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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.03.2021, RV/7106338/2019

Fiktive Anschaffungskosten einer Eigentumswohnung als AfA-Basis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

In der Einkommensteuererklärung 2017 erklärte der Beschwerdeführer (Bf) neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Verlust aus der erstmaligen Vermietung einer Eigentumswohnung in ***Gasse1***. von 671,78 Euro. Die Einkünfte resultieren aus Einnahmen von 840 Euro abzüglich der Halbjahres-AfA der Wohnung von 1.011,78 Euro und der Halbjahres-AfA der Einrichtung von 500 Euro. Des Weiteren erklärte der Bf Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 3.009,75 Euro, wobei der Bf bezüglich eines betrieblich genutzten Arbeitszimmers in seinem Einfamilienhaus von einem Nutzungsverhältnis von 25% ausging und anteilige Betriebskosten von 761,18 Euro ansetzte. In den Betriebsausgaben sind u.a. auch Kosten für Bewirtungen von 788,70 Euro enthalten.

In Beantwortung eines Vorhalts des Finanzamtes übermittelte der Bf am eine Aufstellung der Einnahmen und der fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung sowie der Einrichtung, eine Aufstellung der Werbungskosten bezüglich seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und eine Aufgliederung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Zur Wohnungsvermietung gab der Bf bekannt, er habe die Wohnung Anfang 2000 angeschafft und nach privater Nutzung bzw Leerstehung erstmals ab November 2017 vermietet. Die Ableitung der fiktiven Anschaffungskosten sei in der Aufstellung ersichtlich. Von den fiktiven Anschaffungskosten für einen Neubau von 8.000 Euro / m² habe er die Wertminderung in Form der Abschreibung für den Zeitraum seit der Anschaffung in Abzug gebracht. Die Anschaffungsnebenkosten (für Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr, Maklergebühr, Vertragserrichtung, Notar etc.) habe er in üblicher Höhe von 10% angesetzt. Der Grundanteil gemäß Grundanteilsverordnung sei mit 30% angesetzt worden. Übermittelt werde die Mietvereinbarung.

Mit E-Mail vom gab der Bf zur vermieteten Wohnung in der ***Gasse1*** bekannt, dass er zum Vergleich ein aktuelles Verkaufsangebot von REMAX übermittle. Seine Wohnung sei bisher lediglich sporadisch privat genutzt worden und habe so gut wie keine Gebrauchsspuren im Gegensatz zu den anderen Wohnungen im Haus, welche überwiegend seit 2000 vermietet werden. Dies würde eine höhere Bewertung rechtfertigen. Bei einem Wohnungsprojekt in unmittelbarer Nähe würden die Preise fast durchwegs über 10.000 Euro je m² betragen.

Zur Gebäudeabschreibung sehe § 16 Abs. 1 Z 8 lit c EStG fiktive Anschaffungskosten vor. Laut EStR Rz 6441 sei § 6 Z 9 lit b EStG anzuwenden, wonach als fiktive Anschaffungskosten jener Betrag anzusetzen sei, welcher für das Wirtschaftsgut aufzuwenden gewesen wäre. Gemäß EStR Rz 6442 könnten die fiktiven Anschaffungskosten auch vom Ertragswert abgeleitet werden, was allerdings nicht in den §§ 16 Abs. 1 Z 8 lit c und 6 Z 9 lit b EStG gesetzlich vorgesehen sei. Der Ertragswert sei daher nicht zwingend anzuwenden. Nach EStR Rz 6442 sei daher die Wahl der richtigen Bewertungsmethode im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen. Für seine Wohnung gebe es Marktpreise, die zur Ableitung der fiktiven Anschaffungskosten herangezogen werden können.

Das Finanzamt übermittelte dem Bf (E-Mail vom ) eine Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten zum jetzigen Zeitpunkt und des Ertragswertes. Mit E-Mail vom antwortete der Bf, dass die Herleitung des Sachwertes grundsätzlich schlüssig sei, wenn das nahe gelegene Bauprojekt von Liv herangezogen worden sei. Der Sachwert als fortgeschriebene Anschaffungskosten nach Abzug der bisherigen fiktiven Abschreibung decke sich genau mit dem Angebot von REMAX mit einem Preis von rd. 5.200 Euro pro m² (ohne Nebenkosten, inkl Grundanteil), womit zwei vergleichbare Liegenschaften gegeben seien.

Die Ermittlung eines Mittelwertes zwischen Sach- und Ertragswertes sei daher nicht erforderlich. Laut beiliegender VwGH-Entscheidung werde auf Verkaufspreise vergleichbarer Liegenschaften verwiesen. Nach den Ausführungen des VwGH eigne sich die Ertragswertmethode für Objekte, deren Mietzinsbildung gesetzlichen Beschränkungen unterliege, was bei seiner Wohnung in der ***Gasse1*** nicht zutreffe. Im Übrigen hänge der vom Finanzamt ermittelte Ertragswert von der derzeitigen Höhe der Miete ab. Ein höherer bzw niedrigerer Mietzins würde daher zu einem höheren oder niedrigeren Ertragswert führen. Eine subjektiv festgesetzte Miethöhe würde daher einen objektiv zu ermittelnden Wert fiktiver Anschaffungskosten beeinflussen, was für die Schätzung nicht sachgerecht wäre. Die fiktiven Anschaffungskosten mögen daher ausschließlich aus dem Sachwert hergeleitet werden.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf Fotos der Wohnungseinrichtung. Er verwies darauf, dass die Küche bereits im Zuge des Wohnungskaufs erworben worden sei. Die übrige Ausstattung sei sehr hochwertig. Er habe im Jahr 2018 in einer anderen Wohnung für eine geringfügig größere Küche rd 14.500 Euro und für die Beleuchtung 2.500 Euro investiert.

