TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2021, RV/5101304/2020

Aufwendungen für Fahrten zu nahen kranken/alten Angehörigen sind idR keine außergewöhnlichen Belastungen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird so wie in der Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 6.016,34 €, das Einkommen 5.956,34 € und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer 2018 102,00 €. Die detaillierte Berechnung ist der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Im Rahmen der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung von Krankheitskosten iHv 22.000,00 €, des pauschalen Freibetrages für eine Behinderung von 50 Prozent und von sonstigen außergewöhnlichen Belastungen iHv 8.038,80 €.
Nachdem sie vom Finanzamt mit Schreiben vom zur Vorlage einer Aufstellung sowie von Belegen betreffend Krankheitskosten und sonstiger außergewöhnlicher Belastungen aufgefordert worden war, legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom dar, dass keine Belege mehr vorhanden seien. Bei der Gebietskrankenkasse habe sie von März bis Dezember 2018 monatlich 54,85 € und eine Nachzahlung von 339,86 €, Summe 888,36 €, bezahlt.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden keine Krankheitskosten und sonstigen außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt und begründend ausgeführt, dass Aufwendungen nur berücksichtigt werden könnten, wenn Belege vorgelegt würden. In Österreich könne eine Behinderung nur dann anerkannt werden, wenn das Ausmaß der Behinderung durch eine amtliche Bescheinigung vom Sozialministerium festgestellt würde. Eine Einstufung durch eine andere Behörde könne nicht anerkannt werden.
Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen seien regelmäßig nicht als außergewöhnlich anzusehen. Dies würde auch dann gelten, wenn der besuchte Angehörige erkrankt oder pflegebedürftig sei und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen durchgeführt würden, zumal es üblich und jedenfalls nicht außergewöhnlich sei, wenn ein erkrankter oder pflegebedürftiger Angehöriger häufiger und auch über größere Entfernungen besucht werde als ein gesunder. Die Fahrtkosten zur Mutter könnten daher nicht anerkannt werden.

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 ein. Die einbezahlten SV-Beträge an die Gebietskrankenkasse in Höhe von 888,36 € seien nicht berücksichtigt worden. Weiters seien die Fahrtkosten zur Betreuung der inzwischen verstorbenen Mutter nicht berücksichtigt worden. Die Beschwerdeführerin habe die Mutter täglich betreuen müssen, da sie ansonsten in einem Pflegeheim untergebracht hätte werden müssen. Es seien somit keine Besuchsfahrten sondern zwingend notwendige Betreuungsfahrten gewesen. Sie habe die Mutter praktisch rund um die Uhr betreut.
Weiters sei der Freibetrag für die 50%ige Behinderung nicht anerkannt worden, da die Behinderung durch einen Ausweis aus Deutschland bestätigt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe zwischenzeitlich einen Antrag beim Sozialministerium Service für Behindertenwesen gestellt, damit sie auch einen österreichischen Ausweis bekomme.

Mit Schreiben vom forderte das Finanzamt erneut die Belege über die einbezahlten SV-Beträge bei der Gebietskrankenkasse in Höhe von 888,36 € sowie den Bescheid und das ärztliche Gutachten des Sozialministeriums ein.

Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin neuerlich dar, dass ihre Mutter pflegebedürftig gewesen sei und in kein Heim wollte. Um sie nicht im Pflegeheim unterbringen zu müssen, sei die Beschwerdeführerin täglich zur ihr gefahren um sie zu betreuen, zu kochen, die Mutter ins Bett zu bringen, mit ihr zu plaudern und bei den Toilettengängen zu helfen. Es habe sich um keine Besuche gehandelt sondern um zwingend notwendige Betreuungsfahrten.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom gab die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom bekannt, dass sie über die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Mutter keine Belege habe. Neuerlich wurde die Pflegebedürftigkeit der Mutter dargelegt. Sie habe Mindestpension bezogen und Pflegestufe 3, ab September 2018 Pflegestufe 4. Sie sei täglich von den Pflegerinnen der Firma ***1*** gewaschen worden. Die Hauptpflege habe der alleinstehende Bruder der Beschwerdeführerin übernommen, der im Haus der Mutter wohnen würde, das ihm seit fast 30 Jahren gehören würde. Im Oktober sei die Mutter ins Krankenhaus eingewiesen worden, von dort sei sie ins Pflegeheim gekommen. Da sie dort nicht bleiben wollte, sei die Mutter wieder nach Hause gebracht worden.
Die Kopie des Schreibens des Sozialministeriums vom werde vorgelegt, da die Beschwerdeführerin einen in Deutschland ausgestellten Ausweis habe, der eine 50 %ige Behinderung beweise. Es werde ersucht, auch dies zu berücksichtigen, da sie keine aktuellen ärztlichen Befunde habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2018 insofern geändert, als die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug mit 5.386,14 € (zuvor: 5.413,70 €) angesetzt wurden. Begründen wurde Folgendes ausgeführt:
"Gemäß § 34 EStG 1988 müssen außergewöhnliche Belastungen außergewöhnlich, zwangsläufig erwachsen sein und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Laut Übergabsvertrag vom besteht eine Pflegeverpflichtung für Ihren Bruder ***Name1******Vorname1*** gegenüber Ihrer Mutter ***Name1******Vorname2***. Die freiwillig durchgeführten Fahrten zur Betreuung und Pflege Ihrer Mutter mangeln daher an der Zwangsläufigkeit. Es können lediglich die Besuchsfahrten ins Krankenhaus ***Ort1*** in Höhe von € 100,80 steuerlich anerkannt werden.
Für die Feststellung des Ausmaßes der Behinderung der Erwerbsfähigkeit ist in Österreich das Sozialministeriumservice zuständig. Der in Deutschland ausgestellte Schwerbehindertenausweis hat in Österreich keine Gültigkeit.
Der Krankenversicherungsbeitrag für die ausländischen Pensionen in Höhe von € 52,05 wird von der Pensionsversicherungsanstalt erst ab September 2018 in Abzug gebracht. Die Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum bis wurden von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse gesondert in Höhe von € 338,86 vorgeschrieben. Es betragen daher die Krankenversicherungsbeiträge insgesamt € 548,06. Diese wurden anteilig von den ausländischen Pensionen in Abzug gebracht.
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 1.670,52 €."

