs im konkreten Fall maßgebliche Tatbestand überhaupt (in Österreich) verwirklicht wurde. In "freier Beweiswürdigung" hat sich die Finanzbehörde in weiterer Folge jedoch auf höchst zweifelhafte Auskünfte aus rumänischen Quellen - ohne diese näher zu hinterfragen - verlassen, deren Richtigkeit ausdrücklich bestritten wird und hinsichtlich derer auch strafrechtliche Verfahren in Rumänien bereits anhängig sind.

Es mutet doch einigermaßen befremdlich an, einen derart massiven Eingriff in die Vermögensrechte der Beschwerdeführerin in genannter Höhe (nahezu ausschließlich) auf derart zweifelhafte Quellen zu stützen. Einen Sicherstellungsauftrag vermag eine derartige Vorgehensweise jedenfalls nicht zu tragen und wird dieser daher ersatzlos zu beheben sein."

Dazu werde folgendes ausgeführt:

  • Die freie Beweiswürdigung sei gerade in Fällen von fehlenden Informationen und Unterlagen die einzige Möglichkeit, einen Sachverhalt abgabenrechtlich zu würdigen.

  • Die angeführte "höchst zweifelhafte" Auskunft aus Rumänien sei nur ein Teilaspekt in diesem Besprechungsprogramm (siehe Punkt 1.6.3.).

  • Der Sicherstellungsauftrag stütze sich nicht auf zweifelhafte rumänische Quellen, sondern auf die eigene Abgabenerklärung der Bf, in der sie selbst Dreiecksgeschäfte erkläre. Sie behaupte, dass diese entgegen ihrer eigenen Erklärung nicht mehr zutreffend seien, lege aber keine Beweise vor, die belegen würden, dass jemand anderer die Transporte veranlasst habe. Stattdessen werde von der Behörde verlangt, diesen Beweis zu erbringen. Diesen Beweis habe aber der Unternehmer zu erbringen, und auch nur dieser könne diesen Beweis erbringen.

  • Im Übrigen weiche die Abgabenbehörde in der Sachverhaltsdarstellung im Sicherstellungsauftrag nicht von der Erklärung der Bf ab, sondern treffe lediglich die Feststellung, dass sie ihre Sorgfaltspflichten im Sinne des Art. 7 Abs. 4 UStG verletzt habe und deswegen die Lieferungen nach Rumänien nicht als besteuert gelten würden.

Als Beilage fügte die Abgabenbehörde eine "weitere exemplarische Bestätigung Nachweis Abholfall ***7***" an.

Im Vorlageantrag vom verwies die Bf durch ihre steuerliche Vertreterin eingangs auf ihre Beschwerdeausführungen.

Zu den Ausführungen zur Gefährdung bzw. Erschwerung der Abgabeneinbringung in der Beschwerdevorentscheidung brachte sie ergänzend vor, dass auch die nunmehrigen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung kaum Neues und wenig Konkretes brächten. In der Bescheidbeschwerde seien insbesondere jene Umstände angeführt worden, die entsprechend der herrschenden Literatur eine Gefährdung bzw. erschwerte Einbringlichkeit indizierten. Keiner dieser Umstände liege hier vor, worauf das Finanzamt mit keinem Wort eingehe.

Aus der Beschwerdevorentscheidung ergebe sich, dass das Einzelunternehmen der Bf ein buchmäßiges negatives Eigenkapital in etwa derselben Höhe wie bereits am habe. Das negative buchmäßige Eigenkapital habe sich daher in den letzten zweieinhalb Jahren kaum verändert. Nachdem - wie dem Finanzamt zwischenzeitig mitgeteilt und nachgewiesen worden sei - das Einzelunternehmen der Bf mit Gewinn wirtschafte, bedeute dies schlicht und ergreifend, dass die erwirtschafteten Gewinne entnommen worden seien.

Im Vergleich zu den Feststellungen im Sicherstellungsauftrag, wonach auf die Einkommensteuererklärung 2016 und demzufolge auf Bankverbindlichkeiten iHv 241.000,00 € abgestellt worden sei, sei die Situation tatsächlich so, dass diese Bankverbindlichkeiten Ende 2018 nur noch rund 214.000,00 € betragen würden. Das bedeute, dass die Bf neben dem Zinsendienst auch signifikante Tilgungen dieser Kredite getätigt habe.

Zum Verkehrswert des Privatgrundstücks werde in der Beschwerdevorentscheidung lediglich festgehalten, dass bei einem Not- oder Zwangsverkauf der geschätzte Verkehrswert nicht erzielt werden könne. Fraglich sei aber, weshalb die Bf zur Bestreitung der sich möglicherweise ergebenden Abgabenbelastung einen derartigen Zwangsverkauf durchführen müsste. Denkbar wäre etwa auch eine Finanzierung über Bankkredite, zumal die Liegenschaft der Bf bereits in der Vergangenheit bis zu einem Betrag von 320.000,00 € hypothekarisch belastet gewesen sei. Denkbar wäre auch eine nur zwischenzeitige Überbrückungsfinanzierung, sodass die Bf zur Bestreitung der Abgabenlast eben nicht auf einen Zwangsverkauf angewiesen wäre.

Die Finanzbehörde betrachte auch das negative Eigenkapital des Einzelunternehmens offenbar wie eine Kreditschuld gegenüber einer Bank, indem dieses negative Eigenkapital wie die aktuell aushaftenden Kredite vom Verkehrswert des Privatgrundstückes abgezogen werde. Diese Überlegung sei nicht nachvollziehbar, da de facto derzeit keine Verpflichtung bestehe, dass die Bf das negative Eigenkapital auch tatsächlich auffüllen müsse. Entsprechendes gelte für die derzeit aushaftenden Kredite, da diese selbstverständlich nicht sofort oder zur Gänze kurzfristig fällig seien.