Nach Rücksprache mit einem Immobiliensachverständigen würde ein Bewertungsgutachten zwischen 1.400 Euro und 2.450 Euro zzgl USt kosten, was in keiner Relation zum Vermietungsüberschuss stehen würde und gegebenenfalls von der Finanzverwaltung nicht anerkannt werden würde. Er ersuche daher, für die Bewertung der fiktiven Anschaffungskosten die Vergleichsliegenschaften heranzuziehen.

Am erfolgte für den Beschwerdeführer (Bf) die Veranlagung zur Einkommensteuer für 2017. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 3.936,58 Euro und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7,30 Euro angesetzt.

In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung in der ***Gasse1*** ein Mittelwert zwischen Sachwert und Ertragswert iHv 104.360 Euro ermittelt worden sei, das ergebe eine jährliche Abschreibung von 1.565,40 Euro. Die Einrichtung bewerte das Finanzamt mit 1.000 Euro, was für 2017 eine Halbjahres-AfA von insgesamt 832,70 Euro zur Folge habe. Bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit werde für das Arbeitszimmer der anteilige Betriebskostenanteil auf 15% gesenkt. Anerkannt würden aufgrund der Belege 50% der Bewirtungsspesen als Betriebsausgaben. Werbungskosten können nur in tatsächlicher Höhe oder pauschaliert beantragt werden. Kopierkosten von 300 Euro seien nicht anzuerkennen.

Die Beschwerde vom richtete sich gegen die vom Finanzamt angesetzten fiktiven Anschaffungskosten betreffend Vermietung und gegen den Betriebskostenanteil für das Arbeitszimmer.

Nach einem Mängelbehebungsauftrag übermittelte der Bf am eine zusätzliche Begründung sowie Kaufverträge von vergleichbaren Wohnungen und eine Berechnung der betrieblich genutzten Fläche im Einfamilienhaus des Bf.

Er habe die fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung ausgehend von einem aktuellen Neupreis von 8.000 Euro je m² unter Berücksichtigung des Alters des Gebäudes inklusive Grundwert und exklusive Anschaffungsnebenkosten mit insgesamt 175.200 Euro angesetzt, was einem Wert von 5.840 Euro je m² entspreche.

Nach der Judikatur des VwGH (ÖStZB 2016/193) sei die Behörde bei Anwendung der Schätzungsmethode für die fiktiven Anschaffungskosten verpflichtet, das Ziel einer größtmöglichen Annäherung an die Wirklichkeit zu beachten. Weiters seien zu Kontrollzwecken Verkaufspreise vergleichbarer Liegenschaften heranzuziehen.

Er habe bereits ein Angebot eines Immobilienmaklers über den Verkauf einer vergleichbaren Wohnung im selben Haus vorgelegt. Eine aktuelle Grundbuchsabfrage habe ergeben, dass diese Wohnung zwischenzeitig tatsächlich verkauft worden sei, und zu einem über dem damaligen Angebot liegenden Kaufpreis von 228.000 Euro für rd 38 m², woraus sich ein Wert von 6.000 Euro je m² ergebe. Bei zwei weiteren Kaufverträgen über Wohnungen in unmittelbarer Nähe mit vergleichbarem Qualitätsstandard seien Preise von rd 7.000 Euro je m² erzielt worden. Diese Liegenschaft sei Ende 2010/Anfang 2011 fertig gestellt worden.

Die vom Bf angesetzten fiktiven Anschaffungskosten seien im Vergleich dazu niedriger.

Zum Anteil der betrieblich genutzten Fläche im Einfamilienhaus führte der Bf aus, dass er die Räumlichkeiten im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nutze. Er habe in der Einkommensteuererklärung den Anteil der betrieblichen Nutzung mit 25% der Gesamtnutzfläche angesetzt. Die genaue Vermessung der Wohnnutzfläche und der beiden betrieblich genutzten Räume habe eine betrieblich genutzte Fläche von rd 29% ergeben. Unter Außerachtlassung der Nebenräume wäre dieser Anteil noch höher.

Er beantrage, die fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung und die betrieblich genutzte Fläche im Wohnhaus wie in der Steuererklärung beantragt festzusetzen.

Das Finanzamt änderte mit Beschwerdevorentscheidung vom den angefochtenen Bescheid insofern, als die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 3.802,68 Euro verringert wurden. Im Übrigen blieb der Bescheid unverändert. In der ausführlichen gesonderten Bescheidbegründung legte das Finanzamt dar:

Fiktive Anschaffungskosten des Mietobjektes:

Die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten sei gesetzlich nicht geregelt, sie seien nach § 184 BAO zu schätzen. Unter den fiktiven Anschaffungskosten sei jener Betrag zu verstehen, den ein Käufer zum Stichtag beim Erwerb über den Markt hätte aufwenden müssen. Sie orientieren sich auch am Ertragswert, da sie anschaffungsorientiert seien und von einem ertragsorientierten Erwerber ausgehen.

Der Ertragswertmethode sei der Vorrang einzuräumen (Lenneis, ÖStZ 1998, 572), da ein Erwerber, der die Liegenschaft zur Erzielung von Vermietungseinkünften nutzen wolle, nur diesen Betrag bezahlen würde. Der darüber hinausgehende Sachwert sei nicht im Wege der AfA abzugsfähig, da dieser Teil bloß allenfalls die Erzielung eines höheren (meist steuerfreien) Veräußerungserlöses ermögliche.

Bei Eigentumswohnungen werde der gemeine Wert am ehesten aus unbedenklichen Vergleichswerten abzuleiten sein. Seien solche nicht vorhanden, sei die Gewichtung von Sach- und Ertragswert je nach Eignung des Objektes zur Eigennutzung oder Vermietung vorzunehmen.

Die Wohnung mit 30 m² befinde sich in ***Gasse1***.

