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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2021, RV/3200010/2018

Verwaltungsabgabe

Entscheidungstext

Im Namen der republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** (nunmehr Zollamt Österreich) vom , ***4***, betreffend Verwaltungsabgaben, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom wurde Selbstanzeige nach § 29 FinstrG eingebracht und mitgeteilt, dass am die Beschwerdeführerin (Bf.), als indirekte Vertreterin der ***1*** GmbH, die Überlassung von BIO Rum, BIO Cognac, BIO Amaretto sowie Tequila mit MRN ***2*** in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr beantragt hat. Bei der 2. Position BIO Cognac mit der Tarifnummer 2208201200, sei die falsche Anzahl Liter reiner Alkohols (40 anstelle von 60 Liter) eingetragen worden. Dadurch sei auch die Alkoholsteuer bei dieser Position zu niedrig angesetzt und somit € 240,00 zu wenig berechnet worden. Es werde Straffreiheit für die Bf., die ***1*** GmbH sowie 2 namentlich genannte Mitarbeiter beantragt.

Mit Bescheid vom , Zahl ***4***, wurde gemäß Art. 42 UZK in Verbindung mit § 41 ZollR-DG und § 30 Abs. 1 Ziffer 3 ZollR-DV eine Verwaltungsabgabe in Höhe von € 93,96 festgesetzt mit der Begründung, dass in der Anmeldung MRN ***2*** vom eine falsche Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Alkoholsteuer angegeben worden sei.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und begründend folgendes vorgebracht:

Gemäß § 41 ZollR-DG hat, wer zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen, zur Abgeltung des dadurch entstehenden erhöhten Verwaltungsaufwandes eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten.

Gemäß Art. 52 UZK haben Zollbehörden für Zollkontrollen und sonstige in Anwendung zollrechtlicher Vorschriften während der Öffnungszeiten durchgeführten Handlungen keine Gebühren zu erheben.

Der in Österreich angewandte § 41 ZollR-DG sehe ex lege vor, dass zur Abgeltung des erhöhten Verwaltungsaufwandes, verursacht durch eine Pflichtverletzung, eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten habe.

Auch wenn u.a. vermeint werde, es handle sich bei einer Verwaltungsabgabe um keine Gebühren oder Kosten, sei auf § 98 Abs. 1 Z 5 ZollR-DG zu verweisen, worin die Verwaltungsabgabe als Kosten bezeichnet werden. Daraus resultierend kollidiere der § 41 ZollR-DG mit Art. 52 UZK. Deshalb sei der gegenständliche Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet und aufzuheben. Weitere Ausführungen, insbesondere ergänzende Ausführungen bzw. Anträge bleiben ausdrücklich vorbehalten."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , ***3***, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde ein Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht erstattet und die bereits ausgeführten Erwägungen im Wesentlichen wiederholt, sowie betont, dass der Tatbestand eines Finanzvergehens "allein mit den objektiven Elementen erfüllt" sei, sowie dass es sich bei der Verwaltungsabgabe tatsächlich um eine Gebühr handle und überdies ein Normenprüfungsverfahren an den VfGH angeregt werde, weil es sich bei § 30 ZollR-DG um eine "vermeintlich verfassungswidrige Bestimmung" handle.

Weiters wurde die Entscheidung durch einen Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Dieser Antrag wurde mit Eingabe vom zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß Artikel 42 UZK sieht jeder Mitgliedstaat Sanktionen für Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Werden verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt, so können sie unter anderem in einer oder beiden folgenden Formen erfolgen:
Werden verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt, so können sie gemäß Art. 42 Abs.2 UZK unter anderem in einer oder beiden folgenden Formen erfolgen:
a) als eine von den Zollbehörden auferlegte finanzielle Belastung, gegebenenfalls auch an Stelle oder zur Abwendung einer strafrechtlichen Sanktion,
b) als Widerruf, Aussetzung oder Änderung einer dem Beteiligten erteilten Bewilligung.

Gemäß Art. 52 Abs. 1 UZK erheben die Zollbehörden für Zollkontrollen oder sonstige in Anwendung zollrechtlicher Vorschriften während der offiziellen Öffnungszeiten der zuständigen Zollstellen durchgeführte Handlungen keine Gebühren.

Zu Art. 42 UZK bestimmt § 41 ZollR-DG:
"Wer zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen, hat zur Abgeltung des dadurch entstehenden erhöhten Verwaltungsaufwandes eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten. Die Höhe dieser Verwaltungsabgabe sowie die hiervon betroffenen Zollzuwiderhandlungen sind mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen fest zu legen."

Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung bestimmt § 30 ZollR-DV:
"(1) Der Verwaltungsabgabe nach § 41 ZollR-DG unterliegt, sofern dadurch kein Tatbestand eines Finanzvergehens erfüllt wird
1. die Verletzung der Gestellungspflicht;
2. die Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung (Art.23 Abs. 1 Zollkodex);
3. die Erklärung unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Zollanmeldung, in der Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung, in der summarischen Eingangs- oder Ausgangsanmeldung, sowie in der Wiederausfuhranmeldung;
4. die Überschreitung einer Frist in den besonderen Verfahren.