Berücksichtige man den Umstand, dass das Einzelunternehmen mit Gewinn wirtschafte, die Bf bisher allen abgabenrechtlichen und sonstigen Verpflichtungen, insbesondere gegenüber Banken, stets fristgerecht nachgekommen sei, die derzeit aushaftenden Kredite zudem nicht kurzfristig fällig würden und hinsichtlich des negativen buchmäßigen Eigenkapitals überhaupt keine Verpflichtung zur Auffüllung ersichtlich sei, so lasse sich schon aus den bisherigen spärlichen Sachverhaltsfeststellungen der Finanzbehörde erkennen, dass die Bf sehr wohl in der Lage wäre, die drohende Abgabenbelastung zu bestreiten. Nochmals sei betont, dass insbesondere von den in der Literatur herausgearbeiteten Umständen, die letztlich den durchaus schwerwiegenden Eingriff einer Sicherstellung rechtfertigten, hier kein einziger vorliege.

Die Bf beantrage, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen, und dieses möge eine mündliche Verhandlung anberaumen.

Mit Schreiben vom stellte die Bf einen Fristsetzungsantrag.

Am wurde die mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Bf und ihres Vertreters sowie des Finanzamtsvertreters durchgeführt.

Der Parteienvertreter bestritt, dass die Bf wusste oder wissen hätte müssen, dass sie in Umsatzsteuerbetrug involviert gewesen sei. Sie habe stets die UID ihrer Kunden überprüft, und diese hätten ihre Zahlungen über österreichische Bankinstitute getätigt. In Rumänien habe es ein Verplombungssystem gegeben, wobei die Lieferungen an der Grenze verplombt worden seien und eine Öffnung erst vor Ort bei den Kunden durch den rumänischen Zoll erfolgt sei. Auch Lieferungen an in Büro- oder Wohnbauten ansässige Unternehmen habe der rumänische Zoll nicht beanstandet, weshalb auch die Bf davon ausgehen durfte, dass alles in Ordnung sei.

Zu einem weiteren strittigen Punkt, wer nämlich die Beförderungsleistungen in Auftrag gegeben habe, habe Frau ***6***, eine Angestellte der Bf, bestätigt, dass die Kunden die Waren abgeholt hätten. Da die Bf nicht sehr viele Lieferanten gehabt habe, sei der Behörde vorzuwerfen, bei diesen Lieferanten nicht nachgefragt zu haben.

Gegen das rumänische Speditionsunternehmen ***8***, gegen das die Bf eine Strafanzeige eingebracht habe, weil sie dieses Unternehmen nie beauftragt habe und zu diesem Unternehmen keinen Kontakt gehabt habe, würden noch Ermittlungen geführt.

Der Finanzamtsvertreter hielt dagegen, dass ein sehr aufwendiges Prüfungsverfahren durchgeführt und nach allen Richtungen ermittelt worden sei.

Nach den offengelegten Einkommens- und Vermögensverhältnissen sei überdies von einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben auszugehen.

Zu den im Zeitpunkt des Sicherstellungsauftrages bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen erstattete die Bf kein weiteres Vorbringen mit Ausnahme des Umstandes, dass es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Kredit in Höhe von 50.000,00 € um einen Betriebsmittelkredit handle.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen, dem Vorbringen der Parteienvertreterin und den Finanzamtsdatenbanken, insbesondere dem nach dem Vorlagebericht verfassten Abschlussbericht vom , welcher den wiederaufgenommenen Sachbescheiden vom in elektronischer Form beigefügt war.

Rechtslage:

Nach § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld (lit. a), die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt (lit. b), den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann (lit. c) sowie die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden (lit. d) zu enthalten.

Nach § 233 Abs. 1 BAO ist der Sicherstellungsauftrag Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren.

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, kann die Abgabenbehörde daher nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen.

Eine Sicherstellung ist kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grund nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind.

Das Ziel des Sicherungsverfahrens besteht darin, dem Abgabengläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststeht, er aber noch nicht realisierbar ist, wegen Drohung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgebend ist (Ritz, BAO6, § 232 Tz 1).

Im Beschwerdeverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH allein zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Einbringung gegeben sind (). Zu prüfen ist somit nicht, ob die diesbezüglichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung noch vorliegen. Auch im Beschwerdeverfahren ist aber auf der Behörde bzw. dem Gericht zur Kenntnis gelangte neue Tatsachen und Beweise Bedacht zu nehmen, soweit sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages objektiv gegeben waren ().

Nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages eingetretene Umstände sind im Rahmen der Rechtsmittelentscheidung nicht zu berücksichtigen (Ritz, BAO6, § 232 Tz 11).

Dem § 270 BAO zufolge hat das Bundesfinanzgericht daher auch bei Beurteilung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung auf die Umstände, insbesondere auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, abzustellen, wie sie bis zur Erlassung des Sicherstellungsauftrages gegeben waren.

Für die Entstehung des Abgabenanspruchs müssen gewichtige Anhaltspunkte vorliegen. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist jedoch in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden (); die Beantwortung dieser Frage bleibt dem Abgabenfestsetzungsverfahren vorbehalten.

Dabei muss zwar nicht das genaue Ausmaß der Abgabenschuld ermittelt und dem Sicherstellungsauftrag zugrunde gelegt werden, doch müssen entsprechende Tatsachen (Sachverhalte) ermittelt und angeführt werden, aus denen fundiert auf die Höhe der Abgabe, die sicherzustellen beabsichtigt ist, geschlossen werden kann. Eine begründet angenommene Schätzungsgröße reicht aus ().

Nach der Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Ergeben sich im Zuge von Außenprüfungen Nachforderungen von Selbstberechnungsabgaben (z.B. Umsatzsteuer), so besteht die Möglichkeit, trotz der in der Vergangenheit liegenden Fälligkeit vor Bescheiderlassung mit Sicherstellungsauftrag vorzugehen, weil die Vollstreckbarkeit (§ 226) noch nicht eingetreten ist.

Gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 entsteht der Abgabenanspruch bei der Umsatzsteuer im Fall der Sollbesteuerung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Nach lit. b entsteht der Abgabenanspruch im Fall der Istbesteuerung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist.

