Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2021, RV/5100372/2017

Steuerliche Beurteilung von Haftungszahlungen im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für Schulden der GmbH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 Steuernummer ***1***,SVNr. ***2*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob Zahlungen aus dem Titel einer Haftungsinanspruchnahme bei der Beschwerdeführerin (Bfin.) steuerlich als sonstige Werbungskosten abzugsfähig sind.

Verfahrensgang

Am reichte die Beschwerdeführerin (Bfin.) zu ***1*** die berichtigte Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 ein.

In der Kennzahl 724, Pkt. 10.12, Sonstige Werbungskosten, die nicht unter 10.6 bis 10.11 fallen (z.B. Betriebsratsumlage) wurde ein Betrag von € 3.900, als sonstige Werbungskosten geltend gemacht.

Vorhalt des Finanzamtes v.

Ergänzungspunkte: Sie werden ersucht, die geltend gemachten Werbungskosten sowie außergewöhnlichen Belastungen nachzuweisen (Etwaige Kostenersätze sind bekanntzugeben).

Zum hier relevanten Teil des Ergänzungsvorhaltes v. wurde von der Bfin. keine Stellungnahme abgegeben.

Einkommensteuerbescheid 2015 v.

Die Haftungszahlungen wurden nicht als Werbungskosten anerkannt. Begründung: "Da Sie aus Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der ***5*** GmbH keine Einkünfte erzielen, können auch die geltend gemachten Zahlungen als Haftung für Abgabenschulden der GmbH steuerlich nicht berücksichtigt werden.

Beschwerde v.

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Mittels Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde die Einkommensteuer 2015 in Höhe von € 4.969,83,00 festgesetzt. In der eingereichten Arbeitnehmerveranlagung wurden die von Frau ***Bf1*** getätigten Zahlungen hinsichtlich der Haftung für Abgabenschulden der ***5*** GmbH in Höhe von € 3.900,73 geltend gemacht, die jedoch im Rahmen der Veranlagung nicht anerkannt wurden.

Als Begründung wurde angeführt, dass diese nicht anerkannt werden können, da Frau ***Bf1*** keine Einkünfte aus der GmbH erzielt. Hierzu ist anzuführen, dass die Höhe des Geschäftsführerbezuges im Rahmen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit liegt. Wie der Abgabenbehörde aus den bereits erfolgten Veranlagungen der ***5*** GmbH bekannt ist, verzeichnete die GmbH in den letztenJahren deutliche Umsatzrückgänge, welche letztlich auch der Grund für die teilweise nicht erfolgten Finanzamtszahlungen waren. Zum Wohle der GmbH verzichtet(e) Frau ***Bf1*** daher solange auf die Ausbezahlung eines angemessenen Geschäftsführerbezuges, bis diese wieder ausreichend hohe Gewinne erwirtschaftet und sich die Liquiditätssituation verbessert hat. Grundsätzlich liegen immer dann selbständige oder gewerbliche Einkünfte vor, wenn die entsprechende Tätigkeit selbständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausgeübt wird. Sämtliche Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor. Wie bereits ausgeführt, sollen in Zukunft auch wieder Einnahmen lukriert werden, jedoch wäre dies nicht möglich, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der GmbH durch die Verrechnung von Geschäftsführerbezügen weiter geschwächt werden würde. Daher kann aus der temporären Nichtverrechnung von Geschäftsführerbezügen keinesfalls auf ein Nichtvorliegen einer Einkunftsquelle geschlossen werden. Weiters stehen nach ständiger Rechtsprechung (UFS RV/0880-1/10, VwGH 2010/15/0211) durch Geschäftsführer geleistete Haftungszahlungen eindeutig im kausalen Zusammenhang mit der Funktion als Geschäftsführer, weshalb diese selbstverständlich(nachträgliche) Betriebsausgaben darstellen. Der Einfachheit halber wurde auch heuer auf einen Erklärungswechsel verzichtet, da in dem auszufüllenden E1a Formular außer diesen Haftungsbeträgen ohnehin keine Werte enthalten wären. Außer der Tatsache, dass in diesem Fall ein Verlust aus selbständiger Arbeit ausgewiesen werden würde, hätte ein Erklärungswechsel keine steuerlichen Auswirkungen. Aus genannten Gründen ergreifen wir im Namen und Auftrag unserer Klientin das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom und beantragen die Anerkennung der geleisteten Zahlungen als Haftende für Abgabenschulden der GmbH in Höhe von € 3.900,73 und somit die antragsgemäße Veranlagung der erklärten Einkünfte."