(2) Die Höhe der Verwaltungsabgabe beträgt ein Vielfaches des nach § 101 Abs. 2 ZollR-DG für Beamte der Verwendungsgruppe A 2 bestimmten Personalkostenersatzes für Amtshandlungenaußerhalb der Nachtzeit, und zwar in den Fällen des
(…)
3. Abs. 1 Z 3 das Zweifache,
(…).
"

§ 98 Abs. 1 ZollR-DG:
An Nebenansprüchen sind im Verfahren der Zollbehörden zu erheben
…..
5. Verwaltungsabgaben nach Maßgabe des § 41."

Die Regelungen des § 41 ZollR-DG und § 30 ZollR-DV betreffen die Verwaltungsabgaben und dienen der nationalen Umsetzung des Art. 42 UZK.

Mit der Bestimmung des Art. 42 UZK hat der Normensetzer auf Unionsebene klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Mitgliedstaaten - neben der in Art. 52 UZK vorgesehenen Untersagung einer Gebührenerhebung für bestimmte Handlungen, die während der offiziellen Öffnungszeiten der Zollstellen durchgeführt werden - bei Zollzuwiderhandlungen Sanktionen vorzusehen haben. Denn es muss ein angemessenes Niveau wirksamer, abschreckender und verhältnismäßiger Sanktionen im ganzen Binnenmarkt gewährleistet sein (23. Erwägungsgrund zum UZK).

Art. 42 Abs. 1 UZK verlangt, dass die Mitgliedstaaten gegen Zollzuwiderhandlungen mit Sanktionen vorgehen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Das ist nicht dahin zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten für jedwede Art von Zuwiderhandlung eine Sanktion vorsehen müssten und jede Zuwiderhandlung tatsächlich mit einer Sanktion belegen müsste, auch dann, wenn ihnen dies zur Durchsetzung des Unionsrechts nicht erforderlich oder mit angemessenem (Verwaltungs-)Aufwand nicht möglich scheint. Wirksamkeit, Abschreckungswirkung und Verhältnismäßigkeit sind also nicht nur Kriterien für die inhaltliche Ausgestaltung des Sanktionsrechts, sondern auch für die Entscheidung, ob überhaupt ein Verhalten sanktioniert werden muss (Rüsken in Dorsch, Zollrecht, Art. 42 Rz. 18).

Bei den Verwaltungsabgaben gem. § 41 ZollR-DG handelt es sich um sonstige Nebenansprüche (§ 98 Abs. 1 Z 5), die von den Zollbehörden erhoben werden.

Nach den Erläuterungen zu § 41 ZollR-DG (BGBl I 2015/163 - Abgabenänderungsgesetz
2015; ErlRV 896 BlgNR 25.GP 1, 21) bzw. § 30 ZollR-DV sollen - in Umsetzung des Art
42 UZK - nur solche Zollzuwiderhandlungen mit einer Verwaltungsabgabe belegt werden,
die nicht dem Finanzstrafgesetz unterliegen.

Nach § 35 Abs. 2 FinStrG macht sich der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben schuldig, wer, ohne den Tatbestand des Abs. 1 zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bewirkt. Die Abgabenverkürzung ist bewirkt, wenn eine entstandene Eingangs- oder Ausgangsabgabenschuld bei ihrer Entstehung nicht oder zu niedrig festgesetzt wird und in den Fällen des § 33 Abs. 3 lit. b bis f.

§ 36 Abs. 2 FinStrG lautet:
Der grob fahrlässigen Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben macht sich schuldig, wer die im § 35 Abs. 2 und 3 bezeichneten Taten grob fahrlässig begeht.

Der Selbstanzeige ist zu entnehmen, dass versehentlich anstelle von 60 Litern nur 40 Liter reinen Alkohols erklärt wurden. Nach der Aktenlage fehlt es an Anhaltspunkten für das Vorliegen von offensichtlicher Fahrlässigkeit oder gar betrügerischen Motiven. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts handelte es sich bei der Eingabe der zu niedrigen Alkoholmenge um einen Arbeitsfehler.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einem Fehler, der "passieren kann" (Arbeitsfehler) im Gegensatz zu einem solchen, der "nicht hätte passieren dürfen" nicht von offensichtlicher Fahrlässigkeit auszugehen ().

Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Finanzvergehen begangen worden ist liegen die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor, weil der Streitpunkt - unter Zugrundlegung der vorhandenen Rechtsprechung - im Wege der freien Beweiswürdigung zu lösen war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 41 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 101 Abs. 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 98 Abs. 1 Z 5 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 30 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 35 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 36 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3200010.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at