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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.04.2021, RV/7106152/2016

- Wetten auf aufgezeichnete Hunde-/Pferderennen unterliegen der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs.1 GSpG - Heranziehung der Beschwerdeführerin (Bf.) als Masseverwalterin erfolgte, im Rahmen des nach § 20 BAO gebotenen Ermessens, zu Recht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***, als Vorsitzende und Berichterstatterin, und die Richterin R2, als Beisitzerin, und die weiteren Senatsmitglieder R3, R4, als fachkundige Laienrichter, in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch TPA Steuerberatung GmbH, Wiedner Gürtel 13, Turm 24, 1100 Wien über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Festsetzung der Glücksspielabgabe 01.2012 bis 07.2015, Steuernummer ***1***, am , in Anwesenheit der Schriftführerin K., zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

J.S., (fortan J.S.), betrieb ein Wettlokal in aaa. Am erhielt die belangte Behörde den Auftrag zur Überprüfung des J.S., betreffend die Selbstberechnung der Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG 1957, sowie der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs.1 GSpG für den Zeitraum bis zum . Der Prüfungsbeginn erfolgte am .Die Unterfertigung des Schlussberichtes erfolgte am .

Das wesentliche Ergebnis dieser Außenprüfung stellt sich wie folgt dar:

Im Zeitraum 01.2012 bis 07.2015 wurden im o.a. Wettlokal an den Buchmacher, B.S.A, (fortan B.S.A) mit Sitz in Uruguay, vermittelt:

Sportwetten

Automaten- Sportwetten

Virtuelle Hunde/Pferdewetten

Terrastream

Dieser Vermittlung lag ein Vertrag zwischen J.S. und der B.S.A, über die Vermittlung der genannten Wetten, zugrunde.

Ab dem erfolgte die Vermittlung der abgeschlossenen Sportwetten an die W.S. GmbH, (fortan W.S. GmbH), bbb. Die virtuellen Hunde-und Pferderennen wurden nach wie vor der B.S.A vermittelt.

Mit Beschluss des HG Wien vom , ***2***, wurde über das Vermögen des J.S. Konkurs eröffnet. Der Betrieb des Wettlokals wurde bis weitergeführt.

Da J.S. dem Außenprüfer zur eigentlichen Art des Zustandekommens der Wettabschlüsse keine Auskunft geben konnte, der B. S.A. von verschiedenen Wettunternehmern in Österreich virtuelle Hunde und Pferderennen vermittelt werden, lag der belangten Behörde bereits ein Gutachten von Ing. ***3*** vom , über die technischen Funktionen und den Funktionsablauf vor.

Laut diesem Gutachten werden diese Hunde und Pferderennen von der Fa S., (fortan S. genannt) veranstaltet. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um einen englischen Buchmacher, der für seine Kunden virtuellen Tierrennen herstellt und darauf selbst Wetten anbietet. Diese Rennen werden ausnahmslos nicht über Wettautomaten angeboten. Von der Homepage der S. werden davon Teilausschnitte auf die Fernsehgeräte des Vermittlungslokales gelegt. Die Rennen finden alle im vier bis fünf Minutentakt statt. Die einzelnen Rennen stehen zumindest für die nächsten (künftigen) zwei Stunden fest. Wettinteressierte Kunden können die teilnehmenden Hunde oder Pferde sehen und sich über die nachfolgenden Rennen der nächsten zwei Stunden informieren. Es werden auf dem Fernsehgerät die teilnehmenden Tiere mit Namen und Startnummer vorgestellt, und die Wettquote angezeigt. Zusätzlich wird eine vierstellige Formzahl pro teilnehmenden Tier angegeben, welche das Ergebnis darstellt, das das Tier bei den letzten vier Rennen erreicht hat. Keiner an der Wette selbst Beteiligten hat in irgendeiner Form Einfluss auf das Ergebnis, auf das gewettet wird. Die B. S.A. erstellt zu diesen virtuellen Rennen jeweils eigene Quoten, zu denen sie Wetten auf den Ausgang der Rennen abschließt. Die Vermittlung erfolgt in den Vermittlungslokalen überwiegend über Schaltermitarbeiter.

Laut diesem Gutachten ging ein Kunde, der eine Wette im Wettlokal des J.S. zum Buchmacher vermittelt haben wollte, zum Wettschalter, wo die, von ihm bekannt gegebene, Wette in das Fronted der Wettsoftware eingegeben wurde, und an den Buchmacher über die bestehende Datenleitung übermittelt wurde. Dann wurde der Wetteinsatz für den Buchmacher einkassiert und dem Wettteilnehmer das Wettticket ausgestellt, auf dem der Einsatz, der mögliche Gewinn, die Zeit des Ticketausdruckes, der Inhalt der Wette sowie der Buchmacher vermerkt war. Wenn der Kunde vermeinte, dass sein Wettticket gewonnen hat, wurde dies überprüft, indem eine Gewinnanfrage mittels der zur Verfügung gestellten Software an den Buchmacher gestellt wurde. Wurde das Ticket von Buchmacher als gewonnen bestätigt, so wurde im Namen und im Auftrag des Buchmachers den Wettgewinn an den Kunden ausbezahlt. Virtuelle Hunde und Pferderennen konnten nur direkt am Schalter abgeschlossen werden.

Ein wesentliches Ergebnis der o.a. Außenprüfung war, dass J. S. keine Aufzeichnungen iSd § 131 ff BAO in elektronischer oder anderer Form geführt hat. Es lagen lediglich monatliche Provisionsabrechnungen der B. S.A. an J.S. vor, aus welchem die Summen der geleisteten Wetteinsätze pro Wettkategorie unter einer ausgewiesenen Lizenznummer (z.B. Lizenznummer 121 virtuelle Hunde /Pferdewetten Einsatz 01/12: € 143.220,95) und der ausbezahlten Wettgewinne ersichtlich waren. Die Wettgebühr, nach § 33 TP 17 Abs.1 Z 1 GebG 1957 idHv 2% der Einsätze, ist von der Differenz Wetteinsatz-Wettgewinn abgezogen worden. Das Ergebnis ist als Hold bezeichnet worden, wovon J.S., als Vermittler, 15% als Provision erhalten hat. Die Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen sind wie Sportwetten, als der Wettgebühr nach § 33 TP 17 Abs.1 Z 1 GebG 1957 mit 2% des Einsatzes unterliegend, behandelt worden.

