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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.03.2021, RV/2100360/2020

Grundausbildung einer Justizwachebediensteten als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung Familienbeihilfe ab Juli 2018, Steuernummer ***3***, SVNR ***4***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird von Juli 2018 bis Juli 2019 aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF) stellte am einen Eigenantrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Juli 2018. Sie befinde sich seit in exekutivdienstlicher Ausbildung laut Sondervertrag ab für ein Jahr.

Dieser Antrag auf Familienbeihilfe wurde am abgewiesen, da es sich gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 um keine Ausbildung im Sinne des FLAG handle, auf das VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 wurde hingewiesen.

Gegen diesen Abweisungsbescheid wurde am eine Beschwerde eingereicht, mit der Begründung, dass es sich sehr wohl um eine Ausbildung handle.

Die Beschwerde wurde am mittels einer Beschwerdevorentscheidung abgewiesen und ein Vorlageantrag eingebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 323b Abs. 1 BAO: Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Sachverhalt

Die BF ist am ***2*** geboren und hat mit einen auf 12 Monate befristeten Sondervertrag gem. § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung, Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b auf Basis Vollbeschäftigung, abgeschlossen und am mit dieser Grundausbildung "Justizwache" begonnen.
Die Ausbildung dauerte bis und endete mit der Dienstprüfung im Juli 2019. Ab August 2019 befindet sich die BF in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.
Die BF hat einen eigenen Haushalt und kommt selbst für ihren Unterhalt auf.

Der Ausbildung liegt der Ausbildungsplan der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten BGBl. II Nr. 124/2006 idF BGBl. II Nr. 137/2016 zugrunde. Diese lautet auszugsweise:

Anwendungsbereich
§ 1. (1) Diese Verordnung regelt die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b im Bereich der Justizanstalten.
(2) Die Grundausbildung ist von allen für den Bereich der Justizanstalten aufzunehmenden Bediensteten des Justizwachdienstes zu absolvieren.
(3) Die in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Frauen und Männer gleichermaßen. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Befristetes Dienstverhältnis
§ 2. (1) Die Grundausbildung ist im Rahmen eines auf die Dauer eines Jahres befristeten Dienstverhältnisses (§ 4 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86) zu absolvieren.
(2) Bedienstete, die bereits in einem Dienstverhältnis zum Justizressort stehen, können auf ihren Antrag abweichend von Abs. 1 im Rahmen ihres bestehenden Dienstverhältnisses nach Maßgabe freier Lehrgangsplätze zur Grundausbildung nach dieser Verordnung zugelassen werden.

§ 3 Ziele der Grundausbildung
§ 3. Vorrangige Ziele der Grundausbildung sind es,
1. die Kenntnisse zu vermitteln, die zu einer qualitativ hochwertigen Erfüllung der Aufgaben des Justizwachdienstes erforderlich sind,
2. die Bediensteten mit dem Dienst im Justizressort im Allgemeinen und im Bereich der Justizanstalten im Besonderen vertraut zu machen und
3. die erforderlichen Kenntnisse über die Aufbau- und Ablauforganisation der Justizanstalten sowie über die Funktionsweise des Strafvollzugs in Österreich zu vermitteln.

§ 4 Gestaltung der Grundausbildung
§ 4. (1) Die Ausbildungsmodule haben alle zeitgemäßen und zweckmäßigen Formen der Wissensvermittlung, insbesondere auch e-learning-Systeme, zu nutzen.
(2) Die Ausbildung ist nach folgenden allgemeinen Leitsätzen zu gestalten:
1. die Ausbildung vermittelt berufsspezifisches Wissen, praxisrelevante Fähigkeiten und Fertigkeiten;
2. die Ausbildung orientiert sich an einer an der Menschenwürde orientierten Grundhaltung;
3. die Ausbildung orientiert sich an den aktuellen Erkenntnissen der Erwachsenenpädagogik und Lernpsychologie;
4. in der Ausbildung tätige Personen üben eine Vorbildwirkung aus;
sie sind besonders qualifiziert und verfügen über eine positive (selbst)kritische Haltung;
5. Weiterbildung und permanente Weiterentwicklung sind Voraussetzungen für professionelles Handeln;
6. Erhaltung der mentalen und körperlichen Gesundheit ist Teil der Ausbildung und bleibendes Erfordernis während des gesamten Berufslebens; sie liegt auch in der Eigenverantwortung;
7. Qualitätssicherung erfolgt durch regelmäßige Evaluierung.
(3) Die praktische Ausbildung ist nach folgenden Leitsätzen zu gestalten:
1. Praxisausbildungszeiten sind den Ausbildungserfordernissen der Teilnehmer gewidmet und nicht dem Regelbetrieb der Justizanstalt;
2. Praxisausbildung ist stufenweises, begleitetes Heranführen an eigenverantwortliches Arbeiten;
3. Ausbildungsinhalte und Lernerfolg werden reflektiert und schriftlich dokumentiert.
(4) Die theoretische Ausbildung ist nach folgenden Leitsätzen zu gestalten:
1. die theoretische Ausbildung vermittelt praxisrelevantes Grundwissen;
2. der Unterricht erfolgt vernetzt und fächerübergreifend, auch in seminaristischer Form;
3. e-learning ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses;
er wird durch Präsenzunterricht ergänzt.

