zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.04.2021, RV/5100630/2014

Bezeichnung des Bescheidadressaten bei Miteigentümergemeinschaft

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Finanzconsult - Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Bräugasse 5, 5204 Straßwalchen,
über die Beschwerde vom gegen die als Bescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO bezeichnete Erledigung des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend einheitliche und gesonderte Nichtfeststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für die Jahre 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011, Steuernummer ***StrNr***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 i.V.m. Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Die beiden Beschwerdeführer *Bf.1* und *Bf.2* (im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft *Adresse*.

Seit Beginn der Vermietung des auf dieser Liegenschaft befindlichen Hauses erklärten die Bf. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Am legten die Bf. eine Prognoserechnung vor, nach welcher im 21. Jahr der Vermietung ein Gesamtüberschuss erzielt werden sollte.

Am erließ das Finanzamt Braunau Ried Schärding einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007.
Die festgestellten negativen Einkünfte in Höhe von 30.767,60 Euro wurden je zur Hälfte den beiden Miteigentümern unter Angabe ihrer Adresse und ihrer Steuernummer gesondert zugerechnet.

Am erließ das Finanzamt Braunau Ried Schärding einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2008.
Die festgestellten negativen Einkünfte in Höhe von 30.949,32 Euro wurden je zur Hälfte den beiden Miteigentümern unter Angabe ihrer Adresse und ihrer Steuernummer gesondert zugerechnet.

Am erließ das Finanzamt Braunau Ried Schärding einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009.
Die festgestellten negativen Einkünfte in Höhe von 25.250,98 Euro wurden je zur Hälfte den beiden Miteigentümern unter Angabe ihrer Adresse und ihrer Steuernummer gesondert zugerechnet.

Im Jahr 2013 stellte das Finanzamt im Vorhalteverfahren fest, dass in den Jahren 2009 und 2010 die vorgelegten Prognosen nicht eingehalten worden seien. Die Bf. begründeten dies mit zu positiv angenommenen Mieteinnahmen und mit der Entwicklung des Yen Kredites.

Daraufhin erließ das Finanzamt Braunau Ried Schärding am eine als Bescheid bezeichnete Erledigung über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend einheitliche und gesonderte Nichtfeststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2007, 2008 und 2009.
Dieser "Bescheid" war adressiert (gerichtet) an *Bf.1* und Mitbes. zu Handen der steuerlichen Vertreterin. Weitere Angaben über die Personengemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft) bzw. die einzelnen Mitglieder der Personengemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft) und die Bezeichnung der betreffenden Liegenschaft wurden nicht gemacht.

Ebenfalls am erließ das Finanzamt Braunau Ried Schärding eine weitere Erledigung und bezeichnete sie als Bescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO.
Es wurde festgestellt, dass eine einheitliche und gesonderte Nichtfeststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 unterbleibt.
Auch dieser "Bescheid" war adressiert (gerichtet) an *Bf.1* und Mitbes. zu Handen der steuerlichen Vertreterin. Weitere Angaben über die Personengemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft) bzw. die einzelnen Mitglieder der der Personengemeinschaft (Miteigentümergemeinschaft) und die Bezeichnung der betreffenden Liegenschaft wurden nicht gemacht.

Gegen diese als Bescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO bezeichnete Erledigung erhoben die Bf. durch ihre Vertreterin mit Eingabe vom Berufung (gilt nunmehr als Beschwerde). Sie beantragten die Vornahme der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2007 bis 2011.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragten die Bf. durch ihre Vertreterin über FinanzOnline die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Rechtslage

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO werden die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens festgestellt, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern)gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO wirken Feststellungsbescheide (§ 188) gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt mit Hinweisen auf die Vorjudikatur) tritt die Wirkung eines Feststellungsbescheides nach § 188 BAO nur beim kumulativen Vorliegen folgender Voraussetzungen ein:

1. der Bescheid muss in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnen (§ 191 Abs. 1 lit. c bzw. § 191 Abs. 2 BAO i.V.m. § 93 Abs. 2 BAO);
2. der Bescheid muss seinem Adressaten zugestellt sein oder kraft Zustellfiktion ihmgegenüber als zugestellt gelten (§ 97 Abs. 1 BAO i.V.m. § 101 Abs. 3 und 4 BAO).