Anmeldungen zur Wettgebühr nach § 33 TP 17 Abs.1 Z 1 GebG 1957 wurden von J.S. nur bis Dezember 2011 vorgenommen. Im Jahr 2012 erfolgten nur unregelmäßige Einzahlungen (und zwar für die Wettgebühr 01-04/2012 idHv € 10.893,99 am : für die Wettgebühr 04-05/2012 idHv € 6.154,59 am ; für die Wettgebühr 06/12 idHv € 3.304,37 am und für die Wettgebühr für 07/12 idHv € 2.974,20 am ) auf dessen Abgabenkonto bei der belangten Behörde, unter Angabe des Verwendungszweckes. Ab 01/2012 ist die Frist zur Abgabe der Selbstberechnung nicht eingehalten worden und die Entrichtung der Abgabe verspätet erfolgt. Über Betreiben seiner Masseverwalterin legte der Bf. die Abrechnungen des Zeitraumes 01/2012 bis 05/2015 vor. Die Abrechnungen Juni und Juli 2015 wurden von S.G., (fortan S.G. genannt), dem Angestellten der Firma D.G. (fortan D.G. genannt), einer Betreuerin von Kunden der B. S.A. in Österreich, an die Masseverwalterin weitergeleitet. In der Anmeldung für Juni 2015 wurde festgehalten, dass sowohl echte als auch virtuelle Tierwetten unter derselben Lizenznummer angenommen worden sind, und eine Unterscheidung-lt. S. G.- technisch fast unmöglich sei. Im Hinblick auf diese Feststellung wurde S. G. von der belangten Behörde am als Zeuge einvernommen. Er erklärte, keinen Zugang auf die Daten des Wettanbieters zu haben. Die, von ihm getroffene Feststellung, dass sowohl virtuelle als auch echte Hunde und Pferderennen auf derselben Lizenznummer aufgenommen werden, beruhe nur auf dem Wissen über die Handhabung von Tierwetten in den Filialen der D. G. Er könne nicht sagen, welche Wetten im Wettbüro des J.S. durchgeführt worden sind. Es sei ihm keine inländische Niederlassung, der B. S.A. bekannt. Für Fragen sei ihm nur eine E-Mailadresse bekannt gegeben worden. Die o.a. zweitangeführte, Geschäftsadresse kenne er nur im Zusammenhang mit der W. S. GmbH.

Nach Beendigung der Außenprüfung setzte die belangte Behörde, gegenüber der Bf., als Masseverwalterin im Insolvenzverfahren nach J.S, die Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG 1957 für den Zeitraum 01.2012 bis 07.2015 mit Bescheiden gemäß § 201 Abs.2 Z 1 BAO, fest; wobei sich die Bemessungsgrundlagen wegen des Ausscheidens der virtuellen Tierwetten ermäßigt hatten. Diese Bescheide sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Außerdem setzte die belangte Behörde gegenüber der Masseverwalterin, im Rahmen des gebotenen Ermessens gemäß § 20 BAO, auf Grundlage der, in den vorliegenden Provisionsabrechnungen der B. S.A. angegebenen, Einsätze, die Glücksspielabgabe für den genannten Zeitraum, gemäß §§ 57 Abs.1 GSpG, idHv 16% der Einsätze, mit Bescheiden gemäß § 201 Abs.2 Z 3 BAO fest. Diese Festsetzungen ergaben für das Jahr 2012 eine Glücksspielabgabe von € 267.994,97 (Bescheid Glückspielabgabe 01/2012: € 22.915,35; Bescheid 02/2012: € 22.492,64; Bescheid 03/2012: € 23.120,44; Bescheid 04/2012: € 18.039,24; Bescheid 05/2012: € 20.569,62; Bescheid 06/2012 €: 20.065,28; Bescheid 07/2012 € 18.153,72; Bescheid 08/2012: € 14.631,16; Bescheid 09/2012: € 16.136,26; Bescheid 10/2012: € 24.436,57; Bescheid 11/2012: € 34.819,04: Bescheid 12/2012 € 32.615,66) für das Jahr 2013 eine Glücksspielabgabe von € 247.501,97, (Bescheid Glückspielabgabe 01/2013: € 25.380,91; Bescheid 02/2013: € 19.452,07; Bescheid 03/2013: € 20.736,36; Bescheid 04/2013: € 21.098,24; Bescheid 05/2013: € 18.604,08; Bescheid 06/2013 €: 14742,65; Bescheid 07/2013 € 16.913,71; Bescheid 08/2013: € 21.593,83; Bescheid 09/2013: € 24.364,50; Bescheid 10/2013: €19.980.61; Bescheid 11/2013: € 18.385,86; Bescheid 12/2013 € 26.249,16) für das Jahr 2014 eine Glücksspielabgabe von € 264.845,52 (Bescheid Glückspielabgabe 01/2014: € 24.525,82; Bescheid 02/2014: € 29.398,92; Bescheid 03/2014: € 29.907,85; Bescheid 04/2014: € 33.357,54: Bescheid 05/2014: € 20.220,96; Bescheid 06/2014 €:15.469,18; Bescheid 07/2014 € 18.502,76; Bescheid 08/2014: € 16.097,52; Bescheid 09/2014: € 19.163,69; Bescheid 10/2014: €17.233,61; Bescheid 11/2014: € 21.642,39; Bescheid 12/2014 € 19.325,28,) sowie für das Jahr 2015 eine Glücksspielabgabe von € 235.917,20-(Bescheid Glückspielabgabe 01/2015: € 36.290,80; Bescheid 02/2015: € 32.169,92; Bescheid 03/2015: € 39.578,00; Bescheid 04/2015: € 35.437,44: Bescheid 05/2015: € 40.588,16; Bescheid 06/2015 €:33.418,64; Bescheid 07/2015 € 18.434,24;)

Dagegen erhob die rechtsfreundlich vertretene Bf. fristgerecht Beschwerde, im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Es sei noch offen, ob überhaupt und wenn ja in welchem Umfang virtuelle Hunde/Pferdewetten angeboten worden sind. Für J.S. sei jedenfalls kein Unterschied erkennbar gewesen. Aus den Provisionsabrechnungen würde dieses nicht hervorgehen. Dies sei von S. G. in seiner Aussage vom bestätigt worden.

Die Ermessensentscheidung der belangten Behörde sei unüberprüfbar.

J.S. habe in dem, von ihm betriebenen, Wettbüro Wetten an die B. S.A. vermittelt. Er wisse weder, wo der tatsächliche Ort der Geschäftsführung dieses Unternehmens sei, noch, ob dieses Unternehmen eine feste Niederlassung in Österreich habe. Sämtliche Verhandlungen über Vertrage sowie sämtliche Schulungen, im Zusammenhalt mit diesem Unternehmen, seien immer in den Räumlichkeiten der W. S. GmbH abgehalten worden. Ansprechpartner hinsichtlich der B. S.A. war für J. S. ***4*** von der B. S.A und die W. S. GmbH, sowie S.G. Seine Ansprechpartner hätten aufgrund der Bezug habenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung längstens seit dem Jahre 2009 wissen müssen, dass virtuelle Hunde/Pferderennen unter den Tatbestand des § 57 Abs.1 GSpG fallen.

J.S. sei vom Buchmacher bzw. vom Ansprechpartner, der W.S. GmbH, darüber im Unklaren gelassen worden, dass virtuelle Hunde/ Pferderennen unter die Bestimmung § 57 Abs.1 GSpG fallen. Es sei ihm vielmehr vermittelt worden, dass der Buchmacher bzw. die o.a. Ansprechpartner im Besitz von wasserfesten Gutachten seien, die die Rechtsansicht das FA widerlegen würden. Er sei über die ordnungsgemäße Versteuerung virtueller Hund/Pferderennen zu seinem Nachteil bewusst getäuscht worden.

J.S. sei, aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, zahlungsunfähig. Aufgrund der Rechtsprechung des VwGH und des UFS zu den Zahlen 96/16/0137; RV/1705-L/02 habe die belangte Behörde keinen Ermessensspielraum mehr gehabt, ihn zur Entrichtung der Glücksspielabgabe heran zu ziehen. Darüber hinaus widerspräche diese Heranziehung dem Gebot der Zweckmäßigkeit der Ermessensausübung.

Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Die, in der Beschwerde ins Treffen geführten, Feststellungen des VwGH sowie des UFS seien, gemäß, dem Erkenntnis , nur dann zutreffend, wenn-im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses- ein Schuldner zahlungsunfähig bzw. bei diesem die Schuld uneinbringlich sei und bei dem anderen Gesamtschuldner dieses nicht der Fall sei.

