Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.04.2021, RV/7100499/2021

Fachliteratur einer Universitätsprofessorin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch G. Denk Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H. Steuerberatungsgesellschaft, Neubaugasse 68 Tür 13s, 1070 Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, nunmehr Finanzamtes Österreich, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin, in der Folge als Bf. bezeichnet, bezog im Jahre 2019 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus ihrer Tätigkeit als Universitätsprofessorin sowie solche vom BVAEB Pensionsservice und brachte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung dieses Jahres am auf elektronischem Weg beim Finanzamt ein und machte in dieser u.a. Werbungskosten für Arbeitsmittel und für Fachliteratur sowie sonstige Werbungskosten, die nicht unter die Kennzahlen 719, 720, 721, 722, 300 und 723 fallen, geltend.

Mittels Ersuchens um Ergänzung vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, die von ihr geltend gemachten Werbungskosten nachzuweisen sowie die Bezug habenden Belege samt einer diesbezüglichen Aufstellung vorzulegen.

Am brachte die Bf. die von ihr abgeforderten Belege und Aufstellungen beim Finanzamt ein.

In der die Fachliteratur betreffenden Aufstellung führte die Bf. folgende Bücher bzw. Fachzeitschriften an:

1.) Thalia Pflanzenbücher: a) "Pflanzen der Kelten", b) "Pflanzendevas", Euro 51,90, 2.) Weidinger, "Chinesische Hausapotheke", Euro 10,30, 3.) Thalia Mühlberger, "Palace of Knowledge", Euro 31,00, 4.) Amazon "Genus Primula" (Monographie, Grundlagenwerk), Euro 31,42, 5.) Amazon "Rauschdrogen" Köhler (Grundlagenwerk), Euro 9,20, 6.) Amazon "Rauschdrogen" Geschwinde (Grundlagenwerk), Euro 69,00, 7.) Artikel "Science Direct Anthraquinone", Euro 32,75, 8.) Artikel Springer "Catharanthus roseus", Euro 29,94, 9.) Artikel Springer "Formation Structures", Euro 29,94, 10.) "CRC Press Botanical Miracles - Chemistry of Plants that changed the World", Euro 66,81, 11.) "CRC PressTapestry Lawns", Euro 16,50, 12.) "CRC Press Phytochemicals - Aging and Health", Euro 50,46.

Daraus ergaben sich Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von insgesamt Euro 429,22.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 am und versagte in diesem den o.a. für Fachliteratur geltend gemachten Aufwendungen die Anerkennung mit der Begründung, dass Kosten für Literatur, die auch für nicht in der Berufssparte der Bf. tätige Personen von allgemeinem Interesse sein könnten, selbst dann keine Werbungskosten darstellten, wenn aus diesen Publikationen Anregungen für die berufliche Tätigkeit gewonnen werden könnten.

In der mit Schreiben vom gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde brachte die Bf. vor, dass die in Rede stehende Literatur ausschließlich deren Aufgaben in Forschung und Lehre dienten. Sämtliche Titel seien nicht über die Universitätsbibliothek erhältlich gewesen. Einige dieser Titel habe die Bf. für die Betreuung von deren Diplom- und Masterstudenten erwerben müssen. Die Bf. führte diesbezüglich beispielsweise folgende Master- und Diplomarbeiten an:

"Vergleichende Literaturanalyse zu psychoaktiven Pflanzen für den Schulunterricht", (Diplomarbeit, beendet März 2020),

"Comparative analysis of alkaloids from Catharanthus roseus",(Masterarbeit, in Fertigstellung),

sowie

"Diversification of flavnoid profiles in selected Primula species", (Masterarbeit, beendet Juni 2020).

Andere Titel seien für Vorlesungszwecke bzw. aktuelle Forschungsprojekte beschafft worden.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte in dieser, ohne auf das konkrete Beschwerdevorbringen einzugehen, u.a. aus, dass Aufwendungen für Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stünden, als Werbungskosten absetzbar (zB. Gesetzeskommentar eines Richters) seien.