In der Beschwerdevorentscheidung v. wurde vom Finanzamt Folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der Werbungskostenbegriff umfasst Aufwendungen, die beruflich veranlasst sind und mit der konkreten (außerbetrieblichen) Tätigkeit in einem objektiven Zusammenhang stehen (Hofstätter-Reichel, EStG-Kommentar, Bd. III b, § 16 EStG 1988 allgemein, Tz. 2). Sie sind Gesellschafter-Geschäftsführer und beziehen aus dieser Tätigkeit keine Einkünfte. Die Übernahme der Bürgschaft der GmbH ist nicht als Maßnahme zur Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft zu sehen, sondern in erster Linie als Mittel dafür, um die GmbH aufrecht zu erhalten. Darauf ist zunächst zu erwidern, dass die Übernahme einer Bürgschaft, die als Geschäftsführer eingegangen wird, und damit zusammenhängende Zahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers nach einhelliger Meinung von Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich nicht beruflich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Die Sicherung der Geschäftsführerbezüge ist nur eine weitere Folge des primären Zwecks der Einlage, nämlich der Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft. Sie entziehen sich damit einem Abzug als Werbungskosten, weil eine Gesellschaftereinlage vorliegt (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, § 16, Tz. 220 "Bürgschaften" und die dort zit. Judikatur). Einkommensteuerrechtlich ist nicht zu differenzieren, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit einem entsprechend hohen Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, ob erst später Einlagen getätigt werden, oder ob er schließlich als Bürge und Zahler für Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen wird, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. In all diesen Fällen handelt es sich um Kapitalanlagen (vgl. VwGH. , 90/14/0028). Derartige Vermögensverluste können daher beim Gesellschafter auch nicht einkünftemindernd berücksichtigt werden. Die Übernahme von Haftungen bzw. Schulden der GmbH durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer dient wirtschaftlich in erster Linie dem Fortbestand der GmbH und nur indirekt der Erhaltung der Einkünfte (vgl. und 99/13/0252). Die Beschwerde war somit abzuweisen."

Im Vorlageantrag v. wurde von der stl. Vertretung Folgendes ausgeführt:

"1. Die GmbH wurde ursprünglich im Hinblick auf den Geschäftsumfang mit ausreichend hohem Eigenkapital ausgestattet, wobei auch das Stammkapital zur Gänze einbezahlt wurde. Aufgrund des Trennungsprinzips wäre Frau ***Bf1*** nicht verpflichtet gewesen, weitere Einlagen zu leisten bzw. Bürgschaften einzugehen. Dies geschah ausschließlich aus einem Gläubigerschutzgedanken - und somit aus der rechtlichen Verpflichtung eines Geschäftsführers - heraus, da die eingegangenen privaten Bürgschaften für Frau ***Bf1*** nur ein privates Risiko, jedoch keine - wie auch immer gearteten Vorteile - bedeuteten. Aus der Sicht eines Gesellschafters wäre eine Bürgschaft somit weder sinnvoll noch zielführend gewesen.

2. Aufgrund der eingeschränkten Haftung einer GmbH entspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass Fremdkapital nur bei Besicherung durch zusätzliche Bürgschaften / Sicherheiten seitens Dritter gewährt wird. Somit kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass solche Konstellationen nur aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses eingegangen werden, bzw. dass solche Sachverhalte generell Einlagen darstellen würden. Der Gesellschafter hat seine Verpflichtung mit der Leistung seiner Einlage erfüllt, der Geschäftsführer hat jedoch gegenüber der GmbH und vor allem deren Gläubigern umfangreiche Sorgfaltspflichten zu beachten hat. In diesem Zusammenhang war aus Gläubigerschutzinteressen die Bürgschaft im Rahmen der Geschäftsführerfunktion notwendig.