Dagegen sei im vorliegendem Fall davon auszugehen, dass bei beiden Gesamtschuldnern die Gefährdung der Einbringlichkeit gegeben sei. Es konnten von J.S. weder zweckdienliche Informationen und/oder Unterlagen über seine Gesamtschuldnerin gegeben werden, deren Homepage im Umbau sei, und deren Anschrift in einem zollfreien Gebiet in Uruguay gelegen ist. Auf Bezug habenden Lichtbildern seien im Wesentlichen nur Lagerhallen ersichtlich.

Die Heranziehung dieser Gesamtschuldnerin sei nicht zweckdienlich. Daher sei sehr wohl für die Heranziehung des J. S. eine Ermessensentscheidung zu treffen gewesen. Dass J.S. auch bei den übrigen o.a. Wetten, die Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG 1957 weder angemeldet noch entrichtet habe sei, im Rahmen der gebotenen Billigkeitserwägungen, zu berücksichtigen gewesen.

Dagegen brachte die Masseverwalterin fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO ein. Der Beschwerdesenat möge, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, über die Beschwerde entscheiden.

Am wurde der Antrag auf die zeugenschaftliche Einvernahme nachstehender, Personen eingebracht, zum Beweis dafür, dass die faktische Geschäftsführung nicht bei J. S. sondern bei der W.S. GmbH gelegen hat.

Herr B.K., (fortan B.K.) und Frau T.M. (fortan T.M.)

Dazu wurde festgehalten: "Zu den Aufgaben der Mitarbeiter zählte die Eingabe der Wetteinsätze in die Computer, die von den Gästen gesetzt wurden. Die Eingabe erfolgte in die von der W. S. GmbH vorgegebene Software. Darüber hinaus wurde der Einsatz der Gäste kassiert und die Wettscheine an die Gäste ausgehändigt, welche von einem Drucker automatisch generiert wurden."

Herr S.A.; (fortan S.A.)

"Das Wettcafe wurde zwar von J.S. betrieben, jedoch bediente sich dieser Herrn S. A. zur Unterstützung. Dieser konnte als "rechte Hand" von J.S. bezeichnet werden. S.A. führte grundsätzlich dieselben Tätigkeiten wie B.K. und T.M. aus. Darüber hinaus haben folgende Tätigkeiten das Aufgabengebiet von S. A. erweitert:

Verwaltung und Erstellung von Dienstplänen

Verwaltung und Erstellung von Urlaubsplänen

Ausbezahlung der Löhne

Ansprechpartner der Mitarbeiter

Organisation der Warenlieferungen

Befüllung der Getränkeautomaten

Ansprechpartner bei Problemen rund um Wettvorgänge; im Besonderen bei technischen Problemen wurde von ihm zur Problembehebung immer W. S. GmbH kontaktiert

Aufrechterhaltung des Betriebs im Wettcafe"

Vorgelegt wurde ein Befund des Kriseninterventionszentrums 1090 Wien, Lazarettgasse 14 A vom , wonach J.S. seit eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome durchlebt hatte, eine Panikstörung hatte, sowie eine Persönlichkeitsakzentuierung ängstlich vermieden hatte.

Mit Vorbereitungsvorhalt vom stellte die Berichterstatterin gegenüber der Bf. im Wesentlichen fest:

Für die Beurteilung, ob es sich bei den streitverfangenen Tierwetten um Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG gehandelt hat, sei nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (z.B. ; , 2012/17/0299) nur von Bedeutung, ob es sich dabei um aufgezeichnete Hunde-oder Pferdewetten gehandelt habe. Dieses sei, aufgrund der o.a. Ausführungen, des Sachverständigengutachtens, bezüglich sämtlicher, an die B. S.A. vermittelter virtuellen Hunde-und Pferderennen zu bejahen. Somit handle es sich bei den streitverfangenen Tierwetten-unbeschadet dessen, ob von der Homepage der S. auf die Bildschirme des Wettunternehmens echte oder artifizielle Tierdarstellungen geschickt worden sind- um Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG, welche gemäß § 57 Abs.1 GSpG einem Steuersatz von 16 v.H. der Einsätze unterliegen.

Selbst wenn, aufgrund der beantragten Zeugeneinvernahmen- die, von der Rechtsvertretung der Bf. in den Raum gestellte, Behauptung, Angestellte der W.S. GmbH hätten die Wetten vermittelt, sodass nicht J.S. sondern die W.S. GmbH als faktischer Geschäftsführer des Wettlokales (und somit als Schuldner der Glücksspielabgabe) zu gelten habe, als erwiesen anzusehen wäre, könne die Bf. daraus nichts für sich gewinnen:

Betreiber (Wettunternehmer) eines Wettbüros seien bei Abschlüssen von Wetten an der "Theke" entweder Stellvertreter oder Boten eines Buchmachers oder Totalisators, haftungsrechtlich seien sie Erfüllungsgehilfen. (§ 1313a ABGB). Bei der Teilnahme an Wetten über Wettannahmeschalter schließe der Wettteilnehmer mit dem Mitarbeiter, der der Sphäre des Wettbüros zuzurechnen sei, den Wettvertrag. Der Zugang der Annahmerklärung an den Mitarbeiter bewirke zugleich den Zugang an den Wettunternehmer. (; , 2011/16/0148) / Ob 317/99i).

Im zu beurteilenden Fall, habe die W.S. GmbH J. S., dem Erfüllungsgehilfen des Buchmachers, Arbeitskräfte für die Abschlüsse der Wettverträge, zur Verfügung gestellt. Dieser sei mit dieser Hilfestellung einverstanden gewesen. Die, zur Verfügung gestellten, Arbeitskräfte seien somit der Sphäre des Wettbüros des J.S. zuzurechnen und mit dessen (stillschweigendem) Einverständnis als Empfangsboten zur Empfangnahme von Annahmeerklärung ermächtigt. Der Zugang der Annahmeerklärungen an die Empfangsboten bewirkte sohin zugleich den Zugang an den Empfänger.

J. S. habe als Wettunternehmer die Annahme und Wetterleitung der Wetten in seinem Wettbüro, somit die Durchführung von Wetten in seinem Verfügungsbereich gestattet. Dafür sei unerheblich wer ihm die dazu vorgegebene Software zur Verfügung gestellt hat.

Sohin sei J. S. Vermittler gemäß § 59 Abs.5 GSpG.

Weder aus den Feststellungen, des von der Bf., für die Rechtswidrigkeit der Ermessensausübung, ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Erkenntnisses, noch aus dem Inhalt des, von der belangten Behörde, für die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung, ins Treffen geführten, höchstgerichtlichen Erkenntnisses gehe hervor, dass im Falle der Konkurseröffnung über das Vermögen eines Gesamtschuldners, diesem gegenüber- unter keinen Umständen- die Abgabenschuld geltend gemacht werden dürfe. Vielmehr werde sinngemäß aufgezeigt, dass bei Vorhandensein eines einzigen zahlungsfähigen Gesamtschuldners, diesem gegenüber-unbeschadet vom Bestehen allfälliger Billigkeitsgründe- die Abgabenschuld geltend zu machen sei.

Auch von der Bf., werde nicht behauptet, dass bei dem Gesamtschuldner, einem Unternehmen, das nur als E-Mailadresse existiert, dessen Sitz in Uruguay liegt und das keine Zweigniederlassung in Österreich hat, der Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher und auf einfachsten Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen sei.

