Parkometerabgabe; kein gültiger Parkschein zur Beanstandungszeit; Aussetzung der Gebührenpflicht wegen Corona bewirkt keine Verlängerung des alten Parkpickerls; Antrag auf Verlängerung eineinhalb Monate nach Ablauf des alten Parkpickerls gestellt; Vorbringen, kein Erinnerungsschreiben erhalten zu haben;
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR. über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. Zahl, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu entrichten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde be-stimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Hegergasse 24, ohne einem für den Beanstandungszeitpunkt 18:14 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabe-verordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
In seinem Einspruch vom brachte der Bf. unter Pkt. 1 vor, dass er seit Jahren durch pauschale Zwei-Jahresbezahlung "Pickerlberechtigt" für den 3. Bezirk und ihm stets vor Ablauf der Berechtigung eine Verständigung samt Zahlschein übermittelt worden sei, was 2020 aus Überlastung der Behörde, wie ihm im Nachhinein telefonisch mitgeteilt worden sei, heuer nicht der Fall gewesen sei.
Unter Punkt 2. brachte der Bf. vor, dass durch den Shutdown die Gebührenpflicht wochenlang aufgehoben worden, seine Pauschalzahlung aber die gleiche geblieben sei, womit er Zahlungen geleistet habe, die jenseits einer Gebührenpflicht lägen. Die ihm zur Last gelegten Taten seien unter Anrechnung seiner Pauschalzahlung wirtschaftlich daher kompensiert durch Zahlung für Zeiträume, in denen die Gebührenpflicht sistiert gewesen sei.
Unter Pkt. 3 wendet der Bf. ein, dass die Parkgebühr Straßenbenützern dafür abverlangt werde, dass sie ihr Kfz in gebührenpflichtigen Zonen abstellen. Coronabedingt werde Straßenbenützern, die zu wirtschaftlichen Zwecken die öffentlichen Flächen - auch Straßen - für "Schanigärten" benutzen, jede Abgabe erlassen worden. Dass gerade Autofahrer von der Coronakrise nicht betroffen sein sollten, sei noch nie argumentiert worden, wo doch gerade zur Vermeidung der Infektionsgefahr das Auto verstärkt genutzt werde und wird und die wirtschaftliche Belastung wegen Corona viele Autobesitzer ebenfalls hart treffe, was zum Teil ja auch die unter Pkt. 2 dargestellte Maßnahme begründe.
Aus all dem sehe er eine Bestrafung als nicht gerechtfertigt, wo er doch auch, sobald es ihm möglich gewesen sei, wieder das Zwei-Jahres-Pickerl gelöst habe. Eine Einstellung jedenfalls aber eine förmliche Ermahnung iSd § 45 VStG sei vollkommen ausreichend, um künftiges Fehlverhalten zu vermeiden.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens fest, dass es in der Verantwortung des Bf. als Zulassungsbesitzer liege, sich rechtzeitig um die Verlängerung des Parkklebers zu kümmern. Eine Erinnerung durch das Magistratische Bezirksamt stelle lediglich eine freiwillige Dienstleistung ohne jeglichen Rechtsanspruch dar.
Wie im Bescheid angeführt, könne zeitgerecht bereits vor Ablaufen der Ausnahmegenehmigung der Antrag der Parkkleberverlängerung auch online gestellt werden. Zudem werde im ausgehändigten Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes zum Parkkleber die Gültigkeit desselben gut sichtbar angeführt.
Die Bewilligung des Magistratischen Bezirksamtes für den 4/5. Bezirk mit der Zahl 123 für das gegenständliche Fahrzeug habe mit geendet. Der neue Antrag für den Datenträger sei am für den Zeitraum bis erteilt worden. Die Übertretung der Parkometerabgabeverordnung sei bereits am erfolgt.
Die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmegenehmigung gelte aber nur für den bewilligten Zeitraum und erst ab Freischaltung des Datenträgers von der Behörde nach erfolgter Abgabenentrichtung und nicht rückwirkend. Die Aufrechnung "nicht konsumierter" Beträge sei bei gegebener Rechtslage nicht vorgesehen.
Da zum Beanstandungszeitpunkt die alte Pauschalierungsverordnung nicht mehr und die neue noch nicht getroffen worden sei, hätte der Bf. die Parkometerabgabe mittels Parkschein(en) entrichten müssen.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Der Bf. sei der Verpflichtung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, wonach jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten müsse, nicht nachgekommen.
Nach näheren Erläuterungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens Fahrlässigkeit anzunehmen sei. Der Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.
Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: keine Verwaltungsübertretung in verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Parkometergesetz).
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und bringt im Wesentlichen vor, dass die Argumentation der Behörde nicht eine lebensnahe Behandlung durch den Abgabepflichtigen, der im Normalfall allein durch den Blick auf den Parkkleber keine Erkenntnisse gewinnen könne und die "Bescheid Mitteilung" unter Zugrundelegung normalen Verhaltens nicht angenommen werden dürfe, dass ständig mit sich geführt werde.
Die weiteren Argumente, dass nämlich die Gebührenpflicht durch den Shut Down über einen längeren Zeitraum aufgehoben gewesen sei und somit unter Anrechnung der Pauschalzahlung wirtschaftlich davon auszugehen sei, dass zum Tatzeitpunkt (28 Tage nach dem Ende der Pauschalabgeltung) eine Kompensation vorliege sowie das Argument, dass coronabedingt vielen Straßenbenützern zu wirtschaftlichen Zwecken öffentliche Flächen ihre Abgabe erlassen werde, sei nicht erörtert worden, woraus die Beantragung der Einstellung allenfalls unter förmlicher Ermahnung nach § 45 VStG offenbar seitens der erkennenden Behörde in diesem Verfahren keinerlei Gefallen gefunden habe.
Bezüglich Erinnerungsschreiben des zuständigen Magistratischen Bezirksamtes brachte der Bf. vor, dass die Nichtverständigung deshalb erfolgt sei, weil auf Grund der Pandemiesituation nahezu eine Ausnahmesituation bestehe. Dies treffe auch Normunterworfene. Die Pandemiesituation habe ja nicht nur zur Beschränkung der Servicefreundlichkeit geführt, sondern auch zur Sistierung der Gebührenpflicht für die Zeit vom bis zum . Allein in dieser Zeit sei die Abgabepflicht durch die Pauschalzahlung erfüllt worden, obwohl gar nicht bestanden.
Das von ihm gesetzte Verhalten sei keinesfalls ein böswilliges Abgabenhinterziehen, sondern entspreche einem auch dem normtreuesten leichtesten Versehen, das jedermann leicht passieren könne und daher auch durch die gelindesten Maßnahmen, die das Verwaltungsstrafrecht vorsehe, adäquat sowohl spezial- wie auch generalpräventiv ausreichend geahndet werden sollte. Bei Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen habe der Beschuldigte einen Rechtsanspruch darauf, dass die Vorschrift des § 45 VStG angewendet werde (Verweis auf ).
Ein umfangreiches und aufwändiges Verfahren insbesondere um die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes der österreichischen Bundesverfassung zu überprüfen, wo doch manchen Benützern der Straßen der Abgabepflicht zur Gänze und dies ohne jeden wirtschaftlichen positiven Effekt erlassen werde einerseits, und andererseits die Klärung der Frage inwiefern durch Aufhebung der Kurzparkzonen zwischen dem 17. März und eine Pauschalabgeltung die für August angefallene Gebühr ohnehin bereits abgedeckt habe bzw. allenfalls ein Rückzahlungsanspruch für die Zeit des Nichtvorliegens einer Abgabepflicht gegeben sei, lasse erkennen, dass die Voraussetzungen des § 45 VStG mehr als gegeben seien. Er beantrage die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 VStG unter allfälliger förmlicher Ermahnung.
Das Verwaltungsgericht möge den angesprochenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen oder nach Aufhebung des angesprochenen Bescheides eine formelle Ermahnung bescheidmäßig erteilen oder die Angelegenheit an die zuständige Verwaltungsbehörde zurückverweisen.
Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Unstrittiger Sachverhalt:
Der Bf. hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in 1030 Wien, Hegergasse 24, ohne einem für den Beanstandungszeit 18:14 Uhr gültigen Parkschein abgestellt.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und den Anzeigedaten des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos und dem Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 3. Bezirk vom , GZ. 000.
Gesetzliche Grundlagen:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO)eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine)oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeugin einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnungdes Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugenin Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
Parkpickerl
§ 45 Abs. 4 StVO 1960 idF ab normiert:
Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und
Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder
nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigenes oder von seinem Arbeitgeber geleastes Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen wird.