Das Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen steht der Wirksamkeit einer behördlichen Erledigung als Bescheid entgegen (vgl. Zl. 2012/13/0027).

Der Bescheidadressat, also die Person, an die der Bescheid ergeht, ist im Spruch des Bescheides namentlich zu nennen, wobei eine Nennung im Adressfeld ebenfalls reicht
(s. Ritz, BAO, § 93 Tz 6 und die dort angeführte Rechtsprechung des VwGH).

Bei einer Grundstücks- und Vermietungsgemeinschaft handelt es sich sowohl zivil- als auch abgabenrechtlich um eine nicht rechtsfähige Personengesellschaft. Die Gemeinschaft selbst ist materiell-rechtlich kein Träger von Rechten und Pflichten. Vielmehr sind dies die daran beteiligten Personen.

Aufgrund der Bestimmung des § 191 BAO kommt einer solchen Gemeinschaft aber verfahrensrechtlich insofern Bedeutung zu, als Feststellungsbescheide - darunter jene nach § 188 BAO - kraft der ausdrücklichen, gesetzlichen Anordnung an die Gemeinschaft, mit Wirkung für alle Beteiligten zu ergehen haben.

Nach Ritz, BAO, § 189, Tz 21 a (und der dort zitierten Rechtsprechung des BFG) kommen bei einer Miteigentümergemeinschaft im Falle der Vermietung unbeweglichen Vermögens als Adressierung des Feststellungsbescheides in Betracht:
•"An die Gemeinschaft der Miteigentümer der Liegenschaft ..." (wenn die Miteigentümer im Spruch namentlich genannt sind,
•"An A, B und C" (wenn die Liegenschaft im Bescheid bezeichnet ist),
•"An A und Mitbes der Liegenschaft ...." (wenn die Mitbesitzer im Bescheidspruch namentlich genannt sind).
Die Adressierung in der Form "S. A. und Mitbes" wird nur dann als ausreichend erachtet, wenn die Miteigentümer im Bescheidspruch namentlich genannt sind und wenn die betreffende Liegenschaft im Bescheid bezeichnet ist. Die Angabe der Steuernummer würde hierfür nicht ausreichen (s. sinngemäß Richtlinien zur Feststellung von Einkünften § 188 BAO, AÖF 2010/36).

Die mit der "Personenumschreibung" getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges, auch deutlich und klar zum Ausdruck zu bringendes Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal. Die in § 191 Abs. 3 BAO normierte Wirkung eines einheitlichen Feststellungsbescheides setzt einen wirksam erlassenen Feststellungsbescheid voraus (vgl. beispielsweise ).

Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt auf der mit Beschwerde angefochtenen Erledigung vom als Bescheidadressat *Bf.1* und Mitbes angeführt. Es fehlt sowohl die Bezeichnung der betreffenden Liegenschaft, auf die sich die Feststellung bzw. Verteilung der Einkünfte bezieht, als auch der Name des zweiten Miteigentümers, über dessen Anteil an den Einkünften aus der Vermietung ebenfalls abgesprochen werden sollte.

Die angefochtene Erledigungen vom hat damit keine Rechtswirksamkeit erlangt (vgl. die Beschlüsse des ; , 96/13/0058).

Gemäß § 191 Abs. 3 BAO wirken Feststellungsbescheide i.S.d. § 188 BAO gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen. Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO zukommende Wirksamkeit erlangen kann, muss er nach § 97 Abs.1 BAO seinem Adressaten zugestellt sein oder als zugestellt gelten. Das ergibt sich aus der Bestimmung des § 101 Abs. 3 BAO, wonach für bestimmte Feststellungsbescheide eine Zustellfiktion normiert ist (vgl. und die dort angeführte Literatur). Zu diesen Bescheiden zählen auch solche, mit denen ausgesprochen wird, dass die genannten Feststellungen zu unterbleiben haben.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (z.B. ; , 2006/13/0001; , 2004/15/0131, 0132; , 2010/17/0066).

Da - wie oben dargestellt - der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Finanzamtes mangels ausreichender Bezeichnung des Bescheidadressaten keine Rechtswirkung zukommt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Rechtsfrage der Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung und der sich daraus ergebenden Rechtsfolge im Sinne der oben zitierten herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt wurden, war die Revision für unzulässig zu erklären.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100630.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at