Da § 232 BAO primär auf den Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung (im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG 1994) anknüpft, ist bei der Umsatzsteuer die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages bereits ab dem Zeitpunkt der erbrachten Lieferung bzw. Leistung und nicht erst ab Entstehung der Umsatzsteuerschuld möglich (Ritz, BAO6, § 232 Tz 3).

Bei der zu veranlagenden Einkommensteuer entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Von einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Ob von einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabe auszugehen ist, wird zumeist nur unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei zu beurteilen sein. Im Übrigen können insbesondere ein drohendes Insolvenzverfahren, Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverbringung ins Ausland, verschwenderisches Verhalten, Vorhaben einer weitgehenden Vermögensbelastung oder Vermögensentäußerung sowie Vermögensverschleppungen oder -verschiebungen die Annahme einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung begründet erscheinen lassen [Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 232 Anm 29 (Stand , rdb.at)].

Auch der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung oder schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenpflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen eine Maßnahme nach § 232 BAO.

Der bloße Verdacht einer Abgabenhinterziehung reicht aber für einen Sicherstellungsauftrag ebenso wenig aus wie (bloße) Mängel der Buchführung; die Frage einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben kann auch diesfalls nicht getrennt von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Partei betrachtet werden (). Ob daher eine solche Gefährdung vorliegt, ist durch Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des zur Begleichung der Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens zu beurteilen.

Eine Gefährdung der Einbringlichkeit ist daher bereits dann zu erblicken, wenn der zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages zu erwartenden Steuernachforderung kein ausreichendes laufendes Einkommen oder Vermögen zur Abdeckung der Steuerschulden gegenübersteht.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liegt im Ermessen der Behörde.

Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - wenn keinerlei Besicherungsmöglichkeiten bestehen, bei Geringfügigkeit der Abgabenschuld oder bei Geringfügigkeit der zu erlangenden Sicherheit - wird von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen sein [Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 232 E 71 (Stand , rdb.at); Ritz, BAO6, § 232 Tz 1].

Dass die Durchführung des Sicherstellungsauftrages die Kreditfähigkeit der Partei gefährdet, ist eine Frage, die für die Zulässigkeit eines Sicherstellungsauftrages rechtlich unerheblich ist ().

Die maßgeblichen Bestimmungen des UStG 1994 lauten:

Lieferung

§ 3 (7) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 34/2010: Eine Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.

(8) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert oder versendet, so gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Versenden liegt vor, wenn der Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter befördert oder eine solche Beförderung durch einen Spediteur besorgt wird. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstandes an den Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter.

Mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007 (BGBl. I Nr. 99/2007) wurde in § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entfällt, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

Nach den Materialien hatte die Vorschrift im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung klarstellenden Charakter (RV 270 BlgNR XXIII. GP, 13).

Mit dem StRefG 2015/16, BGBl. I Nr. 118/2015, wurde die Regelung unverändert in Abs. 14 überführt (Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 92).

Die Erläuterungen zum StRefG 2015/16 (RV 684 BlgNR XXV. GP, 31) nehmen Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH (verbundene Rechtssachen C-131/13, C-163/13 und C-164/13, Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti u.a.; vgl. auch Rs C-285/09, "R"), wonach nationale Behörden und Gerichte einem Unternehmer im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung das Recht auf Vorsteuerabzug, auf Mehrwertsteuerbefreiung oder auf Mehrwertsteuererstattung versagen müssen, sofern anhand objektiver Umstände nachgewiesen ist, dass dieser Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich durch den Umsatz, auf den er sich zur Begründung des betreffenden Rechts beruft, an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung beteiligt hat. Dies gilt auch, wenn das nationale Recht keine Bestimmungen enthält, die eine solche Versagung vorsehen.

Nach dem Urteil des EUGH vom in den verbundenen Rechtssachen C-131/13, C-163/13 und C-164/13, Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti vof, ist die 6. MwSt-RL dahin auszulegen, dass die nationalen Behörden und Gerichte einem Steuerpflichtigen im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung das Recht auf Vorsteuerabzug, auf Mehrwertsteuerbefreiung oder auf Mehrwertsteuererstattung versagen müssen, auch wenn das nationale Recht keine Bestimmungen enthält, die eine solche Versagung vorsehen, sofern anhand objektiver Umstände nachgewiesen ist, dass dieser Steuerpflichtige wusste oder wissen hätte müssen, dass er sich durch den Umsatz, auf den er sich zur Begründung des betreffenden Rechts beruft, an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung beteiligt hat.

Die 6. MwSt-RL ist dahin auszulegen, dass einem Steuerpflichtigen, der wusste oder wissen hätte müssen, dass er sich durch den Umsatz, auf den er sich zur Begründung von Rechten auf Vorsteuerabzug, auf Mehrwertsteuerbefreiung oder auf Mehrwertsteuererstattung beruft, an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung beteiligt hat, diese Rechte ungeachtet der Tatsache versagt werden können, dass die Steuerhinterziehung in einem anderen Mitgliedstaat als dem begangen wurde, in dem diese Rechte beansprucht werden, und dass der Steuerpflichtige in letzterem Mitgliedstaat die in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen formalen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Rechte erfüllt hat.

Bereits im Urteil vom , Rs C-439/04 und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling, Rn 54 ff, hielt der EuGH fest, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen ist, dass die betroffene Partei den betrügerischen Zweck weder kannte noch kennen konnte. Wirtschaftsteilnehmer müssen alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen sind.

Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

Art. 3 (8) UStG 1994 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 112/2012): Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.

Steuerbefreiungen

Art. 6 (1) UStG 1994: Steuerfrei sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7). Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass die betreffende Lieferung im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht.

Innergemeinschaftliche Lieferung

Art. 7 (4) UStG 1994: Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten.

Zur Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen stellte der VwGH fest, dass der inländische Lieferer den Nachweis zu erbringen habe, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach Art. 7 UStG 1994 vorliegen ().

Die Frage des Gutglaubensschutzes nach Art. 7 Abs. 4 UStG 1994 stellt sich erst dann, wenn der Unternehmer seine Nachweispflichten erfüllt hat (-G/09, mit Verweis auf BFH , V R 26/05).

