Erlass der Einfuhrumsatzsteuer und der Verzugszinsen im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung gemäß Art.6 Abs. 3 UStG 1994
Entscheidungstext
Im Namen der republik
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl ***3***, betreffend Erlass der Einfuhrumsatzsteuer und der Verzugszinsen gemäß Art. 117 Zollkodex, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag auf Erlass der mit Bescheid vom , Zahl ***1***, zu den nachfolgend angeführten Zollanmeldungen (MRN) festgesetzten Verzugszinsen (D00) stattgegeben wird:
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MRN | D00 |
16AT920400INPU2SS0 | € 267,53 |
16AT920400INQA2UF7 | € 840,67 |
16AT920400INQB93I4 | € 772,15 |
€ 1.880,35 |
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit dem als "Mitteilung nach Artikel 102 Zollkodex" bezeichneten Bescheid vom , Zahl ***1***, teilte das Zollamt der Beschwerdeführerin zu drei näher bezeichneten Zollanmeldungen die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von € 119.178,79 mit und setzte gleichzeitig Verzugszinsen gemäß § 114 UZK in Höhe von € 1.880,35 fest, weil die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht vorliegen würden.
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin den Erlass der nacherhobenen Einfuhrumsatzsteuer samt Verzugszinsen nach Art. 236 ZK.
Zum Erlass der Einfuhrumsatzsteuer wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Vorschreibung auf keinem tragfähigen Sachverhalt beruhe, das von der Behörde behauptete Karussellgeschäft nicht vorliege und keine objektiven Umstände festgestellt worden seien, um die Betrugsbekämpfungsklausel anwenden zu können. Der Beschwerdeführerin könne auch nur dann die Steuerbefreiung versagt werden, wenn sie selbst an einer vorwerfbaren Steuerhinterziehung beteiligt gewesen sei.
Das Zollamt wies den Antrag mit Bescheid vom , Zahl ***3***, ab. Der Erlass sei nach Art. 117 UZK zu beurteilen. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, dass ein Sachverhaltsmangel bestünde. Es werde ausdrücklich festgehalten, dass die antragstellende Beschwerdeführerin Anmelderin gewesen sei und es daher auf ihr Wissen oder Wissenmüssen nicht ankomme. Als Spediteurin unterliege sie nämlich dem für ihre Tätigkeit normalen Risiko. Ob es sich um einen Karussellbetrug handle oder eine andere Sachverhaltskonstellation vorliege, sei unerheblich.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom Beschwerde und verwies begründend auf ihren Schriftsatz vom . Die Ausführugnen des Zollamtes seien weder verständlich noch einlassungsfähig.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ***2***, wies das Zollamt unter anderem auch die Beschwerde im verfahrensgegenständlichen Fall zurück.
Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin unter Verweis auf ihre Schriftsätze den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Daraus gehe klar hervor, dass der Bescheid entsprechend dem jeweiligen Antrag angegriffen werde. Außerdem wurde vorgebracht, dass sich die Beschwerdevorentscheidung auf völlig verschiedene Bescheide beziehe, was verfahrenstechnisch ein Unding sei.
Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen vom führte die Beschwerdeführerin ergänzend aus, dass ein indirektes Vertretungsverhältnis mit dem Empfänger bestanden habe und die Vorschreibung gegenüber der Beschwerdeführerin unverhältnismäßig sei. Im Zeitpunkt der Einfuhr habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens 42 vorliegen würden. Sollte die EUSt-Schuldnerschaft bejaht werden, sei aufgrund der Rechtsprechung des EuGH die Einfuhr nicht in Österreich sondern in Rumänien verwirklicht worden. Wenn hingegen das Bundesfinanzgericht davon ausgehe, dass die Einfuhr in Österreich verwirklicht worden sei, müsse der Beschwerdeführerin der Vorsteuerabzug gewährt werden.