Somit sei, im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung -unter Abwägung des Kriteriums der Zweckmäßigkeit gegenüber dem der Billigkeit festzustellen, ob die Abgabenschuld gegenüber der Bf. geltend machen zu ist, da von einem-neben ihr verbleibenden, zahlungsfähigen Gesamtschuldner- keine Rede sein könne.

Die, zu Beginn des Prüfberichtes aufgezeigten, abgabenrechtliche Pflichtversäumnisse des J.S stünden unbestritten fest. Obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass nach Ansicht der Finanzbehörden virtuelle Hunde-und Pferderennen unter das Glücksspielgesetz und nicht unter das GebG 1957 fallen- habe er, als derjenige der für die rechtmäßige Selbstberechnung verantwortlich war, verabsäumt, ihm zumutbare, klärende Erkundigungen z.B. beim zuständigen Finanzamt einzuziehen.

Diese Unterlassungen hätten dazu geführt, dass J. S., als Abgabenschuldner gemäß § 59 Abs.2 GSpG, nicht nur seiner Verpflichtung zur Selbstberechnung und Entrichtung der Glücksspielabgabe, gemäß Abs.3 leg.cit., nicht nachgekommen sei, sondern auch einen Steuerausfall im Gesamtbetrag von € 1.016.259,67 zu verantworten habe.

Nicht übersehen werden dürfe, dass die Möglichkeit nicht gänzlich auszuschließen sei, dass J. S., nach Beendigung des Konkursverfahrens, in die Lage kommt, seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angepasste, Beträge einzubezahlen und damit zumindest einem kleinen Teil zur Entrichtung der Abgabenschuld beizutragen. Dies käme dem Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung von Abgabenausfällen entgegen.

Dazu nahm die rechtliche Vertretung der Bf. mit Schreiben vom wie folgt Stellung:

J.S. sei immer davon ausgegangen, dass sein Vertragspartner-auch wenn die B.S.A. dazwischengeschaltet worden sei.- die W.S. GmbH sei. Er habe stets nur mit Personen Kontakt gehabt, die, ihm gegenüber, den Eindruck hinterließen, im Auftrag und in der Zugehörigkeit zur W.S. GmbH zu agieren. Die Vertragsunterzeichnung habe in den Räumen des W. S. GmbH stattgefunden. Die W. S. GmbH sei Ansprechpartner bei Fragen der Organisation, der EDV sowie in rechtlichen Belangen gewesen. Es sei ihm auch vermittelt worden, dass er sich keine Sorgen wegen des Rechtsstreites, betreffend die Versteuerung der virtuellen Hunde/Pferdewetten zu machen brauche. Dazu komme, dass er bei der Lokalübernahme drei Computer und drei spezielle Drucker von der W. S. GmbH übernommen habe. Die drei Computer seien per Standleitung zu den Servern der W. S. GmbH verbunden gewesen. Die W.S. GmbH habe die Wettquoten vorgegeben und in Echtzeit auf die Computer des J.S. übertragen und berechnet, sodass dieser keinen Einfluss darauf hatte, und von diesem Unternehmen abhängig gewesen sei. Die W.S. GmbH sei über sämtliche Ein-und Auszahlungen im Wettlokal informiert gewesen und habe den Zeitpunkt der Kassenentleerung-abhängig vom Kassenstand- autonom bestimmt. J.S. sei telefonisch über Höhe und Zeitpunkt der Entleerung informiert worden. Üblicherweise sei in der Kassa nur seine Provision belassen worden. Äußerte J.S. Bedenken, sei ihm mit dem Abschalten der Wettprogramme gedroht worden. Durch die Verbindung mittels Standleitung zu den Servern, die jederzeit einseitig abgeschaltet werden hätten können, habe die W.S. GmbH großen Einfluss auf das Zustandekommen der Glücksspielverträge gehabt. Dazu komme, dass es auf die vertragswesentliche Grundlage-nämlich die Wettquote Einfluss nehmen habe können. Sohin sei sie als Vermittler nach § 59 Abs.5 GSpG anzusehen. J.S. sei als Vermittler zu qualifizieren, weil er als Wettunternehmer die Annahme und Weiterleitung von Wetten gestattet habe. Es liege somit ein Gesamtschuldverhältnis vor. Werde auf den aufgezeigten Sachverhalt die wirtschaftliche Betrachtungsweise angewendet, so gehe gegenüber J.S. die zivilrechtliche Definition des Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB ins Leere.

Zurückgezogen wurde der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des B. K.

J.S. bekräftigte in seiner E-Mail vom diese Darstellung und führte außerdem im Wesentlichen folgendes an:

Sämtliche Quoten für die jeweiligen Sportveranstaltungen seien in Echtzeit und unmittelbar bei Abschluss der Wette von der Firma in die Rechner des Wettbüros eingespielt worden, und spiegelten sich am ausgedruckten Wettschein wieder. Seine Provisionen seien aufgrund des Kassenstandes berechnet worden. Das Ergebnis über die monatlichen Provisionsrechnungen sei ihm zugeschickt worden. Auch wenn die Verrechnung seiner Provisionen über die B. S.A. durchgeführt worden ist, habe für ihn kein Zweifel bestanden, dass sein eigentlicher Vertragspartner W.S. (fortan W.S.) gewesen sei. Sogar die Vertragsunterzeichnung habe an deren o.a. Adresse stattgefunden. Die Schriftzüge am übernommenen Lokal habe auf W.S. gelautet. Es habe die Möglichkeit bestanden, T-Shirts mit diesem Logo für seine Mitarbeiter zu erstehen. Als ihm im Dezember/Jänner 2011/2012 angeboten worden sei, ein W.S. Geschäftslokal zu übernehmen, haben seine Recherchen ergeben, dass W.S. einer der ersten Wettanbieter in Österreich gewesen sein müsste. Er sei der sicheren Meinung gewesen, mit einem Profi zusammenzuarbeiten, der seine Geschäfte in jeder Hinsicht korrekt abwickle.

Es sei nie in seiner Absicht gelegen, in einigen Fällen die Wettgebühr nicht oder verspätet abzuliefern. Möglicherweise sei auf ein falsches Konto überwiesen worden. Die korrekte Kontonummer sei einige Zeit unklar gewesen.

Die Rechtsmeinung des Finanzamtes zum Thema Hunde/Pferdewetten sei ihm ja bekannt gewesen. Der Anwalt der Firma habe ihn gemeinsam mit den anderen Franchisenehmern 2013 darüber informiert, dass die Rechtsmeinung des Finanzamtes nicht stimmen könne. Es sei eine klare Expertise zugunsten der Firma vorhanden. Bei den Treffen aller Franchisenehmer von allen W.S. Lokalen sei das immer sehr glaubwürdig thematisiert worden. Er habe sich daher sehr sicher gefühlt. Er habe außerdem ein Gespräch mit einer Anwältin geführt, die die Rechtsmeinung der Firma bestätigt habe.

Gestartet habe er seine unternehmerische Laufbahn 2005/2006 mit 6 kreditfinanzierten Eigentumswohnungen. Im Februar 2006 habe er bis zu 21 Wohnungen in Vermietung gehabt.2007 habe er eine Reinigungsfirma gegründet und 2-4 Hausverwaltungen gehabt- d.h. bis zu 48 Zinshäuser betreut- die wöchentlich von seiner Firma gereinigt worden seien.