Dreiecksgeschäft

Art. 25 (1) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:

Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

(2): Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, dass ein Dreiecksgeschäft vorliegt und dass er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.

(3): Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:

a) Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfasst;

b) der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfasst ist;

c) die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfasst wird;

d) die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;

e) die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.

(Abs. 4 regelt die Rechnungsausstellung durch den Erwerber)

(5): Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.

Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anträge zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, genügt die Glaubhaftmachung.

Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafürsprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (Ritz, BAO6, § 138 Tz 5 sowie die dort angeführte Judikatur).

Bei ungewöhnlichen Verhältnissen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder bei Behauptungen, die mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen, besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht (Ritz, BAO6, § 115 Tz 13).

Eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei ergibt sich nach der Rechtsprechung auch dann, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben.

Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden besteht innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes und korrespondiert mit der Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht der Partei.

Können Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden, trifft die Beweislast diejenige Seite, zu deren Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen, der Abgabepflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen u.ä. begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder die gesetzliche Vermutung widerlegen (Doralt/Ruppe, Steuerrecht II3 (1996), 238).

Nach dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, aaO, § 167 Tz 8, mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung).

Erwägungen:

Die Begründung eines Sicherstellungsauftrages muss erkennen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde annimmt, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach entstanden ist, welche Umstände für die Entscheidung betreffend die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld maßgebend sind und aus welchen Gründen sich die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgaben ergibt.

Wie im Folgenden erläutert, entspricht der angefochtene Sicherstellungsauftrag diesen Anforderungen.

Nach umfangreichen, behörden- und länderübergreifenden Ermittlungen, die mehrere Jahre in Anspruch nahmen, lagen aufgrund nachstehender Prüfungsfeststellungen entgegen der Ansicht der Bf gewichtige Anhaltspunkte für die

Entstehung des Abgabenanspruchs vor:

Am sandte die Staatsanwaltschaft Bukarest ein internationales Rechtshilfeersuchen in Strafsachen an die zuständigen österreichischen Behörden, aus dem hervorging, dass die in Punkt 1.2.1. des Besprechungsprogramms vom genannten Unternehmen in Rumänien in massiven Umsatzsteuerbetrug involviert waren. Diese Unternehmen standen auch mit der Bf in Geschäftsbeziehung.

Der in den geprüften Zeiträumen hohe Umsatzsteuersatz auf Lebensmittel in Rumänien und Bulgarien (20 % und höher) machte nach Ansicht der Prüfer eine Umsatzsteuerhinterziehung in diesem Bereich lukrativ.

Im vorliegenden Fall wurden Lebensmittel, vor allem Fleisch, aus Deutschland, Holland und Belgien an das österreichische Unternehmen der Bf geliefert, welches diese Waren wiederum an verschiedene Unternehmen in Bulgarien und Rumänien weiterveräußerte (Punkt 1.2.2. des Besprechungsprogramms).

Aufgrund von festgestellten Lieferungen der Bf an Unternehmen in Rumänien, die nach Mitteilung der rumänischen Strafverfolgungsbehörden direkt in den Umsatzsteuerbetrug verwickelt waren, wurde im Mai 2016 die Steuerfahndung zur offenen Außenprüfung zugezogen (Punkt 1.1. des Besprechungsprogramms).

Nachstehende Auffälligkeiten führten zur Überzeugung der Prüfer, dass die Bf hätte erkennen müssen, dass sie in Betrugskreisläufe lieferte, die durch Mitteilungen der rumänischen Staatsanwaltschaft nachgewiesen waren:

  • Innerhalb eines kurzen Zeitraums trat der immer gleiche Personenkreis mit immer neuen Firmen auf; alle Firmen wurden von derselben Person oder derselben Personengruppe geleitet, was eindeutig aus der geschlossenen E-Mail-Kette hervorging. Fast alle Firmen waren durch die verwendeten E-Mail-Adressen miteinander verknüpft; jene, die nicht über die E-Mail-Adressen verknüpft waren, waren über Schuldübernahmen oder Domiziladressen miteinander verknüpft;

  • bei den Korrespondenzen tauchte immer wieder der Name "***9***" auf, der nach den Ermittlungen der Prüfer ***10*** zuzuordnen war, die im Rechtshilfeersuchen aus Rumänien als Beschuldigte geführt wurde;

  • durch die E-Mail-Kette wurde ein Großteil der Unternehmen von ***10*** zumindest disponiert;

  • die in Punkt 1.2.1. des Besprechungsprogramms angeführten 15 Firmen waren in Rumänien wegen Abgabenhinterziehung ebenso angeklagt wie ***10*** wegen der hier genannten Firmen;

  • zwischen auf dem Papier fremden Firmen kam es zu nicht nachvollziehbaren Schuldübernahmen;

  • Verbindlichkeiten oder Forderungen an Kunden wurden einfach auf Nachfolgefirmen umgeschrieben, womit nach Ansicht der Prüfer das Wissen der Bf dokumentiert war, dass diese Unternehmen miteinander verbunden waren;

  • die Firmen befanden sich großteils an Briefkastenadressen;

  • immer wieder tauchten dieselben Adressen auf;

  • die Firmen hatten überwiegend andere Geschäftsfelder als den des Großhandels mit Nahrungsmitteln;

  • diese Firmen tätigten mit der Bf in kurzer Zeit erhebliche Umsätze, traten aber nach einem kurzen Zeitraum nie wieder als Kunden in Erscheinung, sondern orderten Lieferungen über die nächste Betrugsfirma;

  • die Bf akzeptierte eine Vielzahl von nicht üblichen Modalitäten rund um diese Lieferungen, die nach Meinung der Prüfer nur dadurch Sinn ergaben, wenn die Bf um die realen Machthaber in diesen Betrugsfirmen wusste, diese Umstände aber zumindest in Kauf nahm;

  • die Bf setzte sich auch sonst nicht näher mit ihren Abnehmern auseinander und ließ dabei die ihr obliegenden kaufmännischen Sorgfaltspflichten außer Acht.