Mit Vorbringen vom wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts im Erkenntnis vom , RV/1200014/2016. Außerdem sei es erwiesen, dass die eingeführten Waren außerhalb Österreichs verbraucht worden seien, die Beschwerdeführerin alle buchmäßigen Nachweise erbracht habe und das Bundesfinanzgericht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/16/0061, nicht berücksichtige. Es würden keine tragfähigen Hinweise bestehen, dass die Beschwerdeführerin wusste oder wissen hätte müssen, dass sie bezüglich der im Anschluss an die Einfuhr erfolgten Lieferungen in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen worden wäre.
Die beantragte mündliche Verhandlung wurde am im Wege der elektronischen Bild- und Tonübertragung durchgeführt (§ 323c Abs. 4 BAO).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, beantragte am , MRN 16AT920400INPU2SS0, am , MRN 16AT920400INQA2UF7 und am , MRN 16AT920400INQB93I4, bei der Zollstelle Tisis die Überführung von Covers, Tablets und Schutzfolien für Mobiltelefone in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Verfahrenscode 42) und erklärte dabei die Warenempfängerin - in den Zollanmeldungen noch unter ihrem früheren Namen mit "***6***", ***7***, Rumänien, angeführt, indirekt zu vertreten. Das Bestehen der Vertretungsmacht wurde nicht nachgewiesen. Als Versender wurde im Feld 2 die ***10***, ***9***, Schweiz, angegeben.
Die Waren wurden zuvor in Italien zur Ausfuhr angemeldet und anschließend in das interne Versandverfahren (T2) mit Exportvermerk (Code DG 2) übergeführt. Damit wurde in Italien die Steuerfreiheit der Waren durch Ausfuhr bewirkt. In der Schweiz wurden die Waren nur umgeladen und neuerlich in ein Versandverfahren T2 übergeführt. Der Exportvermerk wurde in das neue Versanddokument übernommen.
Im Feld 40 "Vorpapiere" der Zollanmeldungen wurde das Versanddokument fälschlicherweise unter dem Code "821" (externes Versandverfahren T1) angeführt.
Die Zollanmeldungen wurden jeweils wie angemeldet angenommen und die Waren überlassen. Die Einfuhrumsatzsteuer wurde zunächst nicht festgesetzt.
Mit Bescheid vom , Zahl ***1***, forderte das Zollamt aufgrund des Ergebnisses mehrerer Informationsaustauschverfahren jeweils die Einfuhrumsatzsteuer nach und setzte gleichzeitig gemäß Art. 114 UZK Verzugszinsen fest.
Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung
Zu Spruchpunkt I.
Art. 117 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom (Zollkodex der Union - UZK) lautet:
"Artikel 117
Zu hoch bemessene Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge
(1) Die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge werden erstattet oder erlassen, soweit der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag den zu entrichtenden Betrag übersteigt oder die Zollschuld dem Zollschuldner entgegen Artikel 102 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe c oder d mitgeteilt wurde."
Art. 105 UZK lautet auszugsweise:
"Artikel 105
Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung
(1) Entsteht eine Zollschuld durch Annahme der Zollanmeldung von Waren zu einem anderen Zollverfahren als der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben oder durch eine andere Handlung mit gleicher rechtlicher Wirkung wie diese Annahme, so nehmen die Zollbehörden die buchmäßige Erfassung des zu entrichtenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrags innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Waren vor.
…
(2) …
(3) Entsteht eine Zollschuld unter anderen als den in Absatz 1 genannten Umständen, so erfolgt die buchmäßige Erfassung des zu entrichtenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetragsinnerhalb von 14 Tagen nach dem Tag, an dem die Zollbehörden in der Lage sind, den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag festzusetzen und eine Entscheidung zu erlassen.
(4) Wurde der zu entrichtende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag nicht nach den Absätzen1, 2 und 3 buchmäßig erfasst oder wurde er mit einem geringeren Betrag als dem zu entrichtenden Betrag festgesetzt und buchmäßig erfasst, so gilt Absatz 3 auch für den zu erhebenden beziehungsweise nachzuerhebenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag.
(5) …
(6) …"
Art. 204 Abs. 1 ZK der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) lautet:
"Artikel 204
(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen
a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder
b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,
es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben"
Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz gelten das in § 1 Zollrecht sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit es sich auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren beziehen, weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- und Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Art. 114 UZK lautet:
Artikel 114
Verzugszinsen
(1) Ab dem Tag, an dem die Zahlungsfrist abläuft, bis zum Tag der Zahlung werden Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet.