§ 5 Dauer und Aufbau der Grundausbildung
§ 5. (1) Die Grundausbildung dauert ein Jahr und gliedert sich in insgesamt fünf aufeinanderfolgende Ausbildungsabschnitte (Phasen), von denen drei als Ausbildungslehrgänge in Blockform und zwei als praktische Verwendungen (Schulungen am Arbeitsplatz) zu gestalten sind.
(2) Im Einzelnen sind für das Ausbildungscurriculum folgende Ausbildungsabschnitte (Phasen), Ausbildungsformen, Ausbildungszeiten und Ausbildungsstationen vorgesehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Phase
1
2
3
Lehrgangs-konferenz
4
Eignungs-konferenz
5
Bezeichnung des Ausbildungs-abschnitts
Einführung
Praxisblock I (begleitende Einführung in das Arbeitsfeld)
Berufs-spezifische Grundlagen
Praxisblock II (Integration in das Arbeitsfeld)
Vertiefung und Abschluss
Ausbildungs-form
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Schulungen am Arbeitsplatz; praktische Verwendungen
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Schulungen am Arbeitsplatz; praktische Verwendungen
Lehrgänge; allenfalls e-learning-Systeme
Dauer
3 Wochen
8 Wochen
24 Wochen
13 Wochen
4 Wochen
Ort
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)
Ausbildungs-anstalten
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)
Stammanstalt
Ausbildungs-zentrum (oder Außenstelle)

(3) Für Auszubildende, die nicht für eine bestimmte Justizanstalt aufgenommen worden sind, gilt als Stammanstalt eine vom Bundesministerium für Justiz festzulegende Justizanstalt.

…. ….

Praktische Verwendung
§ 12. (1) Die praktische Verwendung (Schulung am Arbeitsplatz) hat insgesamt 21 (Arbeits-) Wochen zu dauern. Sie ist im Ausmaß von acht (Arbeits-)Wochen in einer Ausbildungsanstalt und im Ausmaß von 13 (Arbeits-)Wochen in der Stammanstalt des Auszubildenden zurückzulegen.
(2) Die Schulung am Arbeitsplatz gemäß dem Ausbildungsplan und den Vorgaben des Ausbildungsleiters und/oder des Anstaltsleiters obliegt jeweils dem unmittelbar Vorgesetzten.
(3) Abwesenheitszeiten (Urlaub, Krankenstand, Beschäftigungsverbot, Präsenz-, Ausbildungs- und Zivildienst und dgl.) sind bei der Berechnung der Dauer der praktischen Verwendung im Ausmaß von höchstens 15 Arbeitstagen zu berücksichtigen.
(4) Die Zeit einer Teilzeitbeschäftigung zählt für die Berechnung der Dauer der praktischen Verwendung im Umfang des jeweiligen Beschäftigungsausmaßes.