Diese für ein "Wissen" oder "Wissen müssen" sprechenden Umstände fassten die Prüfer im Wesentlichen in den Punkten 2. des Abschlussberichts vom sowie in den Punkten 1.4., 1.5., 1.6.1. und 1.6.4. des Besprechungsprogramms zusammen.

In Punkt 1.5. des Besprechungsprogramms listeten die Prüfer die zu den einzelnen, von den rumänischen Behörden als betrügerisch eingestuften Firmen festgestellten Auffälligkeiten auf.

Die Bf habe immer wieder an dieselben Personen geliefert, ohne dabei mit den Geschäftsführern Kontakt aufzunehmen. Sie habe nicht überprüft, ob diese Personen überhaupt für die jeweiligen Firmen handlungsbefugt waren, sondern habe eine E-Mail über Yahoo- oder GMail-Server akzeptiert.

Einen ordentlichen und gewissenhaften Kaufmann hätten die angeführten Auffälligkeiten dazu veranlasst, Nachforschungen anzustellen. Er hätte nicht hingenommen, dass über dieselbe E-Mail-Adresse eine Firma nach der anderen mit ihm in Geschäftskontakt tritt und die E-Mails nur mit "***9***" gezeichnet sind. Er hätte sich davon überzeugt, dass die handelnden Personen auch tatsächlich für ihr Unternehmen vertretungsbefugt sind und hätte Gespräche mit den vertretungsbefugten Personen gesucht. Besonders bei einem Erstkontakt mit einer ausländischen Kapitalgesellschaft gehe ein ordentlicher Kaufmann ein enormes Risiko ein, wenn es zu keinem Kontakt zum Geschäftsführer komme. Ein ordentlicher Kaufmann hätte sich auch gefragt, warum eine fremde Kapitalgesellschaft die Schulden einer anderen Kapitalgesellschaft übernimmt und hätte überprüft, ob es sich beim Firmenstandort um eine Firmenadresse oder nur um eine Wohnung oder Briefkastenadresse handelt (Punkt 1.4. des Besprechungsprogramms).

Maßstab für einen "ordentlichen und gewissenhaften" Kaufmann sind nicht die persönlichen Eigenschaften, Gewohnheiten und Kenntnisse des Unternehmers; anzulegen ist vielmehr ein objektiver Maßstab.

Da die Bf zu einer Mehrzahl von Unternehmen, die in Umsatzsteuerbetrug involviert waren, Geschäftsbeziehungen unterhielt und auf die aufgezeigten, unübersehbaren Auffälligkeiten, die zu Zweifeln Anlass geboten hätten, nicht reagierte, lagen ausreichende Verdachtsgründe vor, dass die Bf zumindest "hätte wissen müssen" (bzw. laut Prüfungsfeststellungen sogar "wusste"), dass es sich bei ihren Kunden um Betrugsfirmen handelte und die Lieferungen im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen standen.

Dass die Bf, wie sie in der mündlichen Verhandlung einwandte, die UID ihrer Kunden überprüfte, war unter diesen Umständen nicht ausreichend. Ebenso wenig durfte die Bf die vorgebrachte Versiegelung von Güterbeförderungen, deren nähere Ausgestaltung nicht erläutert wurde, zum Anlass nehmen, die o.a. Auffälligkeiten zu ignorieren.

Sämtliche Umsätze an die in Punkt 1.2.1. des Besprechungsprogramms angeführten Unternehmen meldete die Bf als Lieferungen im Rahmen von Dreiecksgeschäften. Obwohl die rumänischen Behörden, dokumentiert durch umfangreiches Belegmaterial, bestätigten, dass die Leistungen wie im MIAS gemeldet stattgefunden hätten, gab die Bf gegenüber den Prüfern an, nicht mehr genau zu wissen, bei welchen Lieferungen sie selbst habe transportieren lassen und bei welchen Lieferungen die Kunden selbst abgeholt hätten (Punkt 1.6.2. des Besprechungsprogramms).

Da die Bf Eingangs-, Ausgangs- und Transportrechnungen getrennt abgelegt hatte, war es den Prüfern nicht möglich, diese in einen Zusammenhang zu bringen und, da keine aussagekräftigen Unterlagen vorlagen, de facto auch unmöglich, den jeweiligen Ort der Lieferung festzustellen (Punkte 1.6.4. und 2.1. des Besprechungsprogramms).

Die Bf kam den mehrfachen Aufforderungen, darzulegen, welche Einkäufe welchen Verkäufen zuzuordnen waren, welche Transportmittel verwendet wurden und wer den Transport auf welche Weise veranlasst hatte, nicht nach. Eine Excel-Datei mit 399 Lieferungen, zu denen die Bf Auskunft geben sollte, wer die Versendung durchgeführt habe und aus welchen Dokumenten dies hervorgehe, gab sie unbearbeitet an die Prüfer zurück (Punkt 2.1. des Besprechungsprogramms).

Nach Ansicht der Prüfer ergaben sich für das Vorliegen von Reihengeschäften, auf die allenfalls Art. 25 UStG 1994 anwendbar war, insbesondere folgende Hinweise:

  • Die Erklärung der Bf;

  • das Nichtvorliegen einer Umsatzsteuerberichtigung;

  • Formulare der Fa. ***7***, auf denen sich diese bei jedem Geschäftsfall vom Abholer bestätigen ließ, dass sie "im Namen des Kunden" (also der Bf) und "nicht im Namen des Kunden des Kunden" (also der rumänischen Firmen) abholte;

  • nachgewiesene Transportleistungen, die nicht im Rechenwerk erfasst waren und die belegten, dass die Bf die Transporte beauftragt hatte;

  • die im Detail in Punkt 1.6.3. dargestellte Lieferung betreffend die Fa. ***16***, bei welcher die Bf die Beförderung veranlasst hatte;

  • Meldungen des Transportunternehmens ***16*** über sonstige Leistungen an die Bf im MIAS sowie entsprechende Bestätigungen der rumänischen Steuerverwaltung.