Im März 2014 habe er seine an Krebs erkrankte Mutter zu sich geholt, um die verbleibende Zeit gemeinsam verbringen zu können. Er sei nervlich und körperlich überlastet gewesen, habe Panikattacken gehabt und habe den Tod der Mutter 2015 wie im Schock erlebt. Eine Woche später, habe er erfahren, dass er nunmehr eine Masseverwalterin habe. Er könne sich an seine persönliche Situation im Jahre 2015/2016 nicht erinnern.2017 brachten ihm gute Freunde in das Kriseninterventionszentrum des AKHs. Er habe sich ärztlich betreuen lassen können und starke Medikamente bekommen. Allmählich habe er durch entsprechend professionelle Unterstützung gelernt, den Verlust seiner Mutter und seiner Unternehmen zu thematisieren und aufzustellen.

Er habe durch seinen Konkurs alle Unternehmungen und das Erbe seiner Eltern verloren. Er ersuche daher um Nachsicht; damit ihm, als inzwischen mehrfachen Vater, ein berufliches und soziales Leben ermöglicht werde.

In der am vor dem gesamten Beschwerdesenat durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde M.J., der Geschäftsführer der W.S. GmbH, als Auskunftsperson zum Beweisthema: "Geschäftsbeziehungen der W.S. GmbH zum Wettbüro des J.S. vom 01/2012 bis zum 07/2015" einvernommen. Dieser erklärte, dass zum verfahrensrelevanten Zeitraum kein Vertrag über den Betrieb eines Wettlokales zwischen J.S., als Franchisenehmer, und der W.S. GmbH, als Franchisegeber, vorgelegen sei. Die W.S. kenne er von früher, dort seien Leute zum Wetten hingegangen. Die W.S. GmbH habe mit diesem Unternehmen eigentlich gar nichts zu tun. Wie die Vergabe von W.S. Lokalen erfolgt ist, wisse er nicht. Die Adresse bbb gäbe es seit 2016 als Firmenanschrift der W.S. GmbH nicht mehr. Ob davor an diesem Ort Schulungen der W.S. durchgeführt worden sind, wisse er nicht. Er sei erst seit 2016 Geschäftsführer der W.S. GmbH.

T.M. war als Zeugin zum Beweisthema: "Art und Weise Ihrer Tätigkeiten im Wettbüro des J.S." geladen worden. In der Woche vor der Verhandlung entschuldigte sie sich mit der Begründung, ein sechs Monate altes Baby zu haben, für das sich zum Verhandlungstermin keine Betreuungsmöglichkeit finden lasse. Es wurde vereinbart, dass ihr die Berichterstatterin Fragen per E-Mail zukommen lässt, die M.T. per E-Mail bis zum beantworten wird. M.T. wurde von der Berichterstatterin schriftlich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um keine schriftliche Zeugenbefragung handle und ihre Zeugenaussage auch nach der Verhandlung von der Bf. erwünscht sein könnte.

Auf entsprechende Befragung hin, erklärte T.M., dass im Wettlokal überall Werbung von W.S. gewesen sei und auch die Reklame draußen von der W.S. gewesen sei. Bei den Wetten auf virtuelle Tierrennen habe es zwei Bildschirme gegeben. Einen, auf den die Rennen gezeigt worden seien, und einen, auf den die Quoten angezeigt worden seien. Sie habe die Wetten am Schalter angenommen und den Kunden ihre Gewinntickets ausgedruckt. Sie habe diese Tickets eingescannt. Danach sei ein Kassazettel ausgedruckt worden, auf dem der Gewinn gestanden sei. So viel sie wisse, seien die Wettquoten direkt von der Zentrale von W.S. auf den zweiten Bildschirm weitergeleitet worden. Gab es Probleme, so habe man in der Zentrale anrufen müssen. Die Mitarbeiter dort hätten Zugriff auf die Server des Wettbüros gehabt und konnten von der Zentrale aus vieles machen.

Der zum gleichen Beweisthema als Zeuge geladene S.A. ist trotz ausgewiesener Zustellung der Ladung der Verhandlung ferngeblieben. Die rechtliche Vertretung der Bf. verzichtete auf die Einvernahme des S.A. sowie auf eine Einvernahme der T.M. als Zeugin.

Vorgelegt wurden von der Bf. die Wettbedingungen der B.S.A. sowie der W.S. GmbH, wie sie im verfahrensrelevanten Zeitraum im Wettbüro des J.S. ausgehängt waren. Die letztgenannten Wettbedingungen befanden sich auf einem Papier, auf dem das Logo der W.S. aufgedruckt war.

J.S. erklärte S.G. als Ansprechpartner bekommen zu haben, um sich nicht direkt an W.S. wenden zu müssen Dieser habe ihr Anliegen zunächst geprüft. Er sei ca. 1 Jahr bei Ihnen gewesen und habe in dieser Zeit auch das Geld abgeholt. S.G. habe auch ein W.S. Lokal gehabt. Daher habe er anlässlich der Nachschau in seinem Wettlokal S.G. und nicht die W.S., als Ansprechpartner, betreffend die Wettabläufe, benannt.

Er sei der Ansicht gewesen, die B.S.A sei ein Unternehmen der W.S. gewesen, das die Wettquoten abgewickelt habe. Daher habe er auch der Darstellung des Gutachtes, wonach die B.S.A. die Wettquoten selbst berechnet, nicht widersprochen.

Er könne sämtliche Verträge z.B. den Vermittlungsvertrag nicht mehr vorlegen, weil ihm seine "Verträgeordnung" im Jahr 2015 abhandengekommen war. Den Vertrag über das Lokal habe er mit W.S. abgeschlossen. Danach sei von der B.S.A. die Rede gewesen. Laut diesem Vertrag habe er Gebühren, Strom und das Sky-Abonnement zahlen müssen. Für seine Vertragspartnerin sei wichtig gewesen, dass ihm, als Franchisenehmer, kassenmäßig nichts gehört. Nach dem Ausdrucken des Wettscheines habe man immer auf die W. S warten müssen. "Ein bisschen mehr in der Kassa" sei sofort abgeholt worden. Es habe nur eine Kassa für alle Wetten gegeben. Er selbst hätte sich, als Franchisenehmer, nie auf Glücksspiel eingelassen. Man habe ihm immer vermittelt, Wetten auf virtuelle Tierrennen seien rechtlich so wie Sportwetten zu behandeln.

Der Vertreter der Amtspartei verwies, im Hinblick auf die Behauptung des J.S., er habe nur in einzelnen Fällen die Wettgebühr nicht oder verspätete einbezahlt, auf die, darauf Bezug habenden, o.a. Feststellungen des Prüfberichtes.

Letztlich erklärten beide Parteien, keine Beweisanträge mehr zu stellen.

Der Vertreter der Amtspartei beantragte in seinem Schlusswort die Beschwerde abzuweisen, und verwies dazu auf das bisherige Vorbringen der Amtspartei.

Die steuerliche Vertretung der Bf. beantragte in ihrem Schlusswort die Bescheide aufzuheben, da J.S. zwar Vermittler nach § 59 Abs.5 GSpG gewesen sei, aber keine Wetten angenommen und vermittelt habe.

Das Bundesfinanzgericht hat hiezu erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 1 Abs.1 Glücksspielgesetz, (GSpG), ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist.

§ 2 Abs.1 leg.cit. lautet:

Ausspielungen sind Glücksspiele

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

Gemäß § 3 GSpG ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

Gemäß § 57 Abs.1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

§ 59. (1) GSpG lautet wie folgt:

Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§ 57 und 58:

1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;

2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.