Zur Sachwertermittlung sei zum Vergleich auf zwei Verkaufsanbote im Internet mit Quadratmeterpreisen von 7.100 Euro bzw 6.770 Euro verwiesen worden. Dazu sei jedoch anzumerken, dass es sich um Neubauwohnungen mit Erstbezug handle. Die Wohnung des Bf sei jedoch bereits 1997 gekauft worden, womit die baulichen Standards nicht vergleichbar seien. Außerdem weise eine Vergleichswohnung eine Größe von 51 m² samt zusätzlicher Terrasse auf. Die zweite Vergleichswohnung mit 48 m² befinde sich im 4. Stock (bessere Lage). Daher sei auch hinsichtlich Größe, Lage und Ausstattung der Wohnung keine Vergleichbarkeit gegeben.

Zudem habe der Bf zwei Kaufverträge von nahegelegenen Wohnungen vorgelegt, wobei ein Quadratmeterpreis von ca 7.000 Euro erzielt worden sei. Diese Wohnungen mit 52 m² und 102 m² seien Ende 2010/Anfang 2011 fertiggestellt worden. Hinsichtlich Größe und Inbetriebnahmezeitpunkt seien die Wohnungen ebenfalls mit der gegenständlichen Wohnung nicht vergleichbar.

Laut Bf sei eine Wohnung im selben Haus mit 38 m² zum Kaufpreis von 228.000 Euro veräußert worden. Das entspreche einem Quadratmeterpreis von 6.000 m² (abzüglich Bodenwert 30% 4.200 Euro).

Im Immobilienpreisspiegel werde der Quadratmeterpreis für den gegenständlichen Wiener Gemeindebezirk für 2017 mit 3.009,80 Euro ausgewiesen. Dieser Wert sei deutlich niedriger als der vom Bf angegebene.

Im Erstverfahren sei der Sachwertermittlung ein Quadratmeterpreis von 7.100 Euro in Anlehnung an die Vergleichswohnung in der ***Gasse2*** zugrunde gelegt worden. Abzüglich AfA 2000 bis 2017, zuzüglich 6% Kaufnebenkosten und abzüglich 30% für Grund und Boden ergebe sich ein Gebäudewert von 116.558,93 Euro.

Zur Ermittlung des Ertragswertes sei von der Netto-Monatsmiete von 420 Euro, abzüglich 5% für Leerstehung und abzüglich 15% Erhaltungskosten ausgegangen worden. Nach Anwendung des Multiplikationsfaktors 32,35 und abzüglich 30% für Grund und Boden habe das Finanzamt einen Gebäudewert von 92.160,62 Euro errechnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sei für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten grundsätzlich das Ertragswertverfahren anzuwenden. Auch laut Literatur orientiere sich der Marktpreis von Mietobjekten am Ertragswert. Richtig sei, dass Informationen auch aus Verkaufspreisen vergleichbarer Liegenschaften gewonnen werden können. Ausreichend vergleichbar seien Objekte aber nur dann, wenn die Wertfaktoren in den wesentlichen preisbestimmenden Merkmalen, insbesondere Alter, Ausstattung, Bauzustand und Ertrag, übereinstimmen. Gegebenenfalls könne der gemeine Wert durch Vornahme von Abschlägen und Zuschlägen zu einem Vergleichspreis ermittelt werden.

Der Sachwert könne also zur Kontrolle und erforderlichenfalls zur Korrekturhilfe herangezogen werden. Im Erstverfahren sei der Mittelwert aus Sachwert und Ertragswert den fiktiven Anschaffungskosten zugrunde gelegt worden.

Daher sei in diesem Punkt dem Beschwerdebegehren nicht zu folgen gewesen.

Anteil der betrieblich genutzten Fläche im Wohnhaus:

Aus den vorgelegten Plänen ergebe sich ein betrieblich genutzter Anteil an der Gesamtfläche von 25%. Bei der Berücksichtigung der anteiligen Betriebskosten seien jedoch die ORF GIS-Gebühren als nicht betrieblich veranlasst auszuscheiden. Es seien demnach Kosten von 683,25 Euro anzuerkennen.

Bewirtungskosten:

Zur Hälfte abzugsfähig seien werbewirksame Bewirtungsaufwendungen, bei denen die Repräsentationskomponente untergeordnet sei. Der Steuerpflichtige habe für jede einzelne Ausgabe das Zutreffen der Voraussetzungen nachzuweisen, eine Glaubhaftmachung reiche nicht. Da die vom Bf vorgelegten Rechnungen weder den Anlass der Bewirtung noch einen eindeutigen Werbezweck erkennen lassen, seien die geltend gemachten Bewirtungskosten nicht anzuerkennen.

Der Bf brachte ohne weitere Ausführungen am einen Vorlageantrag ein.

Am übermittelte der Bf dem Bundesfinanzgericht ein Sachverständigengutachten über einen Verkehrswert der gegenständlichen Wohnung in ***Gasse1***, zum von 182.000 Euro. Das Gutachten enthält im Wesentlichen folgende Aussagen:

Die Wohnung befinde sich in sehr guter Wohnlage in einem 1999 errichteten Gebäude mit gutem Bau- und Erhaltungszustand mit Aufzug und einem Innenhof. Die Wohnung mit Vorraum, Kochnische, einem Wohn- Schlafraum und einem Badezimmer mit WC sei in einem guten bis sehr guten Zustand. Die Wohnung mit rund 30 m² sei bis zu einem Mietzins von 420 Euro monatlich vermietet gewesen. Der Mietertrag sei auf Marktniveau.

Ertragswertverfahren:

Zur Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes nahm der Sachverständige auf die Veröffentlichungen des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs Bezug, wonach für Wohnliegenschaften in sehr guter Lage ein Zinssatz von 2 bis 4% empfohlen wird.

