Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 07.04.2021, RV/7100386/2021

Zurückweisung eines Vorlageantrages wegen verspäteter Einbringung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache [...], [...], vertreten durch Magistrat der Stadt Wien, Kinder-und Jugendhilfe, Rechtsvertretung 16, 17, 18, 19, Kalvarienberggasse 29, 1170 Wien, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Jänner 2016 beschlossen:

Der am eingebrachte, mit datierte Vorlageantrag betreffend die am zugestellte Beschwerdevorentscheidung vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Antrag der durch den Magistrat der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung 16,17, 18, 19, vertretenen Beschwerdeführerin (Bf.) auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 ab Jänner 2016 mit der Begründung abgewiesen, dass trotz Aufforderung kein Gerichtsbeschluss betreffend Übertragung der Vermögensverwaltung auf den Vertreter vorgelegt worden sei.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom , beim Finanzamt eingelangt am , Beschwerde eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch geändert:

"Der Antrag auf Familienbeihilfe wird für den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2020 zurückgewiesen und für den Zeitraum ab März 2020 abgewiesen".

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die Entscheidung des und auf die Rechtsansicht des Justizressorts sowie des BKA, wonach die Übertragung der Pflege und Erziehung auf den Kinder-und Jugendhilfeträger nicht ausreiche um zur Antragstellung bezüglich Familienbeihilfe für vergangene Zeiträume legitimiert zu sein.

Nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 hätten Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhaltleisten würden, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe im Eigenbezug, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten, keine Ausschließungsgründe vorlägen und ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen würden.

Da keine Übertragung im Bereich der Vermögensverwaltung vorliege, sei der Antrag von Jänner 2016 bis Juni 2020 zurückzuweisen. Die Eltern würden keinen Kostenbeitrag leisten, daher werde der Unterhalt der Bf. zur Gänze aus öffentlichen Mitteln finanziert. Der Antrag sei deshalb für den Zeitraum ab Juli 2020 abzuweisen.

Laut dem von der belangten Behörde übermittelten Rückschein, wurde die Beschwerdevorentscheidung am übernommen.

Mit Schriftsatz vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , stellte die Bf., vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, einen Vorlageantrag und beantragte den Abweisungsbescheid insoweit abzuändern, als Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2018 gewährt werde.

Hinsichtlich der von der belangten Behörde in Zweifel gezogenen Antrags-und Beschwerdelegitimation verwies sie auf die Entscheidungen des OGH 8 Ob 99/12k, 6 Ob 62/20s und 6 Ob 50/20a und vertrat die Auffassung, dass die Übertragung der Pflege und Erziehung ausreiche.

Zusätzlich stellte die Bf., vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien Kinder- und Jugendhilfe Rechtsvertretung 16, 17, 18, 19, mit Schriftsatz vom beim Finanzamt eingelangt am , einen weiteren Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab .

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom zurückgewiesen, da bereits mit Bescheid vom seitens der Behörde rechtskräftig über diesen Zeitraum abgesprochen worden sei. Ein neuerlicher Antrag über denselben Zeitraum sei nicht zulässig.

Im Vorlagebericht vom verwies die belangte Behörde darauf, dass der am eingebrachte Vorlageantrag verspätet sei, da die Frist zu dessen Einbringung bereits am abgelaufen sei.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. die Möglichkeit eingeräumt, bis zum zu einem allfälligen Zustellhindernis Stellung zu nehmen und davon in Kenntnis gesetzt, dass der Vorlageantrag von der belangten Behörde mit Postaufgabedatum gestempelt worden sei (unter Beilage des gestempelten Vorlageantrages) und die Überprüfung des Sendungsverlaufs durch das Bundesfinanzgericht auf der Seite www.post.at unter Eingabe der auf dem Kuvert ersichtlichen Sendungsnummer ***1*** ebenfalls das Postaufgabedatum ergeben habe.

Der Vorhalt blieb bis dato unbeantwortet.

Zunächst ist auf die von der belangten Behörde aufgeworfene Frage der Aktivlegititmation des Magistrats der Stadt Wien Kinder-und Jugendhilfe zur Stellung eines Antrages auf Familienbeihilfe für vergangene Zeiträume und zur Vertretung im Rechtsmittelverfahren einzugehen:

Unstrittig ist, dass der Magistrat der Stadt Wien Kinder-und Jugendhilfe mit der Pflege und Erziehung der Bf. betraut ist. Richtig ist, dass der OGH in der Entscheidung vom ,

6 Ob 62/20s dies als ausreichend für eine entsprechende Antragstellung erachtet hat. Demgemäß wurde auch der Antrag des Magistrats auf Übertragung der Vermögensverwaltung vom zuständigen BG zurückgewiesen.

Das Bundesfinanzgericht schließt sich dieser Rechtsauffassung, wie auch in mehreren bereits zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen (z.B. RV/7100110/2021 vom , RV/7100184/20221 vom ), an.

Da somit die Vertretungsbefugnis des Magistrats vorliegt, ist nunmehr auf die Frage der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages vom einzugehen:

Gemäß § 264 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

§ 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) sinngemäß anzuwenden.

Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß § 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde (der Vorlageantrag) mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie (Bescheidbeschwerde) bzw. er (Vorlageantrag) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstag, Sonntag oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (Abs. 3).

Lt. dem vorliegenden Rückschein wurde die Beschwerdevorentscheidung am übernommen.

Die Frist zur Stellung des Vorlageantrages hätte daher am , bzw., da dies ein Sonntag war, am geendet.

Der Vorlageantrag wurde aber erst am bei der Post aufgegeben.

Da der Vorhalt spätestens am 4.1. zur Post gegeben hätte werden müssen ist er verspätet eingebracht worden und war daher zurückzuweisen.

Hingewiesen wird auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zu stellen. Es darf dazu auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100157/2021, verwiesen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, weil sich die Rechtsfolge eines nicht rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

Wien, am

[...]

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100386.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at