Abs.2 Z 1 leg.cit. lautet wie folgt:

Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);

- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 59 Abs.3 GSpG haben die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 diese jeweils für einen Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach § 58 Abs. 3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. § 29 Abs. 3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

Gemäß Abs.4 leg.cit haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand

a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;

b) bei Ausspielungen mit Glücksspielautomaten derjenige, der die Aufstellung eines Glücksspielautomaten in seinem Verfügungsbereich erlaubt sowie andere am Glücksspielautomaten umsatz- oder erfolgsbeteiligte Unternehmer sowie ein etwaiger gesonderter Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (Abs. 5).

Gemäß § 59 Abs.5 GSpG gelten als Vermittlung jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.

Gemäß § 20 Bundesabgabenordnung, (BAO), müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Nach Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt und aufgrund der schriftlichen Vorbringen der Parteien im gesamten Beschwerdeverfahren und des o.a. Ergebnisses der mündlichen Verhandlung, wird diesem Erkenntnis folgender, verfahrensrelevanter, Sachverhalt zu Grunde gelegt:

J.S. betrieb, als Franchisenehmer der W.S von 01/2012 bis 07/2015 ein Wettlokal in aaa. Außerdem lag zwischen J.S. und der B.S.A, ein, zeitnah zu diesem Franchisevertrag, abgeschlossener, Vertrag über die Vermittlung von virtuellen Tierwetten vor. Diese Wetten wurden von, im Lokal des J.S. beschäftigten, Personen angenommen und an den Buchmacher weitergeleitet. J.S. hat für die Vermittlung dieser Wetten von der B.S.A. Provisionszahlungen erhalten. Für diese Wetten hat J.S. keine Glücksspielabgabe entrichtet.

Rechtliche Würdigung:

Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG sind Spiele, bei denen die Entscheidung über das Ergebnis des einzelnen Spiels ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, (Vgl. ).

Virtuelle Hunde-oder Pferderennen sind Rennen von computergenerierten, artifiziellen Tierdarstellungen, bei denen ein Zufallsgenerator über das Spielergebnis entscheidet Bei diesen Tierdarstellungen handelt es sich zumeist um von realen Vorlagen (z.B. Fotos oder Scans) bearbeitete Animationen.

Nach den Einlassungen der Beschwerdeführerin, (Bf.) war u.a. strittig, ob im Wettlokal des J.S. überhaupt bzw.im welchem Ausmaß, Wetten auf virtuelle Hunde/Pferderennen angeboten worden seien. Für J.S. sei kein Unterschied zwischen echten und virtuellen Tierwetten erkennbar gewesen. Auch aus den Provisionsabrechnungen würde dieses nicht hervorgehen. Dies sei von S.G. in seiner Aussage vom , in seiner Eigenschaft als Kundenbetreuer für die B.S.A. bestätigt worden.

Zum einem war dieser Darstellung entgegenzuhalten, dass sich aus den, dem Gericht vorliegenden Provisionsabrechnungen der B. S.A. eindeutig ergeben hat , dass mit Lizenznummer 121 virtuelle Tierwetten ausgewiesen worden sind, Sportwetten dagegen mit der Lizenznummer 340 ausgewiesen worden sind; zum anderen war dieser Darstellung entgegen zu halten, dass sich aus der o.a. Zeugenaussage des S.G eindeutig nicht ableiten lässt, dass im Wettlokal des J.S. virtuelle Tierwetten gemeinsam mit "echten Tierwetten"- unter der gleichen Lizenznummer aufgenommen worden sind. Der Zeuge erklärte ausdrücklich nicht zu wissen, welche Wetten im Wettlokal des J.S. angeboten worden sind.

Der VwGH hat bereits in zahlreichen Erkenntnissen (z.B. ; , 2012/17/0299) festgestellt, dass zur Wette angebotene aufgezeichnete Hunde-und Pferderennen, keine Sportwetten im Sinne des § 33 TP 17 GebG, sondern Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG sind, da dabei der Gewinn oder der Verlust überwiegend vom Zufall abhängig ist. Bei den aufgezeichneten Hunde- oder Pferderennen hängt der Ausgang des Spiels nur davon ab, welches bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt wird. (vgl. )

Bei einer "Sportwette" dagegen hängt die Entscheidung über das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall ab, weil der Wettende seine Kenntnisse, betreffend die Umstände bei der sportlichen Veranstaltung (z.B. bei Hunden betreffend die Trainingsverfassung und den gesundheitlichen Zustand der einzelnen Tiere, die Stärken der Hunde bei der zu erwartenden Wetterlage etc.) einbringt und diese Kenntnisse im Hinblick auf den Ausgang des jeweiligen sportlichen Ereignisses das Zufallselement überwiegen. (vgl. ).

Somit war für die Beurteilung, ob es sich bei den streitverfangenen Tierwetten um Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG gehandelt hat, nur von Bedeutung, ob es sich dabei um aufgezeichnete Hunde-oder Pferdewetten gehandelt hat. Dieses war, aufgrund der o.a. Ausführungen des Sachverständigengutachtens, bezüglich sämtlicher, an die B. S.A. vermittelter, virtueller Hunde-und Pferderennen, zu bejahen. Die Wettteilnehmer hatten bei den bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen, mit denen der Bildschirm des Wettlokals innerhalb von Minuten beschickt worden war, mit der ihnen zur Kenntnis gebrachten Quote und Formzahl, die lediglich darüber Auskunft erteilte, welches Ergebnis jedes Tier in den vergangenen vier Rennen erreicht hat, weder Informationen über die tatsächliche Stärke der Tiere, noch über die weiteren Umstände des Wettgeschehens (z.B. Wetterlage); Einfluss auf das Spielergebnis hatte lediglich der Umstand, welches Rennen vom Computerprogramm zufällig ausgewählt worden war.

Somit handelte es sich bei den streitverfangenen Tierwetten-unbeschadet dessen, ob auf die Bildschirme des Wettunternehmens echte oder artifizielle Tierdarstellungen geschickt worden sind- um Glücksspiele iSd § 1 Abs.1 GSpG, welches gemäß § 57 Abs.1 GSpG einem Steuersatz von 16 v.H. der Einsätze unterliegen.

Von der Bf. wird behauptet, dass- wirtschaftlich betrachtet- nicht J.S. sondern die W. S. GmbH das Wettbüro des J.S. geführt habe. Da im Abgabenrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Anwendung kommen müsse, ginge die zivilrechtliche Definition des Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB für J.S. ins Leere.

Dazu war festzustellen:

§ 21 Bundesabgabenordnung, (BAO), lautet wie folgt:

"(1) Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Vom Abs. 1 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt."

§ 1313a Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, (ABGB), lautet wie folgt:

"Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes."

Auch im Verwaltungsrecht sind die Auslegungsvorschriften des ABGB einschließlich seiner Bestimmung über die Analogie- somit die §§ 6 und 7 ABGB- anzuwenden. (z.B. VwGH28.10.1988,88/18/0091; Doralt/Ruppe Steuerrecht, ZfVb 1999/2/776; II; 5. Ausgabe, Tz421). Es gibt keine Sondermethoden zur Auslegung des Abgabenrechtes (z.B. Gassner, Interpretation,115 f; Stoll, BAO, 219) Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist, maßgebend. (; ,95/15/0012). Ziel der Auslegung ist es, den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen. Diesem Auslegungsziel dienen die grammatikalische, die systematische, die teleologische und die historische Auslegung.