Unter Berücksichtigung der Erfahrung des Sachverständigen, der durchgeführten Marktrecherche sowie der Lage, der Größe, der Objektart, der Ausstattung und der mietvertraglichen Situation sah der Sachverständige eine marktkonforme Bruttorendite in einer Bandbreite von 2,25% und 3,25%. Er setzte den Liegenschaftszinssatz daher folgend retrograd mit 1,50% an, was einer nachhaltigen Bruttoanfangsrendite von 2,75% entspreche.

Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer sei der Zeitraum, in dem die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Unterhaltung und Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können. Diese Art der Restnutzungsdauerfeststellung sei nicht mit einer linearen Abschreibung gleichzusetzen. Es sei bei konstanten Rahmenbedingungen sogar wahrscheinlich, dass sich die wirtschaftliche Restnutzungsdauer nicht in Einjahressprüngen verändere. Bei geänderten Rahmenbedingungen könne die Restnutzungsdauer auch steigen.

In der Literatur betrage die Gesamtnutzungsdauer für Miet- und Eigentumswohngebäude 60 bis 80 Jahre. Im gegenständlichen Fall gehe der Sachverständige von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren aus. Unter Berücksichtigung des Gebäudealters von 18 Jahren und einer linearen Abschreibung ergebe sich zum eine Restnutzungsdauer von 62 Jahren.

Nach Abzug von Bewirtschaftungskosten und eines Leerstehungsrisikos kam der Sachverständige auf einen Jahresreinertrag von 4.527,48 Euro. Aus Restnutzungsdauer und Kapitalisierungszinssatz ergebe sich ein Vervielfältiger von 40,18 und daraus der Ertragswert von 181.914,15 Euro, gerundet 182.000 Euro.

Überprüfung im Vergleichswertverfahren:

Der Wertansatz des Sachverständigen ergebe sich aus seiner Markterfahrung, aus den Vergleichspreisen und unter Berücksichtigung des Immobilienpreisspiegels der WKO. Die Vergleichspreise seien nach den Kriterien Lage im Raum, Stockwerkslage, Größe, Freiflächen und Alter an die gegenständliche Einheit angepasst worden.

Die Wohnungspreise im Vergleichsobjekt in ***Gasse3***, wurden in Bezug auf die Lage (ident), die Größe der Wohnungen und das Baualter angepasst. Der Sachverständige errechnete anhand der 13 Vergleichswohnungen einen durchschnittlichen Kaufpreis von 6.051,02 Euro pro m². Ein m²-Preis von 6.000 Euro sei nach Ansicht des Sachverständigen marktkonform und sei durch Marktrecherche, Markterfahrung und Vergleichspreise überprüft worden.

Die Abgabenbehörde nahm zum Gutachten mit E-Mail vom Stellung und bekräftigte im Wesentlichen die Würdigung des Sachverhaltes, wie sie dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

Der Bf vermietete erstmals ab auf die Dauer von drei Jahren eine Eigentumswohnung in ***Gasse1***, um 420 Euro monatlich. Die Mietzinsbildung unterliegt keinen gesetzlichen Beschränkungen. Der Mieter trägt zusätzlich die Betriebs- und Nebenkosten der Wohnung. Die Wohnung befindet sich in einem im Jahr 1999 errichteten Gebäude und wurde seitdem bis zum Vermietungsbeginn vom Bf privat genutzt bzw stand die Wohnung teilweise leer. Die Wohnung verfügt über keinen Balkon oder Loggia. Ein PKW-Stellplatz wurde nicht mitvermietet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unbestritten. Einigkeit besteht auch zwischen den Parteien, dass für die Bemessung der AfA die fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung zum Zeitpunkt des Vermietungsbeginns heranzuziehen sind. Es bestehen aber unterschiedliche Ansichten zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten. Unbestritten ist die Höhe der AfA für die mitvermietete Wohnungseinrichtung.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988idF BGBl. I Nr. 118/2015 gehören zu den Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein abnutzbares Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:

c) Wird ein zum nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu Grunde zu legen.

Die fiktiven Anschaffungskosten sind aus der Sicht des Erwerbers zu ermitteln. Maßgeblich ist, was für diesen Erwerb als tatsächlicher Kaufpreis angefallen wäre. Die fiktiven Anschaffungskosten sind ein Schätzwert, dessen Ermittlung durch einen Schätzungsakt vorzunehmen ist, für den nähere gesetzliche Vorschriften nicht existieren. Es ist jene Schätzungsmethode zu wählen, deren Ergebnisse den tatsächlichen Gegebenheiten am nächsten kommen bzw eine größtmögliche Annäherung an die Wirklichkeit darstellen (siehe Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 157 und die dort angeführte Judikatur).

Die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten ist durch einen Schätzungsakt iSd § 184 BAO vorzunehmen, für dessen Durchführung nähere gesetzliche Vorschriften nicht bestehen. Die nach dem LBG heranzuziehenden Bewertungsmethoden (Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren) können - mit Einschränkungen - auch bei der Schätzung der fiktiven Anschaffungskosten für steuerliche Zwecke herangezogen werden ().

Dem Ertragswertverfahren ist dann der Vorzug zu geben, wenn die zu bewertende Liegenschaft zu Ertragszwecken vermietet wird (Lenneis in JAKOM, EStG 2020, § 16 Tz 38).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten anhand des Ertragswertes als sachgerecht beurteilt (zB ), wobei die Rechtsprechung für die Schätzung eine Präferenz für das Ertragswertverfahren erkennen lässt (; ), da für einen Liegenschaftskauf zu Vermietungszwecken der erzielbare Ertrag maßgebend sein wird.

Das Finanzamt ermittelte im Schätzungsweg für die Wohnung (ohne Nebenkosten, inklusive Grundanteil) zum Zeitpunkt des Vermietungsbeginns einen Ertragswert von 131.658 Euro bzw 4.389 Euro pro Quadratmeter sowie einen Sachwert von 157.087 Euro bzw 5.236 Euro pro Quadratmeter. Die Abgabenbehörde brachte sodann einen Mittelwert als fiktive Anschaffungskosten zum Ansatz (Näheres dazu siehe unten).