Dienstprüfung
§ 14. (1) Die Dienstprüfung ist in Form von Teilprüfungen (Abs. 2) sowie als abschließende schriftliche und mündliche (Gesamt-)Prüfung abzuhalten und abzulegen.
(2) Hinsichtlich der Ausbildungsmodule des dritten Ausbildungsblocks (berufsspezifische Grundlagen) findet die Dienstprüfung in Teilprüfungen statt. Jede Teilprüfung kann in Form einer Klausurarbeit, einer praktischen Prüfung und/oder einer mündlichen Prüfung stattfinden und ist vor einer Einzelprüferin oder einem Einzelprüfer abzulegen. Die Zuweisung zu einer Teilprüfung erfolgt von Amts wegen durch das Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug, und zwar so zeitgerecht, dass die Zuweisung zur (abschließenden) Dienstprüfung rechtzeitig erfolgen kann. Die jeweilige Form der Teilprüfung ist vom Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug generell festzulegen. Als Prüferin oder Prüfer ist vom Bundesministerium für Justiz in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter der zentralen Bildungseinrichtung für den Strafvollzug jeweils die oder der Lehrbeauftragte für das betreffende Fach oder ein Mitglied der Prüfungskommission zu bestimmen.
(3) Die abschließende mündliche (Gesamt-)Prüfung ist vor einem Prüfungssenat (§ 19) abzulegen, die Teilprüfungen (Abs. 2) sind vor Einzelprüfern abzulegen. Teilprüfungen können schriftlich oder mündlich abgelegt werden.
(4) Die Absolventen des Ausbildungslehrganges sind vom Bundesministerium für Justiz, zur (abschließenden) Dienstprüfung so zuzuweisen, dass die schriftliche und die mündliche Prüfung etwa eine Woche vor Ende des einjährigen befristeten Dienstverhältnisses abgelegt werden können. Dabei hat zwischen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung jedenfalls ein Arbeitstag zu liegen. Mit der (abschließenden) Dienstprüfung endet eine allfällige Dienstzuteilung zum Ausbildungszentrum bzw. zu dessen Außenstelle (§ 6 Abs. 4).

§ 15 Voraussetzungen für die Zulassung zur (abschließenden) Dienstprüfung sind:
1. die Absolvierung der Lehrgänge nach § 5,
2. die praktische Verwendung in dem im § 12 festgelegten Ausmaß,
3. der positive Abschluss aller Teilprüfungen (§ 14 Abs. 2) und
4. eine positive Stellungnahme der Eignungskonferenz (§ 13).

…. …. ….

Anlagen zur Verordnung
Anlage 1


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Die Ausbildungsziele der E2b-Grundausbildung Justizanstalten im Überblick
Dauer
Phase 1: Einführung
3 Wochen
Ausbildungsziele:
- Orientierung im hierarchischen Gefüge der Justizwache
- Überblick über die Ausbildung
- Vorbereitung auf den Praxisblock 1
Phase 2: Praxisblock 1 - begleitende Einführung in das Arbeitsfeld
8 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der Arbeitsabläufe in Justizanstalten
- Kenntnis der Aufgaben eines gerichtlichen Gefangenenhauses und einer Strafvollzugsanstalt
- Umgang mit den Dienstwaffen Pfefferspray und Gummiknüppel
- Reflexion der Leistungen mit dem Ausbildungsleiter
Phase 3: Berufsspezifische Grundlagen
24 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der rechtlichen und organisatorischen Bestimmungen für den Justizwachdienst
- Ausbildung an allen Dienstwaffen
- Grundwissen über humanwissenschaftliche Ausbildungsbereiche
- Arbeit in der Integrierten Vollzugsverwaltung
- Abschluss eines Großteils der Theorieausbildung
Phase 4: Praxisblock 2 - Integration in das Arbeitsfeld
13 Wochen
Ausbildungsziele:
- Kenntnis der Aufgaben in der Stammanstalt
- selbständige Dienstverrichtung in verschiedenen Anstaltsbereichen
- Verrichtung des Nachtdienstes in der Stammanstalt
- Reflexion der Leistungen mit dem Anstaltsleiter
Phase 5: Vertiefung und Abschluss
4 Wochen
Ausbildungsziele:
- Vertiefung und Vernetzung des erworbenen Wissens
- Schriftliche Arbeiten
- Vorbereitung auf die Dienstprüfung im Selbststudium
- Ablegung der Dienstprüfung