Für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, entspricht der Verzugszinssatz demim Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Zinssatz, den die Europäische Zentralbank auf ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfteam ersten Tag des Fälligkeitsmonats angewandt hat, zuzüglich zwei Prozentpunkten.
Für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, entspricht der Verzugszinssatz dem von der nationalen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte am ersten Tag des betreffenden Monats angewandten Zinssatz, zuzüglich zwei Prozentpunkten, oder für Mitgliedstaaten, für die der Satz der nationalen Zentralbank nicht vorliegt, dem am ersten Tag des betreffenden Monats auf dem Geldmarkt des jeweiligen Mitgliedstaats angewandten Satz, der dem vorgenannten Satz am ehesten entspricht, zuzüglich zwei Prozentpunkten.
(2) Entsteht die Zollschuld aufgrund von Artikel 79 oder 82 oder wird die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt, so werden ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet.
Der Verzugszinssatz wird nach Absatz 1 bemessen.
(3) Die Zollbehörden können darauf verzichten, Verzugszinsen zu berechnen, sofernauf der Grundlage einer dokumentierten Bewertung der Verhältnisse des Zollschuldners festgestellt wurde, dass dies zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen würde.
(4) Die Zollbehörden verzichten auf die Erhebung von Verzugszinsen, wenn der Betrag für jede einzelne Erhebungsmaßnahme unter 10 EUR liegt."
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 lautet:
"(3) Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die vom Anmelder im Anschluß an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt.
Weiters ist Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung, dass der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer zum Zeitpunkt der Einfuhr den Zollbehörden die unter lit. a und b genannten Angaben zukommen lässt und den unter lit. c genannten Nachweis erbringt:
seine im Inland erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Steuervertreters;
die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers im Falle der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 7 Abs. 1 oder seine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Falle des der Lieferung gleichgestellten Verbringens nach Art. 7 Abs. 2;
den Nachweis, aus dem hervorgeht, dass die eingeführten Gegenstände dazu bestimmt sind, vom Inland in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet zu werden."
§ 26 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 in der bis zum geltenden Fassung lautet:
"§ 26. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den aktiven Veredlungsverkehr nach dem Verfahren der Zollrückvergütung und über den passiven Veredlungsverkehr."
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) beruht auf der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABlEU Nr. L 347 vom (im Folgenden: MwSt-SystRL).
Im Titel IX "Steuerbefreiungen" der MwSt-SystRL lautet unter Kapitel 1 "Allgemeine Bestimmungen" der Art. 131:
"Artikel 131
Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen."
Im Kapitel 4 "Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen" des Titels IX der MwSt-SystRL lautet Art. 138 Abs. 1:
"Artikel 138
(1) Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nicht steuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt."
Im Kapitel 5 "Steuerbefreiungen bei der Einfuhr" des Titels IX der MwSt-SystRL lautet Artikel 143 Abs. 1 auszugsweise:
"Artikel 143
Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
…
d) die Einfuhr von Gegenständen, die von einem Drittgebiet oder einem Drittland aus in einen anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung versandt oder befördert werden, sofern die Lieferung dieser Gegenstände durch den gemäß Art. 201 als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur bewirkt wird und gemäß Art. 138 befreit ist;"
Im Kapitel 1 "Pflichten der steuerpflichtigen und bestimmter nichtsteuerpflichtiger Personen " des Titels XI der MwSt-SystRL lautet Artikel 201:
"Artikel 201
Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt."
Zunächst ist vorauszuschicken, dass gemäß § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO eine Beschwerde die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird und die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, zu enthalten hat.
Die Angabe der Beschwerdepunkte grenzt den Bereich ab, über den in der meritorischen Erledigung der Beschwerde jedenfalls abzusprechen ist. Dem Inhaltserfordernis des § 250 Abs. 1 lit. b BAO wird zB ausreichend entsprochen, wenn der Bescheid "in seinem gesamten Umfang" angefochten wird (vgl. Ritz, BAO6, § 250 Tz 8, 10).