Der Bf ging hingegen von fiktiven Neubau-Anschaffungskosten vom 8.000 Euro pro Quadratmeter aus. Abzüglich der Wertminderung seit der Anschaffung berechnete er sodann fiktive Anschaffungskosten von 175.200 Euro bzw 5.840 Euro pro Quadratmeter (ohne Nebenkosten, inklusive Grundanteil).

Im Sachverständigengutachten vom , das vom Bf nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht nachgereicht wurde, kam der Sachverständige zum zu einem Verkehrswert der Wohnung in Höhe von 182.000 Euro bzw. 6.044,50 Euro pro Quadratmeter.

Zum Ertragswert:

Der Sachverständige ermittelte den Verkehrswert anhand des Ertragswertes:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monatsmiete
420,00
Jahreseinnahmen
5.040,00
Abschlag f Bewirtschaftung
361,32
Abschlag Leerstehungsrisiko 3%
151,20
Jahresreinertrag
4.527,48
RND 62 J
Kapital.zinssatz 1,5%
Vervielfältiger 40,18
Ertragswert
181.914,15
Verkehrswert gerundet
182.000,00
Verkehrswert / m²
6.044,50
Bruttorendite
2,77%

Kapitalisierungszinssatz:

Zur Wahl des Liegenschaftszinssatzes verwies der Sachverständige auf die Veröffentlichungen des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs, wonach in sehr guter Lage - wie im vorliegenden Fall - für Wohnliegenschaften ein Liegenschaftszinssatz von 2 - 4% empfohlen wird. Laut Gutachten habe der Sachverständige keine konkreten Renditezahlen ermitteln können. Er habe daher retrograd ein Liegenschaftszinssatz von 1,5% angesetzt, der aus einer marktkonformen Bruttorendite von 2,25% bis 3,25% folge, die sich wiederum aus der Erfahrung des Sachverständigen, der Marktrecherche und der Lage, Größe, Objektart, Ausstattung und mietvertraglichen Situation der Wohnung ergebe.

Dem Gutachten ist hinsichtlich des Zinssatzes folgendes entgegenzuhalten:
Für Mietwohnhäuser, die nicht dem MRG unterliegen, wird in der Literatur ein Kapitalisierungszinssatz von 4,0 - 5,0% als angemessen erachtet, für Wohn- und Geschäftshäuser 4,5 - 5,5%. Bei sehr guten Innenstadtlagen in Großstädten können auch deutlich geringere Kapitalisierungszinssätze herangezogen werden (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, Auflage 2010, S. 94f.). Dieser Richtwert wird im Regelfall für die Mehrzahl der Liegenschaften zutreffen, kann aber im Einzelfall anzupassen sein. Zinssätze außerhalb des genannten Rahmens sind grundsätzlich möglich, würden aber besonders aus den Umständen des Einzelfalles zu begründen sein (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, Auflage 2010, S. 97).

Dieser besonderen Begründungspflicht wird im Gutachten mit dem unbestimmten Hinweis auf die Erfahrung des Sachverständigen und eine nicht näher ausgeführte Marktrecherche nicht Genüge getan. Dem Gutachten fehlt eine fundierte Begründung, auf welcher konkreten Grundlage eine marktkonforme Bruttorendite von 2,25% bis 3,25 bzw retrograd ein Liegenschaftszinssatz von 1,5% angesetzt wurde, zumal damit auch von den - im Gutachten zitierten - Veröffentlichungen des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs abgewichen wird.

Restnutzungsdauer

Das vom Bf beigebrachte Gutachten beschreibt die Liegenschaft und bescheinigt dem Gebäude aufgrund äußerer Wahrnehmung des Sachverständigen einen guten Bau- und Erhaltungszustand. Er habe zum Besichtigungszeitpunkt am keine wesentlichen strukturellen oder mechanischen Schäden am Gebäude feststellen können. Detaillierte Untersuchungen des Bauzustandes, der Installationen und technischen Einrichtungen wurden vom Sachverständigen jedoch nicht durchgeführt. Der Zustand der Wohnung wird als gut bis sehr gut beschrieben (Gutachten Seite 25).

Zur Gesamtnutzungsdauer der Liegenschaft wird im Gutachten Literatur (Bienert, Kranewitter) angeführt, die für Miet- und Eigentumswohngebäude 60-80 Jahre ansetzt. Der Sachverständige ging im konkreten Fall von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren und einer Wohnungsübergabe am aus, und kommt damit zum Bewertungsstichtag rechnerisch zu einer Restnutzungsdauer von 62 Jahren (Gutachten Seite 36).

Zu diesen Ausführungen des Gutachtens ist festzuhalten, dass § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 auf einer Restnutzungsdauer von 66 2/3 Jahren beruht. Die Beweislast einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen (zB ). Der Nachweis ist mit einem Gutachten über den technischen Bauzustand zu erbringen.

Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer (Lenneis in JAKOM, EStG 2020, § 16 Rz 42 zur Nutzungsdauer). Abgabenrechtlich darf die Restnutzungsdauer keinesfalls als Residualwert zwischen (ursprünglicher) Gesamtnutzungsdauer und Alter der baulichen Anlage verstanden werden. Vielmehr ist die Restnutzungsdauer neu zu ermitteln (Prodinger/Ziller, Immobilienbewertung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2020, V. E. 2. c. Restnutzungsdauer).

Darüber hinaus muss ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer geeignetes Gutachten auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen ().