Anlage 2.1


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Phase 1 (Einführung) - Ausbildungsinhalte
Stunden
Ausbildungswoche 1
1. Tag
8
- Dienstantritt; Administration; Uniform und Ausrüstung
- Orientierung in der Ausbildungsstätte (zentrale Bildungseinrichtung oder deren Außenstellen)
- Rahmenbedingungen und Richtlinien
2. Tag
8
- Administration; Überblick - E2b-Grundausbildung
- Verhalten in Uniform und Zugehörigkeit zu einem Exekutivkörper
- Die "Vollzugslandschaft"
- Gehaltsgesetzliche Aspekte für die Auszubildenden
3. Tag
8
- Tätigkeitsfelder des Justizwachdienstes
- Andere Berufsgruppen und deren Tätigkeitsfelder im Strafvollzug
- "Umwelten" des Strafvollzuges
- Dienstbehörden; Aufbau der Justiz im Überblick
- Einführung in IT-Anwendungen
4. Tag
8
- Organigramm einer Justizanstalt
- Arbeit in der Hierarchie
- Exkursion in eine Justizanstalt
5. Tag
8
- Die Insassen - Besonderheiten, Kulturen, Tagesablauf, Rechte und Pflichten
- Die Welt des Strafvollzugs
- Übung Rechtschreibung
- Zuordnung zu den Ausbildungsanstalten
Ausbildungswoche 2
1. Tag
8
- Verhalten im Dienstalltag
- Ausgewählte rechtliche Aspekte des StGB für Organe
- Ausgewählte rechtliche Aspekte des BDG 1979 und des VBG
- Struktur der E2b-Grundausbildung
2. Tag
8
- Sicherheit im Vollzugsalltag - Personelle Sicherheit, technische Einrichtungen und Anlagen, Entwicklungen auf dem Sicherheitssektor
- Sicherheitsmaßnahmen
- Verhalten in Geisellagen
3. Tag
8
- Schlüsselgebarung
- Einsatzmittel des Justizwachdienstes
- Überstellungen und Eskorten
- Gerichtsorganisation und Organisation der staatsanwaltschaftlichen Behörden
- Aufbau und vollzugsrelevante Aufgaben des Bundesministeriums für Justiz
4. Tag
8
- Das StVG - Struktur und ausgewählte Bestimmungen
- Übung Rechtschreibung
- Einführung in IT-Anwendungen
5. Tag
8
- Ausgewählte Bereiche der VZO
- Einführung in IT-Anwendungen
Ausbildungswoche 3
1. Tag
8
- Strafvollzug als Teil der hoheitlichen Aufgaben des Staates
- Gesetzgebung des Bundes - Überblick
- Einführung in IT-Anwendungen
2. Tag
8
- Schwerpunkte der Praxisausbildung
- Lernfelder und Beobachtungsschwerpunkte
- Personalvertretung - Rolle und Aufgaben
3. Tag
8
- Überblick über die praxisrelevanten gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit im Strafvollzug
- Schriftliche Arbeit - Meine Erwartungen an mein zukünftiges Berufsfeld
4. Tag
8
- Administration
- Instruktionen für den Umgang mit Pfefferspray und Gummiknüppel
- Schwierige Situationen und deren Bewältigung - CISM - Betreuer
- Gesundheit am Arbeitsplatz
5. Tag
8
- Administration; Reflexion der Einführung
- Vorbereitung auf den Wechsel in den Praxisblock I
- Abschluss