Mit Schreiben vom beantragte der steuerliche Vertreter der Bf. Die Entscheidung über die Beschwerde durch das BFG und führte in diesem zunächst u.a. aus, dass die Abweisung nicht ausreichend begründet worden sei. In der BVE werde angeführt, dass Gesetzeskommentare für einen Richter der beruflichen Sphäre zuzuordnen seien. Bei der Bf. handle es sich um eine Universitätsprofessorin. Die Logik, die für eine Position eines Richters gelte, müsse auch für den Rang einer Universitätsprofessorin anwendbar seien. Aus der Beilage sei zu ersehen, dass bei den in Rede stehenden Buchtiteln keine Anziehungskraft für Fremde zu erkennen sei. Diese seien somit der beruflichen Sphäre zuzuordnen. In der Beilage zum Vorlageantrag erfolgte die Übermittlung einer Aufstellung hinsichtlich des Verwendungszweckes der einzelnen Bücher bzw. Fachzeitschriften.

Hinsichtlich der oben unter 1.), 2.), 3.), 5.), 6.) sowie 10.) bis 12.) angeführten Bücher bzw. Fachzeitschriften führte die in dieser Beilage Bf. an, dass diese Vorlesungszwecken - Vorlesungen betreffend Nutzpflanzen bzw. betreffend der Molekularbiologie von Pflanzen - gedient hätten. Von diesen hätten die unter 5.) und 6.) angeführten zusätzlich als Grundlagenliteratur für Masterarbeiten und die unter 10.) und 12.) angeführten zusätzlich der Forschung zu Pflanzeninhaltsstoffen gedient. Die oben unter 4.) angeführte Monographie wäre für Masterarbeiten sowie ein Forschungsprojekt zur Gattung "Primula" verwendet worden. Die unter 7.) bis 9.) angeführten Bücher hätten der Erstellung wissenschaftlicher Artikel für Forschung und Lehre gedient.

Weiters geht aus der o.e. Beilage hervor, dass die Bf. im Sommersemester 2019 Vorlesungen zu folgenden Lehrveranstaltungen abhielt: "Bio- und Chemodiversität von Nutzpflanzen", "Methods of chemodiversity research" sowie "Spezifisches Forschungsprojekt Mol. Biologie: OMICS in the research on model organisms and ecosystems".

Hinsichtlich des Wintersemesters 2019 sind in der in Rede stehenden Beilage von der Bf. abgehaltene Vorlesungen zu folgenden Lehrveranstaltungen angeführt: "Konzepte und Arbeitsmethoden zu Evolution", "Systematik und Biogeographie der Pflanzen", "Molecular Biology of Plants", "Seminar Chemodiversitätsforschung" sowie "Speciation and coevolution".

Abschließend führte die Bf. in dieser Beilage aus, dass das Tätigkeitsprofil eines Universitätsprofessors Aufgaben in Forschung und Lehre umfasse. Dazu zähle die Abhaltung von Lehrveranstaltungen, die Durchführung von Forschungsprojekten, die Betreuung von Studierenden im Master-, Diplom- und Dissertationscurriculum, sowie die Organisation von Arbeitsgruppen (vgl. https://www.jusline.at/gesetz/bdg/paragraf/165). Dies treffe im gegenständlichen Fall vollinhaltlich zu. Zur Erläuterung werde somit wie folgt angeführt:

A) Forschung 2019 (botanische und chemische Inhalte!)

a. Forschungsprojekt 1: Exkretflavonoide in der Gattung Primula

b. Forschungsprojekt 2: Alkaloidprofile in Gattungen der Rubiaceae

c. Mitwirkung an Forschungsprojekten anderer Gruppen im Department/Universität

B) Lehre 2019: Vorlesungstätigkeit und Betreuung von Masterstudenten

C) Bis formale Leitung der AG für Chemodiversitätsforschung (Dept. Botanik u. Biodiversitätsforschung, Univ. A), danach in beratender Funktion.