Wenn der Sachverständige lediglich unter Hinweis auf eine Literaturstelle, wonach für Miet- und Eigentumswohngebäude die Gesamtnutzungsdauer innerhalb einer Zeitspanne von 60-80 Jahren anzusetzen ist, ohne weitere Begründung von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren ausgeht und aufgrund des Alters eine Restnutzungsdauer von 62 Jahren rechnerisch ermittelt, ist der Schluss auf die angegebene (Rest-)Nutzungsdauer nicht nachvollziehbar. Ein Bezug zwischen dem Befund und der Restnutzungsdauer wird im Gutachten nicht hergestellt. Auf den konkreten Bauzustand geht der Gutachter im Rahmen der Schätzung der Restnutzungsdauer nicht ein. Damit bleibt die angesetzte Restnutzungsdauer auf der bloßen Behauptungsebene.

Der Sachverständige errechnete aus dem Jahresreinertrag mittels eines Vervielfältigers, der aus dem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer abgeleitet wird, den Ertragswert von 182.000 Euro (6.044,50 Euro pro m²). Da aber weder die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes noch der Ansatz der Restnutzungsdauer nachvollziehbar dargestellt ist, ist das Gutachten nicht zur Feststellung des Ertragswertes geeignet.

Zum Vergleichswert:

Der Gutachter ermittelte schließlich zur Kontrolle des Ertragswertes zum anhand von 13 Vergleichswohnungen in einem im gleichen Wiener Gemeindebezirk gelegenen Wohnhaus einen Wert von 6.000 Euro pro m².

Im Gutachten ist unter Punkt 3.3 angeführt: "Der Wertansatz ergibt sich aus unserer Markterfahrung und aus den unten angeführten Vergleichspreisen und unter Berücksichtigung des Immobilienpreisspiegels der WKO. Die angegebenen Vergleichspreise wurden nach den Kriterien Lage im Raum, Stockwerkslage, Größe, Freiflächen und Alter des Vergleichspreises an die bewertungsgegenständliche Einheit angepasst."

Das Gutachten ist nun insoweit nicht nachvollziehbar, als entgegen diesen Ausführungen die Kaufpreise der Vergleichswohnungen mit Zu- bzw Abschlägen lediglich an das Alter und die Größe der gegenständlichen Wohnung angepasst wurden. Nicht ersichtlich ist, dass der Sachverständige die übrigen, von ihm als wertbestimmend angegebenen Umstände in irgendeiner Form berücksichtigt hat.

Die preisbestimmenden Wertfaktoren der Vergleichswohnungen sind nicht ausreichend dokumentiert, zB ist nicht erkennbar, ob in den Vergleichspreisen auch ein Garagenstellplatz inkludiert ist. Der Grad der Übereinstimmung der zu bewertenden Wohnung und der Vergleichsobjekte ist daher nicht überprüfbar. Das Gutachten lässt auch offen, inwiefern die Markterfahrung des Gutachters bei der Wertfindung eine Rolle gespielt hat. Die Werte des angesprochenen Immobilienpreisspiegels der WKO sind in die Wertermittlung jedenfalls nicht eingeflossen.

Der Immobilienpreisspiegel 2017 der WKO gibt für Wohnungen im gegenständlichen Wiener Gemeindebezirk einen Quadratmeterpreis von 3.009,80 Euro an und beträgt damit lediglich rund die Hälfte des im Gutachten ermittelten Vergleichspreises. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass die Einbeziehung des Immobilienpreisspiegels auf die Ermittlung des Vergleichswertes Einfluss gehabt hätte.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass auch der Bewertungsvorgang zur Ermittlung eines Vergleichswertes im Gutachten nur mangelhaft dargestellt ist und das Gutachten daher auch in dieser Hinsicht als Beweismittel nicht geeignet ist.

Sachverständigengutachten sind wie jedes andere Beweismittel der freien Beweiswürdigung zugänglich. Die Beweiswürdigung unterliegt insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, als es sich um die Beurteilung handelt, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen ().

Das Finanzamt berechnete den Ertragswert wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monatsmiete
420,00
Abzüglich 5% für Leerstehung
-21,00
399,00
Jahresrohertrag
4.788,00
Abzüglich 15% Erhaltungskosten
-718,20
Jahresreinertrag
4.069,80
Multiplikationsfaktor
32,35
Ertragswert der Liegenschaft
131.658,03
Abzüglich 30% Grund und Boden
39.497,41
Gebäudewert lt. Ertragswertmethode
92.160,62

Diese Berechnung wird vom Bundesfinanzgericht anhand der einschlägigen Rechtsprechung wie folgt beurteilt:

Beim Ertragswertverfahren wird der nachhaltig zu erwartende Jahresreinertrag unter Anwendung eines zu begründenden Zinssatzes auf die geschätzte Restnutzungsdauer kapitalisiert (zB ). Aus dem Kapitalisierungszinssatz und der Restnutzungsdauer ergibt sich der vom Finanzamt auf den Jahresreinertrag angewendete Multiplikationsfaktor. Im vorliegenden Fall beruht der Multiplikationsfaktor von 32,35 (siehe Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, Anhang XIX. Vervielfältiger zur Ermittlung des Ertragswerts) auf dem Kapitalisierungszinssatz von 2,5% und einer Restnutzungsdauer von 66 2/3 (aufgerundet: 67) Jahren.

Der Kapitalisierungszinssatz drückt die Rendite aus, die ein Anleger bzw Investor für das eingesetzte Kapital erwartet. Je geringer das Risiko ist, dem der Ertrag aus der Liegenschaft unterworfen ist, desto niedriger ist die Verzinsung.

In Hinblick auf die auch im Gutachten erwähnten Empfehlungen des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs, die für Wohnliegenschaften in sehr guter Lage einen Liegenschaftszinssatz von 2 - 4% angeben, ist der vom Finanzamt gewählte Zinssatz von 2,5% für die gegenständliche Wohnung in sehr guter Lage und Verkehrsanbindung gerechtfertigt, zumal dieser Zinssatz ohnedies am unteren Rand der angegebenen Spanne liegt.