Nach Ansicht des VwGH stellt § 21 BAO keine Auslegung von Steuergesetzen, sondern eine Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte dar (; ,95/15/0033;,2001/16/0402,0403). Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist nur insoweit anzuwenden, als der Tatbestand selbst nicht die rechtliche Betrachtungsweise erfordert. (z.B. ) Im Bereich der Gebühren und Verkehrsteuern überwiegen die rechtlichen Anknüpfungen.

Aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlautes des § 1313a ABGB hat J.S., -aus haftungsrechtlicher Sicht- als Erfüllungsgehilfe des Buchmachers zu gelten. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die dazu führen sollte, dass J.S. nicht als Vermittler der streitverfangenen Tierwetten in Betracht kommt, war kein Raum gegeben.

Es wurde von J.S. zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass zwischen ihm und der B.S.A. ein Vertrag über die Vermittlung von Wetten (u.a. von virtuellen Tierwetten) abgeschlossen worden ist.

Im Wettlokal des J.S. beschäftigte Mitarbeiter nahmen beim Wettannahmeschalter die Wetteinsätze an. Der Zugang der, damit verbundenen Annahmerklärung an die Mitarbeiter, die der Sphäre des Wettbüros zuzurechnen waren, bewirkte zugleich den Zugang an den Wettunternehmer. J.S. hat somit von den jeweiligen Kunden Wetten, als Erfüllungsgehilfe des Buchmachers, angenommen. (; , 2011/16/0148) / Ob 317/99i). Die Weiterleitung der abgeschlossenen Wettverträge erfolgte ebenso durch die im Wettlokal des J.S. beschäftigten Mitarbeiter und ist somit J.S., als Wettunternehmer, zuzurechnen. Er hat, als Wettunternehmer, auch die Durchführung der Wetten in seinem Verfügungsbereich gestattet.

Er ist daher als Vermittler in der vollen Bedeutung § 59 Abs.5 GSpG anzusehen.

Es ist unbestritten, dass J.S. im Rahmen eines Franchisevertrages mit der W.S., als Franchisegeber, das genannte Wettlokal betrieben hatte. Aufgrund der Tatsache, dass die Wettbedingungen der W.S. GmbH unter dem Logo der W.S. im Wettlokal ausgehängt worden waren und sowohl die W.S. als auch die W.S. GmbH im verfahrensrelevanten Zeitraum die gleiche Geschäftsadresse hatten, kann eine gewisse geschäftliche Verbundenheit dieser Unternehmen nicht ausgeschlossen werden.

Ob die W.S. bzw. die W.S. GmbH, als Vermittler ISd § 59 Abs.5 anzusehen ist, hängt davon ab, ob diese an dem Zustandekommen der Glücksspielverträge auf andere Art und Weise als durch die Annahme und Weiterleitung der Spieleinsätze mitgewirkt haben.

Nach den Einlassungen der rechtlichen Vertretung der Bf. sei neben J.S., die W.S. GmbH, als Schuldner nach § 59 Abs.5 GSpG heranzuziehen. Die W. S. GmbH habe dadurch, dass sie auf die Wettquote, als wesentliche Grundlage des Wettvertrages, Einfluss nehmen habe können, und dass sie die Standleitung zu den Servern des Wettlokales, jederzeit hätte abschalten können, großen Einfluss auf das generelle Zustandekommen der Glücksverträge gehabt; sodass sie-neben J.S.- der als Wettunternehmer die Annahme und die Weiterleitung der Wetten in seinem Wettbüro gestattet habe, gesamtschuldnerisch Vermittler iSd § 59 Abs.5 GSpG gewesen sei.

Der Einlassung der T. M. nach, sind die Wettquoten direkt von der Zentrale der W.S. auf die Bildschirme des Wettbüros weitergeleitet worden. Laut J.S. seien die Quoten vom Server der W.S. in die Rechner des Wettlokales vor Ort eingespielt worden. Daraus lässt sich nicht mit Sicherheit ableiten, dass die W.S., gleich einem selbstständigen Quotenmacher, eine Teiltätigkeit des Buchmachergewerbes, nämlich die der Festlegung der Wettquote für den Buchmacher, ausgeübt hatte und dadurch Einfluss auf die Wettquote nehmen hatte können. J.S. selbst erklärte in der mündlichen Verhandlung, die B.S.A habe die Wettquoten abgewickelt. Dass er die B.S.A. für ein Unternehmen der W.S. gehalten habe, lässt sich nicht nachvollziehen. Im Wettlokal waren die Wettbedingungen des Buchmachers B.S.A.- im Gegensatz zu den Wettbedingungen der W.S. GmbH- nicht unter dem Logo der W.S. ausgehängt. Dazu kommt, dass im o.a. Gutachten festgestellt worden ist, dass die B.S.A. zu den von ihr angebotenen virtuellen Tierwetten jeweils eigene Quoten erstellt hat, und die Bf. kein Beweismittel auf gleicher Ebene für die Unrichtigkeit dieser Feststellung beibringen konnte.

Die einseitige Abschaltung der Server ist kein Beitrag zum Zustandekommen von Glücksspielverträgen, sondern vielmehr eine eigenständige Handlung, die dieses Zustandekommen vereitelt.

Nicht übersehen werden durfte, dass die allfällige bescheidmäßige Inanspruchnahme eines weiteren Gesamtschuldners neben der Bf. Sache der belangten Behörde ist.

Zu der, in diesem Verfahren zu beurteilenden, Inanspruchnahme der Bf., als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des J.S., im Rahmen des dafür gebotenen Ermessens nach § 20 BAO, war festzustellen:

Die in § 20 BAO erwähnten Ermessenskriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit sind grundsätzlich und subsidiär zu beachten. (vgl. Z.B. Stoll, BAO, 207) Zu berücksichtigen ist auch der Grundsatz der gleichmäßigen steuerlichen Behandlung. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung "die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" unter Zweckmäßigkeit " das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben".(vgl. z.B.; , 2003/17/0132; 24,02,2010,2009/15/0161)

Die Bf. wendet sich gegen die Vorschreibung der Glückspielabgabe mit der Begründung, einer unrichtigen Ermessensausübung. Dazu führt sie den darauf Bezug nehmenden Inhalt des Erkenntnisses des VwGH zur Zl:96/16/0137 ins Treffen.

Diese Rechtsansicht erklärt die belangte Behörde in der o.a. Beschwerdevorentscheidung für verfehlt und führt dazu den, darauf Bezug nehmenden, Inhalt des Erkenntnisses des VwGH zu Zl: 2005/16/0108 ins Treffen.

Die, im zu beurteilenden Fall, interessierende Feststellung des VwGH, in dem, von der Bf. ins Treffen geführten, Erkenntnis lautet wie folgt: "Ein Spielraum für eine Ermessensübung hinsichtlich der Auswahl aus einer Mehrheit von Gesamtschuldnern liegt aber nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr vor, wenn kein anderer zahlungsfähiger Gesamtschuldner mehr vorhanden ist."

Die, im zu beurteilenden Fall, interessierende Feststellung des VwGH, in dem, von der belangten Behörde ins Treffen geführten, Erkenntnis lautet wie folgt: "Die Entscheidung über die Geltendmachung einer Abgabenschuld gegenüber einer von mehreren Parteien bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses stellt eine Ermessensentscheidung dar. Eine solche Entscheidung ist gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben beizumessen. Die Vorschreibung an einen der Gesamtschuldner ist jedenfalls dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn die Abgabenforderung bei einem der Gesamtschuldner infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens uneinbringlich geworden ist, liegt darüber hinaus ein Ermessensspielraum für die Behörde gar nicht mehr vor (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2002/16/0301, mwN). Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0082)"

Aus keiner dieser Feststellungen geht hervor, dass im Falle der Konkurseröffnung über Vermögen eines Gesamtschuldners, diesem gegenüber- unter keinen Umständen- die Abgabenschuld geltend gemacht werden darf. Vielmehr wird sinngemäß aufgezeigt, dass bei Vorhandensein eines einzigen zahlungsfähigen Gesamtschuldners, diesem gegenüber-unbeschadet vom Bestehen allfälliger Billigkeitsgründe- die Abgabenschuld geltend zu machen ist.