Anlage 2.2


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Phase 2 (Praxisblock I) - Ausbildungsinhalte
Landesgerichtliches Gefangenenhaus(Ausbildungswochen 1 bis 4)
Strafvollzugsanstalt(Ausbildungswochen 5 bis 8)
Ausbildungswochen 1 bzw. 5(die Inhalte sind für die Ausbildung in einem lg. Gefangenenhaus und einer StVA gleich)
- Allgemeine Einführung in den Justizwachdienst
- Kennenlernen der Organisationseinheiten einer Justizanstalt
- Grußpflicht und Meldungserstattung
- Verhalten als Uniformträger
- Meldepflichten nach dem BDG 1979
- Umgang mit Dritten (Lieferanten, Besucher, Fremdpersonen)
- Geschenkannahme
- Sicherheitsvorkehrungen
- Amtsverschwiegenheit
- Vertraut machen mit der Hausordnung
- Umgang mit Insassen
- Grundlagen des Alarmplans
Ausbildungswochen 2 bis 4 bzw. 6 bis 8(die Inhalte werden jeweils aus Sicht des unterschiedlichen Aufgabenbereichs der Justizanstalten vermittelt)
- Tagesablauf (begleitende Teilnahme unter ständiger Beaufsichtigung durch Ausbildungsbeauftragten bzw. Trainer; abschließend Reflexion des Erlernten)
- Kontakte nach außen (Besuch, Telefonate, Briefverkehr)
- Sicherheitsmaßnahmen (z. B. Anlegen von Fesseln)
- Durchsuchung von Personen und von Räumen
- Postendienst
- Abmahnung eines Insassen
- Vor- bzw. Ausführungen
- Abteilungsdienst
- Aufnahme bzw. Entlassung eines Insassen
- Freizeitgestaltung
- Kennenlernen der Werkstätten
Ausbildungswoche 4 bzw. 8
Ausbildungsübergreifende Module:
- Bewährungshilfe; klientenorientierte Betreuung; teamorientierte Aufarbeitung von Problemfällen
- Gerichtsverhandlung und Nachbesprechung
- Drogen- und Alkoholberatungsstelle (alternativ: Heilpädagogische Station des Landes); Erziehungsmängel; Fallbesprechung
Nach der vierten Ausbildungswoche wechseln die Auszubildenden die Ausbildungsanstalt und durchlaufen die nunmehr in der neuen Ausbildungsanstalt vorgesehenen Ausbildungsblöcke.
Phase 2 (Praxisblock I) - Lernziele
- Entgegennahme und Weiterleitung einer Meldung der Insassen (§ 36 StVG)
- Durchführung der Essensausgabe an die Insassen (§ 38 StVG)
- Schriftverkehr mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen (§ 90b StVG)
- Abwicklung von Besuchen (§§ 93 bis 95 StVG)
- Überwachung von Telefongesprächen (§ 96a StVG)
- Durchführung einer Personendurchsuchung (Insassen)
- Durchführung einer Personendurchsuchung sowie die stichprobenweise Kontrolle der Taschen und Fahrzeuge (§ 101 Abs. 4 StVG)
- Durchführung von Haftraum- und Personendurchsuchungen (§ 102 Abs. 2 StVG)
- Handhabung von Schlüsseln, Waffen, Munition usw. sowie Verhalten bei Verlust (§ 102 Abs. 3, 4 und 5 StVG)
- Besondere Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 StVG)
- Gebrauch von Schusswaffen (§ 105 Abs. 6 StVG)
- Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG)
- Kenntnis und Unterscheidung der Ordnungswidrigkeiten (§ 107 StVG)
- Abmahnung eines Insassen (§ 108 Abs. 1 StVG), Meldung an den Anstaltsleiter (§ 108 Abs. 3 StVG)
- Aufnahme (§ 131 StVG)
- Information eines Insassen über seine Rechte und Pflichten entsprechend dem Strafvollzugsgesetz und der Hausordnung (§§ 11, 26, 44, 112, 116 und 120 StVG)
- Behandlung von Insassen (§ 22 StVG)
- Überwachung der Insassen bei der Bewegung im Freien, Sicherheitsdienst etc.
- Entgegennahme und Weiterleitung der Post, Beschwerden und Ansuchen der Insassen
- Mitwirkung im Werkstättendienst einschließlich Sicherheitseinrichtungen und Kontrolle
- Korrektes Verhalten als Justizwachebeamter/-beamtin (persönliche Einsatzfähigkeit), Verbot der Geschenkannahme (§ 59 BDG 1979)
- Vorschriftsmäßige Uniformierung (§ 60 BDG 1979)
- Handhabung, Behandlung, Führen und Verwahrung der Dienstwaffen und Munition
- Grußpflicht
- Meldepflicht, Meldungserstattung an Vorgesetzte
- Überwachung von Besuchen
- Durchführung von Vorführdiensten
- Durchführung von Ausführungen bzw. Überstellungen
- Erfüllung der Aufgaben von Postendiensten
- Durchführung von Abteilungsdienst