Die von der Abgabenbehörde angesetzte Restnutzungsdauer von 66 2/3 Jahren beruht auf den gesetzlichen Vorgaben des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 für Gebäude, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, und ist daher nicht zu beanstanden. Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer kann nur mittels eines Sachverständigengutachtens erbracht werden (zB ). Dieser Nachweis ist - wie oben angeführt - dem Bf nicht gelungen.

Der Berechnung des Ertragswertes von 131.658,03Euro bzw 92.160,62 Euro (nach Abzug eines Grundanteils) durch die Abgabenbehörde wird daher gefolgt.

Das Finanzamt zog zur Kontrolle des Ertragswertes vom Bf bekannt gegebene Preise von Vergleichswohnungen heran. Bei einem geschätzten Quadratmeterpreis von 7.100 Euro für Neubauwohnungen ergab sich nach einem Abschlag für das Alter ein Wert von 157.087,50 Euro für 30m², aus dem wie folgt ein "Sachwert" berechnet wurde:


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Wert zum Vermietungsbeginn 2017
157.087,50
zuzüglich 6% Kaufnebenkosten
9.425,25
166.512,75
Abzüglich 30% Grund und Boden
-49.953,83
Sachwert der Wohnung
116.558,93

Soweit in den Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung von einem "Sachwert" die Rede ist, so versteht man unter einem Sachwert einen aus Bodenwert, Bauwert der Gebäude (auf Basis der Herstellungskosten) und Bauwert der Außenanlagen zusammengesetzten Wert (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, Auflage 2010, S. 63). Der vom Finanzamt ermittelte Wert ist aber vielmehr als "Vergleichswert" anzusehen, da er auf Verkaufspreisen von Vergleichswohnungen basiert.

Der Bf übermittelte der Abgabenbehörde Anbote bzw Kaufverträge für Eigentumswohnungen im selben Wiener Gemeindebezirk:

1. ein Anbot von "Liv Immobilienvermarktung" aus 12/2018 für eine Wohnung mit 51 m² in der ***Gasse2*** über 362.500 Euro, das sind 7.100 Euro/m² (Erstbezug, Terrasse, Erdgeschoß, hauseigener Garten).

2. ein Anbot von "MK REAL" aus 12/2018 für eine Neubau-Wohnung mit 48 m² in der ***Gasse2*** über 325.000 Euro, das sind 6.770 Euro/m² (generalsaniert, 4.Stock, voll möbliert)

3. ein Kaufvertrag aus 2018 für eine Wohnung mit 52 m² in einem Ende 2010/Anfang 2011 errichteten Gebäude in der ***Gasse4*** zu einem Kaufpreis von 400.000 Euro, davon entfallen 365.000 Euro, das sind 7.019/m², auf die Wohnung und 35.000 Euro auf den Garagenstellplatz.

4. ein Kaufvertrag aus 2016 für eine Wohnung mit 102 m² ebenfalls in der ***Gasse4*** über 700.000 Euro, das sind 6.863/m², inklusive Garagenstellplatz.

5. ein Kaufvertrag aus 2018 für eine Wohnung mit 38 m² in der ***Gasse1*** über 228.000 Euro, das sind 6.000/m², inklusive Garagenstellplatz.

Sieht man sich die am verkaufte Eigentumswohnung in der ***Gasse1*** (oben Pkt. 5.) näher an, ist festzuhalten, dass diese Wohnung im selben Haus wie die Wohnung des Bf gelegen ist. Daher ist davon auszugehen, dass die Wertfaktoren beider Wohnungen im Wesentlichen übereinstimmen. Allerdings hat der Bf seine Wohnung ohne Garagenplatz vermietet, sodass zur Vergleichbarkeit der Wert des Garagenstellplatzes vom Kaufpreis iHv 228.000 Euro in Abzug zu bringen ist. Der Wert des PKW-Stellplatzes wird mit 35.000 Euro geschätzt. Dies entspricht dem Teilkaufpreis, der im Kaufvertrag über die Eigentumswohnung in der ***Gasse4*** (oben Pkt. 3.) für den Kfz-Stellplatz angesetzt wurde. Der adaptierte Vergleichswert beträgt somit 193.000 Euro, das ergibt bei einer Wohnungsgröße von 38 m² einen Quadratmeterpreis von 5.079 Euro.

Zu den übrigen Vergleichswohnungen 1. - 4. ist zu sagen, dass diese in den maßgeblichen Wertfaktoren nicht zur Gänze mit der zu bewertenden Wohnung übereinstimmen. Da sich der vom Finanzamt angenommene Quadratmeterpreis von 7.100 Euro für eine Neubauwohnung aber in der Mitte der Vergleichspreise bewegt, kann der Bf jedenfalls nicht beschwert sein. Nach Abzug der AfA berechnete das Finanzamt einen Quadratmeterpreis zum von 5.236,25 Euro (157.087,50 / 30). Auch der Bf bestätigte, dass die Herleitung dieses Wertes durch das Finanzamt für ihn schlüssig sei (E-Mail vom ).

Ein höherer Wert wäre keinesfalls gerechtfertigt, vor allem wenn man berücksichtigt, dass nach dem Immobilienpreisspiegel der WKO der Quadratmeterpreis für 2017 in diesem Wiener Gemeindebezirk für gebrauchte Eigentumswohnungen 3.010 Euro betrug.

Wie der Bf auf fiktive Anschaffungskosten für einen Neubau von 8.000 Euro pro Quadratmeter bzw nach Abzug einer Abschreibung aufgrund des Alters von 5.840 Euro pro Quadratmeter kommt (siehe Schreiben vom und Beschwerde), blieb offen und ist in Hinblick auf die von ihm selbst vorgelegten Anbote und Kaufverträge von Vergleichswohnungen auch nicht plausibel.