Dem Schriftsatz der Beschwerde vom , welcher einen Verweis auf die Ausführungen im Schriftsatz vom (Erlassantrag) enthält, ist zu entnehmen, dass der angefochtene Bescheid über die Abweisung des Erlassantrages insgesamt als rechtswidrig angesehen wird. Die Anfechtung kann demnach nur auf die Aufhebung des den Erlassantrag abweisenden Bescheides bzw. auf die Stattgabe des Erlassantrages gerichtet sein. Der Beschwerdepunkt ist somit erkennbar. Damit ist der Beschwerde im gegenständlichen Fall aber auch hinreichend zu entnehmen, welche Änderungen beantragt werden.
Die Zurückweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ***2***, weil in der Beschwerde keine Erklärung enthalten sei, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde und welche Änderungen beantragt werden, erweist sich somit als rechtswidrig.
Damit hat das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zahl ***3***, betreffend die Abweisung des Erlassantrages abzusprechen.
Die Nacherhebung der zunächst nicht festgesetzten bzw. mitgeteilten Einfuhrumsatzsteuer mit Bescheid vom , Zahl ***1***, erfolgte daher in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG und § 26 UStG 1994 zutreffend nach den am wirksam gewordenen Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK), wobei aufgrund der Entstehung der Abgabenschuld vor dem die materiell-rechtlichen Bestimmungen des bis dahin geltenden Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) anzuwenden waren.
Der beantragte Erlass der Einfuhrumsatzsteuer (einschließlich der Verzugszinsen) ist daher nach dem im Zeitpunkt der Mitteilung über die nachträgliche buchmäßige Erfassung geltenden Art. 117 UZK zu entscheiden.
Der Erlass der Einfuhrumsatzsteuer samt Verzugszinsen nach Art. 117 Abs. 1 UZK iVm § 26 Abs. 1 UStG 1994 und § 2 Abs. 1 ZollR-DG setzt voraus, dass die mit Bescheid vom (nachträglich) buchmäßig erfassten und mitgeteilten Abgabenbeträge höher sind als die sich aus den zoll- und umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften ergebenden Abgaben.
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, setzt einerseits eine Einfuhr aus einem Drittland oder einem Drittgebiet und andererseits das Vorliegen einer anschließenden (steuerfreien) innergemeinschaftlichen Lieferung (Verbringung) voraus. Die innergemeinschaftliche Lieferung (Verbringung) muss dabei vom Importeur als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bewirkt bzw. getätigt werden.
Das Umsatzsteuergesetz definiert den Begriff der Einfuhr nicht näher. Nach Art. 30 der MwSt-SystRL gilt als Einfuhr die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Artikels 24 des Vertrages (nunmehr Art. 29 AEUV) befindet in die Gemeinschaft (nunmehr Union).
Art. 29 AEUV bestimmt, dass als im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich diejenigen Waren aus dritten Ländern gelten, für die in dem betreffenden Mitgliedstaat Einfuhrförmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind.
Aus der Zusammenschau von Art. 30 Abs. 1 MwSt-SystRL und Art. 29 AEUV ergibt sich für den umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrbegriff, dass eine Einfuhr dann vorliegt, wenn eine Ware zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen worden ist und die Einfuhrabgaben erhoben wurden.
Im Beschwerdefall konnten und brauchten die Waren nicht in den zollrechtlich freien Verkehr überlassen zu werden, weil diese objektiv gesehen tatsächlich nur im Rahmen einer gebrochenen Durchfuhr von einem Ort der Union über das Gebiet eines Drittlandes (Schweiz) zu einem anderen Ort der Union befördert worden sind. Die in Rede stehenden Sendungen haben nur vorübergehend das Zollgebiet der Union verlassen. Die (unter den gegebenen Umständen nicht erforderliche) Überführung der Waren in ein Ausfuhrverfahren in Italien, die Beendigung des ersten Versandverfahrens T2 (Italien - Schweiz) in der Schweiz und die gleich anschließende neuerliche Überführung in das Versandverfahren T2 (Schweiz - Österreich) ändern daran nichts. Auch die Tatsache, dass die ***10*** als Zwischenerwerberin ihren Sitz in der Schweiz hatte, führt zu keiner anderen Bewertung.