Dem gegenüber sprachen nachstehende Hinweise für Reihengeschäfte, auf die Art. 25 UStG 1994 allenfalls nicht anwendbar war:

  • Die Behauptung der Bf;

  • der Vermerk EXW auf den Rechnungen sowie

  • die Aussage der nicht in diese Entscheidungen involvierten Mitarbeiterin, Frau ***20***.

Zur Firma ***8*** hielten die Prüfer in Punkt 3b) des Abschlussberichtes fest, dass die Bf Leistungen von diesem Unternehmen bestritten habe, während die Fa. ***8*** bestätigt habe, Leistungen an die Bf erbracht zu haben. Weshalb die Fa. ***8*** Rechnungen gefälscht haben sollte, war für die Prüfer nicht nachvollziehbar. Die diesbezüglich verbleibenden Unklarheiten waren aber nach Ansicht der Prüfer nicht geeignet, an der insgesamt vorzunehmenden Beurteilung etwas zu ändern.

Die Bf vertrat im Ergebnis den Standpunkt, dass auf die Reihengeschäfte, an denen sie beteiligt war, die Dreiecksgeschäfteregelung nicht anwendbar war, weil es sich bei den Lieferungen an sie nicht um die "bewegten", sondern um die "ruhenden" Lieferungen gehandelt habe. Durch ihr Auftreten unter ihrer österreichischen UID liege mangels innergemeinschaftlicher Lieferung an sie ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 nicht vor.

Die Bf behauptete, dass ihre Kunden die Waren direkt bei den Erstlieferanten abgeholt hätten und deswegen die innergemeinschaftlichen Erwerbe aufgrund der Verwendung der österreichischen UID in Österreich zu verneinen seien.

Da die Bf dafür keinen Nachweis erbringen konnte und die Prüfer bei keiner einzigen Fahrt feststellen konnten, dass jemand anderer den Beförderungsauftrag erteilt hatte, war die in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung, dass entsprechend den ursprünglichen Erklärungen der Bf Dreiecksgeschäfte gemäß Art. 25 UStG 1994 vorlagen, nicht zu beanstanden.

Aufgrund von Lieferungen an nachweislich in Umsatzsteuerbetrug verwickelte Unternehmen, des Nichtbeachtens der o.a. Auffälligkeiten und des völligen Fehlens von eindeutigen, leicht überprüfbaren Nachweisen für die Behauptungen der Bf gingen die Prüfer zu Recht davon aus, dass die Bf im Zusammenwirken mit den handelnden Personen in Rumänien Umsatzsteuer hinterzogen habe und die sich aus Art. 25 Abs. 2 iVm Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 ergebende Begünstigungsvorschrift, dass die durch Verwendung der österreichischen UID bewirkten innergemeinschaftlichen Erwerbe als besteuert gelten würden, in den Fällen der Lieferungen der Bf an die genannten 17 Unternehmen nicht zur Anwendung kommen könne (Punkt 1.7.5. des Besprechungsprogramms).

Sowohl bei gegebener Kenntnis als auch bei vorwerfbarer Unkenntnis von der Einbindung in einen Umsatzsteuerbetrug tritt als Rechtsfolge ein, dass - selbst bei grundsätzlichem Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen - die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenso zu versagen ist wie der Vorsteuerabzug. Das gilt insbesondere auch, wenn ein Umsatzsteuerbetrug einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

Das hatte im konkreten Fall zur Konsequenz, dass die Umsätze der Jahre 2012 bis 2014 an 15 rumänische Unternehmen, die laut Staatsanwaltschaft Bukarest in massiven Umsatzsteuerbetrug involviert waren, sowie an zwei weitere Unternehmen, die aufgrund von Schuldübernahmen von einer der 15 Unternehmen mit diesem Umsatzsteuerbetrug in Verbindung stehen mussten, der Umsatzsteuer unterworfen wurden und die auf diese Umsätze entfallende Erwerbsteuer nachgefordert wurde.

Vor dem Hintergrund dieser Prüferfeststellungen lagen daher gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung der Abgabenschuld betreffend Umsatzsteuer vor.

Zur Nichtanerkennung der Provisionszahlungen an rumänische Unternehmen, welche die Bf als betrieblichen Aufwand verbucht hatte, war auf Punkt 3 des Besprechungsprogramms zu verweisen. Demnach war die UID der rumänischen Unternehmen teilweise nicht mehr gültig, weshalb die Prüfer davon ausgingen, dass die betreffenden Unternehmen nicht mehr existierten. Darüber hinaus monierten die Prüfer das Fehlen exakter Leistungsbeschreibungen, die nach der Judikatur insbesondere dann erforderlich sind, wenn Zahlungen für die Erbringung schwer fassbarer Leistungen wie Kontaktvermittlung, Know-how-Überlassung, Bemühungen, u.ä. behauptet werden.

Infolge Nichtanerkennung von Provisionszahlungen sowie von Handtaschen von Louis Vuitton und Prada als Betriebs- und Geschäftsausstattung und einer pauschalen Kürzung der betrieblich geltend gemachten Reise- und Fahrtspesen als privat veranlasst (Punkte 3, 4 und 6 des Besprechungsprogramms) ergaben sich auch ausreichende Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruchs betreffend Einkommensteuer

Ob diese Abgabenansprüche tatsächlich entstanden sind, war aber im Beschwerdeverfahren gegen den Sicherstellungsauftrag nicht zu entscheiden.

Auch die Höhe der voraussichtlichen Abgabenansprüche stellte die Abgabenbehörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides schlüssig und nachvollziehbar dar.

Am wurden in den wiederaufgenommenen Verfahren die neuen Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 und hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014 der Erstbescheid erlassen. Die sich in diesen Bescheiden ergebenden Abgabennachforderungen entsprechen exakt denen im Spruch des bekämpften Sicherstellungsauftrages.

Diese Bescheide wurden ebenfalls mit Beschwerde angefochten und sind daher noch nicht rechtskräftig.

Auf die Erlassung sowie Rechtskraft der Abgabenbescheide kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem Sicherstellungsverfahren aber ohnedies nicht an, weil in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden ist, ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist ().