3. Der Geschäftsführer einer GmbH erzielt unstrittig Einkünfte aus selbständiger Arbeit und hat in diesem Zusammenhang auch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu erstellen. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer "seiner" GmbH ausreichend Kapital zur Verfügung gestellt hat, wovon im gegenständlichen Fall aufgrund des überschaubaren Geschäftsvolumens auszugehen ist, treffen ihn keine weiteren Nachschuss- bzw. Einlageverpflichtungen. Ob der Gesellschafter einer solventen Gesellschaft nun ein Darlehen gewährt, oder eine Einlage leistet, unterliegt grundsätzlich der unternehmerischen Privatautonomie und wird auch steuerlich anerkannt. Steuerrechtlich kann es daher keinen Unterschied machen, ob der solventen Gesellschaft ein zusätzliches Darlehen gewährt, oder aber eine Bürgschaft eingegangen wird, die eventuell in Zukunft schlagend wird. Weiters ist auch eine pauschale Unterstellung einer ausschließlich gesellschaftsrechtlichen Veranlassung nicht sachgerecht. Bei Gewährung eines Darlehens hätte der (Gesellschafter-)Geschäftsführer im Rahmen seiner betrieblichen (!) Einkünfte eine Forderung gegenüber der GmbH auszuweisen bzw. mitzuführen. Im Falle des Verlustes wäre somit der Forderungsverlust zweifelsfrei gewinnwirksam. Nichts Anderes kann im gegenständlichen Fall gelten, wo der GmbH durch Bezahlung ihrer Verbindlichkeiten letztlich indirekt ein Darlehen zur Verfügung gestellt wurde. Eine gesellschaftsrechtliche Einlage liegt nicht vor und war auch nicht beabsichtigt. Somit liegen kein zusätzliches Eigenkapital bzw. ein Eigenkapitalersatz vor. Darüber hinaus erfordert auch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine Anerkennung der Ausgaben bei der Geschäftsführerin, da die GmbH wiederum in Höhe des Wegfalles nicht getilgter Verbindlichkeiten einen Sanierungsgewinn (=Betriebseinnahme) zu erklären und versteuern hat. Für die weiteren Ausführungen verweisen wir auf die Beschwerde vom . Aus genannten Gründen stellen wir im Namen und Auftrag unserer Klientin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom (Beschwerdevorentscheidung vom ) gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 durch das Bundesfinanzgericht und beantragen die Anerkennung der geleisteten Zahlungen als Haftende für Abgabenschulden der GmbH in Höhe von € 3.900,73 und somit die antragsgemäße Veranlagung der erklärten Einkünfte. Darüber hinaus stellen wir den Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht."

Mit Vorlagebericht v. wurde der Beschwerdefall dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schriftsatz v. wurde von der steuerlichen Vertretung der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Beschwerdezeitraum 2015 bezog die Bfin. von der Pensionsversicherungsanstalt ***9*** ausschließlich Pensionsbezüge in der Höhe von € 28.522,75.

Die Bfin bezog bis als Geschäftsführerin/Gesellschafterin der ***5*** GmbH (Firmenbuchnummer ***3***, Unternehmensregister ***4***, Gründungsdatum am ), einen Geschäfsführerbezug. Diese Firma hatte ihren Sitz in der ***6***.

Der Firmenbuchauszug v. belegt, dass diese Firma zu ***8*** am mit der Eintragungsnummer 28 beim zuständigen Gericht Landesgericht ***10*** amtswegig gelöscht wurde (§ 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit zu Geschäftsfall 21 ***7***).

Seit bezog sie eine Alterspension aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Mit Haftungsbescheid vom ist die Bf. für offene Abgabenverbindlichkeiten der ***5*** GmbH gem. §§ 9, 80 BAO in Anspruch genommen worden. Dem Haftungsbescheid wurden Abgabenverbindlichkeiten zugrunde gelegt, die lange nach dem Beginn des Pensionsbezuges entstanden sind und daher auch zu einem Zeitpunkt zu entrichten waren, als die Bf. keine Einkünfte aus ihrer Geschäftsführertätigkeit bei der ***5*** GmbH mehr bezogen hat. Die älteste Abgabenschuld ,für die die Bf. gem. §§ 9, 80 BAO in Anspruch genommen wurde, war die Umsatzsteuer für März 2013. Aufgrund dieses Haftungsbescheides hat die Abgabenbehörde Pfändungen des Pensionsbezuges der Bf. vorgenommen und wurden aufgrund dieser Pfändungen Zahlungen durch die Pensionsversicherungsanstalt als Drittschuldner im Jahr 2015 im Gesamtbetrag von € 3.900,73 geleistet.

Dieser Sachverhalt ist zwischen den Parteien unstrittig.

Beweiswürdigung

Die oben getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem elektronischen Akteninhalt und der vom Bundesfinanzgericht amtswegig vorgenommenen Einsicht in das Firmenbuch v. betreffend die ***5*** GmbH, den Daten des Steuerkontos sowie dem Haftungsbescheid v. bzw. den Lohnpfändungsbescheiden v. und , den Buchungen am Abgabenkonto der ***5*** GmbH,sowie den Belegen betreffend Zahlungen vom , , und .

Zum Vorbringen in der Beschwerde, dass die Bf. zum Wohle der GmbH (gemeint: der ***5*** GmbH) solange auf die Ausbezahlung eines angemessenen Geschäftsführerbezuges verzichte, bis diese wieder ausreichend hohe Gewinne erwirtschaftet und sich die Liquiditätssituation verbessert habe, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen vollkommen unsubstantiiert ist und dafür auch keinerlei Nachweise vorliegen. Aufgrund der mit erfolgten Pensionierung ist vielmehr davon auszugehen, dass die Bf. auch in Zukunft keine Geschäftsführerbezüge beziehen wird. Jedenfalls liegt für das beschwerdegegenständliche Jahr aus dieser Tätigkeit keine Einkunftsquelle vor.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Aus dem Werbungskostenbegriff ergibt sich, dass es entscheidend auf den Veranlassungszusammenhang von Aufwendungen und Ausgaben ankommt (vgl. , mwN, und , mwN).