Die Beschwerdeführerin vermochte mit ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom , dass der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlichen gelagerten Fall hierzu nicht Stellung genommen habe, als auch mit den diesbezüglichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, denen auch der Vertreter des Zollamtes folgte, keine Umstände darzulegen, die eine andere Beurteilung zuließen. Für die Ansicht des Bundesfinanzgerichts spricht nicht zuletzt auch die zeitnahe Abwicklung des gesamten Transportvorganges von Italien nach Rumänien und die Tatsache, dass für die Sendungen jeweils auch ein T2L-Dokument als Nachweis des Unionsstatus der Waren ausgestellt worden ist. Dies zeigt deutlich, dass eine endgültige Ausfuhr in die Schweiz nicht beabsichtigt war.
So wie für Waren, die bei einer Beförderung über ein Drittland nicht wieder in die Union gelangen, nachträglich eine Ausfuhranmeldung abzugeben ist (Art. 795 ZK-DVO), ist nach Art. 792a Abs. 2 ZK-DVO, die Änderung des Beförderungsvertrages, die bewirkt, dass der Beförderungsvorgang, der außerhalb des Zollgebiets hätte enden sollen, innerhalb dieses Gebiets beendet wird, nur mit Zustimmung der zuständigen Zollstelle zulässig. Das Exemplar der Ausfuhranmeldung ist der Ausfuhrzollstelle zurückzugeben und von dieser für ungültig zu erklären. Dieser Bestimmung wurde nicht entsprochen.
Im Übrigen verfolgt gerade die Verpflichtung im Falle von Ausfuhrwaren, die in ein internes Versandverfahren T2 übernommen werden, im Versanddokument den Exportvermerk anzubringen, den Zweck, zu verhindern, dass steuerfrei ausgeführte Waren anschließend wieder steuerfrei in das Zollgebiet der Union verbracht werden.
Die sofortige Freigabe der Waren bei der Rückbeförderung der Waren war aufgrund des auf dem Versanddokument angebrachten Exportvermerks nicht zulässig. Der Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Italien nach Rumänien - etwa durch Vorlage einer Rechnung mit entsprechendem Vermerk und Anführung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des Versenders und des Erwerbers - wurde nicht erbracht. Die Waren hätten daher nur unter Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer überlassen werden dürfen.
Mangels Vorliegens einer Einfuhr aus einem Drittland, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht gegeben. Die Erwirkung der Steuerfreiheit durch Anmeldung zum Verfahren 42 erfolgte entgegen den geltenden Bestimmungen. Eine Ausnahme für Waren, die bei der Wiederverbringung in die Union in das Verfahren 42 übergeführt werden, ist dem Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht zu entnehmen.
Die nachträgliche buchmäßige Erfassung und Mitteilung der Einfuhrumsatzsteuer kann deshalb nicht als rechtswidrig angesehen werden. Ein Erlass der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 117 Abs. 1 UZK kommt nicht in Betracht.
Die Anwendung des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 würde außerdem auch daran scheitern, dass in den drei Fällen die anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht vom Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer getätigt wurden.
Art. 6 Abs. 3 UStG verwendet den Begriff des Anmelders. Dieser Begriff ist dem Zollrecht entnommen. Art. 143 Buchstabe Abs. 1 Buchst. d) der MwSt-SystRL spricht allerdings von dem als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur, das ist gemäß Art. 201 MwSt-SystRL die nach nationalem Recht als Steuerschuldner bezeichnete oder anerkannte Person. Durch den Verweis auf das Zollrecht in § 2 Abs. 1 ZollR-DG und § 26 Abs. 1 UStG ist der Zollschuldner der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer (; ).
Der Zollschuldner ist nach Art. 201 Abs. 3 ZK, wenn Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, der Anmelder und im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.