§ 6 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. 71/2018, normiert:
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Vereinheitlichung kann die Gemeinde durch Verordnung Pauschalierungsrichtlinien festlegen, die die Höhe und die Form der Ab-gabenentrichtung regeln und auf das unterschiedliche Abstellverhalten der Wohnbevölkerung in Gebieten, die gemäß § 43 Abs. 2a StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, verordnet sind, des Wirtschaftsverkehrs und des sonstigen Verkehrs Bedacht nehmen.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung) lauten:
§ 4. (1) Wird die Abgabe in pauschaler Form (§ 2 und § 3 Abs. 1) entrichtet, hat dies durch Ein-zahlung des Abgabenbetrages in bar oder nach Maßgabe der der Abgabenbehörde zur Ver-fügung stehenden technischen Mittel im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu erfolgen.
(2) Der Parkkleber und die Einlegetafel gemäß § 5 Abs. 1 dürfen von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Der Datenträger gemäß § 5 Abs.6 kann bereits vor erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Die Freischaltung des Daten-trägers darf von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung vorgenommen werden.
Rechtliche Beurteilung:
Nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeugin einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht und für den keine Ausnahmebestimmungen gelten (z.B. § 29b StVO-Ausweis) die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Im vorliegenden Fall hat der Bf. das in Rede stehende Fahrzeug unstrittig am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Hegergasse 24, ohne einem für den Beanstandungszeit 18:14 Uhr gültigen Parkschein abgestellt.
Weiters steht nach der Aktenlage fest, dass die Gültigkeit des alten Parkpickerls für das in Rede stehende Fahrzeug mit endete (Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 4/5. Bezirk GZ. 123) und mit Bescheid vom , GZ. 000 für den Zeitraum bis die Verlängerung erteilt wurde.
Das alte Parkpickerl war daher am Beanstandungstag () nicht mehr und das neue Parkpickerl noch nicht gültig.
Somit waren die objektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Zu den einzelnen Beschwerdeeinwendungen:
Kein Erinnerungsschreiben bezüglich Verlängerung des Parkpickerls
Auf die Zusendung des Informationsschreibens bezüglich Verlängerung des Parkpickerls besteht kein Rechtsanspruch, da es sich lediglich um eine Serviceleistung der Magistratischen Bezirksämter handelt (vgl. zB ).
Es liegt in der eigenen Verantwortung der BescheidinhaberInnen, rechtzeitig vor Ablauf der alten Bewilligung eine neue Ausnahmebewilligung zu beantragen.
Die Homepage der Stadt Wien https://www.wien.gv.at/amtshelfer/verkehr/parken/kurzparkzone/parkpickerl.html enthält zum Parkpickerls auszugsweise folgende Information:
"Wichtig:
Es kann passieren, dass Sie keine Zahlungsanweisung zugeschickt bekommen. Verlassen Sie sich nicht darauf!
Wenn Sie keine Zahlungsanweisung bekommen haben, müssen Sie einen Antrag für ein neues Parkpickerl stellen. Machen Sie das spätestens 4 Wochen, bevor die Gültigkeit Ihres alten Parkpickerls endet."
Weiters befindet sich auf dieser Seite ein Link, unter dem die Gültigkeit des Parkpickerls abgefragt werden kann (https://mein.wien.gv.at/Meine-Amtswege/?parkpickerl-gueltigkeitsabfrage#loaded )
Festgehalten wird, dass nach Auskunft des Magistratischen Bezirksamtes an die Zulassungsbesitzer von Fahrzeugen, die die Parkometerabgabe in pauschaler Form entrichten, in der Regel 3 bis 4 Monate vor Ablauf der alten Bewilligung als Serviceleistung ein Informationsschreiben (Erinnerungsschreiben) versendet. Die Versendung ist laut Auskunft des Magistratischen Bezirksamtes auch im Jahr 2020 erfolgt.
Ist eine Verständigung - aus welchen Gründen immer - im vorliegenden Fall unterblieben, kann sich der Bf. nicht darauf berufen und sein Versäumnis dem Magistratischen Bezirksamt anlasten (vgl. noch einmal ).
Aussetzung der Kurzparkzone wegen Corona - Anrechnung, Gültigkeit des Parkpickerls -
Der Bf. brachte vor, dass er die Parkometerabgabe pauschal entrichtet habe. Im März und April 2020 habe keine Abgabepflicht bestanden . Sohin sei die für August 2020 angefallene Gebühr ohnehin abgedeckt bzw. sei allenfalls ein Rückzahlungsanspruch für die Zeit des Nichtvorliegens einer Abgabepflicht gegeben.
