Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.03.2021, RV/5100921/2015

Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Für die Beschwerdeführerin (Bf.), Frau ***Bf1***, ergaben sich laut Versicherungsdatenauszug mit Stand vom folgende Daten:

von bis Angestellte bei ***1***
von bis Arbeitslosengeldbezug
von bis geringfügig beschäftigte Angestellte
von bis Angestellte bei ***2***

Im Rahmen des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung für dasJahr 2013 vom wurde das Vertreterpauschale für die beiden ausgeübten Beschäftigungsverhältnisse beantragt.

Das Vertreterpauschale wurde mit Einkommenssteuerbescheid 2013 vom nicht anerkannt.

Mit Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 beantragte die Bf. die Berücksichtigung des Vertreterpauschales und führte aus, dass sie seit dem Jahr 2013 als Außendienstmitarbeiterin angestellt und überwiegend mit dem Verkauf von Medizinprodukten (nicht als Pharmareferentin) beschäftigt sei.

Mit Vorhalt vom , welcher am beantwortet wurde, ersuchte die belangte Behörde die Bf., die Dienstverträge der Firmen ***1*** und ***2*** inkl. allfälliger Ergänzungen sowie eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung und die Reisekostenabrechnungen für das Jahr 2013 vorzulegen.

Die Vorhaltsbeantwortung vom enthielt folgende Dokumente:

  • Dienstvertrag vom , ***1***, ***3***, ***4***

  • Reisekostenabrechnung Jänner bis März 2013, Arbeitsstätte ***3***, ***4***

  • Dienstvertrag vom , ***2***, ***5***, ***6***

  • Reisekostenabrechnung Oktober bis Dezember 2013, Arbeitsstätte ***5***, ***6***

Mit Vorhalt vom ,zugestellt am , wurde die Bf. ersucht, eine ausführliche vom Arbeitgeber bestätigte Tätigkeitsbeschreibung vorzulegen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom legt die Bf. entsprechende Dokumente vor.

Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde betreffend Vertreterpauschale ab, da die Bf. teilweise auch eine Tätigkeit als Pharmareferentin ausgeübt habe.

Mit Vorlageantrag vom zog die Bf. den Antrag auf Veranlagung zurück und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2013. Die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung seien nicht erfüllt, sodass es sich um eine Antragsveranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 handle.

Die Beschwerdevorlage erfolgte am . Die belangte Behörde führte im Vorlagebericht dazu aus:

"Gemäß § 300 Abs. 1 BAO 1966 können Abgabenbehörden ab Stellung eines Vorlageantrages beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerden angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben. Laut Versicherungsdatenauszug für das Jahr 2013 (PDF-Dokument: "Versicherungsdatenauszug 2013") war die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom bis bei der Firma ***1*** beschäftigt. Von bis bezog sie Arbeitslosengeld. Im Zeitraum vom bis arbeitete sie geringfügig und vom bis als Teilzeitbeschäftigte (Dienstvertrag siehe PDF Dokument "Vorhalt, ESt-Bescheid 2013, ") bei der Firma ***9******12***.

Die Beschwerdeführerin war also im Kalenderjahr 2013 nicht gleichzeitig bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt. Nach Ansicht des Finanzamtes liegt ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 nicht vor und die Beschwerdeführerin kann ihren Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung zurückziehen (vgl. LStR 2002, Rz 911).

Die Abgabenbehörde beantragt der Beschwerde stattzugeben!"

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war im Jahr 2013 vom bis bei der Firma ***1*** im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden und vom bis bei der Firma ***2*** im Ausmaß von 22 Wochenstunden beschäftigt.

Im Zeitraum vom bis bezog die Bf. Arbeitslosengeld, wobei sie vom bis zusätzlich geringfügig bei der Firma ***2*** beschäftigt war.

Die Bf. zog den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 vom mit dem Vorlageantrag vom zurück.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Parteienvorbringen sowie der restlichen Aktenlage, insbesondere dem Versicherungsdatenauszug der Beschwerdeführerin.

Rechtliche Beurteilung

Rechtliche Grundlagen

Nach § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988idF BGBl. I Nr. 112/2012 sind das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit.

§ 39 Abs. 1 EStG 1988idF. BGBl. I Nr. 76/2011 lautet:

"Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen. Sind im Einkommen Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten, so bleiben Überschüsse aus dieser Einkunftsart außer Ansatz, wenn sie 22 Euro nicht übersteigen."

§ 41 Abs. 1 und 2 EStG 1988 idF. BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

(…)

(2) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden. § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden."

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, dass die Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat die Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Pflichtveranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 auf Antrag der Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung).

Die Bf. war Zeitraum bis vollzeit-, von bis geringfügig und von bis teilzeitbeschäftigt.

Beginnend mit bezog die Bf. Arbeitslosengeld bis zum .

Der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, wonach eine Pflichtveranlagung stattzufinden hat, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind, liegt mangels Überschneidung der Tätigkeiten bei den beiden Arbeitgebern nicht vor.

Bezüglich des vom AMS ausbezahlten Arbeitslosengeld ist darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit sind und daher keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darstellen ().

Hinsichtlich des Pflichtveranlagungstatbestandes des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG, wonach eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, wenn andere Einkünfte, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt, bezogen wurden, ist auszuführen: Das Arbeitslosengeld zählt zu den steuerfreien Einkünften, welche nicht zu den "anderen Einkünften" im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehören. Steuerfreie Einkünfte im Sinne des § 3 EStG 1988 lösen für sich alleine keine Pflichtveranlagung aus (Jakom, EStG13 § 41 Rz 7). Die gegenständliche Konstellation der Einkünfte der Bf. war auf Grund der vorangehenden Ausführungen nicht geeignet, eine Pflichtveranlagung herbeizuführen.

Die Bf. hatte zunächst eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 eingebracht und somit einen Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 gestellt. Ein Antrag auf Veranlagung kann jedoch bis zur Rechtskraft der Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen werden ().

Da die Bf. mit Vorlageantrag vom den genannten Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 während des noch offenen Beschwerdeverfahrens und damit noch vor Eintritt der Rechtskraft der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 zurückgezogen hatte, fiel die Rechtsgrundlage für eine entsprechende Veranlagung weg. Die Bf. war daher mit ihrem Vorbringen, dass eine Veranlagung zu unterbleiben habe - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der belangten Behörde im Vorlagebericht - im Recht. Daher war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 aufzuheben.

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren gemäß § 279 Abs. 2 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat ().

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Rechtsfragen, ob ein Pflichtveranlagungstatbestand im Sinne des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt und ob die Zurücknahme eines Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung auch noch im Beschwerdeverfahren möglich ist, im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100921.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at