Die Vertretung kann nach Art. 5 Abs. 2 ZK indirekt sein, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 ist daher richtlinienkonform so auszulegen, dass sowohl der selbst als Anmelder auftretende Importeur, aber auch der vom Anmelder indirekt vertretene Importeur den Tatbestand des Art. 6 Abs. 3 UStG erfüllen und die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung ausführen können (siehe ebenfalls ; ).
Gemäß Art. 5 Abs. 4 ZK muss der Vertreter erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertretungsmacht besitzen. Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.
Gemäß § 38 Abs. 2 ZollR-DG hat der indirekte Vertreter seine Vertretungsmacht abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch einen schriftlichen Auftrag nachzuweisen. Für die indirekte Vertretung zur Abgabe einer Anmeldung genügt die Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht durch Vorlage der auf den Vertretenden lautenden Frachtpapiere und sonstigen die Waren betreffenden Papiere.
Gemäß § 5 ZollR-DG hat derjenige, der im Verfahren der Zollbehörden eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, dies geltend zu machen und das Vorliegen der hiefür maßgebenden Voraussetzungen der Zollbehörde nachzuweisen. Wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung.
Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung einräumte und wie sich auch aus den Frachtbriefen ergibt, stammen die Verzollungsaufträge von der ***4***, ***5***. Die Beschwerdeführerin hatte selber keinen Kontakt mit der Erwerberin in Rumänien. Sie ist lediglich davon ausgegangen, bevollmächtigt zu sein, ohne dies in den konkreten Fällen zu hinterfragen bzw. sich einen entsprechenden schriftlichen Auftrag bzw. eine Vollmacht zu besorgen.
In den Zollanmeldungen wurde auch nicht erklärt als Auftragnehmerin der ***4*** zu fungieren. Die Beschwerdeführerin erklärte vielmehr selber als indirekte Vertreterin der Warenempfängerin (Erwerberin) zu handeln. Es ist daher davon auszugehen, dass betreffend die Erwerberin keine Vertretungsmacht vorgelegen hat, sie also vollmachtlos gehandelt hat.
Das Bestehen einer Vertretungsmacht darf nicht mit deren Nachweis verwechselt werden. Soweit die Beschwerdeführerin insofern auf die Rechnungen verweist, in denen sie genannt werde, ist anzumerken, dass daraus nicht entnommen werden kann, dass sie von der Warenempfängerin bzw. Erwerberin beauftragt worden wäre, die Zollanmeldungen als indirekte Vertreterin, somit auf Rechnung der Erwerberin abzugeben.
Die Vertretungsmacht kann auch von der schweizerischen Verkäuferin erteilt worden sein, die genauso in den Frachtbriefen bzw. sonstigen Unterlagen genannt ist. Diese ist aber in den hier zu beurteilenden Fällen nicht Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer geworden.
Die in § 38 Abs. 2 ZollR-DG geregelte Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht bei der Abgabe einer Zollanmeldung muss unter den gegebenen Umständen scheitern.
Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer ist damit jeweils nur die nach Art. 5 Abs. 4 ZK als im eigenen Namen und eigene Rechnung handelnd geltende Beschwerdeführerin geworden.
Soweit die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf das , Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung, ins Treffen führt, dass die Einfuhrumsatzsteuerschuld nicht in Österreich entstanden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die in Rede stehenden Waren ja gerade in Österreich unter Abgabe einer Zollanmeldung in den freien Verkehr übergeführt worden sind (Art. 60 MwSt-SystRL) und nicht mehr einem Verfahren im Sinn des Art. 61 Abs. 1 MwSt-SysRL unterlagen. Dass eine Ware dann im freien Verkehr in einen anderen Mitgliedstaat befördert wird, ändert nichts daran. Andernfalls wäre die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 143 Abs.1 Buchst. d) der MwSt-SysRL inhaltsleer, weil sie die grundsätzliche Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Einfuhrmitgliedstaat erfordert, um unter den dort genannten Voraussetzungen von dieser Einfuhrumsatzsteuer wieder zu befreien (vgl. , mwH zur EuGH-Rechtsprechung). Wenn eine Einfuhr im Falle einer sich an die Überlassung zum freien Verkehr unmittelbar anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung erst in dem Mitgliedstaat erfolgen würde, in dem die Beförderung endet, hätte dies als Ausnahme von der Einfuhr als steuerbarem Umsatz in Art. 30 MwSt-SystRL oder als Ausnahme von dem in Art. 60 MwSt-SystRL bestimmten Ort der Einfuhr geregelt werden müssen. Auch die Rechtsprechung des EuGH zum Art. 143 Abs. 1 Buchst. d) der MwSt-SystRL geht offensichtlich nicht davon aus, dass die Einfuhrumsatzsteuer erst im Mitgliedstaat, in dem die Beförderung endet, entstehen würde (vgl. , EU:C:2018:473, "Enteco Baltic"; , EU:C:2018:868, "Milan Božičevič Ježovnik".