Anlage 2.3


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Phase 3 (Berufsspezifische Grundlagen) - Stundentafel
Stunden
Anmerkung
Bildungsbereich Grundzüge der Rechtswissenschaften und für den Dienst in Justizanstalten notwendige Vorschriftenkenntnisse sowie Aufbau und Organisation der Justizanstalten
292
1.
Strafvollzugsrecht
prüfungsrelevant
1.1.
Jugendvollzug, Frauenvollzug, Maßnahmenvollzug
prüfungsrelevant
1.2.
Group Counselling
2.
Berufskunde
prüfungsrelevant
3.
Exekutivbefugnisse und Sicherheit
prüfungsrelevant
4.
Straf- und Strafverfahrensrecht
prüfungsrelevant
5.
Grundzüge der Pönologie und Kriminologie
prüfungsrelevant
6.
Dienstrecht
prüfungsrelevant
6.1.
Reisegebührenvorschrift
prüfungsrelevant
7.
Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und politische Bildung
prüfungsrelevant
7.1.
Menschenrechtstraining
prüfungsrelevant
8.
Berufsethik
prüfungsrelevant
9.
Wirtschaftliches Handeln in Justizanstalten
prüfungsrelevant
10.
Brandschutz
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Grundzüge der Humanwissenschaften
136
11.
Psychologie
prüfungsrelevant
12.
Psychiatrie
prüfungsrelevant
13.
Erste Hilfe
prüfungsrelevant
14.
Sozialarbeit
prüfungsrelevant
15.
Interkulturelle Kompetenz
prüfungsrelevant
16.
Drogen
prüfungsrelevant
17.
Umgang mit radikalisierten und extremistischen Inhaftierten
prüfungsrelevant
18.
Grundzüge der Pädagogik, Sozialpädagogik und Freizeitgestaltung
prüfungsrelevant
19.
Diversität und Gender Mainstream
prüfungsrelevant
20.
Seelsorge
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Persönlichkeitsentwicklung
124
21.
European Communication Certificate (Eco-C)
prüfungsrelevant
21.1.
Social Media Führerschein
prüfungsrelevant
22.
Mentale und körperliche Fitness
AB
23.
Außergewöhnliche Belastungssituationen
AB
24.
Affektkontrolltraining Impulstag
Bildungsbereich exekutivdienstliche Besonderheiten des Justizwachdienstes bzw. des Dienstes in Justizanstalten
200
25.
AEK-Ausbildung (Anwendung einsatzbezogener Köpergewalt) unter Berücksichtigung der Bedeutung der Menschenrechte im Strafvollzug
prüfungsrelevant
26.
Vollzugliches Handlungstraining
27.
Dokumentensicherheit und Personenverifizierung
28.
Meldungs- und Berichtswesen
prüfungsrelevant
29.
Ausbildung an allen Dienstwaffen
prüfungsrelevant
Bildungsbereich Sprachen und Kommunikation mittels moderner Technologien
96
30.
Fachenglisch
31.
Umgang mit moderner Informationstechnologie
prüfungsrelevant
Administration, Lerneinheiten, Dispositionsstunden
120
32.
Administration bei Dienstantritt
33.
"Lernen lernen"
AB
34.
Lerneinheiten/Dispositionsstunden
35.
Evaluation
Gesamtstundenzahl Phase 3
968