Die Rechtsprechung zeigt eine deutliche Tendenz für die vorrangige Anwendung des Ertragswertverfahrens (Prodinger/Ziller, Immobilienbewertung im Steuerrecht, 4. Auflage 2020, H.5. Zusammenfassung). Informationen zur Ermittlung des fiktiven Anschaffungswertes einer Liegenschaft können aber auch aus Verkaufspreisen vergleichbarer Liegenschaften gewonnen werden, wie dies der Verwaltungsgerichtshof - ungeachtet erkennbarer Präferenz für die Methode der Ertragswertermittlung - wiederholt zum Ausdruck gebracht hat (; ; ). Verkaufspreise solcher Objekte, die dem zu beurteilenden Objekt in wesentlicher Hinsicht vergleichbar sind, können für die Schätzung der fiktiven Anschaffungskosten des Objektes einen wertvollen Beitrag leisten und können im Besonderen einer allein vom Ertragswert ausgehenden Schätzung auch eine wirksame Kontrolle und erforderlichenfalls Korrekturhilfe bieten ().

Der Bf begehrte die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten vorerst (vor Übermittlung des Gutachtens) allein anhand der von ihm bekannt gegebenen Verkaufspreise von in der Nähe gelegenen Wohnungen. Dem ist entgegenzuhalten, dass aufgrund der dargelegten Präferenz für die Methode der Ertragswertermittlung eine allein von Vergleichswerten ausgehende Schätzung der fiktiven Anschaffungskosten nicht vertretbar wäre. Zu berücksichtigen ist auch, dass die wesentlichen preisbestimmenden Merkmale der vom Bf bekanntgegebenen Vergleichsobjekte nicht zur Gänze bekannt sind bzw mit den Wertfaktoren der Wohnung des Bf nicht zur Gänze übereinstimmen.

Darüber hinaus steht die Heranziehung einer bestimmten Schätzungsmethode der Behörde grundsätzlich frei (). Ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf die Anwendung einer von ihm bevorzugten Schätzungsmethode besteht daher nicht.

Im vorliegenden Fall besteht zwischen dem von der Abgabenbehörde ermittelten Ertragswert von 4.388,60 Euro pro Quadratmeter (131.658,03 Euro / 30) und dem Vergleichswert von 5.236,25 Euro pro Quadratmeter (157.087,50 Euro / 30) eine nicht unbeträchtliche Diskrepanz. Auch wenn sich die fiktiven Anschaffungskosten vorzugsweise am Ertragswert orientieren sollen, ist es vor diesem Hintergrund sachgerecht, dass die Abgabenbehörde den Ertragswert adaptiert hat und bei der Wertermittlung zugunsten des Bf den Wert von Vergleichswohnungen einfließen ließ.

Der Schätzung des Verkehrswertes durch die Abgabenbehörde mit dem Mittelwert zwischen Ertragswert und Vergleichswert wird daher gefolgt. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird hingegen aus oben dargelegten Gründen das Sachverständigengutachten als Nachweis des Verkehrswertes nicht herangezogen.

AfA-Bemessungsgrundlage nach Abzug eines Grundanteils von 30%:


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Wert lt. Ertragswertmethode
92.160,62
Wert lt. Vergleichswertmethode
116.558,93
Summe
208.719,55
Mittelwert gerundet
104.360,00

Daraus ergibt sich eine jährliche AfA von 1.565,40 Euro bzw die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Halbjahres-AfA von 782,70 Euro.

Die Beschwerde war daher in diesem Punkt abzuweisen.

2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit

Arbeitszimmer im Wohnungsverband:
Der Bf nutzt Räumlichkeiten seines Einfamilienhauses im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt den Betriebskostenanteil für das Arbeitszimmer mit 15% angesetzt. Der Bf hat in der Beschwerde die Berücksichtigung einer betrieblich genutzten Fläche von 25% - wie in der Steuererklärung - beantragt. Anhand der vom Bf vorgelegten Pläne des Einfamilienhauses ermittelte die Abgabenbehörde in der Folge einen betrieblich genutzten Anteil von 25%.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Errichtung abzugsfähig.

Unbestritten ist die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für betrieblich genutzte Räumlichkeiten dem Grunde nach gegeben. Da das Finanzamt im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung der Beschwerde in diesem Punkt Folge gegeben hat und über den betrieblich genutzten Anteil des Hauses und die Höhe der auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten zwischen den Parteien nunmehr Einigkeit besteht, wird der Beschwerde wie in der Beschwerdevorentscheidung in diesem Punkt Folge gegeben. Das Bundesfinanzgericht sieht keinen Anlass für eine anderslautende Entscheidung.

ORF Gebühren:
Soweit das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung die anteiligen ORF GIS-Gebühren nicht anerkannt hat, wurden diesbezüglich vom Bf keine Einwendungen geltend gemacht. Da es sich bei Rundfunkgebühren um typische Aufwendungen der Lebensführung nach § 20 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 lit a EStG 1988 handelt, ist diesen Aufwendungen mangels betrieblicher Veranlassung zu Recht die Anerkennung zu versagen.

Bewirtung:
Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt 50% der Bewirtungsaufwendungen anerkannt. Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung wurden die Bewirtungsaufwendungen von insgesamt 788,70 Euro nicht mehr berücksichtigt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

In der Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt dargelegt, dass das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für jede einzelne Ausgabe durch den Steuerpflichtigen nachzuweisen ist. Die Rechnungen des Bf lassen weder den Anlass der Bewirtung noch einen eindeutigen Werbezweck erkennen.

Der Bf hat zu diesem Punkt keine Stellungnahme abgegeben. Es wäre aufgrund der Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung Sache des Bf gewesen, entsprechende Nachweise zu erbringen. Da dies nicht geschehen ist, sind die Voraussetzungen für die Anerkennung von Bewirtungsaufwendungen nicht erfüllt und ist diesbezüglich der Beschwerdevorentscheidung zu folgen.

Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind daher insgesamt wie in der Beschwerdevorentscheidung anzusetzen.

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur orientiert. Darüber hinaus hängt die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles sowie von auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachfragen ab.

Wien, am

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