Abgesehen davon, dass die Frage des Vorsteuerabzugs von Speditionsgesellschaften, die selber nicht Verfügungsmacht über die Waren erlangen, durch die Rechtsprechung verneint wird, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass es im gegenständlichen Verfahren um den Erlass nach Art.117 Abs. 1 UZK geht, der Vorsteuerabzug somit nicht Sache des gegenständlichen Verfahrens ist. Das Zollamt ist hierfür auch nicht zuständig.
Die Voraussetzungen für einen Erlass der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 117 Abs. 1 UZK liegen somit auch aus diesem Grund nicht vor.
Auf die Frage, ob die Erwerberin oder Verkäuferin in eine Hinterziehung der Umsatzsteuer einbezogen war und davon wusste bzw. zumindest wissen musste, braucht daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.
Die Erhebung von Verzugszinsen nach Art. 114 UZK erweist sich hingegen als rechtswidrig.
Entsteht die Zollschuld aufgrund von Art. 79 oder 82 [UZK]oder wird die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt, so werden gemäß Art. 114 Abs. 2 UZK ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet.
Aufgrund der Bestimmung des § 2 Abs. 1 ZollR-DG gilt dies auch bezüglich der sonstigen Eingangsabgaben und somit auch hinsichtlich der mit Bescheid vom nacherhobenen Einfuhrumsatzsteuer.
Im Beschwerdefall wurden die Sachverhalte, welche zur Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer führten, jeweils vor dem verwirklicht. Die Einfuhrumsatzsteuer ist deshalb nach dem sinngemäß anzuwendenden Art. 204 ZK entstanden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0098, ausgesprochen, dass die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015 erfolgte Novellierung u.a. des § 108 ZollR-DG auf die Anpassung der Rechtslage an den am in Kraft getretenen Zollkodex der Union - UZK abziele; dass zwischen der Aufhebung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG und dem In-Kraft-Treten des UZK, namentlich seines Art. 114 Abs. 2, eine Legisvakanz für Abgabenerhöhungen beabsichtigt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Im Hinblick darauf sei die Übergangsbestimmung des § 120 Abs. 1 ZollR-DG in der Fassung des AbgÄG 2015 dahingehend auszulegen, dass die Aufhebung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG mit nur für jene Sachverhalte gelten soll, die ab diesem Zeitpunkt verwirklicht würden, jedoch § 108 Abs. 1 ZollR-DG für vor dem verwirklichte Sachverhalte seine Maßgeblichkeit behalte; mit diesem Ergebnis werde die Annahme eines unter dem Blickwinkel der Abgabenerhöhung sanktionslosen Zeitraumes bis zur vollen Wirksamkeit der entsprechenden Bestimmung des Art. 114 Abs. 2 UZK vermieden.
Die Verzugszinsenregelung des Art. 114 Abs. 2 UZK ist auf die gegenständlichen Sendungen deshalb nicht anwendbar. Der Erlass der festgesetzten Verzugszinsen war daher zu gewähren.
3.2.Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung, der im Beschwerdefall zu entscheidenden Rechtsfrage, ergibt sich aufgrund des Ergebnisses der Beweiswürdigung bereits aus dem Wortlaut der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Bezüglich der Verzugszinsen ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 117 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 Art. 114 Abs. 2 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 Art. 6 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 38 Abs. 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 26 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1200024.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at