Anlage 2.4


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Phase 4 (Praxisblock II)
Ausbildungscurriculum
Ausbildungswoche 1 und 2
- Persönliche Vorstellung und vertrauensschaffende Maßnahmen
- Heranführen an die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Stammanstalt
- Vertrautmachen mit dem Einsatzfahrzeug und gleichzeitiges Kennenlernen der relevanten Umwelten (wie z. B. Gerichte, Kliniken, andere Dienststellen)
- Schlüsselgebarung und deren Übernahme
Ausbildungswochen 3 bis 10
- Kennenlernen der Besonderheiten der Stammanstalt unter Anleitung der für diese Bereiche verantwortlichen Trainer einschließlich Durchlauf eines allenfalls erforderlichen Förderassessments
Ausbildungswochen 11 bis 13
- Entlassung in die selbstständige Aufgabenwahrnehmung in den verschiedenen Organisationseinheiten mit Praxisberatung
Allgemeines
- Lenken des Bewusstseins des Auszubildenden auch auf den Bereich Gesundheit und Fitness
- Führen des Ausbildungstagebuchs
Lernziele
In den Ausbildungswochen 3 bis 10 werden die Lernziele des Praxisblocks I entsprechend den Aufgabenfeldern der Stammanstalt wiederholt und um nachfolgende Zielsetzungen ergänzt:
- Abwicklung von Besuchen (§§ 93 bis 95 StVG), Verständigung der Sicherheitsbehörden bei Anhaltung eines Besuchers
- Durchführung einer Ausführung und Überstellung (§ 98 StVG)
- Ausübung unmittelbaren Zwanges (§ 104 StVG) bei Wiederergreifung eines Insassen, auch gegenüber Dritten
- Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 Abs. 6 StVG)
- Anwendung des Wegweiserechtes (§ 105a StVG)
- Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG), Verfolgung eines flüchtigen Insassen (§ 106 Abs. 1 StVG) und Erstattung einer Meldung an den Anstaltsleiter (§ 106 Abs. 3 StVG, § 53 BDG 1979), Maßnahmen bei Flucht und Nacheile, Festnahme und Anhaltung
- Unerlaubter Verkehr mit Gefangenen (§ 180a StVG), Anhaltung der Besucher (§ 86 Abs. 2 StPO)
- Aufnahme (§§ 131, 132 StVG), notwendige Unterschriftsleistungen der Insassen
- Aufgaben des Arbeitsplatzes im Falle eines Alarm- Krisen- oder Katastrophenfalles entsprechend dem Notfallsplan
- Durchführung einer Ausführung laut Eskortevorschrift
- Durchführung von Abteilungsdienst
- Durchführung einer Bewachung von Insassen in der geschlossenen Abteilung

Anlage 2.5


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Phase 5 (Vertiefung und Abschluss) - Ausbildungsschwerpunkte
Ausbildungswoche 1 - Wiederholung
- gezielte Prüfungsvorbereitung durch Überprüfung des Wissensstands, Wiederholung der Lerninhalte, Aufarbeitung von Defiziten
- Aufarbeitung von Differenzen zwischen theoretischen Inhalten und Arbeitswirklichkeit
Ausbildungswoche 2 - Vernetzung
- Vernetzung der einzelnen Bildungsbereiche in seminaristischer Form (Teamteaching)
- Bearbeitung praxisbezogener Problemstellungen in Kleingruppen mit anschließender Reflexion im Plenum
Ausbildungswoche 3 - Prüfungsvorbereitung
- Simulation der Prüfungssituation mit Hilfe prüfungsnaher Szenarien
- Bearbeitung von Themen für die schriftliche Prüfung in Kleingruppen
- Einbau geeigneter körperlicher Aktivitäten und Entspannungsübungen zur besseren Bewältigung von Prüfungsstress
Ausbildungswoche 4 - Prüfungsphase
- Sonderurlaub bis zu drei Tagen für die Prüfungsvorbereitung vor der Abschlussprüfung
- allenfalls Informationen und Rückfragemöglichkeiten im angemessenen Umfang mit erfahrenen Lehrbeauftragten oder Prüfern

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage, den Angaben der BF und ihres Rechtsvertreters im Vorhalteverfahren und dem Ausbildungsplan der BMJ (Verordnung BGBl. II Nr. 124/2006 idF BGBl. II Nr. 137/2016).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

§ 6 FLAG 1967:
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist .
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder
b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd für längstens drei Monate, oder
c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit.k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder …. …. ….
(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19.Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.
(Nach BGBl. I Nr. 109/2020 werden die in §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 3 FLAG enthaltenen Beträge" 10.000 €" durch die Beträge "15.000 €" ersetzt.
§§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 3 idF des BGBl. I Nr. 109/2020 treten mit in Kraft und sind erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr2020 anzuwenden.)

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.
(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). ... ... ...
Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat primären Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Das liegt vor, wenn bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person geteilt wird (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967).
Führt das Kind einen eigenen Haushalt, ist die Person anspruchsberechtigt, welche die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.
Wenn das Kind einen eigenen Haushalt führt und auch niemand überwiegend seine Unterhaltskosten trägt (wie im beschwerdegegenständlichen Fall), besteht nach § 6 Abs. 2 iVm Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes.