Nach der Judikatur kommt einer Beschwerdevorentscheidung die Wirkung eines Vorhaltes zu. Hat das Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen dargelegt, ist es Sache der Partei, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis dieser Ermittlungen auseinanderzusetzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen ().

Zur (Nicht)Entstehung des Abgabenanspruchs verwies die Bf im Vorlageantrag lediglich auf ihr bisheriges Vorbringen, trat aber der umfassenden Begründung in der Beschwerdevorentscheidung mit keinen weiteren Argumenten entgegen. Dass die Bf den Aufforderungen im Zuge der Außenprüfung nachgekommen wäre, nachzuweisen, welche Einkäufe zu welchen Verkäufen gehörten, welche Transportmittel verwendet wurden und wer den Transport auf welche Weise veranlasst hatte, wurde ebenfalls nicht behauptet. (Abschlussbericht Punkt 2)

Darüber hinaus bestritt die Bf die von der Abgabenbehörde angenommene

Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung.

Die Bf trat den diesbezüglichen Feststellungen im Sicherstellungsauftrag in ihrer Beschwerde im Wesentlichen mit der Argumentation entgegen, dass die Behörde keine konkreten Feststellungen zu einer drohenden Insolvenz, zu Exekutionsführungen udgl. getroffen habe. Darüber hinaus habe die belangte Behörde die buchmäßige Überschuldung auf eine Bilanz mit einem 3,5 Jahre zurückliegenden Stichtag gestützt. Alleine daraus sei ersichtlich, dass die buchmäßige Situation bisher nicht zur Insolvenz geführt habe. Die Abgabenbehörde habe keine Erhebungen zu den aktuellen Vermögens- und Einkommensverhältnissen durchgeführt, und auch Hypotheken seien in Österreich alltägliche Vorkommnisse.

Im Vorlageantrag verwies die Bf insbesondere darauf, dass in ihrem Fall keiner der Umstände, die nach herrschender Kommentarmeinung eine Gefährdung oder erschwerte Einbringung indizierten, vorliege.

Das negative buchmäßige Eigenkapital habe sich in rund zweieinhalb Jahren kaum verändert. Da das Unternehmen der Bf mit Gewinn wirtschafte, bedeute das, dass die Gewinne entnommen worden seien.

Im angefochtenen Sicherstellungsauftrag habe das Finanzamt unter Verweis auf die Einkommensteuererklärung 2016 Bankverbindlichkeiten von 241.000,00 € festgestellt. Diese hätten Ende 2018 nur noch 214.000,00 € betragen, was bedeute, dass die Bf neben dem Zinsendienst auch signifikante Tilgungen dieser Kredite getätigt habe.

Zur Begleichung der möglicherweise entstehenden Abgabenbelastung wäre eine Finanzierung über Bankkredite möglich, zumal die Liegenschaft der Bf bereits in der Vergangenheit bis zu 320.000,00 € hypothekarisch belastet gewesen sei. Denkbar wäre auch eine nur zwischenzeitige Überbrückungsfinanzierung.

Die Behörde habe auch das negative Eigenkapital des Einzelunternehmens wie eine Kreditschuld gegenüber der Bank behandelt, indem sie dieses wie die aktuell aushaftenden Kredite vom Verkehrswert des Privatgrundstücks abgezogen habe. Diese Überlegung sei nicht nachvollziehbar, da derzeit keine Verpflichtung der Bf bestehe, das negative Eigenkapital tatsächlich auffüllen zu müssen und die aushaftenden Kredite nicht sofort oder zur Gänze kurzfristig fällig seien.

Dazu war festzustellen, dass die in der Beschwerde angeführten Kriterien, die nach der Judikatur auf eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung schließen lassen, als beispielhafte und keinesfalls als abschließende Aufzählung anzusehen sind.

Zu prüfen war vielmehr, ob der zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages zu erwartenden Abgabennachforderung ein ausreichendes laufendes Einkommen bzw. vorhandenes Vermögen zur Abdeckung dieser Nachforderungen gegenüberstand.

Obwohl die Abgabenbehörde die der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten Vermögensverhältnisse erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens erhob, waren diese Werte im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages bereits vorhanden und durften daher im Rahmen des Beschwerdeverfahrens berücksichtigt werden.

Mit E-Mail vom beantwortete die steuerliche Vertreterin der Bf einen Vorhalt des Finanzamtes vom dahingehend, dass der Schätzwert der Liegenschaft (Eigentumswohnung) der Bf bei 430.000,00 € bis 450.000,00 € liege. Der Kredit bei der ***11*** sei zum noch mit 214.481,13 € offen gewesen. Aufgrund der aktuellen Ertragslage des Einzelunternehmens ergebe sich keinerlei Indiz für eine allfällige Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben, zumal die Bf die fälligen Abgabennachforderungen bislang stets vollständig entrichtet habe.

Die weiteren Fragen des Finanzamtes, ob es für den derzeitigen Verkehrswert Unterlagen gebe, ob die Bf über weiteres Vermögen verfüge bzw. ob die Möglichkeit bestehe, Bankgarantien beizubringen oder Bürgen namhaft zu machen, beantwortete die Bf nicht.

Ebenso wenig wurde darauf eingegangen, mit welchem Betrag die weiteren im Grundbuch eingetragenen Kredite noch offen waren.

Die Gewinnentnahme war insofern glaubwürdig und nachvollziehbar, als weder der Einkommensteuerbescheid 2018 noch das Vorbringen der Bf auf eine weitere Einkunftsquelle schließen ließen.

Zu den im Vorlageantrag angeführten Krediten war festzustellen, dass die Bf in ihrer Darstellung offenbar betriebliche und private Schulden vermengte.

Die Verbindlichkeiten verringerten sich nicht, wie im Vorlageantrag dargestellt, von 241.000,00 € laut Einkommensteuererklärung 2016 auf 214.000,00 € im Jahr 2018, sondern vielmehr hafteten von den im Grundbuch eingetragenen (Höchstbetrags)Hypotheken von insgesamt 320.000,00 € (davon ein Darlehen der ***12*** iHv 41.000,00 €, eine Höchstbetragshypothek der ***13*** iHv 229.000,00 € und eine Höchstbetragshypothek der ***14*** iHv 50.000,00 €) zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages alleine bei der ***11*** von ursprünglich 229.000,00 € noch 214.481,13 € unberichtigt aus (E-Mail der steuerlichen Vertretung der Bf vom ).