Mit Ausnahme der Leitungsfunktion seien alle angeführten Tätigkeiten in Forschung und Lehre weiterhin aktuell.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf. bezog im Streitjahr 2019 neben Pensionseinkünften nichtselbständige Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Universitätsprofessorin am Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität A.

Im Rahmen dieser Tätigkeit führte die Bf. regelmäßig Lehrveranstaltungen über die Bio- und Chemodiversität von Nutzpflanzen sowie über Molekularbiologie von Pflanzen durch und verfasste wissenschaftliche Artikel für Forschung und Lehre. Außerdem betreute die Bf. Master- und Diplomarbeiten.

Im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten erwuchsen der Bf. Aufwendungen für die o.a. Literatur.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Die zuletzt genannte Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Verbot des Abzuges gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verschiebung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (siehe dazu zB ; ). Sofern sich somit Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen (sog. Doppelveranlassung bzw. überlappende Veranlassung), ist entsprechend dem Aufteilungsverbot der gesamte Betrag nicht abzugsfähig.

Bei Aufwendungen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung eine private Mitveranlassung nahelegen, ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine typisierende Betrachtungsweise anzuwenden, und zwar derart, dass nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss (vgl. ; ). Als Ergebnis dieser gebotenen typisierenden Betrachtungsweise hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen ausgeführt, dass die Anschaffung von Werken der Literatur, die von allgemeinem Interesse oder für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit bestimmt ist (dazu gehören zB Werke der klassischen Literatur, Kinder- und Jugendliteratur, Werke der Belletristik und Nachschlagewerke allgemeiner Art) selbst dann nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung darstellt, wenn der Steuerpflichtige eine ausschließliche berufliche Nutzung behauptet (vgl. ; ;; ). Gleiches gilt in der Regel für Tageszeitungen, Zeitschriften, Lexika, Landkarten und Reiseführer (vgl. ; ; ).

Aufwendungen für Fachliteratur, die mit der beruflichen Sphäre im Zusammenhang stehen, sind als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 absetzbar. Typische Fachbücher sind dadurch charakterisiert, dass sich ihr Inhalt ganz überwiegend auf das spezielle berufliche oder sonstige erwerbsbezogene Fachgebiet des Steuerpflichtigen beschränkt. Aufwendungen für Literatur, die auch bei nicht in der Berufssparte des Steuerpflichtigen tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, stellen keine Werbungskosten dar.

Bereits auf Grund des Umstandes, dass sich sämtliche der in Rede stehenden Fachbücher und Artikel mit Pflanzen, Nutzpflanzen und Primeln beschäftigen, kann ein allgemeines Interesse an diesen ausgeschlossen werden. Dass diese für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad von Interesse wären, vermag das BFG in Anbetracht dessen, dass diese von der Bf. als Unterlagen für Vorlesungen über Bio- und Chemodiversität von Nutzpflanzen und über Molekularbiologie von Pflanzen sowie für Lehr- und Forschungszwecke und für die Betreuung von Master- und Diplomarbeiten - Näheres siehe oben - herangezogen wurden, ebenfalls nicht zu erkennen. Ergänzend ist diesbezüglich auf die Tatsache, dass sieben von zwölf der in Rede stehenden Bücher bzw. Artikel in englischer Sprache abgefasst wurden, zu verweisen.

Aus dem vorstehend Gesagten folgt, dass der Inhalt der beschwerdegegenständlichen Fachliteratur auf das spezielle berufliche Fachgebiet - Lehre und Forschung über Pflanzen - der Bf. beschränkt ist und somit die dieser im Jahre 2019 dafür entstandenen Aufwendungen in Höhe von Euro 429,22 Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 darstellten.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, war die Revision nicht zuzulassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: ein Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100499.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at