Bei der B. S.A., deren Inanspruchnahme, als Buchmacher und Vertragspartner des Wetteilnehmers, grundsätzlich in Betracht kommt, handelt es sich um ein Unternehmen von dem nur eine E-Mailadresse bekannt ist, dessen Sitz in Uruguay liegt und das keine Zweigniederlassung in Österreich hat. Auch von der Bf. wurde nicht behauptet, dass bei diesem Unternehmen. der Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher und auf einfachsten Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen ist. Von einem zahlungsfähigen Gesamtschuldner, dessen Heranziehung auch nur im Entferntesten zweckmäßig erscheint, konnte bei der B.S.A. sohin keine Rede sein kann

Somit war, im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung -unter Abwägung des Kriteriums der Zweckmäßigkeit gegenüber dem der Billigkeit- festzustellen, ob die Abgabenschuld gegenüber der Bf., als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des J.S. geltend machen zu ist.

Es steht fest, dass der J.S., als Schuldner der Wettgebühr nach § 33 TP 17 GebG 1957, seiner Verpflichtung zur Selbstberechnung nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß nachgekommen ist und auch seinen, für ihn, gemäß §§ 131 ff BAO, bestehenden Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Im Gegensatz zur Behauptung des J.S., in seinem Schreiben vom , kann keine Rede davon sein, dass er die Selbstberechnungsabgabe nur in einzelnen Fällen nicht oder verspätet einbezahlt hat. Vielmehr war als erwiesen anzusehen, dass J.S. Anmeldungen zur Wettgebühr nur fristgerecht bis Dezember 2011 vorgenommen hatte und im Jahre 2012 die Wettgebühr bis Juli verspätet entrichtet hatte. Dass die Abgaben vom August 2012 bis August 2015 unbemerkt auf ein falsches Konto einbezahlt worden sein könnten, widerspricht jeder Lebens-und Amtserfahrung.

Obwohl ihm- laut seinem Schreiben vom - erst im Laufe des Jahres 2013 bekannt gegeben worden ist, dass-im Gegensatz zur Ansicht seiner Ansprechpartner- nach Ansicht der Finanzbehörden virtuelle Hunde-und Pferderennen unter das Glücksspielgesetz und nicht unter das GebG 1957 fallen; und unbeschadet dessen, dass ihm von Anwälten versichert worden war, die Rechtsmeinung des Finanzamtes sei, gemäß einem sicheren Gutachten , falsch-, hätte er, als derjenige der für die rechtmäßige Selbstberechnung verantwortlich war, im gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit als Wettunternehmer, für eine rechtsrichtige Entrichtung der Wettgebühr Sorge tragen müssen. Stattdessen entrichtete J.S. ab August 2012 weder eine Wettgebühr noch eine Glückspielabgabe, und traf offensichtlich auch keine Vorkehrungen zur allfälligen Nachzahlung der Glücksspielsteuer.

Somit war J.S., als Abgabenschuldner gemäß § 59 Abs.2 GSpG, nicht nur seiner Verpflichtung zur Selbstberechnung und Entrichtung der Glücksspielabgabe, gemäß Abs.3 leg.cit., nicht nachgekommen, sondern hatte auch einen Steuerausfall im Gesamtbetrag von € 1.016.259,67 zu verantworten.

Der nunmehr ins Treffen geführten Behauptung, J.S. habe geglaubt, eigentliche Geschäftspartnerin sei-trotz des Vorliegens eines Vermittlungsvertrages mit der B. S.A. als Buchmacher- die W.S., ist entgegenzuhalten, dass J.S. neben einem Franchisevertrag mit der W.S., als Franchisegeberin- dieser Umstand mag die aufgezeigten Webemaßnahmen für die W.S. im und am Wettlokal, die genannten Supportleistungen der W.S. sowie die vertragliche Vereinbarung der Entleerung der Wettkassa durch die WS erklären- auch einen Vertrag mit der B.S.A. über die Vermittlung von virtuellen Tierwetten abgeschlossen hatte. Aus den, dem Gericht vorliegenden, monatlichen Provisionsabrechnungen geht klar hervor, dass J.S. für die Vermittlung von virtuellen Tierwetten von der B.S.A. Provisionszahlungen erhalten hat.

Zudem konnte-im Rahmen der gebotenen Ermessensabwägung- die Möglichkeit nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass J.S., nach Beendigung des Konkursverfahrens, in die Lage kommt, seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angepasste, Beträge einzubezahlen und damit zumindest einem kleinen Teil zur Entrichtung der Abgabenschuld beizutragen. Dies käme dem Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung von Abgabenausfällen entgegen.

Auch wenn die große Belastung des J.S. ab dem Jahr 2014 aufgrund der schweren Erkrankung und des Todes seiner Mutter dem erkennenden Senat durchaus verständlich und nachvollziehbar war, würde eine Abstandnahme von seiner Heranziehung als Abgabenschuldner, die Ungleichbehandlung mit jenen Steuerpflichtigen bedeuten, die trotz vergleichbarer Belastungen zumindest ernsthaft versuchen, ihren Abgabenverpflichtungen nachzukommen, und bei Unklarheiten, betreffend die Höhe der zu entrichtenden Steuern, Vorkehrungen treffen, um allfällige Steuernachforderungen erfüllen zu können.

Sohin war die Bf., als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des J.S., als Steuerschuldnerin, gemäß § 57 Abs.1 GSpG, auf Grundlage der, in den Provisionsrechnungen enthaltenen, Einsätze, heranzuziehen.

Der Umstand, dass J.S. -lt. dem o.a. ärztlichen Gutachten- zwei Jahre nach der erfolgten Geltendmachung der Abgabenschuld aufgrund psychischer Probleme in ärztlicher Behandlung war, wäre einem Billigkeitsantrag nach § 236 BAO zugrunde zu legen, vermag jedoch nicht rückwirkend die Festsetzung der Abgabenschuld mit Rechtswidrigkeit zu belasten.

Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 (bis : "des § 303 Abs. 4") die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (bis "von Amts wegen") vorliegen würden.

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO aF ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach § 303 BAO nF kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren u.a. von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn nach lit b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen, im Spruch anderslautenden, Bescheid herbeigeführt hätte.

Erst durch das aufgezeigte Außenprüfungsverfahren erlangte die belangte Behörde Kenntnis über die, den verfahrensrelevanten Sachverhalt bildenden, Umstände und erwies sich- in Kenntnis dieser Umstände- die Einbeziehung aufgezeichneter Hunde-oder Pferderennen in die Wettgebühr nach § 33 TP 17 GebG als unrichtig. Die Sicherung des öffentlichen Interesses an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sprach-unbeschadet der vorgebrachten Billigkeitsgründe. für die Ergreifung einer Maßnahme nach § 201 BAO.

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Zulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt die Entscheidung auf die o.a. einschlägigen des Verwaltungsgerichtshofes.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 4 lit. a GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7106152.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at