Grundsätzlich stellen Zahlungen, die ein aktiver Geschäftsführer aus dem Anlass der Inanspruchnahme leistet, Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dar (je nach Einkunftsart des Gesellschafter-Geschäftsführers abhängig von seiner Beteiligung).

Unstrittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall, dass die Bfin. bereits ab Oktober 2000 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Weiters unstrittig ist, dass mit Haftungsbescheid vom für Abgaben hinsichtlich des Zeitraumes für 2013 bis 2015 in Anspruch genommen wurde. Die aushaftenden Abgabenschuld der ehemaligen ***5*** GmbH, die bereits am amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, wurde ein Betrag von € 3.900,73 im Lohnpfändungsverfahren einbehalten. Der Abflusszeitpunkt war daher unstrittig auch im Jahre 2015 im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnung (Lohnpfändung).

Dies gilt jedenfalls für den Zeitraum während seiner Tätigkeit, aber auch noch nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen (Beweisvorsorgepflichten des Geschäftsführers, um sich später aus der Geschäftsführerhaftung für Zeiträume, die im Verantwortungsbereich der Geschäftsführerin lagen, frei zu beweisen zu können). Auch einen neu eintretenden Geschäftsführer treffen gewisse Erkundigungspflichten.

Schadenersatzzahlungen sind nach Lehre und Rechtsprechung als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist; wird das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt, sind die Schadenersatzzahlungen hingegen nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbar (vgl. ; ; , mwN; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 19. Lfg., § 4 Tz 330, Stichwort "Schadenersatzleistungen", mwN, sowie Marschner in Jakom, EStG, 11. Aufl., § 4 Tz 330, Stichwort "Schadenersatzleistungen", mwN).

Der gesetzliche Haftungstatbestand des § 9 BAO iVbm. § 80 BAO ist eine Art Schadenersatzverpflichtung des Gesellschafter-Geschäftsführers. Er wurde deswegen geschaffen, um den Einnahmenausfall des Staates auszugleichen, weil die Abgaben beim Hauptschuldner (hier: ***5*** GmbH) nicht mehr einbringlich waren.

Bei der Erlassung eines Haftungsbescheides gem. § 224 BAO, die im Ermessen der Abgabenbehörde liegt, ist von einer Einhebungsmaßnahme auszugehen. Ob der Haftungsbescheid v. rechtmäßig war, hatte das Gericht nicht mehr zu beurteilen. Diesem konnte sich die Bfin. nur insofern entziehen, als sie eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid hätte anstrengen können. Dies wurde von ihr unterlassen.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes, verkündet am zur GZ. VI R 35/96, Rechtsgebiete: AO 1977, EStG, geht hervor (Vergleichbarkeit der Haftungsbestimmungen auch mit österr. Rechtslage):

"Eine derartige Haftung stellt keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten dar, sondern soll allein den durch die Hinterziehungshandlung verursachten Vermögensschaden des Fiskus ausgleichen (vgl. BFH-Urteile vom VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; vom VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504; Beschluss vom VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 71 AO Rz. 3, 30,m.w.N.; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 71 Rz. 2)."

Für den konkreten Beschwerdefall bedeutet dies:

Nach Ansicht des Gerichtes ist im gegenständlichen Beschwerdefall ist von einer Zahlung der Bfin. mit Einlagencharakter auszugehen. Diese ist nach Ansicht des Gerichtes weder als Werbungskosten noch als nachträgliche Betriebsausgabe absetzbar.

Nach so langer Zeit (in Summe also 15 1/2Jahre -sie bezog lediglich bis Oktober 2000 einen Geschäftsführerbezug) kann bei der gegenständlichen, teilweise schlagend gewordenen Haftung auch nicht mehr von einer nachträglichen Betriebsausgabe gesprochen werden. Der Zeitraum ist einfach zu lange.

Der einkünfterelevante Bereich (hier: ehemals Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 22 Z 2 EStG 1988 als geschäftsführende Gesellschafterin) wurde "verlassen". Die Bfin. bezog nach ihrer Geschäftsführertätigkeit nurmehr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pension aus der GSVG). Ein nachträglicher betrieblicher Zusammenhang kann daher bei der gegebenen Sachlage nicht mehr hergestellt werden. Eine steuerliche Berücksichtigung als sonstige Werbungskosten im Rahmen der Pension ist ebenfalls ausgeschlossen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Revision war nicht zuzulassen, da beim gegenständlichen Beschwerdefall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (, sowie vom ) vorlag.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Einlagenleistung
Werbungskosten
Haftungszahlungen für fremde Schulden
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100372.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at