Aus den Bestimmungen des § 4 Abs. 2 Pauschalierungsverordnung ergibt sich, dass der Datenträger gemäß § 5 Abs. 6 bereits vor erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden kann, die Freischaltung des Datenträgers von der Behörde jedoch erst nach erfolgter Abgabenentrichtung vorgenommen werden darf (s. zur Aktivierung des elektronischen Parkchip auch die Informationen auf der Homepage der Stadt Wien https://www.wien.gv.at/amtshelfer/verkehr/recht/parken/parkkarte.html ).
Demnach gilt die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmege-nehmigung erst ab der Freischaltung und nicht rückwirkend.
Während der Ausnahmesituation rund um die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, hob die Regierung in Wien die Kurzparkzonen Regelung ab Dienstag, , auf (Verordnung - Aufhebung der Kurzparkzonen vom 6:00 Uhr, GZ: MA48-SRWD-657926/2019).
Die Kurzparkzonen in Wien traten am wieder in Kraft (Verordnung - Reaktivierung der Kurzparkzonen vom 6:00 Uhr, GZ: MA48-SRWD-657926/2019).
Durch die Aussetzung der Kurzparkzone hat sich keine Verlängerung der Ausnahmebewilligung ergeben (vgl. zB ).
Der Einwand des Bf. geht daher ins Leere (vgl. zB das Erkenntnis des ).
Sondersituation Corona - besondere Behandlung der Normunterworfenen durch die Normsetzer - Antrag gemäß § 45 VStG auf Einstellung des Verfahrens bzw. den Ausspruch einer Ermahnung
Der Bf. wendet ein, dass die Corona-Pandemie nicht nur die Behörden, sondern auch die Normunterworfenen treffe und durch diese Sondersituation der Normsetzer die Normunterworfenen auch besonders behandeln wolle. Das von ihm gesetzte Verhalten sei keinesfalls ein böswilliges Abgabenhinterziehen, sondern entspreche einem auch dem normtreuesten leichtesten Versehen, das jedermann leicht passieren könne, weswegen auch durch die gelindesten Maßnahmen, die das Verwaltungsstrafrecht vorsehe, adäquat sowohl spezial- wie auch generalpräventiv ausreichend geahndet werden sollten. Bei Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen habe der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 45 VStG.
§ 45 VStG, in Kraft getreten am , zählt in Z. 1 bis 6 jene Voraussetzungen auf, unter denen die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat.
Im vorliegenden Fall könnte nur Z. 4 zur Anwendung gelangen, wonach die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sein müssen.
Weiters enthält § 45 VStG die Bestimmung, dass die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z. 4, anstatt die Einstellung zu verfügen, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen kann, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) müssen im Fall des Ausspruches einer Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sein. Fehlt es an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage (vgl. , ).
Von einem geringen Verschulden kann nur dann gesprochen werden kann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmung kommt nicht in Betracht, wenn auch nur eines der beiden Tatbestandselemente (geringfügiges Verschulden UND unbedeutende Folgen der Übertretung) nicht erfüllt ist (vgl. zB , ).
Der VwGH stellte im Erkenntnis vom , 93/17/0088, im Sorgfaltsverstoß des unrichtigen Ausfüllens eines Parkscheines [die Rubrik Minute wurde nicht entwertet] fest, dass kein geringes Verschulden vorliege.
Es kann somit im vorliegenden Fall nicht von einem geringen Verschulden gesprochen werden, da der Bf. das in Rede stehende Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entrichtung der Parkometerabgabe abgestellt hat.
In Anwendung der Judikatur des VwGH kam daher der Ausspruch einer Ermahnung nicht in Frage, da die vom Gerichtshof hierfür festgesetzten Voraussetzungen fehlten.
Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).
Der Bf. hat ein fahrlässiges Verhalten gesetzt, da er das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am in der näher bezeichneten Kurzpurzparkzone ohne einem für den Beanstandungszeitpunkt 18:14 Uhr gültigen Parkschein abgestellt hat.
Dass dem Bf. zur Tatzeit ein rechtskonformes Verhalten nicht möglich war, geht weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Bf. hervor.
Somit liegen auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Strafbemessung
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichtendes Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).
Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln der Strafbemessung verhängte Geldstrafe von € 60,00 bei einem bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam nicht in Betracht, da das alte Parkpickerl bereits mit abgelaufen war und das neue Parkpickerl auf Grund des Antrages des Bf. erst ab gültig wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind, wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Vollstreckungsbehörde
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hierbei erweist sich die Bestimmung des Magistrats der Stadt Wien als zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich ).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist.
Eine Revision durch die belangte Behörde ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 6 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 45 Abs. 4 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500210.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at