Ordnungsstrafe gemäß § 112 BAO
Entscheidungstext
Im Namen der republik
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , ***1***, betreffend Festsetzung einer Ordnungsstrafe gemäß § 112 BAO, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setzte das damalige Zollamt Feldkirch Wolfurt gegen die Beschwerdeführerin eine Ordnungsstrafe in Höhe von € 250,00 wegen folgender Passagen im Vorlageantrag vom wegen beleidigenden Schreibweise fest:
"In einem Binnenmarkt mit 27 (damals 28) Mitgliedstaaten) musste einem Sanktionstourismus ein Riegel vorgeschoben werden, führten doch z.B. in Österreich selbst Beistrichfehler zu finanzstrafrechtlichen Sanktionen, während in anderen Mitgliedstaaten selbst das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gehört haben"
"Deshalb auch der Vorwurf in der Stellungnahme, dass der nationale Gesetzgeber auf der einen Seite dem Drängen der Wirtschaft in Sachen Strafbarkeit insofern gefolgt ist, als er eine fahrlässige Abgabenverkürzung, die dennoch ein objektives Tatelement darstellt, nicht mehr zu sanktionieren, um auf der anderen Seite heimlich, still und leise eine Vorschrift im ZollR-DG aufzunehmen, die das zum in Kraft getretene Zugeständnis zum in anderer Art wieder vorsieht."
"Der nationale österreichische Gesetzgeber führt, im Gegensatz zu Gesetzgebern anderer Mitgliedstaaten, schon seit 1958 ein "zu" rigoroses Sanktionssystem."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass mit den Ausführungen ohne animus iniurandi Tatsachen und Feststellungen widergegeben worden seien, die weder mit Anstandsverletzung noch mit Beleidigung zu tun hätten. Die Ausführungen sollten nur deutlich machen, dass der Unionsgesetzgeber gerade durch Schaffung der Vorschriften im Art. 42 der VO (EU) Nr. 952/2013, einen Sanktionstourismus verhindern wollte, sei es den Mitgliedstaaten bislang ja unbenommen gewesen, Verstöße oder zollrechtliche Zuwiderhandlungen zu sanktionieren. Es seien weder beleidigende noch den Anstand verletzende Aussagen, es handle sich um Ziele der EU-Zollpolitik und um Zitate, die in der Begutachtung so gesagt worden seien. Im Übrigen sehe sich die Beschwerdeführerin auch in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Mit Beschwerdevorentscheidung des nunmehrigen Zollamtes Österreich vom , Zahl ***2***, wurde der im angefochtenen Bescheid in Worten mit " Euro fünfhundert" angeführte Strafbetrag auf "Euro zweihundertfünfzig" korrigiert, die Beschwerde im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richtet sich der vorliegende Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) vom . Die zunächst beantrage mündliche Verhandlung wurde mit Eingabe vom wieder zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 112 Abs. 2 BAO kann gegen Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, eine Ordnungsstrafe bis € 700,00 verhängt werden.
Die gleiche Ordnungsstrafe kann die Abgabenbehörde gemäß Abs. 3 der zitierten Bestimmung gegen Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) liegt eine beleidigende Schreibweise (im Sinn des gleichlautenden § 34 Abs 3 AVG) dann vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt.
Zunächst erweisen sich die Äußerungen der Beschwerdeführerin ihrem Inhalt nach nicht als gänzlich unsachlich. Abgesehen davon, dass die Wiedergabe einer Aussage zu den Beweggründen zur Einführung eines für alle Mitgliedstaaten verpflichtend vorzusehendes Sanktionssystem im Begutachtungsverfahren zur Modernisierung des Zollrechts enthält und somit allein daraus nicht eine Beleidigung des Zollamtes abgeleitet werden kann, sollte damit offensichtlich nur die aus Sicht der Beschwerdeführerin unterschiedlichen Sanktionsbestimmungen in den einzelnen Mitgliedstaaten und die ihrer Ansicht nach gegebene Unverhältnismäßigkeit der österreichischen Bestimmungen über die Verwaltungsabgabe im Allgemeinen und der Vorschreibung beim gegebenen Sachverhalt im Besonderen aufgezeigt werden. Auch die verwendeten Passagen "heimlich, still und leise eine Vorschrift im ZollR-DG aufnehmen" und "ein zu rigoroses Sanktionssystem" bringen die aus Sicht der Beschwerdeführerin gegebene Unverhältnismäßigkeit der Bestimmung und deren Auslegung zum Ausdruck und können auch objektiv gesehen nicht als beleidigend gewertet werden. Im Übrigen darf bei der Beurteilung nicht vom Wortsinn einzelner Textstellen ausgegangen werden, vielmehr muss auch der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden (vgl. ).
Aus diesem Blickwinkel muss das Vorbringen der Beschwerdeführerin als durchaus verständlich angesehen werden, zumal im Hinblick darauf, dass im Rahmen des § 41 ZollR-DG auch simple Arbeitsfehler sanktioniert werden können und auch werden, und daran von mehreren Seiten (siehe zB auch die Homepage der Wirtschaftskammer Österreichs) Kritik geübt wird.
Das Bundesfinanzgericht vermag auch der Beurteilung der belangten Behörde, das Vorbringen sei nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht worden, nicht zu folgen.
Die Wiedergabe einer Aussage in der Begutachtung im Rahmen der Modernisierung des Zollrechts, mag vielleicht ein zur Rechtsverfolgung untaugliches Vorbringen sein, ist aber kein ungeziemendes Verhalten. Dass es sich um keine beleidigende Formulierung handelt, ergibt sich schon aus einem Vergleich mit jenen Äußerungen, die in der bisherigen Rechtsprechung als beleidigend gewertet wurden:
Beleidigend sind zB der Vorwurf von "Gestapomethoden" (, 0272), die Ausdrücke "quasi als Raubrittermethode" und "staatliche Wegelagerei" (), "Rowdytum der Beamten" (), die Bezeichnung einer Behördenleiterin als "Idiotin" (), die Wortwahl "Ist er gar korrupt ..? Oder nur dämlich ..? Oder im schlimmsten Fall beides??" (UVS Tirol , UVS-2012/14/1476-2) sowie die Behauptung, die Unterschrift des Beamten, der den Bescheid unterzeichnete, sei der eines Analphabeten sehr ähnlich () (Ritz, BAO6, § 112 Tz 2).
Von derartigen Ausfällen ist die Wortwahl der Beschwerdeführerin weit entfernt. Im Übrigen dürfen Akte der Rechtsverfolgung nicht durch eine übertriebene Empfindlichkeit der Behörde behindert werden (vgl. ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
In der gegenständlichen Entscheidung war keine Rechtsfrage zu lösen, die über den Einzelfall hinaus Relevanz entfalten würde. Das Bundesfinanzgericht ist auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 112 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1200002.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at