Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.03.2021, RV/3100415/2017

Aufhebung BVE, da über den Sachbescheid, nicht jedoch über die ebenso bekämpfte Wiederaufnahme des Sachbescheides abgesprochen wurde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A Mag. Friedrich Holzer in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, Anschrift_A vertreten durch Steuerberater, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes_A vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013, Steuernummer_1, beschlossen:

1.) Die Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 werden aufgehoben.

2.) Der Vorlageantrag vom wird betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 als unzulässig (geworden) zurückgewiesen.

3.) Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1.) Sachverhalt:
Das Finanzamt, vormals Finanzamt_A, nahm bescheidmäßig die Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 wieder auf und erließ ua. neue Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 (sämtliche Bescheide mit Ausfertigungsdatum ). Die Beschwerdeführerin erhob ua. gegen obige Bescheide mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde.

Das Finanzamt_A wies die Beschwerde gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde ua. gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 an das Bundesfinanzgericht.

Nach Mängelbehebungsauftrag vom erließ das Finanzamt_A am einen Zurücknahmebescheid, mit welchem die Beschwerde (vom ) gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 (vom ) gemäß § 85 Abs. 2 BAO für zurückgenommen erklärt wurde.
Das Bundesfinanzgericht gab der hiergegen von der Abgabepflichtigen erhobenen Beschwerde vom Folge und hob den Zurücknahmebescheid vom ersatzlos auf ().

Die Beschwerde vom gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 ist somit wiederum unerledigt. Das Finanzamt_A erließ in Folge keine (erstmalige) Beschwerdevorentscheidung betreffend die Wiederaufnahme hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 (siehe hierzu auch den Aktenvermerk des Finanzamtes_A vom ).

2.) Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Bescheiden und dem Aktenvermerk des Finanzamtes_A sowie aus den Schreiben der Beschwerdeführerin.

3.) Rechtslage:
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat nach Abs. 2 leg.cit. zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt. Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist nach Abs. 3 leg.cit. keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung nach Abs. 4 leg.cit. zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Auf Vorlageanträge ist gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO sinngemäß § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) anzuwenden.

Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß § 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht. Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

Der Wiederaufnahmsbescheid und der neue Sachbescheid sind zwei Bescheide, die jeder für sich einer Bescheidbeschwerde zugänglich sind bzw. der Rechtskraft teilhaftig werden können (; ; ; ). Auch hinsichtlich ihrer Behebbarkeit (zB. gemäß § 299 BAO) sind sie getrennt zu beurteilen (; Ritz, BAO6, § 307 Tz. 7).

Werden sowohl der Wiederaufnahmsbescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid zu entscheiden (; ; ). Wurde das Rechtsmittel gegen den Wiederaufnahmsbescheid unerledigt gelassen und vorerst über die Bescheidbeschwerde gegen den neuen Sachbescheid abgesprochen, ist die Entscheidung der Rechtsmittelbehörde inhaltlich rechtswidrig (; ; ; Ritz, BAO6, § 307 Tz. 7).

4.) Erwägungen:
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidungen vom ausschließlich über die Beschwerde gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013, nicht jedoch auch über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 abgesprochen. Die Abgabenbehörde erließ auch keine gesonderte Beschwerdevorentscheidung betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid zu befinden. Im Streitfall kommt damit eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über die Beschwerde gegen die im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen neuen Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für 2011 bis 2013 nicht in Betracht, da die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 bisher nicht mit Beschwerdevorentscheidung erledigt wurde und keiner der Fälle des § 262 Abs. 2, 3 oder 4 BAO vorliegt (vgl. ; ; , mit Hinweis auf ).

Es ist gegenständlich geboten, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, der durch die Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Umsatz¬ und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 entstanden ist, ohne dass vorher über das Rechtsmittel gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 entschieden wurde. Dies ist nur durch Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 möglich (; ; ).

Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen vom scheidet der Vorlageantrag insoweit aus dem Rechtsbestand aus (§ 264 Abs. 7 BAO), als dass er sich auf die Beschwerde gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2011 bis 2013 bezieht.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren über die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 sowie gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2011 bis 2013 zu entscheiden haben.

Ergänzend wird bemerkt, dass das Finanzamt_A über die Beschwerde (vom ) gegen
a) den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2014 (bzw. Umsatzsteuerbescheid 2014),
b) die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2011 und 2012 sowie
c) die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011 bis 2014
mit Beschwerdevorentscheidungen vom 18. Februar bzw. abgesprochen hat. Die Beschwerdeführerin hat mit Vorlageschreiben vom auch die Vorlage der diesbezüglichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt. Da der gegenständliche Beschluss das Vorlagebegehren betreffend diese Bescheidbeschwerden nicht umfasst, verbleiben diese Verfahren beim Bundesfinanzgericht weiterhin anhängig.

5.) Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der gegenständlichen Entscheidung handelt es sich insgesamt um einen verfahrensleiten-den Beschluss, der gemäß § 25a Abs. 3 VwGG und § 88a Abs. 3 VfGG nicht gesondert bekämpf-bar ist, da dadurch das Rechtsmittelverfahren nicht abschließend erledigt wird, sondern ledig-lich der belangten Behörde ermöglicht wird, rechtmäßig das Rechtsmittelverfahren weiter zu führen, zumal die eingebrachte Beschwerde in vollem Umfang weiterhin aufrecht ist (;, ; ).

Eine Revision ist gemäß § 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 nicht zulässig.

Innsbruck, am

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