Entgegen seiner im Erkenntnis, , geäußerten Erwägungen in Rz 16 ff, judiziert der VwGH gemäß den Erkenntnissen vom , Ra 2019/16/0202 und vom , Ra 2020/16/0039 (Rz 32) nunmehr, dass die am Beginn des Exekutivdienstes stehende "Basisausbildung" mit Lehrplan und Stundentafel, die - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, noch eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.
Entscheidend ist der Inhalt der Tätigkeit.

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in letzterer Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Diese oa Erkenntnisse ergingen zwar zur Polizeigrundausbildung von Polizeischülern. Ihre Aussagen haben aber auch im gegenständlichen Fall der Ausbildung zum Justizwachedienst Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob hier eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 oder schon Berufsausübung vorliegt.

Die Ausbildung erfolgt im Falle der BF von einer noch nicht im Justizwachedienst tätigen Berufsanfängerin und folgt einem durch Verordnung vorgegebenen Lehrplan mit Stundentafel und intensiver theoretischer Schulung an der Strafvollzugsakademie mit Teil- und Abschlussprüfungen.

Das zwischen den beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende 8-wöchige Berufspraktikum I umfasst nach dem Ausbildungsplan als Ausbildungsziele: Kenntnis der Arbeitsabläufe in Justizanstalten, Kenntnis der Aufgaben eines gerichtlichen Gefangenenhauses und einer Strafvollzugsanstalt, Umgang mit den Dienstwaffen Pfefferspray und Gummiknüppel, Reflexion der Leistungen mit dem Ausbildungsleiter; vgl. auch die Ausbildungsinhalte laut Anlage 2.2. wie allgemeine Einführung in den Justizwachdienst, Kennenlernen der Organisationseinheiten einer Justizanstalt, Grußpflicht und Meldungserstattung, Verhalten als Uniformträger, Meldepflichten nach dem BDG 1979, Umgang mit Dritten (Lieferanten, Besucher, Fremdpersonen), Geschenkannahme, Sicherheitsvorkehrungen, Amtsverschwiegenheit, Vertraut machen mit der Hausordnung, Umgang mit Insassen, Grundlagen des Alarmplans etc.
Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Der Praxisblock I kann wie die theoretischen Ausbildungsblöcke als Berufsvorbildung gewertet werden.

Das Berufspraktikum II umfasst 13 Wochen und führt schon vermehrt an das selbständige Arbeiten in der Stammanstalt heran (vgl. Anlage 2.4), umfasst aber auch noch ein allenfalls erforderliches Förderassessment.
In den Wochen 11 bis 13 erfolgt die Entlassung in die selbstständige Aufgabenwahrnehmung in den verschiedenen Organisationseinheiten mit Praxisberatung.
Hierin könnte zwar schon eher das Moment der Berufsausübung überwiegen mit Elementen einer verstärkten Einführung am Arbeitsplatz wie im Falle einer Unterrichtspraktikantin nach Lehramtsstudium (vgl. ).
Im Gesamtzusammenhang und einer Gesamtschau kann aber auch hier (gerade noch) von einer Berufsausbildung ausgegangen werden. Der Umstand, dass dieses Praktikum II im gegenständlichen Fall vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht aber dafür, dass das Berufspraktikum II noch keine (überwiegende)Berufsausübung darstellt, sondern als Mischform noch der Aspekt der Berufsausbildung überwiegt. Zudem umfassen die 3 Wochen der selbständigen Arbeitswahrnehmung auch keinen ganzen Monat, der für die Familienbeihilfe als Anspruchszeitraum relevant ist.

Im Ergebnis stellt daher die gesamte Grundausbildung der BF zum Justizwachedienst bis zur Dienstprüfung nach der Rechtsprechung des VwGH eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar und Familienbeihilfe steht für diesen Zeitraum dem Grunde nach zu.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.
Ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 vorliegen, wird das Finanzamt zu berücksichtigen haben.

Steht wie im beschwerdegegenständlichen Fall Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Auflage 2020, § 26 Rz 3 mwN).

Hält die Antragstellerin die zur Auszahlung kommende Familienbeihilfe für falsch, kann diese einen Antrag auf Auszahlung eines anderen Betrages stellen, über den dann das Finanzamt gesondert abzusprechen haben wird mit vollem Rechtsschutz mittels Beschwerde für die Antragstellerin.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung folgt der VwGH-Rechtsprechung, insbesondere und den hier angeführten Verweisen.

Graz, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100360.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at