Tatsächlich hatte sich daher der bei der ***18*** mit Pfandurkunde vom aufgenommene Kredit von 229.000,00 € im Jahr 2004 auf 214.000,00 € im Jahr 2018 vermindert.

Darauf, wie hoch zum der tatsächliche Schuldenstand bei der ***12*** und der ***17*** war, ging die Bf nicht ein.

Von den privaten Schulden der Bf waren die betrieblichen Schulden des Einzelunternehmens zu unterscheiden, die, wie im Sicherstellungsauftrag angeführt, zum Bilanzstichtag 192.541,97 € und zum Bilanzstichtag 240.849,95 € betrugen und sich in den Folgejahren 2017 und 2018 wiederum auf den Stand von 188.678,70 € und 191.217,08 € einpendelten.

Auch wenn keine Verpflichtung zur Auffüllung des negativen Eigenkapitals bestand und auch die offenen Kredite nicht sofort und zur Gänze fällig gestellt wurden, bedeuteten diese Passivposten eine Schmälerung des zur Abgabenentrichtung zur Verfügung stehenden Vermögens und eine Minderung der Kreditwürdigkeit.

Die Abgabenbehörde verwies sowohl in der Beschwerdevorentscheidung als auch im Vorlagebericht, der gemäß § 265 Abs. 4 BAO auch der Bf zuzustellen war, darauf, dass die Bf keine Angaben zu weiterem Vermögen bzw. zur Möglichkeit, eine Bankgarantie beizubringen oder Bürgen namhaft zu machen, gemacht habe.

Im Vorlagebericht stellte die belangte Behörde zusätzlich fest, dass die angesprochene theoretische Finanzierung über Bankkredite oder eine Überbrückungsfinanzierung ohne konkrete Angaben wie etwa Finanzierungsangebote oder Bonitätsauskünfte von Kreditinstituten nicht ausreichend sei.

Nach der Judikatur kommt einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltecharakter zu (). Hat das Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung das Ergebnis seiner Ermittlungen dargelegt, ist es Sache der Partei, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis dieser Ermittlungen auseinanderzusetzen und den Feststellungen des Finanzamtes durch entsprechende Sachbeweise entgegenzutreten.

Der Vorlagebericht hätte der Bf die Möglichkeit geboten, der dort geäußerten Ansicht der Abgabenbehörde durch Vorlage entsprechenden Beweismaterials entgegenzutreten.

Nach den vorliegenden Unterlagen stand zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages der zu erwartenden Abgabennachforderung von 467.960,90 € kein ausreichendes Vermögen und, soweit aus dem Einkommensteuerbescheid 2018 ersichtlich, auch kein ausreichendes laufendes Einkommen zur Abdeckung der Abgabenschulden gegenüber.

Die Bf trat den Feststellungen der Abgabenbehörde, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen und Ermittlungsergebnissen über kein ausreichendes Vermögen verfüge, um die vorzuschreibenden Abgaben abzudecken, nicht konkret entgegen und legte nicht dar, unter Heranziehung welchen Vermögens oder welchen Einkommens eine Begleichung möglich wäre. Der bloße Hinweis, Bankkredite oder eine Überbrückungsfinanzierung wären möglich, ohne diese Möglichkeiten auch durch geeignete Unterlagen zu untermauern und zu belegen, welche Bank zu welchen Bedingungen und in welcher Höhe zu einer (Überbrückungs-)Finanzierung bereit gewesen wäre, war, wie das Finanzamt bereits im Vorlagebericht zutreffend feststellte, nicht ausreichend.

Ergänzend war darauf hinzuweisen, dass die Abgabenansprüche laut angefochtenem Sicherstellungsauftrag ein Vielfaches der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 40.000,00 € betrugen, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid vom für das Jahr 2018 ergaben.

Unter Bedachtnahme auf die o.a. Ermittlungen und Feststellungen ging die Abgabenbehörde zu Recht von einer Gefährdung bzw. wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der betreffenden Abgaben aus.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Begründungsmängel, die einem Bescheid anhaften, im Rechtsmittelverfahren saniert werden.

Aus diesem Grund war die Nachholung der fehlenden Begründung für die

Ermessensübung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zulässig.

Im Sicherungsverfahren haben, wie o.a., die berechtigten Interessen der Partei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben grundsätzlich in den Hintergrund zu treten.

Ein Ausnahmefall wie beispielsweise die Geringfügigkeit der Abgabenschuld oder der zu erlangenden Sicherheit lag im vorliegenden Fall nicht vor, weil die gesicherten Abgabenbeträge nicht geringfügig waren und der Sicherstellungsauftrag Grundlage für die grundbücherliche Vormerkung, die Pfändung des Pkw Porsche Cayenne sowie für Pfändungen von - wenngleich nur geringfügigen - Geldforderungen (2.581,37 €; 1.520,95 € und 1.537,19 €) bei diversen Geldinstituten war.

Darüber hinaus wurden auf dem Abgabenkonto befindliche Guthaben von 15.259,39 € und 23.999,88 € gepfändet.

Da dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben nur durch die Sofortmaßnahme Rechnung getragen werden konnte, hatten die berechtigten Interessen der Bf - wie beispielsweise die in der Beschwerde vorgebrachte massive geschäfts- und kreditschädigende Wirkung - in den Hintergrund zu treten.

Die Erlassung des Sicherstellungsauftrages war daher zweckmäßig im Sinne des § 20 BAO.

Da die gesetzlich geforderten Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages vorlagen, erwies sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob im vorliegenden Fall Dreiecksgeschäfte vorlagen und ob die Beschwerdeführerin wusste oder wissen hätte müssen, dass sie in Betrugskreisläufe lieferte, war eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führte. Eine ordentliche Revision war daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100406.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at