Im Vorlageantrag vom ersuchte die Beschwerdeführerin neuerlich, die Fahrtkosten zur Betreuung der Mutter steuerlich zu berücksichtigen, da die täglichen Fahrten zwingend nötig gewesen seien. Der Übergabevertrag (Auszug zur Pflege) werde beigelegt.

Mit Übergabsvertrag vom übergab Frau ***Vorname2*** ***Name1*** die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft in ***Ort2*** ihrem Sohn ***Vorname1*** ***Name1***. In diesem Vertrag wurde unter Punkt 2) Pflege und Betreuung Folgendes festgehalten:

"Die Übergeber bedingen sich die Verrichtung aller gröberen Arbeiten, wie insbesondere das Reinigen und Aufräumen ihrer Wohnung, die Vornahme aller durch die Beheizung derselben sich ergebenden Arbeiten, das Wassertragen, das Waschen, Bügeln und Flicken, Reinigen und Ausbessern ihrer Wäsche, Bügeln und Flicken, Reinigen und Ausbessern ihrer Wäsche, ihrer Bekleidung und ihres Schuhwerkes, die Zubereitung von Speisen nach ihren Anordnungen, jedoch unter Beistellung der hiefür nötigen Lebensmittel auf Kosten der Übergeber, die Verrichtung der nötigen Einkäufe, Botengänge und sonstigen Besorgungen, und überhaupt, und zwar insbesondere für den Fall der Krankheit und des hohen Alters, die liebevolle Pflege und Betreuung. Es wird jedoch ausdrücklich vereinbart, dass diese gesamte Pflege und Betreuung ausschließlich nur im Übergabshaus zu erbringen ist.
Für die den Übergebern erwachsenden Krankenkosten ist durch die bestehende Sozialversicherung gesorgt.
Schließlich wird ausdrücklich vereinbart, dass der Übernehmer diese Pflege und Betreuung stets nur soweit zu erbringen hat, als ihm dies neben seiner jeweiligen beruflichen Tätigkeit jeweils zeitlich möglich ist
."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde betreffend die geltend gemachten Besuchsfahrten soweit sie nicht die Fahrten ins Krankenhaus betreffen würden, da laut Übergabsvertrag der Bruder zur Pflege und Betreuung der Mutter verpflichtet gewesen wäre. Es mangle daher an der Zwangsläufigkeit, welche im § 34 Abs. 1 EStG 1988 erforderlich sei.
In Zusammenhang mit dem begehrten Freibetrag für eigene Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin bis dato nur einen deutschen Schwerbehindertenausweis vorgelegt habe. Zur Erlangung der steuerlichen Berücksichtigung in Österreich sei es erforderlich, in Österreich die Feststellung der Behinderteneigenschaft beim Bundessozialamt zu beantragen. Einen solchen Antrag scheint die Beschwerdeführerin gestellt zu haben, wobei dieses Verfahren nach Aktenlage der belangten Behörde noch nicht abgeschlossen sei. Daher werde auch in diesem Punkt die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Parteienvorbringen, den vorgelegten Unterlagen und vor allem aus der Einsichtnahme in die entsprechende Bestimmung des Übergabsvertrag vom .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

§ 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….…….
6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….……………………………
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………...........................................
10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………………...
12%.

§ 34 Abs. 3 EStG 1988 macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst; dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit des Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl. Hofstätter/Reichel, § 34 Abs. 2 bis 5 EStG 1988 Tz 7).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , Ra 2019/13/0027, Folgendes ausgesprochen: "§ 34 Abs. 3 EStG 1988 macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst; dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit des Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl. )".

Ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin in bisherigen Verfahren kann nicht abgeleitet werden, dass die geltend gemachten Aufwendungen betreffend die Betreuung der Mutter zwangsläufig erwachsen sind. Im Rahmen des Übergabsvertrages vom hat sich die Mutter der Beschwerdeführerin ua die "liebevolle Pflege und Betreuung" für den Fall der Krankheit und des hohen Alters vom Übernehmer der Liegenschaft, dem Bruder der Beschwerdeführerin, ausbedungen. Es wurde im Beschwerdeverfahren nicht behauptet, dass der Bruder dieser rechtlichen Verpflichtung nicht nachgekommen wäre. Es wurde dargelegt, dass die Mutter täglich von den Pflegerinnen der Firma ***1*** gewaschen worden sei und die Hauptpflege der alleinstehende Bruder der Beschwerdeführerin übernommen habe.

Besteht die Betreuung eines Elternteiles durch den Abgabenpflichtigen nicht in einer typischen Krankenbetreuung, stellen diese Hilfeleistungen nichts Ungewöhnliches dar. Einer Vielzahl von Abgabepflichtigen erwachsen dadurch Fahrtkosten, dass sie sich um ihre nächsten Angehörigen kümmern, sie besuchen und betreuen. Dies gilt im besonderen auch für die Betreuung altersbedingt behinderter Personen. Fahrtkosten die dadurch erwachsen, können nicht als außergewöhnlich bezeichnet werden und solange eine derartige Betreuung keine außergewöhnlichen Kosten erforderlich macht, kann sie nicht als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden (vgl. ). Die Betreuung durch die Beschwerdeführerin erfolgte nicht aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen. Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind nicht zwangsläufig erwachsen. Wenn sich die Beschwerdeführerin möglicherweise moralisch verpflichtet gefühlt hat, täglich ihre Mutter zu besuchen und zu betreuen, begründet dies keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen hinsichtlich der Fahrtkosten.

Anders könnte die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für die Besuchsfahrten der Beschwerdeführerin zu ihrer Mutter ins auswärtigen Krankenhaus zu beurteilen sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Entscheidung Fahrtkosten der Angehörigen anlässlich des Besuches der erkrankten Person aus außergewöhnliche Belastung anerkannt ("Besuche eines in einem anderen Ort lebenden erkrankten Ehegatten können aus sittlichen Gründen geboten sein." ). Aufwendungen für Besuche von nahen Angehörigen - auch im Krankenhaus - wird es jedoch in der Regel am Merkmal der Zwangsläufigkeit mangeln (vgl. RV/0537-F/12, ). Gegenständlich wäre jedenfalls die Zwangsläufigkeit hinsichtlich der Häufigkeit der Besuche im Spital (täglich) zu hinterfragen. Da dieser Betrag aber ohnehin unter dem Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 liegt, ist es entbehrlich, diesbezüglich ergänzende Sachverhaltsfeststellungen durchzuführen, da eine Anerkennung bzw. Nichtanerkennung keine steuerlichen Konsequenzen nach sich zieht.

Im Vorlageantrag vom wurde zwar nur mehr die steuerliche Berücksichtigung der Fahrtkosten zur Betreuung der Mutter beantragt und die übrigen Beschwerdepunkte offenbar fallengelassen, der Vollständigkeit halber sei jedoch auf Folgendes hingeweisen:

§ 35 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmst sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Behinderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen. …

Der Abgabenpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen möchte, hat einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifel s das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelfall nachzuweisen sind.

Die Beschwerdeführerin konnte für Krankheitskosten in Höhe von 2.200,00 €, deren Berücksichtigung in der Abgabenerklärung begehrt wurde, keinen Nachweis erbringen. Es wurde nicht einmal dargelegt, um welche Art von Aufwendungen er sich gehandelt hat. Eine steuerliche Berücksichtigung ist daher ausgeschlossen.

Was die Berücksichtigung der 50 %igen Behinderung anlangt, ist auf Folgendes zu verweisen: Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine körperliche oder geistige Behinderung, und erhält der Steuerpflichtige keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld, Blindenzulage), so steht ihm nach § 35 Abs. 1 bis 4 EStG 1988 ein Freibetrag zu, dessen Höhe sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Aus der in § 35 Abs. 3 EStG 1988 enthaltenen Staffelung ist ersichtlich, dass ein Freibetrag erst ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 % gewährt wird. Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind gemäß § 45 Abs. 1 BBG unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Dieser amtlichen Bescheinigung kommt eine für die Abgabenbehörde bindende Wirkung zu.

Da gegenständlich keine Bestätigung im Sinne des § 35 Abs. 2 EStG 1988 vorgelegt wurde, ist die Berücksichtigung eines Behindertenfreibetrages aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung richtet sich nach der einheitlichen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass eines ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




RV/0537-F/12
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101304.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at